Kundgebung, 08.102016 zum Welttag gegen die Todesstrafe

Kundgebung zum Welttag gegen die Todesstrafe am Samstag in Köln. Foto: akhtar ghasemi

10. Oktober – Welttag gegen die Todesstrafe

Seit 1795 wird die Abschaffung der Todesstrafe gefordert. Zum jährlichen Welttag gegen die Todesstrafe am 10. Oktober finden überall Aktionen und Kundgebungen statt, um gegen die Todesstrafe zu protestieren.

Man könnte viele Zahlen und Opfer nennen, doch jeder Mensch, der heute in einer Todeszelle auf seine Ermordung wartet, egal ob in China, dem Iran, Weißrussland oder in den USA, ist einer zu viel!

2007 forderte die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Vollstreckung der Todesstrafe auszusetzen. In 102 Staaten ist die Todesstrafe vollständig abgeschafft, aber ein paar Länder haben diese auch wieder neu eingeführt. Weltweit werden noch in 25 von 198 Staaten Hinrichtungen ausgeführt.

Die Todesstrafe ist juristisch mehr als fragwürdig und die abschreckende Wirkung nachweislich kaum oder gar nicht vorhanden. Justizirrtümer und gezielte Rechtsbeugung sind nicht ausgeschlossen und werden immer wieder dokumentiert.

Todesstrafe als Instrument gegen politische Opposition

In undemokratischen Staaten und Diktaturen ist die Todesstrafe wie die systematische Ermordung von Menschen durch Staatsterror ein Instrument zur Unterdrückung von Minderheiten und Andersdenkenden. So werden Menschen nicht nur wegen schwerer Straftraten zum Tode verurteilt, sondern auch wegen Ehebruchs, Religionswechsel oder ihrer sexuellen Ausrichtung als Schwule und Lesben hingerichtet. Woanders werden der politischen Opposition Straftaten untergeschoben, um sie politische mundtot zu machen. Das ist recht einfach, denn man braucht nur bei einer Hausdurchsuchung z.B. Drogen zu finden, die von der Polizei selbst hinterlegt wurden. Mit dieser Methode bereinigen sie ihre Statistik und täuschen westliche Politiker.

Nicht nur in sogenannte Schurkenstaaten droht man den Menschen mit dem Tod. So kann Edward Snowden nicht mehr in die USA zurückkehren, weil auf ihn wegen der Aufdeckung der NSA-Bespitzelung die Todesstrafe wartet. In den USA registrierte Amnesty im Jahr 2015 achtundzwanzig Hinrichtungen.

Die aktuelle Diskussion um die mögliche Einführung der Todesstrafe im Nato-Land Türkei macht deutlich, welche Ziele die Machthaber mit den angeordneten Morden verfolgen. Es ist kein Zufall, dass die Debatte zu dem Zeitpunkt beginnt, in der die islamistische AKP die demokratische Opposition systematisch einschüchtert und kriminalisiert. Dieses trifft gewählte Parlamentsabgeordnete genauso wie freie und unabhängige Zeitungen.

Deutsche Politiker wiederholen sich darin zu erklären, dass eine Türkei mit Todesstrafe kein EU-Mitglied werden könnte. Jedoch scheint dieses nur politisches Kalkül und Heuchelei zu sein, denn an anderer Stelle nimmt man das mit der Todesstrafe nicht so genau, schaut man sich z.B. die enge wirtschaftliche Zusammenarbeit der Volksrepublik China oder der Islamischen Republik Iran an. So geht es nicht nur um Rechtsstaaten mit Handelsabkommen oder Verteidigungsbündnissen, sondern auch um Länder, in der die Todesstrafe ganz gezielt gegen die demokratische Opposition eingesetzt wird. Die letzten bekannten Schätzungen für China reichten von mindestens 1700 bis 5000 Hinrichtungen im Jahr 2009. Amnesty International verzichtet seither auf Schätzungen zu China, geht aber von Tausenden Exekutionen jährlich aus. Im Iran wurden für 2015 fast 1.000 Hinrichtungen registriert.

Bunderegierung will in Henkerstaaten investieren

Das Bundeswirtschaftsministerium fordert die deutsche Wirtschaft seit Monaten auf, mehr im Iran zu investieren. Allen voran der SPD Vorsitzende Sigmar Gabriel und der Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Seitdem fahren jeden Tag Politiker- und Wirtschaftsdelegationen zwischen Deutschland und dem Iran hin und her. Keiner von denen verliert auch nur ein Wort über die Todesstrafe, welche im Iran jährlich tausend Opfer fordert. Auch wird kein Wort über die politische Verfolgung durch das Regime der Mullahs gesagt. Das ist nicht nur ein Skandal, sondern mit dieser Politik der Wirtschaftsförderung wird das faschistische und islamistische System im Iran und die Todesstrafe gefestigt.

Tomás M. Santillán aus Bergisch Gladbach als Redner zum Welttag gegen die Todesstrafe (8.10.2016)

Tomás M. Santillán aus Bergisch Gladbach als Redner zum Welttag gegen die Todesstrafe (8.10.2016) Foto von: akhtar ghasemi

In der deutschen Geschichte haben wir schmerzvolle Erfahrungen mit der Todesstrafe gemacht. In den Jahren 1933 bis 1945 sind in Nazi-Deutschland rund 16.500 Todesurteile gefällt worden. 1949 wurde die Todesstrafe in der Bundesrepublik abgeschafft während in der DDR noch bis 1981 mindestens 166 Menschen aufgrund eines Todesurteils hingerichtet wurden. Die letzten drei vollstreckten Todesurteile ergingen wegen versuchter Republikflucht und Spionage. Die DDR hat die Todesstrafe erst 1987 abgeschafft.

Und trotzdem wird in vereinten Deutschland heute wieder ganz unverhohlen die Todesstrafe gefordert. Und das nicht nur anonym in Facebook oder auf Twitter. In einer rassistischen Atmosphäre, wie sie von PEGIDA und der AfD angeheizt wird, verbreitet sich diese Forderungen unter unseren Augen auf offener Straße. So wurden zum Tag der Deutschen Einheit 2016 öffentlich Politiker am Galgen gezeigt, ohne dass die Polizei dagegen eingeschritten ist.

Der Kampf gegen die Todesstrafe dauert nun schon mehr als 220 Jahre an und er wird und muss weitergehen, denn die Todesstrafe ist und bleibt Barbarei.

Tomás M. Santillán lebt seit seinem ersten Lebensjahr in Bergisch Gladbach Refrath. Bekannt wurde Tomás M. Santillán als Antragsteller des Bürgerentscheid gegen des Cross-Border-Leasing 2003 und seine Kandidaturen als Bürgermeister und Landrat. Heute engagiert er sich in unabhängigen Initiativen...

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