Märchenhaft wegen seiner Lage, nur ein wenig unterhalb des höchsten Punkts von Bergisch Gladbach. Märchenhaft wegen des Engagements seiner neuen Besitzer, die dabei sind, aus einer Fachwerkruine ein schönes Lehmziegelhaus zu schaffen. Märchenhaft wegen der Geschichte, die sich um das Haus rankt. Hier lesen Sie sie in voller Länge.

Ein F davor und zwei dahinter

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Ein Märchen nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene, die noch nicht das Träumen vergessen haben. Weil es dabei um Weltpolitik geht, um die größten Probleme unserer Zeit: die Zerstörung der Umwelt, die Schere zwischen Arm und Reich, Krieg und Frieden.

1. Kapitel: Gelogen oder wahr?

„Post für dich!“ sagte seine Mama und legte ihm einen roten Briefumschlag auf den Schreibtisch.

Bert freute sich. So konnte er seine Hausaufgaben zur Seite schieben. Er war ja bald fertig. Aber eine kleine Unterbrechung konnte nicht schaden. Und wofür hatte er den Brieföffner bekommen? Seine Großeltern hatten ihn aus Amerika geschickt. Er war aus schwarzem Holz. Der Griff zeigte einen glatten Fisch.

Bert steckte den Brieföffner in den Schlitz des Umschlags und öffnete ihn. Wer hatte ihm wohl den Brief geschrieben? Da fiel etwas heraus. Er wusste nun sofort, wer der Briefschreiber war. Das war doch ihr Geheimzeichen. Ein roter Schuh mit einem Flügel dran. Aus Pappe geschnitten. Jeder von beiden hatte so einen. Seiner lag in der linken Schublade in seinem Schreibtisch. Den anderen hatte Hakan mitgenommen. Als er umgezogen war. Aber wieso steckte er nun in dem Brief?

Bert faltete den roten Briefbogen auseinander. Er erkannte sofort Hakans Schrift. Hakan schrieb in einer schönen Schreibschrift. Nur hatten manche Buchstaben einen kleinen Haken. Oder eine Öse. Die sah aus wie ein Schweineschwänzchen. Hanna hatte am Anfang immer darüber gelacht. Dann machte Hakan ein böses Gesicht. Später hatten sich alle an die Schwänzchen gewöhnt. Sogar die Lehrerin.

Und was schrieb ihm Hakan? Er benutzte wieder seinen silbernen Stift. So konnte man die Buchstaben auch auf dem roten Papier gut lesen.

Lieber Bert,
ich muss dir etwas erzählen, was du vielleicht nicht glaubst. Es stimmt aber wirklich: Vorgestern war doch Vollmond. Und bei Vollmond kann ich nicht gut schlafen. So stand ich auf und ging spazieren. Drei Häuser weiter steht ein altes grünes Haus. In dem ist ein kleines Museum. Da war ich schon mit meinen Eltern. Jetzt hing ein Zettel an der Tür. Auf dem stand geschrieben: Bei Vollmond ein Tier wiederbeleben. Die Tür stand offen. Ich ging hinein. Da lagen wieder die bunten Käfer in ihren Vitrinen. Daneben die Schmetterlinge. Und der Fuchs, der Dachs, das Reh und das Wildschwein auf den Regalen. Und was glaubst du? Ich wünschte mir den Dachs lebendig. Da sprang er mit einem Satz von dem Regal. Er schnüffelte mit seiner langen Schnauze an meinen Beinen. Ich bekam einen Schreck und freute mich gleichzeitig. Plötzlich schlug die Uhr an der Wand einen Schlag. Ein Uhr. Der Dachs stand wieder auf dem Regal. Als wäre er nie heruntergekommen.

Als ich das Museum verließ, schlug die Tür hinter mir zu. Der Zettel war verschwunden. Ich ging nach Hause und legte mich ins Bett. Aber ich konnte lange nicht einschlafen. Ich habe noch keinem von dem Erlebnis erzählt. Du bist der erste, der davon erfährt. Du bist ja mein Freund. Was sagst du dazu? Schreibe mir doch mal! Und lege die beiden roten Schuhe mit den Flügeln in den Umschlag! Wer beide Schuhe hat, muss dem anderen schreiben. O.K.?

Viele Grüße, dein Freund Hakan

Illustrationen: Luca und Clara Felder

2. Kapitel: Mutig oder klug?

Am nächsten Tag musste Bert immer noch an den Brief von Hakan denken. In der Pause stand er alleine in einer Ecke des Schulhofs. Was sollte er Hakan schreiben? Bei ihm war ja nichts Neues passiert.

Plötzlich hörte er ein lautes Geschrei. Es kam von der Turnhalle her. Da standen viele Kinder zusammen. Bert ging über den Schulhof. Er wollte sehen, was da los war. In dem Kreis der Kinder standen Niki und Sven aus seiner Klasse. Niki stieß Sven gegen die Brust. Sven schlug Niki gegen den linken Arm. Da trat Niki Sven ans rechte Bein. Die anderen Kinder schrien:
„Gib es ihm, Sven! Lass dir nichts gefallen!“ Svens Gesicht war ganz rot. Er wollte sich auf Niki stürzen.
„Schämt ihr euch denn nicht?“ hörte man nun eine laute Stimme. Alle kannten die Stimme. Sie war meistens leise und fast lieb. Und alle mochten sie. Alle wollten mit ihr spielen. Sogar die Jungen. Es war Hanna. In der Klasse saß sie neben Bert.

Die Kinder machten ihr Platz. Sie rief mit lauter Stimme:
„Sven, hör auf! Komm mal zu mir!“ Sie packte ihn am Arm. Da sah sie Bert im Kreis der Kinder. Hanna rief laut:
„Niki, geh mal zu Bert!“
Bert packte Niki automatisch auch am Arm.
„So, ihr Streithähne!“ rief Hanna. „Ihr seid wohl verrückt! Hier wird nicht zum Streiten angefeuert. Und hier wird nicht geschlagen und nicht getreten. Ich gebe euch jetzt fünf Minuten Zeit. Da könnt ihr euch beschimpfen. Mit Schimpfwörtern. Aber unter einer Bedingung. Ihr müsst die Schimpfwörter selber erfinden. Also los! Sven, fang an!“
Hanna schaute auf ihre Uhr und rief:
„Also! Es geht los, Sven! Fang an ihn zu beschimpfen!“

Sven war zuerst verdutzt. Dann schaute er wütend auf Niki und sagte: „Du blöder Hammel!“
„Halt!“ rief Hanna. „Das Schimpfwort gibt es schon. Du musst ein neues erfinden. Also, mach schon!“
Sven überlegte. Dann leuchtete sein Gesicht. Er schrie:
„Du faule Tomatenschale!“
Die anderen Kinder lachten.
„Jetzt bist du dran!“ Bert stieß Niki in die Seite.
„Was soll ich denn sagen?“
„Mensch, lass dir was einfallen!“ riefen die andern Kinder.
„Du feuchte Nasenkröte!“ kam es aus seinem Mund. Wieder lachten die anderen. Und dann ging es hin und her:
„Du schiefer Gurkenfuß!“
„Du stinkender Ohrenschleim!“
„Du dummer Schneckenfresser!“
„Du ätzende Zwiebelnase!“
„Du krummer Frittenfinger!“
„Du halbe Würstchenpelle!“

Dann mussten auf einmal beide lachen. Im gleichen Moment klingelte es auch. Die Pause war zu Ende. Die Lehrerin Frau Schlechtauge kam und fragte:
„Was ist denn hier los?“
Die Kinder antworteten:
„Nichts. Wir haben uns nur Witze erzählt.“
„Na, dann geht mal in die Klassen!“ meinte Frau Schlechtauge.

Bert stand nun neben Hanna. Er sagte: „Tolle Idee, Hanna! Du hast immer so tolle Ideen.“ Da wurde Hanna ein bisschen rot. Sie gingen zusammen in die Klasse. Der Musiklehrer Wolf kam mit seiner Gitarre. Sie lernten ein neues Lied. Es handelte vom Frühling.

3. Kapitel: Zwei oder drei?

In der nächsten Stunde hatten sie Sachunterricht. Bei Frau Rotkirchen. Sie war ihre Klassenlehrerin. Und ihre Lieblingslehrerin. Sie nannten sie immer Rotkäppchen. Weil sie so nett war. Und seit ihrem Geburtstag. Da hatte sie nämlich Kuchen mitgebracht. In einem Korb. Für alle Kinder. Wie Rotkäppchen im Märchen. Und Herr Wolf hatte Gitarre gespielt. Und die Kinder hatten gesagt: „Rotkäppchen und der liebe Wolf.“ Herrn Wolf fanden sie nämlich auch nett. Nur nicht ganz so nett wie Frau Rotkirchen.

Heute lernten sie weiter über Tiere im Wald. Sie lernten in der Gruppe. In Berts Gruppe waren Hanna, Clara und Peter. Sie erzählten sich über Tiere im Wald. Die sie gesehen hatten oder gehört. Oder von denen sie gelesen hatten. Oder die sie im Fernsehen gesehen hatten. Sie sollten sich auf ein Lieblingstier einigen. Und dann den anderen darüber berichten. Im Stuhlkreis. Peter erzählte gerade von einem Wildschwein. Das hatte er mit seinen Eltern gesehen. Als sie im Wald spazieren gingen.
„Hast du das wirklich gesehen?“ fragten die anderen. Sie konnten es kaum glauben.
„Ja, gar nicht weit von uns weg.“
„War das nicht gefährlich?“ fragte Bert.
„Nein, es ist weggelaufen, als es uns gesehen hat“, antwortete Peter.

In dem Moment fiel Bert wieder Hakans Brief ein. Er nahm ihn aus seiner Tasche. Er musste ihn noch einmal lesen. Hakan hatte von einem Dachs geschrieben. In dem Moment kam Frau Rotkirchen an ihren Tisch. Sie fragte: „Habt ihr euer Lieblingstier schon gefunden?“
Sie schaute Bert an. Bert schaute sie an.
„Euer Lieblingstier, Bert?“ wiederholte Frau Rotkirchen.
Verwirrt stammelte Bert: „Dachs. Ein Dachs.“
Hanna, Clara und Peter lachten.
„Nein, Frau Rotkirchen,“ sagte Hanna. „Wir nehmen wohl das Wildschwein.“
„Und warum sagte Bert Dachs?“
„Ach, Frau Rotkirchen. Das sollte wohl ein Witz sein“, sagte Hanna schnell. Frau Rotkirchen ging zu einer anderen Gruppe. Später erzählten sie im Kreis wirklich vom Wildschwein.

In der nächsten Pause fragte Hanna Bert: „Was hast du eben gelesen? Und wie kamst du auf den Dachs?“
Bert zog den Brief aus der Hosentasche. Dort hatte er ihn nun. Hanna las ihn.
„Das ist ja toll, was Hakan da schreibt. Aber glaubst du das?“
„Ich weiß nicht“, antwortete Bert.
„Aber was ist das mit den Schuhen?“ fragte Hanna.
„Ach, wir haben so eine Art Club. Geheimclub“, antwortete Bert.
„Au, kann ich da nicht eintreten?“ Hanna war begeistert.
„Naja“, meinte Bert. „Ich kann Hakan ja mal fragen. Aber du müsstest dann auch einen Schuh oder ein anderes Zeichen haben. Nein, Schuh geht ja nicht. Drei Schuhe ist doch blöd.“

4. Kapitel: Stab mit zwei Schlangen

Es war am späten Nachmittag. Bert fuhr mit seinem neuen Fahrrad. Er hatte es zu Weihnachten bekommen und war sehr stolz darauf. Vor allem auf die Gangschaltung. Die Sonne stand schon tief. Sie blendete Bert ein bisschen. Vor ihm lagen die Häuser von Oberdreispringen. Das war ein ganz kleiner Ort. Er hatte nur acht Häuser. Da gab es fast keinen Verkehr. Es ging bergauf. Da sah Bert eine Gestalt auf der kleinen Straße. Vor der Sonne sah sie ganz schwarz aus. Sie kam schnell näher. Und was war das? Hatte sie nicht Flügel am Kopf? Flügel wie Hakan und er an ihren Schuhen. An ihren Geheimzeichen. Die Arme der Gestalt standen weit ab. Sie kam sehr schnell näher. Fast als könnte sie fliegen. Schon war Bert bei ihr.

Nun sah er, dass es Haare waren. Haare, keine Flügel. Hatte er sich getäuscht? Bert hielt sein Fahrrad an. Den musste er sich genauer anschauen. Es war ein Mann mit breiten Schultern. Die Haare standen ihm weit vom Kopf. Wie vorher die Arme. Der Mann blieb auch stehen.
„Was willst du?“ fragte er. Seine Stimme klang ein wenig rau. Aber seine Augen waren sehr lieb. Bert hatte keine Angst.
„Was willst du?“ fragte der Mann noch einmal.
„Nichts“, antwortete Bert.
„Und warum bleibst du dann stehen?“ fragte der Mann. Seine Stimme war nicht ärgerlich. Nur etwas verwundert.
„Die Haare“, meinte Bert. „Deine Haare.“
„Was ist mit meinen Haaren?“
„Das waren doch vorher Flügel.“ Im selben Moment schämte sich Bert. Wie konnte er so etwas sagen? Der Mann würde ihn sicher auslachen. Doch er lachte nicht. Er schaute Bert mit seinen lieben Augen an und sagte: „Manchmal sind sie Flügel. Aber nur bei Vollmond.“
„Ist der verrückt?“ dachte Bert.
Dann fragte der Mann: „Wie kamst du denn auf Flügel? Das sieht nicht jeder.“
„Die Flügel sahen aus wie die an unseren Schuhen.“
„An euren Schuhen? Ich sehe keine Flügel.“

Da erzählte Bert von ihrem Club und den Geheimzeichen. Er erzählte auch von Hanna. Der Mann hörte aufmerksam zu.
„Wie heißt du denn?“
„Bert. Und du?“
„Pfeiffer. Mit drei f.“
Bert sah ihn fragend an: „Wieso drei f?“
Der Mann lachte. „Eins vor dem ei und zwei dahinter. So: Pfeiffer.“
Er sprach die zwei f, als wenn die Luft aus einem Reifen zischte.
Bert überlegte. Dann musste er auch lachen.
„Ach so!“ sagte er.

„Hör mal, Bert“, sagte Herr Pfeiffer.
„Ja?“
„Du hast doch da von Hanna erzählt.“
„Ja.“
„Möchtest du sie gerne in euren Club aufnehmen?“
„Ja, aber ich weiß kein Geheimzeichen für sie.“
„Was kann denn Hanna besonders gut?“ fragte Herr Pfeiffer.
Bert überlegte. Er dachte an den Schulhof und Sven und Niki. Dann sagte er: „Streit schlichten. Sie kann gut Streit schlichten.“ „Schau mal her!“ sagte Herr Pfeiffer und öffnete seine Jacke.
Da war ein Stab eingenäht. Ein Stab mit zwei Schlangen.
„Wäre das nicht ein Geheimzeichen für Hanna?“
„Ja, das ist eine gute Idee. Ich werde Hakan davon schreiben.“

„So, jetzt muss ich weiter“, sagte Herr Pfeiffer. „Nach Hause. Da drüben wohne ich.“
Er zeigte auf ein ganz kleines Haus. Es war das letzte Haus von Oberdreispringen. Direkt vor dem Wald. Es sah ziemlich ärmlich aus und ein bisschen verfallen.
„Wenn du willst, kannst du mich einmal besuchen. Am besten bei Vollmond.“
Bert war überrascht und ein bisschen verwirrt. Bei Vollmond besuchen. Warum bei Vollmond? Dann schlief er doch. Und was würden seine Eltern dazu sagen? Aber Hakan musste er unbedingt davon erzählen. Oder schreiben. Vielleicht auch Hanna.

5. Kapitel: Post von Hakan

Bert schrieb Hakan einen Brief. Er legte die beiden Schuhe mit Flügeln in den Umschlag. Jetzt wartete er gespannt auf Hakans Antwort. Eine Woche später kam sie. Hakan schrieb wieder auf rotem Papier mit silbernem Stift. Es war ein langer Brief.

Lieber Bert,
ich bin damit einverstanden, dass Hanna in den Club eintritt. Und die Idee mit dem Schlangenstab finde ich auch gut.

Ich möchte dich gerne in den Sommerferien besuchen und eine Woche bei euch bleiben. Geht das? Frag mal deine Eltern! Wenn schönes Wetter ist, können wir im Zelt schlafen. Ich bringe mein Zelt mit. In eurem Garten ist ja Platz.

Dieser Herr Pfeiffer ist sehr merkwürdig. Wir können ihn ja mal zusammen besuchen.

Aber jetzt muss ich dir eine neue Geschichte von dem kleinen Museum erzählen. Du weißt ja, dass ich bei Vollmond nicht gut schlafen kann. Also bin ich wieder zu dem grünen Haus gegangen. Wieder lag der Zettel da. Und wieder stand auf ihm: Bei Vollmond ein Tier wiederbeleben. Aber stell dir vor: Als ich in das Haus kam, waren alle Tiere von den Regalen verschwunden. Aber auf fünf Tischen lagen Bücher von Tieren. Von Tieren in der Tiefsee. Von Tieren in Eis und Schnee. Von Tieren in Haus und Garten. Von Reptilien und Amphibien. Und von Dinosauriern. Das von den Reptilien und Amphibien fand ich am besten. Und am schönsten in diesem Buch war der Waran. Wie groß und gefährlich er aussah! Trotzdem wünschte ich ihn mir lebendig. Und was glaubst du? Plötzlich waren die Tische verschwunden. Und der Boden war aus Sand. Hinten stand ein großer Kaktus. Und in der Mitte kam ein großer Waran langsam auf mich zu. Ich bekam Angst. Und lief aus dem Museum heraus. Aber er kam hinter mir her. Da schlug die Glocke vom nahen Kirchturm eins. Der Waran war verschwunden. Ich war froh und ging nach Hause. Bald schlief ich ein. Kannst du dir das vorstellen?

Antworte mir bald! Dein Freund Hakan

6. Kapitel: Endlich Ferien

Sie waren glücklich. Es war alles nach Wunsch verlaufen. Das Schuljahr war zu Ende. Sie hatten eine schöne Feier mit Frau Rotkirchen und Herrn Wolf gehabt. Am Ende der Feier hatten sie eine Schatzsuche gemacht. Der Schatz war eine Tüte mit Gummibärchen. Und Herr Wolf hatte mit ihnen ihr Lieblingslied von Rolf Zuckowski gesungen: Kinder haben Träume. Und dann gab es Zeugnisse. Hanna und Bert hatten viele gute Noten.

Und das Tollste: Hakan durfte eine Woche zu Bert kommen. Die Tage waren warm und die Nächte auch. So konnten sie tatsächlich im Garten übernachten. In Hakans Zelt. Es war sehr groß, so dass sie auf die Idee kamen, auch noch Hanna einzuladen. Und Hannas Eltern hatten nichts dagegen. So schliefen sie nun zu dritt in dem Zelt.

„Welche anderen Tiere hast du denn noch in deinem Museum wiederbelebt?“ fragte Hanna.
„Die Schmetterlinge“, antwortete Hakan.
„Die Schmetterlinge? Alle?“
„Nein, nur die blauen.“
„Waren es viele?“
„Neunzehn“, gab Hakan zur Antwort. „Sie flogen alle um meinen Kopf herum.“
„Seid mal still!“ unterbrach Bert, der Hakans Geschichte schon kannte.
„Hört ihr das nicht?“

Sie lauschten nach draußen. Da schnaufte und schmatzte etwas. Einmal neben ihnen, einmal hinter ihnen. Was war das bloß? Sie hatten aber keine Lust nachzuschauen. Vielleicht auch ein bisschen Angst. Denn es war jetzt sehr dunkel im Garten. Hakan meinte, es könnte vielleicht ein Igel sein. Sie redeten noch eine Zeitlang darüber. Dann schliefen sie ein.

Plötzlich wurde Bert wach, weil er hörte, wie sich der Reißverschluss an ihrem Zelt öffnete. Jetzt war es nicht mehr dunkel. Der Vollmond leuchtete durch das kleine Fenster in der Zeltwand. Und wer steckte da seinen Kopf herein? Es war Hakan, der von draußen kam.

„Was machst du denn, Hakan? Warum bist du nicht im Zelt?“ fragte Bert schläfrig. Er flüsterte, damit Hanna nicht geweckt wurde.
„Ich kann nicht schlafen. Du weißt doch: Vollmond. Und es ist wirklich ein Igel. Ich habe ihn gesehen. Es ist ganz hell draußen.“

In dem Moment drehte sich Hanna um und setzte sich auf.
„Was ist los? Was macht ihr?“ fragte sie.
„Der Igel“, flüsterte Bert immer noch. „Hakan hat den Igel gesehen. Sollen wir uns den Igel anschauen?“

Sie warfen ihre Decken zur Seite und schlüpften in den Garten. Hakan zeigte auf eine Stelle neben dem großen Kirschbaum. Da lag der Igel. Er hatte sich ein wenig zusammengerollt. Als hätte er Angst vor ihnen. Als Hakan ihn mit einem Stöckchen berührte, lief er langsam unter einen Strauch. Das sah niedlich aus.

Mittlerweile waren sie alle richtig wach.
„Und was machen wir jetzt?“ wollte Hakan wissen.
Hanna und Bert schauten sich an.
„Ich weiß was“, meinte Hakan. „Du hast uns doch von deinem Herrn Pfeiffer erzählt. Wollen wir ihn nicht einfach besuchen?“
„Jetzt?“ Bert zögerte.
„Warum nicht? Da hinter dem Baum stehen unsere Fahrräder. Bei dem Mondlicht kann man ja prima sehen.“
Bert war es ein bisschen mulmig zu Mute. Aber er wollte sich vor Hakan und Hanna keine Blöße geben.

Sie begegneten keinem einzigen Auto, bis sie in Oberdreispringen ankamen. Und hier war es ganz ruhig. Aus dem Wald hörten sie nur den Ruf einer Eule. Das war ein bisschen unheimlich. Sie lehnten ihre Fahrräder an einen Baum und gingen zu dem verfallenen Haus. Die Haustür war grün. Es hatte auch grüne Schlagläden an den Fenstern. Kein Licht war zu sehen. Der Mond schien genau auf das Fenster an der Rückseite. Es stand weit offen, und es ragte etwas heraus. Das sah fast aus wie ein Laufsteg.

Plötzlich sahen sie eine Gestalt auf den Laufsteg treten. Sie konnten es kaum fassen. Aber sie hatte tatsächlich Flügel an den Schuhen und auf dem Kopf einen silbernen Helm. Aus dem Helm ragten auch Flügel heraus. In dem hellen Mondlicht konnten sie alles deutlich sehen. Nun drehte der Mann an seinem Helm. Vorne war jetzt hinten, und hinten war jetzt vorne. Dann breitete er die Arme aus und flog schnell davon. Die Rampe verschwand nach drinnen. Und das Fenster schloss sich leise.

7. Kapitel: Innen anders als außen

Am nächsten Tag schliefen sie wieder alle drei in Hakans Zelt. Heute hatten alle ihre Trinkflaschen mitgebracht. Das hatten sie gar nicht verabredet. Aber sie hatten einen Besuch bei Herrn Pfeiffer verabredet. Hakan hatte die Idee, sie sollten ihn um ein Uhr besuchen. In der Nacht natürlich.

„Was um zwölf beginnt, ist meistens um ein Uhr vorbei. So ist das mit manchem Zauber. Ich kenne das ja auch von meinem kleinen Museum. Ihr könnt ruhig schon schlafen. Ich schlafe ja bei Vollmond nicht ein. Ich wecke euch dann um halb eins. Dann fahren wir los.“

Zuerst konnten Hanna und Bert auch noch nicht schlafen. Dann aber doch, weil sie den ganzen Tag im Schwimmbad gewesen waren. Da waren sie immer auf die lange Rutschbahn gestiegen. Langsam hinauf, weil die Treppe so voll war, und hui hinunter. Dann hatte das Wasser gespritzt, und sie hatten viel Spaß gehabt.

Hakan las die ganze Nacht. Er hatte eine Taschenlampe. Die brauchte man doch, obwohl der Mond wieder so hell schien. Es war immer noch Vollmond. Um halb eins weckte er Hanna und Bert.

Ihre Hemden und Hosen hatten sie gar nicht ausgezogen. So aufgeregt waren sie gewesen. Nur die Sandalen mussten sie noch anziehen. Dann stiegen sie auf die Fahrräder, hängten sich ihre Trinkflaschen um die Schultern und fuhren los. Hanna fühlte ihr Handy in der Hosentasche. Das hatte sie extra mitgebracht, als sie am Nachmittag zu dem Haus von Bert kam. Es beruhigte sie ein bisschen.

Sie lehnten ihre Fahrräder an einen Baum hinter dem Haus von Herrn Pfeiffer. Heute hörten sie nicht mal den Ruf der Eule im Wald. So gespannt und aufgeregt waren sie.
„Es ist schon kurz vor eins“, meinte Bert. „Ob er wirklich kommt?“
„Schau mal! Das Fenster ist auf jeden Fall offen. Siehst du das?“
„Du hast Recht. Und man sieht auch die Rampe.“
Der Mond sah fast so aus wie gestern. Nur ein ganz kleines bisschen weniger rund. Das konnte man kaum sehen.
Plötzlich sahen sie einen silbernen Punkt über den Bäumen, der sich rasch vergrößerte. Dann stand wie aus dem Nichts eine Gestalt auf der Rampe im Fenster. Sie sahen, wie sie den Helm auf ihrem Kopf drehte und nach drinnen verschwand.

„Und was jetzt?“ wollte Bert wissen.
„Wir gehen zu ihm“, antwortete Bert.
„Zu ihm? Man sieht ihn doch gar nicht mehr.“
„Na, nach drinnen. Wir besuchen ihn. Das hatten wir doch vor.“
„Ja, das stimmt“, antwortete Hanna.

Die Rückseite des Hauses lag im Schatten. So musste Hanna mit der Taschenlampe die Tür beleuchten. Es war kein Namensschild zu sehen. Auch keine Klingel. Aber mitten auf der grünen Tür befand sich ein goldener Löwenkopf. In seinem Maul trug er einen schweren Ring aus Metall. Hakan griff nach dem Ring und schlug damit auf die grüne Tür. Da hörte man einen dumpfen Klang, als wenn dahinter eine riesige Halle wäre. Nicht nur ein kleines mickeriges Häuschen. Hakan schlug noch einmal mit dem Ring an die Tür. Und wieder hallte es laut durch die Nacht. Die Kinder standen gespannt vor der Tür. Ihre Herzen klopften. Sie hörten, wie sich Schritte der Tür näherten. Die Tür öffnete sich, und vor ihnen stand –Herr Pfeiffer.

Bert sah, wie ihm seine Haare wieder weit vom Kopf abstanden. An den Füßen hatte er Socken. Die Schuhe hatte er also schon ausgezogen. Nun hängte er seine Jacke an einen goldenen Haken neben der Tür. Als sich die Jacke dabei ein wenig öffnete, sah Bert, dass sie innen mit einem großen Stab mit zwei Schlangen verziert war. Der Raum dahinter war hell erleuchtet. Fast waren die Kinder ein wenig geblendet.

„Ach, Bert, das ist ja schön, dass du mich einmal besuchst. Wen hast du denn da mitgebracht?“ sagte Herr Pfeiffer mit seiner rauen Stimme. Dabei leuchteten seine Augen freundlich.

Bert stellte seine Freunde vor, und Herr Pfeiffer setzte sich mit ihnen an einen runden Tisch aus Glas, vor dem gemütliche weiße Sessel standen. Während er aus einer Vitrine große blaue Gläser holte und ihnen Limonade einschüttete, sahen sich die Kinder erstaunt um. Der Raum war so groß. Das hätte man gar nicht gedacht, wenn man das Haus von außen sah. Fast sah es innen wie in einem kleinen Schloss aus. Überall standen hohe Schränke aus Holz und Glas. Und in den Schränken lagen tausend interessante Sachen.

Herr Pfeiffer sah, dass die Kinder sich neugierig umschauten. Er führte sie zu den einzelnen Vitrinen und erklärte: „Dieser Würfel, der aussieht wie Glas, ist ein Salzkristall aus der Wüste. Das da, was so bunt glänzt, ist versteinertes Holz aus Argentinien. Diese Lampe aus dem hellen Holz mit den vielen Löchern stammt von einem Riesenkaktus in Chile. Und die weißen Hocker vor dem Kamin sind Wirbel von einem Wal, der gestrandet ist. Da an der Wand hängt eine Friedenstaube aus bunten Wollfäden. Und der glänzende schwarze Stein ist Obsidian aus Mexiko. Das habe ich alles von meinen Reisen mitgebracht. Manches bekam ich geschenkt von den Leuten, denen ich geholfen habe. Anderes habe ich selber gefunden.“

„Welchen Leuten helfen Sie denn? Und was machen Sie da?“ fragte Hanna und stellte ihr blaues Glas wieder auf den runden Tisch.
„Ganz verschieden“, antwortete Herr Pfeiffer mit seiner rauen Stimme. „Morgen fliege ich zum Beispiel zu Indianern in Brasilien.“
„Zu Indianern? Richtige Indianer? Gibt es die überhaupt noch?“ fragte Bert mit Zweifel in der Stimme.
„Natürlich gibt es Indianer. Nicht solche, die man aus den Cowboy-Filmen kennt. Nicht mit Federn auf dem Kopf. Aber schon richtige Indianer. Wenn ihr wollt, könnt ihr sie kennenlernen.“
„Wir? Wie soll das gehen?“ fragten Hanna, Bert und Hakan wie aus einem Mund.

Herr Pfeiffer lehnte sich in seinem weißen Sessel zurück und sagte:
„Eigentlich kann ich nur bei Vollmond fliegen. Aber jetzt ist Mitte August. Das ist die Zeit der Sternschnuppen. Und bei Sternschnuppen funktioniert die Sache auch. Also noch etwa eine Woche lang. In dieser Zeit kann ich euch mitnehmen. Wenn ihr morgen um halb zwölf hier seid, kann es losgehen.“
Den Kindern stockte der Atem. Aber Lust hatten sie schon.
„Was müssen wir denn mitbringen?“ fragte Hakan.
„Nichts“, antwortet Herr Pfeiffer, „doch: Trinkflaschen könntet ihr mitbringen. Man muss dort viel trinken.“

Illustration: Clara Felder

8. Kapitel: Wer ist schneller?

Am nächsten Tag standen sie pünktlich um halb zwölf vor der grünen Tür mit dem Löwenkopf. Schon unterwegs hatten sie drei Sternschnuppen vom Himmel fallen sehen. Der Mond war nun gar nicht mehr ganz rund. Jeder von ihnen hatte seine Trinkflasche umgehängt und einen kleinen Rucksack auf dem Rücken. Auf die Idee war Hakan gekommen. Denn Herr Pfeiffer hatte ihnen noch gesagt, sie sollten ihre Geheimzeichen mitbringen. Also hatten Hakan und Bert die Schuhe mit den Flügeln und Hanna ihren Stab mit den zwei Schlangen mitgebracht. Alles aus Pappe geschnitten und liebevoll angemalt. Und die konnten sie doch nicht die ganze Zeit in der Hand tragen. Außerdem hatte sich jeder ein Butterbrot in den Rucksack gesteckt und Hanna ihr Handy.

„Ach“, sagte Herr Pfeiffer mit seiner rauen Stimme, als er die Tür öffnete, „Trinkflaschen sind gut. Dort kann man nämlich das Wasser nicht überall trinken.“

Er hatte seine Jacke schon angezogen und auf seinem Kopf sahen sie den silbernen Helm mit den Flügeln. Nun ragte mitten aus dem Zimmer eine Rampe heraus. Sie führte durch das offene Fenster nach draußen.

„Bildet eine Kette! Und der erste gibt mir die Hand“, sagte Herr Pfeiffer und stieg die Rampe hinauf bis zum Fenster. Die Kinder sahen jetzt wieder, dass seine Schuhe auch Flügel hatten, wie sein Helm.
„Ihr müsst euch aber gut festhalten. Aber ihr braucht keine Angst zu haben.“

Sie bildeten jetzt eine Kette. Vorne stand Herr Pfeiffer auf der Rampe, dahinter Hakan, dann Hanna, und Bert zum Schluss.

In diesem Moment sahen sie alle eine Sternschnuppe vom Himmel fallen. Herr Pfeiffer drehte mit der freien Hand schnell seinen Helm um, und schon flogen sie alle in den dunklen Himmel, immer weiter und weiter. Dann wurde es auf einmal langsam heller. Sie sahen unter sich riesige Wälder, die wie Moos aussahen. Und feine silberne Linien. Als sie näher kamen, erkannten sie, dass die Linien riesige Flüsse waren, die sich durch die Wälder wanden wie endlose Schlangen. Daneben sahen sie hässliche rote Straßen, die schnurgerade durch den Urwald geschnitten waren, so breit wie eine Autobahn. Es sah aus, als wären es Wunden im Wald.

„Diese Straßen zerstören den Lebensraum der Waldindianer. Das darf nicht sein!“ rief Herr Pfeiffer den Kindern zu.

Plötzlich landeten sie sanft auf einer Wiese mitten im Wald. Ringsumher standen große Hütten, und Kinder kamen angelaufen und redeten in einer merkwürdigen Sprache. Es klang, als würden Vögel zwitschern. Die Kinder waren alle nackt und betasteten neugierig die Kleider von Bert, Hanna und Hakan. Sie lachten dabei freundlich. Dann näherten sich langsam Frauen und Männer. Auch sie waren alle nackt. Manche trugen ein dünnes Band um die Hüften. Herr Pfeiffer sprach nun mit ihnen in ihrer Zwitschersprache.

In diesem Moment kamen drei Männer mit Bögen von der Jagd zurück. Sie trugen ein Wasserschwein zwischen sich. Und ihre Haare waren ganz rot gefärbt. Alle liefen auf sie zu und redeten schnell in ihrer Zwitschersprache. Dann zogen alle in einem langen Zug zu der größten Hütte. Dort saß ein Mann mit einem großen weißen Federbusch auf dem Kopf. Sein Gesicht war rot und schwarz bemalt. Im Mund hielt er eine lange Pfeife. Aus der stieg Rauch auf.

„Das ist der Medizinmann“, sagte Herr Pfeiffer. „Er ist wichtiger als der Häuptling.“

Dann zog Herr Pfeiffer seine Schuhe mit den Flügeln aus und legte die Jacke mit dem Schlangenstab dazu. Der Medizinmann rauchte heftig an seiner Pfeife, dass sie nur so qualmte, und redete in seiner Zwitschersprache. Nun waren alle Frauen mit Babys auf dem Rücken auch noch dazugekommen. Das Wasserschwein wurde neben die Schuhe und die Jacke von Herrn Pfeiffer gelegt.

„Legt mal eure Zeichen dazu!“ sagte Herr Pfeiffer.
Hanna packte ihren Stab mit den beiden Schlangen aus dem Rucksack, und Hakan und Bert jeder seinen Schuh mit Flügeln. Plötzlich lachten alle und klatschten in die Hände. Der Medizinmann stand auf und umarmte Herrn Pfeiffer. Die anderen Leute legten ihre Hände auf die Schultern von Hanna, Hakan und Bert und lachten.

„So, Kinder, wir müssen wieder nach Hause“, sagte Herr Pfeiffer auf einmal.
„Und was passiert jetzt?“ fragte Hakan.
„Das werdet ihr gleich beim Flug sehen“, meinte Herr Pfeiffer. Sie verabschiedeten sich alle herzlich von den Waldindianern. Viele wollten einen Schluck aus den Trinkflaschen der Kinder haben. Dann lachten sie immer laut. Herr Pfeiffer hatte nun seine Flügelschuhe und die Jacke wieder angezogen, und die Kinder steckten ihre Geheimzeichen in ihre Rucksäcke. Dann fassten sie einander wieder an den Händen, Herr Pfeiffer setzte seinen Helm auf, drehte ihn und los ging es.

Als sie jetzt von oben auf den Urwald schauten, sahen sie, dass die roten Straßen völlig zugewachsen waren.
„Und was ist jetzt mit den Männern, die dort gearbeitet haben?“ fragte Bert.
„Du hast Recht. Wir müssen einmal nach ihnen schauen“, antwortete Herr Pfeiffer.
Er drehte ein wenig an seinem Helm, und kurz darauf landeten sie neben einem riesigen Bulldozer. Darauf saßen zwei Männer mit gelben Arbeitshelmen. Sie sahen ganz verzweifelt aus. Denn die Straße war verschwunden, und hohe Bäume und Sträucher und Schlingpflanzen hatten alles überwuchert. Da kam kein Bulldozer mehr durch. Man konnte fast sehen, wie schnell die Pflanzen wuchsen.
„Geht nach Hause!“ rief ihnen Herr Pfeiffer zu. „Hier kommt ihr nicht mehr durch.“
„Das sehen wir auch. Aber wie sollen wir das schaffen? Wir finden ja nicht einmal die richtige Richtung“, riefen die Männer mutlos.
„Ich schicke euch Waldindianer. Die werden euch helfen. Aber dann kommt nie mehr wieder! Sonst wird es euch schlecht ergehen.“
„Hier habt ihr unsere Trinkflaschen, damit ihr nicht verdurstet.“ Hanna war auf diese Idee gekommen. Aber auch Hakan und Bert gaben ihre Trinkflaschen ab.

Herr Pfeiffer drehte wieder kurz an seinem Helm, und sie sausten wieder nach oben, über den Urwald, die Meere, in die Nacht, bis sie wieder in Oberdreispringen landeten.

9. Kapitel: Hannas Idee

Am nächsten Tag spielten sie zusammen im Bach. Sie waren noch ein bisschen müde von der Nacht. Dabei hatten sie nach der Rückkehr sofort und sehr gut geschlafen.

Der Bach war hier nicht sehr tief, aber gerade so tief, dass ihre Boote in ihm schwammen. Mit ihren Gummistiefeln konnten sie trotzdem durch den Bach waten, ohne dass ihre Füße und Beine nass wurden.

„Sollen wir nicht zuerst zusammen einen Staudamm bauen? Dann können die Boote besser schwimmen.“ Bert hatte diese Idee.
Hanna und Hakan waren einverstanden. Sie suchten im Bachbett Steine zusammen und bauten damit einen Damm. Das Wasser konnte trotzdem noch weiter fließen, aber es wurde so gestaut, dass die Boote ohne Hindernis schwimmen konnten. Sie setzten sie immer unterhalb des kleinen Wasserfalls ein. Dann ließen sie sie um die Wette schwimmen. In jedem Boot saßen ein paar Figuren von Playmobil, die sie mitgebracht hatten.
„Ich baue noch einen Hafen“, rief Hakan.
„Gute Idee!“
„Und ich baue einen Leuchtturm am Rand des Hafens“, meinte Hanna.
„Ja, hier sind ja viele flache Steine“, antwortete Bert, „und dann können wir zusammen am Hafen eine kleine Stadt bauen.“
„Toll, ja, das machen wir!“ Hakan war begeistert.

Mittags aßen sie ihre mitgebrachten Butterbrote. Die hatten sie ja noch von gestern. Sie hatten sie im Urwald nicht gebraucht. Jetzt hatte Hakan auf einmal Durst.
„Kann man das Wasser in diesem Bach trinken?“ fragte er Bert, der ja in der Nähe wohnte.
„Nein, bist du verrückt?“
„Aber es sieht doch ganz sauber aus“, sagte Hakan.
„Ja, es ist auch einigermaßen sauber. Aber vergiss nicht, dass hier Wiesen in der Nähe sind. Mit Kühen.“
„Na und? Ist das schlimm?“ wollte Hakan wissen.
„Na, die Kühe so nicht. Aber die schütten doch immer Gülle auf die Wiesen. Das stinkt dann fürchterlich. Und die Gülle läuft in den Boden“, meinte Bert.
„Ich verstehe“, sagte Hakan. „Und der Bach kommt aus dem Boden.
Könnten wir nicht nachher neue Trinkflaschen kaufen? Die brauchen wir sicher wieder, wenn wir diese Nacht mit Herrn Pfeiffer fliegen.“
„Ja, das machen wir“, meinte Hanna.
„Warum machen die das mit der Gülle?“ fragte Hakan. „Wenn das doch den Boden versaut. Das kann ich nicht verstehen.“
„Die düngen damit die Wiesen, damit die besser wachsen“, antwortete Bert. „Und der Pipi und die Kacke von den Kühen müssen ja irgendwo hin.“
„Ja, aber Hakan hat Recht“, meinte Hanna. „Die müssten sich was Besseres einfallen lassen. Die müssten einfach bessere Ideen haben. Vielleicht könnte man die Abfälle ja irgendwie verwerten.“
„Unsere große Erfinderin!“ spottete Bert. „Hast du denn eine Idee?“
Hanna dachte einen Augenblick nach. Dann sagte sie: „Im Moment habe ich keine Idee. Aber vielleicht werde ich einmal Wissenschaftlerin. Dann erfinde ich was.“

Sie spielten noch bis in den Nachmittag in dem Bach. Dann nahmen sie ihre Fahrräder und fuhren zu Berts Haus. Von dort in den Ort, wo sie sich neue Trinkflaschen kauften.
Als sie am Abend wieder im Zelt lagen, sagte Bert: „Ich bin mal gespannt, wohin es heute mit Herrn Pfeiffer geht.“
„Er hat doch schon gesagt, dass wir wieder Indianer besuchen. Aber keine Waldindianer“, meinte Hakan.
„Welche denn?“ fragte Bert.
„Hochlandindianer, hat er gesagt“, meinte Hanna. „Mal gespannt, wie die aussehen.“

10. Kapitel: Ein Gedankenblitz

Um halb zwölf klingelte der Wecker, den sie sich gestellt hatten. Hakan hatte dieses Mal auch geschlafen. Schnell hatten sie ihre Rucksäcke umgeschnallt und sich auf die Fahrräder geschwungen.

Als sie vor dem verfallenen Haus standen, hörten sie wieder die Eule im Wald. Sie hatten aber nun keine Angst mehr. Sie klopften mit dem Türklopfer an dem Löwenkopf. Herr Pfeiffer öffnete. Er wartete schon auf sie. Sie bestiegen die Rampe. Da sahen sie gleich mehrere Sternschnuppen vom Himmel fallen. Und schon ging es los.

Als die Dunkelheit langsam nachließ, sahen sie unter sich wieder die großen Wälder mit den hellen Schlangenlinien. Sie wussten nun, dass das Flüsse waren. Nun landeten sie aber nicht im Urwald. Sie flogen weiter und weiter. Bis sie auf einmal hohe Berge unter sich sahen. Ihre Spitzen waren mit Schnee bedeckt. Nun hatten sie die hohen Berge auch schon hinter sich, und das Land wurde wieder flacher.
Wie in einem Zoom näherten sie sich schnell dem Boden.

Die Landschaft sah hier fast aus wie eine Wüste. Nur niedrige Sträucher bedeckten den Boden und ab und zu ein hoher Kaktus. Plötzlich schob sich eine lange Schlange von merkwürdigen Tieren durch die Gegend. Sie hatten dicke Felle. Als sie bei ihnen landeten, sahen sie auf den Tieren große Körbe hängen. In den Körben standen Eimer und Kanister. Was wurde da transportiert?
„Ich kenne diese Tiere“, sagte Hakan. „Das sind Lamas.“

Plötzlich traten zwei Frauen hinter einem Kaktus hervor. Sie trugen runde Hüte auf dem Kopf, und eine hatte auf dem Rücken ein Tuch hängen. In dem Tuch hing ein kleines Kind. Es schlief.

Herr Pfeiffer sprach mit den Frauen. Da zeigten sie in die Ferne. Als die Kinder genau hinschauten, erkannten sie niedrige Hütten. Sie waren aus Lehmziegeln gebaut. Die waren braungelb. Man konnte sie kaum vom Boden unterscheiden.

„Da drüben ist das Dorf dieser Indianerinnen. Sie bringen Wasser zu ihren Häusern.“
„Wasser?“ fragte Bert erstaunt. „Warum drehen sie nicht einfach den Wasserhahn auf? Oder haben sie keinen Wasserhahn?“
„Doch“, erklärte Herr Pfeiffer, „sie haben einen Wasserhahn im Dorf. Aber den können sie leider nicht benutzen. Jetzt müssen sie das Wasser immer von weit her holen.“
„Warum können sie den Wasserhahn nicht benutzen?“ fragte Bert.
„Das werdet ihr gleich sehen.“

Nun waren sie bei den niedrigen Häusern aus Lehmziegeln angelangt. Die Frauen hoben die Körbe mit den Eimern und Kanistern von den Lamas. Herr Pfeiffer ging mit den Kindern hinter die Häuser. Dort sahen sie einen kleinen See mit grünlich-gelbem Wasser. Im ersten Moment fanden sie ihn schön. Dann sagte Hanna:
„Sieht ein bisschen giftig aus, das Wasser.“
„Das ist es auch“, antwortete Herr Pfeiffer. „Das Wasser kommt aus einer Mine in der Nähe und vergiftet das ganze Wasser für die Leute in diesem Dorf.“
„Das ist ja eine Schweinerei!“ schimpfte Hakan.
„Ja, und deshalb müssen die Indianer jetzt ihr Wasser von weither holen. Ihr habt ja gesehen, wie mühsam das ist.“
„Wozu ist eine Mine da?“ fragte Bert.
„Eine Mine ist ein Bergwerk. Da wird Kupfer und Blei gefördert.“
„Wem gehört denn die Mine?“ wollte Hanna wissen.
„Einem Senor Holgazan. Und den werden wir jetzt besuchen.“

Sie fassten sich wieder an den Händen. Herr Pfeiffer drehte an seinem Helm, und im niedrigen Flug erreichten sie ein grünes Tal. An seinem Rand stand eine prächtige Villa mit grünem Rasen und einer Veranda. Auf der Veranda hing eine Hängematte, in der ein dicker Mann lag. Er schaukelte langsam hin und her und rauchte eine dicke Zigarre. Ab und zu nahm er einen Schluck aus einem Glas, das neben ihm auf einem kostbaren runden Tisch stand.

„Was wollt ihr hier?“ brummte der Mann, als sich die Kinder und Herr Pfeiffer der Veranda näherten.
„Sie sollen den Indianern das Wasser nicht vergiften!“ rief Hakan laut.
„Welches Wasser? Welche Indianer? Was soll das?“
Nun schaute er missgelaunt aus der Hängematte heraus und nahm seine Zigarre aus dem Mund.
„Das Abwasser aus Ihrer Kupfermine verseucht das Wasser der Indianer. Nun müssen sie ihr Trinkwasser von weit her holen“, erklärte Herr Pfeiffer.
„Na und? Die haben doch Zeit. Und was soll ich mit dem Abwasser machen? Ich kann doch die Mine nicht einfach schließen. Dann haben die Männer auch keine Arbeit mehr. Die arbeiten doch alle in meiner Mine.“
„Da braucht man doch nur eine gute Idee zu haben, wie man das ändern kann mit dem Abwasser“, meinte Hanna. „Strengen Sie sich doch mal an!“
Herr Holgazan schaute das Mädchen an, als käme es von einem anderen Stern.
„Wollen Sie nicht mal den Helm von Herrn Pfeiffer aufsetzen?“
Jetzt wurde das Gesicht von Herrn Holgazan fast wütend. Dann schaute er mit Neugierde auf den Helm. Ein Helm mit Flügeln! Wie seltsam!
„Was ist das für ein Helm?“ fragte er mürrisch.
Herr Pfeiffer nahm den Helm von seinem Kopf und gab ihn Herrn Holgazan. Der drehte ihn hin und her und setzte ihn dann auf seinen Kopf. Plötzlich sprang er aus seiner Hängematte und rief:
„Da fällt mir etwas ein! Ich könnte das Abwasser weiter verwerten. Da ist ja noch Blei und Kupfer drin und andere Mineralien. Da kann ich ja einen Filter einbauen. Und noch mehr verdienen! Ja, das ist eine gute Idee!“
Er warf den Helm auf den Boden der Veranda und lief davon. Die Kinder riefen noch hinter ihm her: „Und geben Sie den Indianern was ab von Ihrem Geld!“
„Ja! Ja!“ rief er und verschwand in seiner Villa.
Herr Pfeiffer und die Kinder schauten sich an und lachten. Dann machten sie sich auf den Rückweg. Unterwegs kamen sie in einen ganzen Regen von Sternschnuppen.

11. Kapitel: Stille Post

Am nächsten Tag war es sehr heiß. Das Schwimmbad war voll. Sie fanden aber einen schönen Platz im Schatten unter der großen Eiche. Ein Junge aus Berts Klasse sagte, das Schwimmbad würde bald geschlossen. Die Stadt hätte kein Geld mehr. Da waren sie richtig erschrocken. Und ein bisschen wütend. Sie konnten es gar nicht glauben. So stiegen sie wieder auf die große Rutschbahn hinauf und sausten hinunter. Im Wasser tauchten sie um die Wette.
Danach legten sie sich in die Sonne, bis es zu heiß wurde. Sie aßen ihr Picknick, das sie mitgebracht hatten. Dazu tranken sie aus ihren Trinkflaschen Apfelsaft. Später schliefen sie ein bisschen auf der Decke. Sie waren nämlich noch müde von der Nacht.

Am Abend legten sie sich früh ins Zelt und schliefen bald ein. Der Wecker klingelte pünktlich um halb zwölf. Sie fuhren wieder zu dem verfallenen Haus und klopften an der Tür. Unterwegs hatten sie schon viele Sternschnuppen gesehen. Wohin ging es wohl heute?

„Heute wird es vielleicht etwas schwierig“, sagte Herr Pfeiffer, als sie losflogen. Sie flogen über ein hohes Gebirge und dann über das Meer. Als sie niedriger flogen, sahen die Kinder viele Türme und Kuppeln. Auch Palmen gab es da. Es sah alles sehr schön aus. Sie landeten gleich hinter einer hohen Mauer. Auf beiden Seiten standen viele Leute. Erwachsene und Kinder. Auf der einen Seite standen Soldaten mit Gewehren. Auf der anderen Seite standen junge Männer mit Steinen in der Hand. Plötzlich fielen Schüsse. Gleich darauf warfen die jungen Männer Steine auf die andere Seite. Eine Frau wurde von einem Stein getroffen und schrie.

„Was macht ihr denn da?“ rief Hanna. Sie konnte ja keinen Streit ertragen. Einer von den jungen Männern sagte: „Die schießen immer. Da müssen wir uns doch wehren.“
„Und warum schießen die?“ fragte Hanna.
„Weil wir Kinder einen Tunnel gebaut haben“, sagte ein Junge mit ganz schwarzen Haaren.

Dann erklärte er, was los war. Hier war ein Fußballplatz. Da hatten die Kinder immer Fußball gespielt. Vor kurzem aber war eine Mauer gebaut worden. Nun war der Fußballplatz geteilt. Auf jeder Seite der Mauer lag ein Tor. So konnte man auch spielen. Aber nicht mehr alle Kinder zusammen. Manche wohnten im Westen der Mauer. Die anderen wohnten im Osten. Die Mauer trennte sie. Sie wollten aber alle zusammen spielen. Und wieder zwei Tore haben. Deshalb hatten sie eines Tages einen Tunnel gebaut. Unter der Mauer durch. Der Platz war zwar immer noch geteilt. Aber so konnten sie wenigstens zusammenkommen. Einmal spielten sie im Westen, einmal im Osten. Bis die Soldaten mit den Gewehren kamen und sie nicht mehr durch den Tunnel ließen. Die Kinder waren sehr traurig. Manchmal schossen die Soldaten in die Luft. Dann warfen die jungen Männer von der anderen Seite Steine. Alle waren sehr wütend. Und keiner wusste mehr weiter.

Hanna sah sich um. Hinter dem Platz stand ein schönes Gebäude mit einer Kuppel. Und ein schlanker Turm. Neben dem Turm stand eine Holzleiter.
„Helft mir mal mit, die Leiter an die Mauer zu stellen“, sagte sie zu Hakan und Bert. Sie schleppten die Leiter an die Mauer. Hanna stieg hinauf. Die anderen staunten. Oben setzte sie sich rittlings auf die Mauer. Dann fing sie an zu reden:
„Hört endlich auf zu streiten!“ rief sie laut. „Die Kinder wollen zusammen Fußball spielen. Warum lasst ihr sie nicht? Wir machen jetzt zusammen ein Spiel. Durch den Tunnel hindurch.“
Zuerst waren die Erwachsenen erstaunt. Einige murrten. Dann hörten sie aber weiter zu.
„Die Leute im Westen bekommen jetzt eine Zauberjacke. Die Leute im Osten bekommen einen Zauberhelm. Gebt mir mal die Sachen herauf!“ rief sie zu Herrn Pfeiffer und Hakan und Bert. Herr Pfeiffer grinste. Er wusste, dass Hanna sehr klug war. Bert und Hakan brachten ihr die Jacke und den Helm auf die Mauer.

Hanna hielt die Jacke hoch und rief in den Westen: „Wer von euch ist der Chef?“
Ein Soldat meldete sich.
„Fang mal die Jacke auf!“ rief sie ihm zu.
Dann warf sie die Jacke hinunter, und der Mann fing sie auf.
Jetzt rief sie zu den Leuten im Osten:
„Und wer ist bei euch der Chef?“
Ein großer junger Mann meldete sich.
„Fang den Helm auf! Aber sei vorsichtig! Er ist kostbar.“
Der junge Mann fing geschickt den Helm auf.
Dann sagte Hanna:
„Wir machen jetzt zusammen ein Spiel. Du ziehst die Jacke an, und du setzt den Helm auf.“
Einige Erwachsene murrten wieder. Einer rief: „Was soll der Quatsch?“
Doch nun riefen die Kinder auf beiden Seiten: „Spielen! Spielen! Spielen!“ Dabei klatschten sie in die Hände. Und tatsächlich- die Erwachsenen gehorchten ihnen. Der Soldat im Westen zog die Jacke an. Der große junge Mann im Osten setzte sich den Helm auf seine schwarzen Haare.

„So, und jetzt bilden alle eine lange Kette. Durch den Tunnel hindurch“, rief Hanna.
Sie gehorchten auf beiden Seiten. Auch Herr Pfeiffer, Hakan und Bert stellten sich in die Kette.
„Gut!“ rief Hanna. „Und jetzt spielen wir Stille Post. Der Soldat im Westen flüstert seinem Nachbarn ein Wort ins Ohr. Und der seinem Nachbarn. Und immer so weiter. Bis das Wort bei der letzten Person in der Kette im Osten angekommen ist.“

Wieder wollten einige Erwachsene nicht mitmachen. Aber die Kinder riefen wieder: „Spielen! Spielen! Spielen!“ Da flüsterte der Soldat mit der Jacke seinem Nachbarn etwas ins Ohr. So ging es immer weiter, durch den Tunnel hindurch. Bis auf die andere Seite. Der Letzte in der Kette lachte.
„Was hast du verstanden?“ fragte ihn Hanna.
„Humtata! Humtata!“ sagte ein alter Mann, der am Ende der Reihe stand.
„Und was hast du gesagt?“ fragte sie den Soldaten mit der Jacke.
„Humankapital“, antwortete er laut.
Die Kinder lachten alle. Einige Erwachsene auch.

„Jetzt tauschen alle den Platz mit dem Nachbarn. Und der mit dem Helm ist dran. Los!“
Den Helm trug jetzt ein Mann mit einem langen Bart. Er flüsterte seinem Nachbarn ins Ohr. Und so ging es weiter.
„Was hast du verstanden?“ fragte Hanna den Soldaten, der jetzt die Jacke trug.
„Wollen wir mal baden?“ sagte er. Er musste schon ein bisschen lächeln.
„Und was hast du gesagt?“ fragte Hanna den Mann mit dem Bart.
„Kollateralschaden“, meinte er ernst.
Wieder lachten alle Kinder. Auch wieder einige Erwachsene.

So ging es weiter. Einer flüsterte: „Wohlstandsmüll.“ Am Ende der Schlange verstand man „Wurschterlmühle“.
Als einer sagte: „Rentnerschwemme“, wurde „Renn dich wärmer“ verstanden.
Aus „Konsumopfer“ wurde „Kostenkoffer“, aus „Neiddebatte“ wurde „Seidenplatte“. Zum Schluss mussten wirklich alle lachen. Ein paar Soldaten wollten gar nicht mehr aufhören.

Hanna rief nun laut: „Seht ihr jetzt, wie wichtig Spielen ist? Auch für Erwachsene. Aber vor allem für Kinder. Deshalb müsst ihr jetzt ein Loch in die Mauer brechen. Damit die Kinder wieder alle miteinander spielen können. Damit sie wieder zusammen Fußball spielen können. Vielleicht wird ja eines Tages dann die Mauer abgerissen. Dann haben auch wieder alle einen Platz mit zwei Toren. Bis dahin könnt ihr einmal im Westen spielen und einmal im Osten. Aber alle zusammen. Also los! Brecht ein Tor in die Mauer!“

Und Hanna hatte Erfolg. Im Westen fing der Soldat mit der Jacke an. Im Osten ein junger Mann mit dem Helm. Sie holten Hacken und schlugen ein großes Tor in die Mauer. Die Kinder jubelten. Und gleich darauf fingen sie an Fußball zu spielen. Einmal auf das Tor im Westen. Dann auf das Tor im Osten. Manche Erwachsene spielten auch mit. Ein Soldat sagte: „Ich glaube, wir müssen die Mauer bald abreißen.“ Da klatschten viele in die Hände.

Herr Pfeiffer hatte Freude in seinem Gesicht. Aber er sah müde aus. Auch später noch, als sie wieder zu Hause waren. Er legte sich sofort auf sein Sofa und schlief ein.

12. Kapitel: Ein einsamer Mann

Auch den nächsten Tag verbrachten sie wieder im Schwimmbad. Heute war es noch heißer. Und das Schwimmbad noch voller. Trotzdem kamen sie kaum aus dem Wasser heraus.

„Herr Pfeiffer sah gestern so müde aus, findet ihr nicht?“ fragte Bert, als sie wieder auf ihrer Decke unter der Eiche lagen.
„Ja, das ist mir auch aufgefallen. Naja, er ist ja auch schon alt“, antwortete Hakan. „Trotzdem bin ich gespannt, wo es heute hingeht.“
„Ja“, sagte Hanna, „und du sollst ja deinen Fotoapparat mitbringen, Bert.“
„Ich weiß. Ich habe ihn schon in meinen Rucksack gesteckt.“

In dieser Nacht schien der Mond gar nicht mehr so hell. Sie stellten wieder ihre Fahrräder an den Baum neben dem alten Haus. Dann klopften sie an Herrn Pfeiffers Tür. Es geschah nichts. War Herr Pfeiffer nicht da? Sie klopften noch einmal und noch einmal. Endlich erschien Herr Pfeiffer. Er sah wieder müde aus. Er sagte: „Entschuldigung. Ich war ein bisschen eingeschlafen.“

Als sie auf der Rampe standen, warteten sie auf eine Sternschnuppe. Es dauerte etwas. Dann fiel tatsächlich eine. Sie flogen los. Bald sahen sie das große Meer. Ihr Flug dauerte aber nicht so lange wie zum Urwald. Auf einmal sahen sie hohe Berge und einen Vulkan. Auf seinem Gipfel lag Schnee. Rauch stieg aus ihm auf. Danach schwebten sie über eine riesige Stadt. Am Rande der Stadt waren große Müllkippen. Sie flogen tiefer und sahen Kinder, die in der Müllkippe wühlten.

„Was machen die da?“ fragte Bert.
„Sie suchen nach Essen“, antwortete Herr Pfeiffer.
„Ih! Wie kann man so was machen!“ rief Bert.
„Mach ein paar Fotos davon!“ sagte Herr Pfeiffer.
„Warum?“
„Das wirst du gleich sehen. Mach auch ein paar Fotos von den Hütten dort!“

Neben den Müllkippen sahen sie nun riesige Mengen von Hütten. Sie sahen schrecklich aus. Manche waren aus Pappe, andere aus Blech. Andere aus einfachen Brettern. Viele Leute liefen zwischen den Hütten umher. Die Wege waren aus Lehm. Bert fotografierte alles. Aber warum? Das waren doch keine schönen Fotos!

Dann flogen sie wieder etwas höher. Über viele Berge kamen sie zu einem anderen Meer im Westen. Es hatte hohe Wellen. Hier war die Küste sehr steil. Nun ging es abwärts. Auf den hohen roten Felsen sahen sie viele schöne Palmen und andere Bäume. Alles war sehr grün. Und oben auf den Felsen stand eine herrliche Villa. So ein tolles Haus hatten sie noch nie gesehen. Es bestand aus mehreren Gebäuden und war von einer hohen Mauer umgeben. Die Gebäude waren weiß, gelb und rosa. Es gab auch ein Schwimmbad mit ganz blauem Wasser. Und in der Mitte war ein großer Platz. Auf diesem Platz landeten sie nun.

Neben dem Schwimmbad stand ein goldener Sessel. Auf dem Sessel saß ein Mann in einem silbernen Gewand. Noch nie hatten sie so einen dicken Mann gesehen. Sein Kinn war kein Doppelkinn, es war ein Dreifachkinn. Seine Hüften schwappten über die Lehnen seines Sessels. Seine Finger sahen aus wie Würste. Er wurde von zwei Dienern gefüttert. Die trugen blaue Uniformen mit gelben Verzierungen. Eine Dienerin fächelte ihm Luft zu mit einer großen blauen Feder. Dabei stand der Sessel schon im Schatten. Unter einem Dach neben dem Schwimmbad.

„Wer seid ihr? Ich habe euch noch nie gesehen“, fragte der unglaublich dicke Mann.
„Wir wollen Ihnen etwas zeigen“, antwortete Herr Pfeiffer.
„Was soll das sein? Ich habe schon alles gesehen“, schnaufte der Dicke.
In diesem Moment hörten sie das Knattern eines Hubschraubers über der Villa.
„Ach, schon wieder neue Säcke!“ rief der Dicke. „Ich will nicht mehr!“
Er sah aus, als wollte er anfangen zu weinen.

Nun schwebte der Hubschrauber über dem Hof. Ein großer Sack wurde herabgelassen. Dann noch einer. Und noch einer. Insgesamt waren es siebzehn. Zehn weitere Diener in blauen Uniformen liefen herbei. Sie trugen die Säcke in eine große Halle. Die Halle lag auf der anderen Seite des Hofs. Ein Tor öffnete sich automatisch, und sie trugen die Säcke hinein. Die Kinder sahen, dass in der Halle schon viele Säcke standen.

„Was ist in den Säcken drin?“ fragten die Kinder Herrn Pfeiffer.
„Geld, Geld, Geld. Herr Gordo ist der reichste Mann der Welt.“
„Wie reich ist er denn?“ fragte Hakan.
„Er hat über fünfzig Milliarden.“
„Ist das wirklich viel?“ fragte Bert.
Herr Pfeiffer sagte: „Legt mal im Geist viele 10-Euro-Scheine übereinander. Dass ein Turm entsteht, so hoch wie der Kölner Dom. Das sind dann 15 Millionen Euro. Aber Herr Gordo besitzt so viel Geld wie 3000 Kölner Dome übereinander. Stellt euch das mal vor!“
„Boh!“ rief Hanna. „Dann könnte er uns wenigstens einen Kölner Dom abgeben.“
Herr Pfeiffer lachte.

Nun flog der Hubschrauber weiter. Die Säcke waren alle verstaut. Herr Gordo hatte die ganze Zeit unruhig mit den Fingern auf die Lehnen des Sessels getrommelt. Nun konnte er endlich weiter essen. Ein Diener schob ihm einen Hähnchenschenkel zwischen seine dicken Lippen. Das Fett lief auf sein goldenes Gewand. Er merkte es gar nicht.

Da sah er die Kinder und Herrn Pfeiffer wieder. Er hatte sie ganz vergessen. Er winkte sie mit seinem Dreifachkinn heran und fragte: „Was wolltet ihr? Immer werde ich gestört. Von diesen Hubschraubern. Lästig!“
„Aber die bringen Ihnen doch Geld!“ rief Hanna.
„Ach, Geld! Geld! Ich habe schon genug Geld!“
„Das stimmt allerdings“, murmelte Herr Pfeiffer.
„Also, was wolltet ihr? Macht schnell! Ich muss essen.“
Er wurde schon wieder gefüttert. Von einem der Männer in blauen Uniformen.

„Wir wollten Ihnen diese Bilder zeigen“, sagte Herr Pfeiffer. Er schob Bert mit seiner Kamera nach vorne. Bert zeigte ihm die Bilder mit den Kindern auf den Müllbergen. Und die vielen dreckigen Hütten.
„Was soll das? In welchem Land gibt es so viel Dreck? Das ist ja eklig. Das kann einem ja den Appetit verderben.“ Herr Gordo runzelte zornig die Stirn.

Nun trat Hanna vor ihn. Sie fasste eine seiner fetten Hände und sagte: „Herr Gordo, das sind Bilder aus Ihrem Land. Wir finden es auch schrecklich, was man da sieht. Aber Sie haben doch so viel Geld. Wollen Sie nicht helfen?“

Herr Gordo hörte tatsächlich auf zu essen. Er sagte: „Das ist ja das Schlimme. Ich bekomme täglich mehr Geld. Ich kann machen, was ich will. Es vermehrt sich einfach. Immer werde ich damit belästigt. Ich habe schon so viele Fabriken mit meinem Geld gekauft. Aber mein Geld wird immer mehr. Ich will endlich meine Ruhe haben.“
„Herr Gordo“, sagte Hanna, „lassen Sie doch einfach Häuser für diese Leute in den Hütten kaufen. Und geben Sie den Kindern etwas zu essen. Dann vermehrt sich Ihr Geld nicht mehr so sehr. Und Sie brauchen es nicht einmal selbst zu machen. Das machen doch Ihre Diener für Sie. Wir können Ihnen von zu Hause Briefe schreiben. Darin machen wir Ihnen weitere Vorschläge.“
Herr Gordo zögerte noch. Da sagte Herr Pfeiffer: „Senor Gordo, wollen Sie nicht einmal meinen Helm aufsetzen? Sie werden sehen. Er wird Ihnen sehr gefallen. Aber Sie bekommen ihn nur geliehen.“
Herr Gordo schaute sich den Helm an. Sein Gesicht wurde ein bisschen neugierig.
„Geben Sie mal her! Komischer Hut!“ brummte er.

Herr Pfeiffer setzte den Helm auf Senor Gordos Glatze. Fast wäre er heruntergerutscht, wenn Bert ihn nicht aufgefangen hätte.
Herr Gordo setzte sich nun ganz gerade und fragte: „Wie steht er mir?“
Die Kinder und Herr Pfeiffer antworteten gleichzeitig: „Wunderbar!“ Innerlich mussten sie aber alle lachen.
Und dann war es wie ein Wunder. Herrn Gordos Gesicht wurde freundlich. Er versprach Hilfe mit seinem Geld und beauftragte gleich einen seiner Diener. Und die Kinder sollten ihm schreiben, wenn sie noch eine gute Idee hätten.

Plötzlich wurde Herr Gordo so müde, dass er einschlief. Als er laut schnarchte, nahm Herr Pfeiffer den Helm von Herrn Gordos Glatze. Sie fassten einander an den Händen. Und im Nu ging es wieder nach Hause, über die Berge, an dem Vulkan vorbei, übers große Meer.

13. Kapitel: Ein Geschenk

„Kommt morgen schon am Nachmittag!“ hatte Herr Pfeiffer gesagt, als sie in der Nacht zurückkamen.
„Warum?“ hatte Bert gefragt. „Ich dachte, Sie könnten nur in der Nacht fliegen.“
„Das stimmt“, hatte Herr Pfeiffer geantwortet. „Morgen fliegen wir auch nicht.“
„Und was machen wir dann?“ hatte Hakan gefragt.
„Das ist eine Überraschung. Kommt um vier am Nachmittag!“

So hatten sie den Morgen im Schwimmbad verbracht. Dort trafen sie auch viele Mitschüler. Auch Clara und Peter. Sie spielten Wasserball mit ihnen. Bert stand im Tor. Nach einem Picknick auf der Decke unter der großen Eiche fuhren sie wieder zum Haus von Bert. Und von dort nach Oberdreispringen. Was hatte Herr Pfeiffer wohl für eine Überraschung für sie?

An der Tür fielen ihnen schon drei Luftballons auf. Die hingen neben dem Türklopfer. Hatte Herr Pfeiffer vielleicht Geburtstag? Wie peinlich! Sie hatten nicht einmal ein Geschenk. Sie klopften mit dem goldenen Türklopfer gegen die grüne Tür. Dieses Mal machte Herr Pfeiffer sofort auf. Er schmunzelte, als er sie sah. „Pünktlich wie die Maurer!“ rief er. „Dann setzt euch mal erst!“

Bert, Hanna und Hakan setzten sich in die weißen Sessel an dem runden Tisch aus Glas. Überall hingen blaue, rote und weiße Luftballons. Herr Pfeiffer ging in den kleinen Raum nebenan. Das war wohl eine Küche. Dann kam er mit einem Tablett zurück. Es war schwarz und hatte Verzierungen aus Gold. Er stellte vier große Eisbecher auf den Tisch. Dann setzte er sich auch.
„Überlegt mal, welcher Becher für wen ist“, sagte er und schaute sie mit seinen freundlichen Augen an.
„Der Becher mit dem Schlangenstab ist sicher für Hanna“, meinte Hakan.
„Klar“, meinte Herr Pfeiffer, „und der mit dem Flügelschuh ist natürlich für Bert. Und der mit dem anderen Flügelschuh für Hakan.“
„Und der mit dem Flügelhelm ist für Sie. Haben Sie diese Verzierungen aus Schokolade gemacht? Das könnte ich nicht“, sagte Hanna.
Herr Pfeiffer lachte. „Nein, das könnte ich auch nicht. Aber ich habe eine Freundin. Die hat eine Konditorei. Die kann so etwas.“
„Toll!“ riefen die Kinder und ließen es sich schmecken. Das Eis schmeckte sehr gut.

„Heute ist ein besonderer Tag“, meinte Herr Pfeiffer auf einmal.
Die Kinder schauten auf. „Sie haben doch nicht etwa Geburtstag?“ fragte Hakan.
„Nein, nein, ich erkläre euch das nachher. Aber das eine sage ich euch schon einmal: In der nächsten Nacht fallen die letzten Sternschnuppen. Mit dem Fliegen ist es also vorbei. Bis zum nächsten Vollmond oder sogar bis zum nächsten Jahr. Zuerst will ich euch aber etwas zaubern.“
Er fasste an Berts linkes Ohr und sagte: „Was hast du denn hier?“
Die Kinder sahen eine kleine leuchtende Kugel. Er hatte sie aus Berts Ohr gezogen.
„Das sieht ja aus wie eine Weltkugel!“ rief Hakan.
„Ja, damit ihr euch besser auf der Welt auskennt.“
Nun zog er auch bei Hakan einen kleinen Globus aus dem Ohr. Und dann bei Hanna. Die Kinder staunten. „Wie hast du das gemacht?“
„Ja!“ lachte Herr Pfeiffer. „Einfach üben. Viel üben. Jetzt singt mal euer Lieblingslied!“
Die Kinder schauten sich an. Dann einigten sie sich auf „Papi, wach auf“. Und sangen aus vollem Hals. Da zog Herr Pfeiffer aus Hannas offenem Mund ein weißes Tuch. Aus Berts Mund ein rotes und aus Hakans Mund ein blaues Tuch. Die Tücher hatten ein sehr schönes Muster.
„Die könnt ihr behalten. Als Andenken an mich.“
„Als Andenken?“ Bert wunderte sich. „Gehen Sie denn weg?“
„Könnte man sagen“, antwortete Herr Pfeiffer. Und jetzt sah er wieder müde aus. Vielleicht sogar ein bisschen traurig. „Aber das erkläre ich euch nachher. Zuerst müsst ihr noch ein Rätsel lösen. Ach, vorher noch eine kleine Zugabe zum Zaubern. Legt mal eure Geheimzeichen auf den Tisch!“
Sie zogen die beiden Schuhe mit den Flügeln und Hanna den Stab mit der Schlange aus den Rucksäcken. Die hatten sie nämlich wie immer mitgenommen. Sie legten die Zeichen auf den Tisch. Herr Pfeiffer legte zuerst seine Hand auf Berts Flügelschuh. Als er sie wieder hob, lagen fünf Schuhe da. Dann machte er aus Hannas Stab fünf Stäbe. Einfach, indem er die Hand darauf legte. Und mit Hakans Flügelschuh geschah das gleiche.
Wieder staunten die Kinder. Herr Pfeiffer sagte: „Vielleicht findet ihr ja noch andere Kinder, die in euren Club wollen. Dann könnt ihr ihnen die Zeichen geben. Aber jetzt zu dem Rätsel!“

Er holte aus einer Vitrine seine Jacke, die Flügelschuhe und den Flügelhelm. Dann ging er zu einer Vitrine neben dem Fenster. Er nahm einen glänzenden schwarzen Stein heraus. Alles lag nun auf dem Tisch. Dann zog er aus seiner Hosentasche acht kleine Kärtchen. Die Kinder lasen darauf die Wörter gefährlich, beweglich, hart, verrückt, klug, friedliebend, ausdauernd, schnell.

„Zu dem Stein muss ich etwas erklären. Es ist ein Obsidian aus Mexiko. Er ist sehr hart. Aber ich werde ihn euch nachher schenken. Denn er hat eine besondere Bedeutung. Man kann mit ihm dieses Haus aufschließen. Man muss nur damit gegen den Löwen an der Tür klopfen. Dann wird sie sich öffnen. Auch wenn ich nicht da bin. Aber jetzt wieder zu dem Rätsel. Welche vier Wörter passen zu den vier Gegenständen? Und wie mussten wir sein, als wir unsere Flüge machten? Lest sie euch genau durch! Ich räume in der Zeit die leeren Eisbecher ab.“

Er verschwand mit den Eisbechern in der Kochecke. Bert, Hanna und Hakan steckten die Köpfe zusammen und berieten sich. Sie wurden sich schnell einig. Nur bei dem Obsidian gelang es nicht sofort. Hakan wollte das Kärtchen mit dem Wort hart daneben legen. Hanna aber sagte:
„Der Stein ist natürlich sehr hart. Aber wir sollten doch auch überlegen, wie wir bei unseren Flügen sein mussten. Da mussten wir doch nicht hart sein.“
„Aber ausdauernd!“ riefen Bert und Hakan wie aus einem Mund. Die Kärtchen mit den Wörtern gefährlich, verrückt, schnell und hart legten sie also weg. Bert wollte zuerst das Wort schnell auswählen. Dann einigten sie sich aber doch auf beweglich.
„Herr Pfeiffer! Wir sind fertig.“

Nun setzte sich Herr Pfeiffer wieder zu ihnen.
„Toll!“ sagte er. „Alles richtig. Aber das hatte ich auch so von euch erwartet.“
Dann machte er eine kleine Pause. Er lehnte sich zurück und sagte:
„Ihr habt es sicher schon gemerkt. Ich bin müde geworden. Deshalb fliege ich in dieser Nacht weg. Auf eine Insel in der Karibik. Um mich auszuruhen. Ich lebe dort in einer kleinen Hütte. So ähnlich wie hier. Aber viel einfacher. Auf dieser Insel ist es immer schön warm. Ich werde viele Kokosnüsse essen. Und Fisch. Und Wale beobachten. Die gibt es da nämlich. Vielleicht werde ich den einfachen Leuten helfen. Wenn sie das wollen. Dieses Haus aber gehört ab heute euch.

Bert, Hakan und Hanna schauten sich verwundert an. Sie waren auch ein bisschen traurig. Herr Pfeiffer gab ihnen den Obsidian. Und Bert steckte ihn in seinen Rucksack. Dann standen sie auf und verabschiedeten sich. Die Kinder sahen nun sehr traurig aus. Da sagte Herr Pfeiffer: „Wir werden uns natürlich schreiben. Und ich werde euch meine Schuhe, meinen Helm und meine Jacke schicken. Ihr könnt dann überlegen, was ihr damit macht. Ihr wisst ja, wie es geht.“

ist pensionierter Lehrer, Mitglied von Wort und Kunst, Verfasser von "Der letzte Lehrer"

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