Wer gewisse lebensspendende sensible Organe vor schädlichen Einflüssen schützen will, ohne ihnen eine lustbetonte Wirkung zu nehmen, der bewirbt sie – so wie Petra Christine Schiefer ihr Buch – mit dem Prädikat „garantiert gefühlsecht“.

In Schiefers Band mit „gedichten auf biegen und sprechen“ geht es um eine Lyrik verletzlicher Gefühle, die besondere Lust auf Vorlesen macht, denn gerade gesprochen entfalten ihre Gedichte erst die volle Wirkung.

Wer die Autorin kennt, weiß zudem, dass sie gern und engagiert Theater spielt und eindringlich zu  rezitieren versteht.

Petra Christine Schiefer

Dennoch lösen ihre Gedichte auch im stillen Leser Wirkungen aus, die in der Autorin entstanden. „auch in mir/regt sich’s zaghaft“ schreibt sie im Eingangsgedicht” aufbruchstimmung”,blättert Ängste, Liebe, Freude, Empörung und Wut auf und lässt diese in zumeist kürzeren und daher stark verdichteten Texten nachempfinden.

Aber auch manches längere Gedicht vermittelt in der Regel erfreulich unkompliziert und unverkünstelt „persönliches“, „sinnliches“, „zwischenmenschliches“, „weltliches“ und „so fort laufendes“ „vom werden“, wie sie es in den Überschriften der fünf Kapitel aufzählt.

Einige Texte widmet sie Dichtern wie Erich Fried und bildenden Künstlern wie Maria Schätzmüller-Lukas. „alle antennen/ausgefahren“ empfing die Autorin offenbar nicht nur innere sondern auch Umwelt-Signale, denen sie mit ihren Worten ganz eigene Deutungen zuschreibt.

Dabei versteht sie es, mit Hilfe ihres tiefgründigen Humors  und durch ihre freien Wortmelodien manches eher belastende Gefühl mit Leichtigkeit schwingen zu lassen.

Selbst Abhängigkeiten, die einer gewissen Tragik nicht entbehren, löst sie zwar nicht auf, findet aber Metaphern, die nicht einmal tragikomisch daherkommen.

So ist „das glück“ eine wurst/an langer stange hängt’s/vor unsren nasen“. Und wir hecheln ihm ein Leben lang hinterher.

Selbstverständlich werden auch unangenehme Realitäten nicht ausgespart, da als „alles nichts war/als ein flimmernder bildschirm/blieb ihm nur noch/sich abzuschalten“.

Petra Christine Schiefer schafft durch ihre Gedichte keine vertröstenden Wunsch- und Traumwelten, obwohl durchaus die Sehnsucht nach solchen gelegentlich durchscheint. Sie greift Alltag auf, gibt ihm durch ihre lyrische Interpretation die ihr eigenen Bedeutungen und wirft damit einen ureigenen Blick auf die Wirklichkeit, die nicht in allem realistisch aber dennoch nie gänzlich unrealistisch daher kommt.

Ihre Lyrik hebt sich wohltuend von denen der jener gefühlstriefenden Herz-Schmerz-Dichter ab und ist dennoch voller Herz und nie ganz schmerzfrei. Ihr ist damit ein Buch für den Nachttisch gelungen, in das Leser sich vor dem Einschlafen Abend für Abend jeweils in eines ihrer Gedicht vertiefen können. Manchen Text lohnt es sich gar

mehrfach zu lesen. Und das auch zu früheren Tageszeiten.

Selbst wenn sich hier eine Frau als Autorin mitteilt, so stecken in dem 95 Seiten umfassenden Gedichtband durchaus auch nachdenkenswerte Anregungen und Dialog-Angebote für Männer.

Ein äußerlich eher unauffällig aufgemachtes Buch, dessen Inhalt aber viele Leserinnen und Leser verdient, die bereit sind, sich neben reißerischen Krimis und spannenden Erzählungen einmal beschaulicher (aber nicht betulicher) Lyrik zuzuwenden.

Petra Christine Schiefer
garantiert gefühlsecht – gedichte auf biegen und sprechen
Rass‘sche Verlagsgesellschaft,
Bergisch Gladbach 2011, 95 Seiten, €  12.90

1943 in Lübeck geboren, wohnte lange in Frankenforst, lebt inzwischen in Wallefeld. Er arbeitet als selbständiger Supervisor und freier Autor, schreibt Gedichte, Geschichten, Kolumnen, Sachbeiträge, Rezensionen.

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