Die Wiese Im Aehlemaar in Schildgen

Seit wenigen Tagen sind die Mitteilungsvorlagen für die Sitzung des Stadtentwicklungs- und Planungsausschusses am 02.10.2018 einsehbar. Wer sich die Mühe macht, da mal hereinzulesen, erfährt Erstaunliches.

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Besonders interessant sind die Mitteilungsvorlage Drucksachen-Nr. 0325/2018 zum Tagesordnungspunkt „Flächennutzungsplan konkret: 10 Sofortmaßnahmen” und das Regiebuch “Kooperation Köln & rechtsrheinische Nachbarn”. 

Es geht einfach gesagt um die Frage, welche städtebauliche Entwicklung für unsere Stadt beabsichtigt ist. Wie soll die Stadt, in der wir leben, in 15 bis 20 Jahren aussehen.

Hinweis der Redaktion: Der Autor ist Sprecher der Bürgerinitiative Schildgen

Bisher galt das Stadtentwicklungskonzept (ISEK 2030) als Leitbild für den Flächennutzungsplan. Dies wurde auf der Sitzung vom 06.10.14 bestätigt und es wurde ausdrücklich festgestellt, dass keine neue Diskussion entfacht werden sollte.

„Das Bild vom Wohnen im Grünen mit guter Erreichbarkeit, städtischen Qualitäten und überdurchschnittlichen Bildungs- und Betreuungsangeboten prägt das eigene Selbstverständnis.” Dies sollte entsprechend noch immer gelten, denn es wurde bisher in den Ausschusssitzungen keine neue Leitbilddiskussion begonnen.

Was CDU und SPD wollten …

Umso mehr verwundert die Mitteilungsvorlage unseres Bürgermeisters zu den von CDU und SPD geforderten 10 Sofortmaßnahmen zum Flächennutzungsplan. Wir erinnern uns: Metten und Waldschmidt hatten im Namen ihrer Fraktionen einen Änderungsantrag zum FNP gestellt, der durchaus sinnvolle Punkte enthielt.

In der Ausschusssitzung nannte Herr Metten als Schwerpunkte z.B. den Erhalt des Stadtbildcharakters, die Lösung der Verkehrsprobleme vor Schaffung von Baurechten und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.

Aufgabe der Verwaltung wäre es gewesen, diese Änderungen im Flächennutzungsplan umzusetzen.

Wo liegt Bergisch Gladbach?

Die Mitteilungsvorlage des Bürgermeisters beginnt mit der Feststellung, Bergisch Gladbach läge inmitten der Kooperation Köln und rechtsrheinischer Nachbarn.

Meines Wissens liegt Bergisch Gladbach im Bergischen Land oder auch in Nordrhein-Westfalen und grenzt an Köln. Die geografische Bezeichnung Kooperation Köln findet bei Google Maps nicht 1 Treffer.

Drei Sätze weiter liest man dann “Innerhalb der Kooperation Köln und rechtsrheinische Nachbarn wird Bevölkerungswachstum grundsätzlich als Chance für die wirtschaftliche Basis der gesamten Region gesehen.” Ja wer ist denn überhaupt diese Kooperation Köln und rechtsrheinischer Nachbarn?

Bevölkerungswachstum grundsätzlich als Chance? Natürlich soll sich Bergisch Gladbach weiterentwickeln und wachsen, aber in welchem Tempo und um welchen Preis?

Vom Rathaus in Bensberg reicht der Blick über Köln hinaus. Foto: HG Ullmann

Beim Regiebuch „Kooperation Köln” hört der Spaß auf

Wer dann wissen will, was genau gemeint ist muss das Regiebuch „Kooperation Köln & rechtsrheinische Nachbarn” lesen, das auch zu den Sitzungsunterlagen gehört. Und hier hört der Spaß auf.

Wir gehören dann plötzlich zu einer Stadtregion, zu der Köln und seine rechtsrheinischen Nachbarn, also auch Bergisch Gladbach gehört.

Die Bürgerinitiativen haben immer davor gewarnt, dass Bergisch Gladbach sich nicht zu einer Art Vorort von Köln entwickeln darf. Aber genau diese Entwicklung ist absehbar, wenn das Regiebuch umgesetzt würde.

Gefordert wird das Prinzip der dreifachen Innenentwicklung:

  1. Erhöhung der Nutzungsdichte und -vielfalt (also z.B. Gebäude hinzufügen, Gebäude aufstocken/erweitern)
  2. Erhöhung des Mobilitätsangebotes
  3. Verdichtung und Qualifizierung des Grüns (bedeutet nicht eine größere Artenvielfalt, sondern dass das Grün, das übrigbleibt mit WLAN ausgestattet wird, außerdem Fassaden- und Dachbegrünung oder Straßenbegleitgrün).

Auch wenn es weh tut sollte das Regiebuch gelesen werden. Es handelt sich um eine Werbebroschüre für eine Entwicklung unserer Stadt (und natürlich auch der anderen rechtsrheinischen Gemeinden), die sicher von den meisten Gladbacher Bürgern nicht gewünscht wird und auch nicht zu den Änderungsvorschlägen von CDU und SPD passt. Denn das Stadtbild würde sich grundlegend ändern.

Doch weiter zu der Stellungnahme der Verwaltung.

Zum Verkehr wird festgestellt, dass z.B. Maßnahmen für den Radverkehr mit hohen Investitionskosten verbunden sind und weitreichende Auswirkung auf den Straßenverkehrsraum haben können: “Verlust von Kfz-Stellplätzen im öffentlichen Raum und Verdrängung der parkenden Fahrzeuge, Heranrücken der Fahrbahnen an die Grundstücksgrenzen und die Bebauung.” Von wegen Straßenbegleitgrün.

Wie steht es mit der Innenverdichtung?

Interessant wird es auch noch einmal bei der Forderung der Fraktionen, das verdichtete Bauen in den bestehenden Wohngebieten zu steuern.

Stadtteile wie Refrath oder Schildgen erfahren eine immer dichtere Bebauung mit höherem Verkehrsaufkommen und Veränderung des Ortsbildes. Dies ist auch der Grund, warum die Einwohnerzahl von Bergisch Gladbach viel schneller wächst als erwartet.

Die Verwaltung legt hier dar, dass eine Steuerung schnell an ihre rechtlichen Grenzen stößt. So muss rein rechtlich die Verkehrserschließung nur gesichert sein, ob es durch Überlastung der Verkehrswege zu Verkehrsproblemen kommt ist dabei irrelevant, solange die Verkehrssicherheit nicht betroffen ist.

Aber noch aus einem anderen Grund ist dieser Abschnitt bemerkenswert. Die Verwaltung schreibt: „Grundstücke, ursprünglich mit älteren Ein- und Zweifamilienhäusern bebaut, werden hochpreisig veräußert und anschließend mit einem Gebäude von maximal zulässiger Kubatur bebaut.”

Das ist korrekt und wird von den Bürgerinitiativen seit langem dargestellt. Trotzdem tut die Verwaltung im FNP-Entwurf so, als ob für die abgerissenen Häuser neue Wohngebiete geplant werden müssten. So werden Bauflächen für 2.195!!! Wohneinheiten gefordert (sog. Ersatzbedarf).

Hier gilt jetzt weiter die Forderung der Bürgerinitiativen, dass der Ersatzbedarf aus dem FNP gestrichen werden muss.

Planung wird auf den Kopf gestellt

Bei Punkt 7 (Zielgerichtete städtische Statistiken führen und soziale Infrastruktur besser planen) zeigt sich noch einmal, dass hier die Planung auf den Kopf gestellt wird. “Nach Beschluss des Flächennutzungsplans soll eine Bevölkerungsprognose aufbauend auf den abgestimmten Prioritäten zur Flächenentwicklung neu erstellt werden, um eine möglichst zutreffende Prognose zur Ermittlung der Bedarfe zu haben.”

Dies bedeutet, dass erst einmal Flächen ausgewiesen werden und danach berechnet wird, wie stark Bergisch Gladbach wachsen wird. Es sollte aber genau andersherum sein.

Die Stadt hat hier die gestalterische Möglichkeit, die eigene Entwicklung zu steuern. So sollte zuerst überlegt werden, welches Wachstum als sinnvoll erachtet wird (wollen wir 115.000, 120.000 oder möglichst viele Einwohner??) und danach sollte sich die Planung richten.

So wurde bereits in der FNP-Ausschuss-Sitzung vom 28.10.2015 festgestellt: “Der FNP drückt die eigenen und langfristigen Vorstellungen zur Entwicklung der Stadt aus”.

In welche Richtung wird sich unsere Stadt entwickeln? Wird unser Stadtbild ein Wohnen im Grünen bleiben oder werden wir zu einer dicht bebauten Stadtregion mit der Zentrale Köln mutieren?

Laut Gemeindeordnung NRW ist der Rat für die abschließenden Beschlüsse im Flächennutzungsplanverfahren zuständig und kann die Entscheidung über diese Angelegenheit auch nicht übertragen.

Wer die Unterlagen für die nächste Ausschusssitzung liest muss feststellen, dass die Vorstellungen der Verwaltung über die Zukunft unserer Stadt nicht mit den Anträgen der Fraktionen von CDU und SPD zusammenpassen. Hier kann man nur hoffen, dass der Rat gegenüber den Phantasievorstellungen der Kooperation Köln & rechtsrheinische Nachbarn standhaft bleibt.

Weitere Beiträge zum Thema:

Was aus den 10 Forderungen zum FNP geworden ist

Die Arroganz der Planer und Politiker

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Jahrgang 1962, in Schildgen aufgewachsen, verheiratet, Vater von 4 erwachsenen Töchtern und Großvater eines Enkelsohnes. Medizinstudium in Köln. Assistenzarzttätigkeit in den Bereichen Innere Medizin, Psychiatrie und Frauenheilkunde. Leitender Oberarzt an der Frauenklinik des EVK und betreut dort...

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8 Kommentare

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  1. Hallo, ich sehe es eigentlich ähnlich wie magnus. Wir wohnen seit 7 Jahren in Refrath, vorher in Köln Brück. Ich kann nicht sagen das in Köln alles gut war, genauso wenig ist es jetzt in Bergisch gladbach so. Beide Städte sowohl Köln als auch Bergisch Gladbach werden weiter wachsen, wie schnell das gehen wird darüber kann man streiten. Nur sollte jetzt schon geschaut werden wie die beiden Städte ideal miteinander verknüpft werden. Auch wenn in 40 Jahren Bergisch gladbach noch selbstständig sein sollte, werden viele Stadtteile klassische Vororte von Köln sein.

  2. Das Problem bei allen Wachstumsphantasien unserer Politiker scheint zu sein, das diese nur ein Ziel sehen (Wachstum, Steuern, Profit), aber einen gesunden und sicher längeren Weg dahin aus diesem Grunde ablehnen.

    Bevor Grundsücke ausgewiesen werden und man sich einen Zuzug schönrechnet, wäre es doch sinnvoll gewesen, sich vorrangig die aktuelle Situation in Bergisch Gladbach und Köln anzusehen.
    Zu den aktuellen Themen gehören überlastete Straßen, fehlende Fahrradwege, fehlende Plätze in KiTa und Ganztagsbetreuung, eine zuverläsiger ÖPNV, regelmäßige Überschreitung der Grenzwerte für Feinstaub…. die Liste lässt sich beliebig fortführen.

    Wo bleiben die Maßnahmen zu Verbesserung der Kinderbetreuung und der Luftqualität (Bäume und Grün zu entfernen hilft mit Sicherheit nicht)?
    Wenn mehr Energie in die Verbesserung der aktuellen Lebenssituation vieler Gladbacher gelegt würde, würde m.M. nach auch das Vertrauen in die Politiker wachsen und dadurch der Widerstand gegen diese Projekte nicht so immens.
    Anstatt das lähmende Gefühl zu vermitteln, dass es nur um Zahlen in der Buchhaltung und eigener Tasche geht.
    Bürger die sich Zusammenschließen (Beispiel BBiGL), werden trotz „erwünschter Bürgerbeteiligung“ nicht ernstgenommen und bekommen keine Stimme.

    Die Politik hat die Möglichkeit gemeinsam mit den Bürgerinitiativen zu arbeiten, welche offensichtlich mehr Sensiblität und Sachkunde für die aktuelle Lebenssituation in BGL haben als die Verantwortlichen. Das kann als Chance und Verbesserung genutzt werden, anstatt gegeneinander zu kämpfen gibt es die Möglichkeit gemeinsam an einem gesunden Wachstum zu arbeiten. m.M.

  3. Als, in der Südstadt geborene Kölnerin bin ich 2011 nach Refrath gezogen und ich würde nicht für Geld zurückziehen. Bergisch Gladbach bietet seinen Bürgern so viel, was Köln, aufgrund der Größe und des Verwaltungsapparates gar nicht mehr leisten kann. Bergisch Gladbach bietet das „dörfliche“ in einem städtischen Rahmen. Und „dörflich“ ist hier im positivsten Sinne gemeint. Es ist beschaulicher und persönlicher. Alles ist schnell erreichbar, von der Verwaltung bis zum Shopping. Ich weiß das sehr zu schätzen. Köln hat das einfach nicht zu bieten! Mein Wunsch: das diese schimmernde Perle Bergisch Gladbach ein wunderbar gefasstes Schmuckstück bleibt und dass sie nicht an eine Köln-Kette kommt, als eine unter vielen, bei der sie dann durch den Abrieb den Glanz verliert.

  4. Natürlich würde es Sinn machen, wenn Infrastruktur, Verdichtung und auch Luftschneisen etc. im Kontext mit Köln geplant würden. Daß die Städte zusammenwachsen, ist ja logisch. Dem wird man sich nicht ernsthaft engegenstellen können. Die jüngeren Menschen sind sowieso überwiegend dafür. Sie werden es in ein paar Jahren mittragen. Im Westen von Köln entstehen neue Stadtteile, GL auf der anderen Seite wird irgendwann eingemeindet, wie Porz etc.
    Das würde helfen, de Verwaltung abzuspecken und wäre für beide Städte in vielerlei Hinsicht ein Gewinn. Es gibt eigentlich keine vernünftigen Gründe dagegen.

    1. Lieber “ Magnus „,
      Wie man erkennt hast du ja keine Ahnung! Ggf. bist du sogar ein „Bot“….
      Es gibt nähmlich keinen Grund von Köln aufgesaugt zu werden! Wir haben dort gewohnt und kennen die Verhältnisse;
      – Verwaltung,
      – Nachbarn,
      – Polizei,
      – Einzelhandel,
      – Luft,
      – „Leben“……
      Hier ist alles besser!!!
      Die Lüge vom ewigen Wachsen und diesen Synergieen glauben wir doch schon lange nicht mehr!
      Also: Aufwachen und freundliches miteinander !

  5. Die Stadt sorgt für Verwirrung pur.
    ISEK 2030 – FNP – Regiebuch Koop Köln – 10 Sofortmaßnahmen

    Viele namhafte Gutachter wurden von der Stadt Bergisch Gladbach zu großen Gutachten beauftragt, um das Integrierten Stadt Entwicklungs Konzept, kurz: ISEK 2030, aufzustellen als Vorbereitung / Gerüst/ Leitschnur für den aufzustellenden Flächennutzungsplan FNP.
    Leider hat die Stadt immer wieder die dort erzielten Erkenntnisse versucht, unter den Tisch zu kehren, um die höchste Machbarkeit für Wohnen und Gewerbe beim FNP durchzusetzen. Der sogenannte „Möglichmacher“ ist in Wahrheit ein Zerstörer der Qualitäten unserer Stadt.

    Die Verabschiedung des Flächennutzungsplanes wurde um circa zwei Monate verschoben, um sich nochmals Gedanken zu machen zur ausreichenden Einflechtung der knapp 3.000 Einwände. Dies gerade auch im Hinblick des sich verändernden Klimas und der daraus erkannten Notwendigkeiten von Kaltluftschneisen, kühlendem Stadtgrün und geringerer Versiegelung.

    Was zaubert man nun aus dem Hut?
    – Ein Regiebuch
    – Mit 10 Sofortmaßnahmen als Schnellschuss

    Schön wäre es erst mal ein durchdachtes Leitbild und Verkehrskonzept für die Stadt aufzustellen, danach zu planen, den Flächennutzungsplan für die eigene Stadt verabschieden, bevor man sich auf planerische Konstrukte mit Nachbargemeinden, insbesondere denen des ausufernden Kölns einzulassen.

    Ob da unsere Bürgervertreter, die Ratsmitglieder, nicht total den Überblick verlieren? Bei diesem Verwirrspiel hätte ich absolutes Verständnis dafür. Aber vielleicht ist das ja auch die Taktik von gewissen Personen.

  6. Vielen Dank für den Bericht, Herr Nuding!
    Passend zum 10-jährigen „ Jubiläum“ der Wachstums-Pleite des Bankhauses Lehmann Brothers sieht die Stadt unsere Zukunft offenbar im Wachstum um jeden Preis. Man darf sich daran erinnern, dass auch damals einige Kommunal – Vertreter aus Wachstumsgier zu einem finanziellen Deseaster der Kommunen beigetragen haben.

    „Nach Beschluss des Flächennutzungsplans soll eine Bevölkerungsprognose aufbauend auf den abgestimmten Prioritäten zur Flächenentwicklung neu erstellt werden, um eine möglichst zutreffende Prognose zur Ermittlung der Bedarfe zu haben.” Das heisst mit anderen Worten, wir schauen, wieviele Wohnungen wir in unsere Stadt hineinquetschen können und danach machen wir eine Prognose zum Bevölkerungswachstum.

    Man fragt sich, ob unser fundiertes Engagement überhaupt gelesen und wenn ja, auch verstanden wurde. Quo vadis?