Private Baukunst an der Bensberger Straße

Private Baukunst an der Bensberger Straße

Die Pläne für die Fußgängerzone wirken zu steril? Der Investor hat bei dem neuen Geschäftshaus in der Stadtmitte nur die Wirtschaftlichkeit im Auge? Schallschutzwände drohen die ganze Stadt zu durchschneiden? Lauter Probleme, die den Bergisch Gladbachern nur zu bekannt vorkommen. Die Stadt Wesel hat alle diese Probleme entschärft, mit Hilfe eines Gestaltungsbeirates.

Wie das gelaufen ist stellte Ulrike Westkamp, Bürgermeisterin von Wesel, in der vergangenen Woche bei einer sehr gut besuchten Podiumsdiskussion im Rathaus Bensberg den staunenend Zuhörern vor. Der Arbeitskreis Baukultur unter Leitung von Doro Corts hatte eingeladen, um für sein altes Anliegen zu werben, auch in Bergisch Gladbach ein solches Gremium einzurichten. Und stieß dabei eine Menge offener Türen auf.

Der Gestaltungsbeirat ist beschlossen

Denn zur Überraschung vieler Zuhörer, selbst einiger Ratsmitglieder, verkündete Bürgermeister Lutz Urbach gleich zu Beginn der Veranstaltung, dass genau ein solcher Gestaltungsbeirat durch den alten Stadtrat in seiner letzten Sitzung bereits beschlossen worden sei. Urbach selbst hatte seine Haltung im Wahlkampf geändert und nun für diese Expertengruppe plädiert; und noch der alte Rat gab bei der Neuordnung der Ausschüsse grünes Licht für den Beirat. Nur war das völlig untergegangen – und viele Details der konkreten Umsetzung sind noch offen.

Auf die kommt es aber an. Grundsätzlich besteht ein Gestaltungsbeirat aus Experten (Architekten, Stadtplaner), die in der jeweiligen Stadt weder beheimatet noch beruflich aktiv sein dürfen. Echte Externe, die sich wichtige Bauprojekte und städteplanerische Initiativen vornehmen, untersuchen und bewerten – um so für eine bessere Baukultur im weitesten Sinne zu sorgen, erläuterte Städteplaner Dieter Prinz, der die Veranstaltung in Bensberg moderierte.

Wie man Investoren zur Mitarbeit bewegt

Wichtig sind dabei vor allem zwei Mitspieler: die Investoren und die Politiker. Die Investoren, so berichtete Westkamp aus Wesel aus ihrer 15-jährigen Erfahrung, müssen in der Regel zur freiwilligen Mitarbeit gewonnen werden. Oft wollen sie nicht, weil sie Kosten und Verzögerungen fürchten, oft könnten sie sich verweigern. Aber manchmal, so Westkamp, könne man sie mit Argumenten gewinnen – und manchmal könne man sie auch unter Druck setzen, wenn sie zum Beispiel Ausnahmegenehmigungen vom bestehenden Baurecht wünschen.

Auf diese Art und Weise habe sich der Beirat in Wesel als echte Erfolgsstory erwiesen, der nicht nur bei wichtigen Neubauten, sondern auch bei der neuen Rheinpromenade, einer Gestaltungssatzung für die Innenstadt oder bei Auflagen für Werbeanlagen dabei gewesen sei – und sich zum Beispiel Gedanken über eine massive Güterzugstrecke mache, die quer durch Wesel führt.

Politiker wurden in Wesel vor die Tür gesetzt

Die Politiker hatten in Wesel zu Beginn mit im Gestaltungsbeirat gesessen. Doch das hatte dazu geführt, dass häufig die Kritik an bestimmten Bauvorhaben nach außen drang und die betroffenen Bauherren verprellt wurden. Daher ist der Beirat in Wesel nun ein reines Expertengremium, welches zusammen mit der Verwaltung drei- bis viermal im Jahr tagt und sich die Projekte anschaut, die für das Bild der Stadt besonders prägend sind.

Bei der Podiumsdiskussion in Bensberg saßen Architekten und Stadtplaner mit am Tisch, die Wesel einhellig als Vorbild priesen – und für die völlig klar ist, dass ein Gestaltungsbeirat zwar manchmal mühsam sein kann, aber dennoch unverzichtbar ist. Und die auch deutlich machten, dass der politische Wille extrem wichtig für den Erfolg ist. Auch daher sei Wesel ein leuchtendes Beispiel – weil hier die Bürgermeisterin mit voller Kraft hinter dem Qualitätsanspruch des Beirats stehe und als Baudezernentin auch gleich die Verwaltung auf Linie bringe.

Klaus Hansen dokumentiert seit Jahren die Schmuddelecken und Bausünden Bergisch Gladbachs.

Der einzige Bedenkenträger auf dem Podium war der Vertreter der Bauherren, Peter Müller, Vorsitzender der Hausbesitzervereinigung Haus und Grund in Bergisch Gladbach. Er sehe schon die Gefahr, dass ein Gestaltungsbeirat die Kosten erhöhen und die Genehmigungsszeiten verlängern könne, führte er an. Aber wenn man da ein vernünftiges Maß finde, mache das schon Sinn. Gerade bei der Bergisch Gladbacher Fußgängerzone hätte er sich im Nachhinein einen Gestaltungsbeirat gewünscht, sagt Müller. Als Gegengewicht zu allzu sturen Architekten, die auf ihr künstlerisches Gestaltungsrecht pochten.

Bürgerbeteiligung setzt erst danach ein

Ein Gestaltungsbeirat ist allerdings kein Instrument für eine direkte Bürgerbeteiligung. Die Frage aus dem Publikum, ob es nicht sinnvoll wäre, Bürger von Anfang an in das Gremium und damit in den Prozess zu integrieren, als Korrektiv für eine Gefahr einer zu einseitigen Bewertung durch die  “Fachidioten”, wurde abgeschmettert. Das würde die Arbeit verwässern und mache auch methodisch keinen Sinn, lautet die Antwort des Podiums.

Bürgerbeteiligung komme ins Spiel, wenn das Urteil der Experten auf dem Tisch liegt – und bevor die Politiker ihre Entscheidung treffen.

Jetzt ist aber erst einmal die Verwaltung gefragt. Die Bausicht hat bereits den Auftrag, einen Entwurf für eine Satzung vorzulegen. Damit wird sich dann der Stadtrat befassen müssen. Möglichst schnell, so die Hoffnung der Initiatoren im AK Baukultur.

Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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2 Kommentare

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  1. Korrektur:
    Es ist schon äußerst bemerkenswert, dass – vom Beispiel Wesels abgesehen – in fast allen Gestaltungsräten Politiker – also NICHTFACHLEUTE – akzeptiert werden, während die Mitwirkung (auch eine solche ohne Stimmrecht) des Bürgers als Nichtfachmann als methodisch nicht sinnvoll deklariert wird.
    Das kann ich nur als Unlogik erster Güte bezeichnen. Oder so: Wir machen uns die Welt, so wie sie uns gefällt!

  2. Es ist schon äußerst bemerkenswert, dass – vom Beispiel Wesels abgesehen – in fast allen Gestaltungsräten Politiker – also NICHTFACHLEUTE – akzeptiert werden, während die Mitwirkung des (also auch eine solche ohne Stimmrecht) als methodisch nicht sinnvoll deklariert wird. Das kann ich nur als Unlogik erster Güte bezeichnen. Oder so: Wir machen uns die Welt, so wie sie uns gefällt!