Die Stadtverwaltung hat mit der Bezirksregierung Arnsberg vereinbart, ab kommenden Montag wieder wöchentlich 50 Flüchtlinge aufzunehmen. Insgesamt sollen bis Weihnachten bis zu 300 Personen kommen. Dafür hat die Stadt ausreichend Kapazitäten; daher kann sie gleichzeitig kleinere Unterkünfte in Refrath und Schildgen schließen. Zudem wird das künftige Containerdorf in Lückerath noch einmal reduziert.
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Das teilten Bürgermeister Lutz Urbach, die Fachbereichsleiterin für Soziales, Beate Schlich, und der für Hochbau zuständige Co-Dezernent Bernd Martmann am Donnerstag mit. Damit bestätigten sie einen Bericht des Bürgerportals, fügten aber wichtige Details und eine entscheidende Personalie hinzu.
Quote wird nur zu 71 Prozent erfüllt
Aktuell hat Bergisch Gladbach 1364 Flüchtlinge untergebracht. Damit erfüllt es die Quote, nach der die Flüchtlinge in NRW auf die Kommunen aufgeteilt werden, nur noch zu 71 Prozent. Zu Jahresbeginn hatte die Stadt die Quote übererfüllt, daraufhin war die Zuweisung Ende Januar eingestellt worden. Inzwischen haben (vor allem) die größeren Städte aufgeholt, damit ist Bergisch Gladbach wieder in der Pflicht.
Anders als im vergangenen Jahr gibt es jetzt jedoch eine konkrete Vereinbarung mit der Bezirksregierung Arnsberg, die an die Kapazitäten der Stadt angepasst sind. Die Leichtbauhallen in Katterbach, die bis zu 380 Menschen aufnehmen können, sind derzeit nur mit 54 Personen belegt.
Daher sollen alle neu ankommenden Flüchtlinge zunächst hier untergebracht werden. Zur Begründung führten Urbach und Schlich an, dass das Camp vom DRK sehr gut geführt wird und mit ausreichend Personal ausgestattet ist.
Die zweite neue, große Unterkunft, die Container an der IGP in Paffrath, sind mit 149 Flüchtlingen voll belegt; allerdings gibt es hier noch Raumreserven.
Fast 500 Menschen, vor allem Familien, leben inzwischen in 125 von der Stadt angemieteten Wohnungen.
Kapazität in Lückerath wird weiter reduziert
Die dritte große Unterkunft, das Containerdorf in Lückerath, befindet sich im Bau und soll erst im März oder April bezugsbereit sein. Hier, so erläutert Martmann, habe man etwas Druck heraus genommen und werde erst nach der kompletten Fertigstellung mit dem Bezug beginnen.
Zudem hat die Stadtverwaltung die Kapazität von Lückerath weiter reduziert. Zunächst hatte sie hier 500 Betten geplant, war nach heftigen Protesten der Anwohner aber auf 300 herab gegangen. Jetzt sollen nur noch 250 Menschen hier einziehen. Das werde aber, so Martmann, auf jeden Fall geschehen, weil die Wohnqualität in diesen Spezialcontainern deutlich höher als etwa in Katterbach sind.
Mit fast 330 freien Plätzen in Katterbach und demnächst weiteren 250 in Lückerath ist die Stadt in der Lage, die zunächst 250 neuen Flüchtlinge ohne Probleme unterbringen zu können.
Haus Pohle und Schlangehöfchen werden geräumt
Zudem will sie die kleineren Unterkünfte in Refrath und Schildgen räumen und vorerst stilllegen. Im ehemaligen Haus Pohle in Schildgen sind nur noch acht Personen untergebracht, die in den kommenden Wochen in Wohnungen umziehen sollen. Hier wären einige Reparaturen notwendig, die sich die Stadt vorerst ersparen möchte.
Zudem, das bestätigte Urbach, gibt es Überlegungen, den Standort an der Altenberger-Dom-Straße für ein neues Feuerwehrgerätehaus zu nutzen. Derzeit ist der Löschtrupp Schildgen beengt in einem angemieteten Gebäude untergebracht; Haus Pohle hatte die Stadt günstig gekauft. Zunächst müsse aber geprüft werden, so der Bürgermeister, ob die Grundstücksfläche groß genug ist.
In Refrath im Schlangenhöfchen/Taubenstraße sind Flüchtlinge in ehemaligen Schulcontainern untergebracht. Auch diese sollen bis Anfang 2017 geräumt werden.
Beide Unterkünfte will die Stadtverwaltung aber zunächst nicht ab- oder zurückbauen, sondern nur einmotten. Denn nach wie vor sei es nicht absehbar, ob und in welchem Umfang in 2017 Flüchtlinge untergebracht werden müssen.
Kleine Unterkünfte sind deutlich teurer
Grundsätzlich versucht die Stadt aber, die Flüchtlinge in größeren, vom DRK geführten Unterkünften unterzubringen – weil das weniger kostet. Die Unterkunft Schlangenhöfchen kostet die Stadt bei 70 Plätzen pro Jahr für Versorgung, Betreuung und Wachdienst rund 500.000 Euro; die mit mehr als 150 Betten mehr als doppelt so große Unterkunft an der IGP dagegen nur rund 800.000 Euro.
Das DRK habe inzwischen eine große Expertise und habe nach der Übernahme des Gustav-Lübbe-Hauses und der benachbarten Wohnungen in der Senefelder Straße rasch dafür gesorgt, dass sich die Atmosphäre entspannt.
Defizit bei Unterbringungskosten schrumpft weiter
Die Kosten für die Versorgung der Flüchtlinge ist angesichts der Zahlen, die deutlich hinter den Erwartungen vor einem Jahr zurückgefallen sind, ebenfalls weiter gesunken. Die Deckungslücke im Haushalt betrage derzeit „nur” noch sieben Millionen Euro, sagte Schlich. Zwischenzeitlich war mit mehr als 20 Millionen Euro, im September noch mit 8,1 Millionen gerechnet worden.
Finanzprobleme belasten allerdings auch die Integrationsbemühungen der Stadt – weil sie diese bislang aus dem eigenen Haushalt bezahlen muss. Die Stadt hat zum Beispiel 16 Integrationsklassen in den Schulen eingerichtet und sucht nach wie vor nach Möglichkeiten, weitere Kita-Plätze zu schaffen.
Integrationszentrum steckt fest
Das geplante Integrationszentrum in Heidkamp kommt jedoch nicht voran. Zwar gibt es ein Konzept und angemietete, aber ungenutzt Räume. Aber keinen Vorschlag, wie die rund 200.000 Euro Betriebskosten pro Jahr finanziert werden sollen.
Zudem gibt es im Stadtrat Widerstand gegen den Plan der Verwaltung, die stadteigene GL Service gGmbH mit dem Betrieb zu beauftragen. Dennoch, so betont Urbach, werde dieses Integrationszentrum in absehbarer Zeit kommen.
Für Integrationskonzept fehlt die Finanzierung
Ähnliches gilt für das überarbeitete Integrationskonzept. Auch das ist fertig geschrieben – doch auch hier fehlen die Finanzierungsvorschläge für die zum Teil kostenträchtigen Maßnahmen zur langfristigen Eingliederung der Neubürger. Daher werde das Papier wohl erst Anfang 2017 vorgelegt. Gleichzeitig fordert Urbach, dass Bund und Land die Kommunen auch bei diesen Aufgaben viel stärker finanzieren.
Eine Verwaltungsvorlage für Integrationsmaßnahmen auf dem Arbeitsmarkt gemeinsam mit der Agentur für Arbeit hat Urbach gerade unterschrieben; sie soll in der nächsten Sitzung des Sozialausschusses beraten werden. Hier geht es um sogenannte 1-Euro-Jobs, die Flüchtlinge an den Arbeitsmarkt wenigstens heranführen sollen.
Vakante Leitung des Sozialamtes wird besetzt
Neu besetzt hat die Stadtverwaltung zum 1. November die Schlüsselstelle an der Spitze des Sozialamtes, die nach einer Erkrankung viele Monate nicht ausgefüllt worden war. Diese Position der Abteilungsleiterin für den Bereich Soziale Fürsorge hat Christiane Tillmann jetzt übernommen. Zu ihren Aufgabengebieten gehört der Flüchtlingsbereich. Sie hatte nach ihrer Ausbildung bereits im Sozialamt gearbeitet, war ins Controlling gewechselt, hatte zuletzt aber bereits in der Task Force Flüchtlingsunterbringung mit gearbeitet.
„So schnell bringt uns jetzt nichts mehr aus der Ruhe”
Urbach und Schlich betonten die große Rolle, die die sehr vielen ehrenamtlichen Helfer bei der Integration leisten. Die Bereitschaft zur Mitarbeit in den Flüchtlingsinitiativen und zur individuellen Hilfe sei ungebrochen – und nach wie vor dringend notwendig.
Unter dem Strich zeigen sich die Verantwortlichen in der Verwaltung, mit der Unterstützung des DRK, der Hauptamtlichen und der ehrenamtlichen Helfer für mögliche Herausforderungen der Zukunft gut gewappnet. „Was wir 2015 hatten möchte ich nicht noch einmal erleben,” resümiert der Bürgermeister, „aber wird haben viel gelernt, so schnell bringt uns jetzt nichts mehr aus der Ruhe”.
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