SPD-Fraktionschef Klaus Waldschmidt

SPD-Fraktionschef Klaus Waldschmidt. (Archivbild)

Nach wie vor wollen sich die Spitzen der Fraktionen von CDU, SPD und FDP nicht festlegen, ob sie nun für eine Minderheitsbeteiligung an der Belkaw sind – oder nicht. Vor allem die beiden großen Parteien wollen am liebsten die beiden geplanten Bürgerinformationsveranstaltungen abwarten und die Stimmung in der Bevölkerung abtasten. Allerdings, so ganz wohl fühlen sie sich dabei offenbar auch nicht. Vor diesem Hintergrund bringt SPD-Fraktionschef Klaus Waldschmidt einen ganz neuen Vorschlag in die Debatte ein.

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Zur Erinnerung: Am 8. April soll der Stadtrat entscheiden, ob sich die Stadt Bergisch Gladbach für 78 Millionen Euro zu 49,9 Prozent an der Belkaw beteiligt, ob sie mit den Stadtwerken Schwäbisch Hall bzw. Aachen eigene Stadtwerke gründet und später das Stromnetz dazu kauft, oder ob alles bleibt wie es ist. Grüne, Linke, Demokrative14 und AfD hatten sich in den letzten beiden Tagen klar gegen eine Minderheitsbeteiligung ausgesprochen; CDU, SPD und FDP tendieren nach wie vor zur Belkaw-Lösung.

Klaus Waldschmidt berichtet von einer lebhaften Diskussion in der SPD-Fraktion. Die Genossen wollten tatsächlich erst einmal die beiden Bürgerinformationsveranstaltungen abwarten. „Wir sehen das nicht als Information, sondern als tatsächliche Beteiligung der Bürger”, sagt Waldschmidt am Freitag dem Bürgerportal.

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Nachdem die erste Veranstaltung im Februar „vollständig nach hinten los ging” sollte nun die Anbieter selbst ihre Angebote erläutern. Die Fraktionschefs würden dieses Mal auch nicht auf der Bühne sitzen; er sei aber bereit, aus dem Saal heraus Fragen zu beantworten, sagt der SPD-Mann. Ohnehin findet die zweite Runde der Bürgerinfomation in einem neuen Format statt.

Kann die RheinEnergie Gewinne verschieben?

Bevor sich die SPD festlege, müssten zunächst alle Fakten öffentlich gemacht werden, alle Fragen beantwortet werden, erläutert Waldschmidt. Selbst nach der letzten Sitzung des Lenkungsausschusses habe die SPD immer noch offene Fragen, die nun auf dem Tisch der Berater von Bürgermeister Lutz Urbach lägen. Zum Beispiel, wie man verhindern wolle, dass die Belkaw-Mutter RheinEnergie über die Gestaltung von Dienstleistungsverträgen dafür sorge, dass Gewinne von der Belkaw in Bergisch Gladbach zur RheinEnergie nach Köln verschoben werden.

Wenn diese und die eine oder andere Frage geklärt sei, so lässt Waldschmidt erkennen, tendiere die SPD dazu, gemeinsam mit der CDU für die Belkaw-Beteiligung zu stimmen – weil das finanziell gesehen die beste Lösung sei.

Ein Bürgerentscheid am 25. Mai?

Dann bringt Waldschmidt jedoch einen überraschenden Vorschlag ins Spiel: wenn der Rat am 8. April für eine Lösung votiert hat, dann könne er ja gleichzeitig einen Ratbürgerentscheid beschließen und die Bürger parallel zur Kommunalwahl am 25. Mai bitten, diese Entscheidung abzusegnen – oder abzuschießen. „Dies Möglichkeiten halten wir uns durchaus offen“, sagt der SPD-Fraktionschef. Dafür sei zwar eine 2/3-Mehrheit im Rat und damit die Zustimmung der CDU erforderlich, räumt er ein. Aber dann müsste die CDU begründen, warum sie diese Entscheidung „den Bürgern vorenthalten“ wolle.

Die Grünen, so Waldschmidt, könnten für einen solchen Ratsbürgerentscheid gewonnen werden. Tatsächlich hatte sich Peter Baeumle-Courth, Bürgermeisterkandidat der Grünen, dafür prinzipiell offen gezeigt.

Michael Schubek, Quereinsteiger und Bürgermeisterkandidat der SPD, warnt gleichzeitig davor, die Entscheidungsalternativen auf Belkaw-Beteiligung oder eigene Stadtwerke zu reduzieren: „Die sogenannte Null-Variante oder noch interessanter die Stille Beteiligung müssen auch betrachtet werden.“ Für eine Bewertung sei es wichtig  festzulegen, welche Ziele mit dem Vorhaben überhaupt verfolgt werden sollen. Dazu gebe es „bisher nur wenige präzise und ideologiefreie Aussagen“.

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Die CDU-Fraktion hat zu Waldschmidts überraschenden Vorstoß noch keine Haltung abstimmen können. Fraktionsgeschäftsführer Lennart Höring reagierte jedoch skeptisch. Wenn man solch einen Ratsbürgerentscheid tatsächlich wolle, so seine persönliche Meinung, müsse man sich sehr gut überlegen, wie und wann man das macht. Der 25. Mai wäre auf jeden Fall „ein schwieriger Termin,“ weil dieser Bürgerentscheid dann die Wahl des Stadtrates und des Bürgermeisters völlig überlagern würde.

Höring betont, dass sich die CDU-Fraktion noch nicht festgelegt habe und auch nichts auschließe. Am Montag werde man noch einmal mit der FDP reden und in der eigenen Fraktion diskutieren. Sollte die CDU-Fraktion bei der Bürgerinformationsveranstaltung am Mittwoch direkt nach ihrer Haltung pro/kontra Belkaw gefragt werden, „dann werden wir eine Position haben und die auch vertreten“, sagt Höring. Eigentlich sei die Entscheidung auch gar nicht so kompliziert – nur die Höhe der notwendigen Verschuldung mache sie so schwierig.

Die Optionen
Die Stadt kauft für 78 Mill.€ 49,9 % der Belkaw, nimmt dafür einen Kredit auf, 
der aus einer Garantiedividende getilgt werden soll; unter guten Bedingungen 
sind nach 20 Jahren Laufzeit noch 38 % zu tilgen.
Die Stadt gründet Stadtwerke mit einem Partner wie der Stawag, dafür liegt 
der Kapitalbedarf zunächst bei 25 Mill. €, steigt durch den Kauf von Netzen 
jedoch ebenfalls auf rund 70 Mill., für die ebenfalls ein Kredit gebraucht wird.
Die Stadt gründet alleine Stadtwerke, evtl. in Form einer Genossenschaft, dann 
beträgt der gesamte Kapitalbedarf rund 140 Mill.Euro
Die Stadt unternimmt nichts, schreibt nur die Konzessionsverträge aus und gibt 
sich mit der Konzessionsabgabe zufrieden; die derzeit hohen Gewinne aus dem 
Energiegeschäft gehen weiter an den Konzessionsinhaber, derzeit (und wohl 
auch in Zukunft) die RheinEnergie/Belkaw.

Für eine weitere Debatte der Energiefrage hinter verschlossenen Türen sieht der CDU-Stadtrat inzwischen keinen Grund mehr. Die Vertreter der Parteien hätten bei der letzten Sitzung des Lenkungsausschusses verlangt, dass die weitere Diskussion „so öffentlich wie möglich“ geführt werde. Daher könne es auch sein, dass der Haupt- und Finanzausschuss am Dienstag den Vorschlag von Bürgermeister Lutz Urbach ändert, das Thema Stadtwerke im nicht-öffentlichen Teil zu behandeln.

FDP-Fraktionschef Reimer Fischer bestätigt, dass sich seine Fraktion am Montag  erneut mit dem Thema Stadtwerke befasse. Er selbst bereite für Dienstag eine schriftliche Erklärung vor. Doch könne es sein, dass auch die FDP zunächst abwarte, welche Fragen und Einwände die Bürger zur Versammlung am Mittwoch mitbringen.

Der weitere Fahrplan:Montag, 24.3.: Fraktionssitzungen
Dienstag, 25.3., 17 Uhr; Haupt- und Finanzausschuss, Rathaus Bensberg
Mittwoch, 26.3., 18 Uhr: Demonstration der BI „Bürgerentscheid GL“, Marktplatz
Mittwoch, 26.3., 19 Uhr: Bürgerinformation, Bergischer Löwe
Donnerstag, 3.4., 17 Uhr: Bürgerinformation, AMG Bensberg

Nicht mehr abwarten wollen die kleinen Parteien. Linke, BfBB, Demokrative14 und auch die (nicht im Stadtrat vertetene) AfD hatten sich einer Bürgerinitiative angeschlossen, die sich gerade in „Bürgerentscheid GL“ umbenannt hat, arbeitet derzeit an einer genauen Fragestellung, will dann damit bei allen Fraktionen um Unterstützung werben und ab Mittwoch Unterschriften sammeln. Bekommt sie 4000 zusammen, wäre ein Ratsbürgerentscheid überflüssig.

Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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2 Kommentare

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  1. Erdrutsch?
    Langsam kommt die Sache ins Rutschen.
    Jetzt werden bei der alten Tante SPD auch langsam alle wach und hören was die Glocke geschlagen hat. Sie lichtet die Anker am Belkaw -Hafen und ändert ihren Kurs…

  2. Ich darf ergänzen, dass ich für die Idee eines solchen Ratsbürgerentscheides nicht nur aufgeschlossen bin, sondern diesen selbst vorgeschlagen hatte (u.a. in meinem Blog bereits vor einiger Zeit: http://tinyurl.com/20140310bc )!

    Insofern begrüße ich es, dass auch die SPD dies unterstützt. Bleibt zu hoffen, dass auch die anderen Fraktionen im Stadtrat mitziehen werden!

    Herzliche Grüße
    Peter Baeumle-Courth
    http://bm-gl.de/