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Andreas Bietmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Kanzlei Bietmann Rechtsanwälte Steuerberater. Er äußert sich in einer Expertenkolumne für das Bürgerportal Bergisch Gladbach

Fast jeder zweite Arbeitnehmer ist befristet eingestellt. Dafür gibt es enge Regeln, an die sich Arbeitgeber streng halten sollten. In der Praxis helfen einige Tipps. 

Von Andreas Bietmann

Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung wird beinahe jeder zweite Arbeitnehmer in Deutschland befristet eingestellt. Insbesondere die sachgrundlose Befristung bis zu 2 Jahren oder die wiederholte zeitliche Befristung mit Sachgrund erfreuen sich großer Beliebtheit bei Arbeitgebern.

Arbeitnehmer beklagen den Verlust von sozialem Schutz und jedweder wirtschaftlicher Planungssicherheit. Das ursprünglich in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit als Flexibilisierungsinstrument geforderte flexible Befristungsrecht soll nach Wunsch der Kritiker deutlich reglementiert werden. Die große Koalition sieht sich veranlasst aktiv zu werden.

Die Zulässigkeit der Befristung von Arbeitsverträgen ist im dritten Abschnitt des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz – TzBfG) zusammenhängend geregelt. Nach § 14 Abs. 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrages jedenfalls dann zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist.

Der Gesetzgeber nennt in dieser Norm acht Sachgründe. Eine Befristung ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend ist (Stichwort: Projektarbeiten, Sonderaufträge), der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderes Arbeitnehmers beschäftigt wird, so regelmäßig im Krankheitsfall oder bei Elternzeit, oder die Befristung zur Erprobung des Arbeitnehmers erfolgt.

Praxistipp: Obwohl der gesetzliche Katalog des § 14 Abs. 1 TzBfG nicht abschließend ist, empfiehlt sich in der Praxis eine strikte Anlehnung an diese Regelbeispiele. Anderenfalls droht die Unzulässigkeit der Befristungsabrede.

Keine vorherige Beschäftigung

Nur ausnahmsweise lässt das Gesetz sachgrundlose Befristungen zu. Eine sachgrundlose Befristung ist bei einer erstmaligen Beschäftigung des Arbeitnehmers, einer Neugründung oder mit einem älteren Arbeitnehmer möglich.

Das Bundesverfassungsgericht stellte in 2018 klar, dass zu keinem Zeitpunkt „zuvor“ ein Arbeitsverhältnis zwischen den Vertragsparteien bestanden haben darf. Das Bundesarbeitsgericht (BAG), welches bis dahin nur 3 Jahre zurückblickte, gab diese sehr umstrittene Rechtsprechung daraufhin im Januar 2019 endgültig auf.

Über zulässige Ausnahmen kann diskutiert werden, wenn die Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist. Diese Fälle könnten bei geringfügigen Nebenbeschäftigungen, Beschäftigungen während der Schul- und Studien- oder Familienzeit oder bei Werkstudierenden vorliegen.

Beachte: Ein vor acht Jahren geschlossener Arbeitsvertrag, liegt nicht sehr lange zurück.

Merke: Mit demselben Arbeitgeber darf in aller Regel vorher zu keinem Zeitpunkt ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden haben.

Ein Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber liegt vor, wenn bereits ein Arbeitsvertrag mit derselben natürlichen oder juristischen Person bestanden hat. Derselbe Arbeitgeber liegt danach nicht vor, wenn eine Person zuvor als Leiharbeitnehmer in den Betrieb entliehen war. Zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher liegt kein Arbeitsverhältnis vor. Ebenfalls handelt es sich nicht um denselben Arbeitgeber bei einem Wechsel von einem Konzernunternehmen zum anderen.

Maximal zwei Jahre ohne Sachgrund

Gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG kann die sachgrundlose Befristung bis zur Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Bis zu dieser Gesamtdauer kann eine dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages erfolgen. Nur durch Tarifvertrag können Abweichungen von diesen gesetzlichen Grundregeln festgelegt werden.

Vorsicht: Möchte der Arbeitgeber einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag innerhalb der Höchstdauer von zwei Jahren verlängern, sollte er beachten, den Verlängerungsvertrag von der Laufzeit nahtlos an den vorherigen anzuschließen und die Verlängerungsabrede rechtzeitig vor Ablauf der zeitlichen Befristung zu treffen.

Dringend zu empfehlen ist, allein die Vertragsdauer zu ändern und die übrigen Vertragsbestandteile unverändert zu lassen. Anderenfalls liegt nach der Rechtsprechung des BAG ein Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrages vor. Dieser wäre dann ohne Sachgrund unzulässig, da auf Grundlage des ursprünglich befristeten Arbeitsvertrages bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien existiert hätte.

Praxistipp: Sofern weitere Vertragsänderungen angestrebt werden, sollte dies während der Laufzeit des befristeten Arbeitsvertrages umgesetzt werden und erst mit zeitlichem Abstand die Verlängerungsabrede erfolgen.

Schriftlicher Vertrag

Die Befristung von Arbeitsverträgen ist unabhängig von der Betriebsgröße zulässig. Sie bedarf allerdings zwingend der Schriftform. Der Arbeitsvertrag muss zudem vor Arbeitsaufnahme unterschrieben und damit abgeschlossen sein. Mündliche Befristungsvereinbarungen oder Befristungen nach Arbeitsaufnahme sind unwirksam.

Beachte: Ist die Befristungsabrede unzulässig, so gilt als Rechtsfolge ein unbefristeter Arbeitsvertrag zwischen den Parteien als vereinbart.

Fazit: Befristungen stellen weiterhin ein weit verbreitetes Instrument auf Arbeitgeberseite dar, sei es zur Erprobung von Mitarbeitern oder um sich den Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes zu entziehen. Die formalen Anforderungen des Gesetzes sollten bei Abschluss und Verlängerung befristeter Arbeitsverträge allerdings sorgfältig beachtet werden. Anderenfalls entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, dessen einseitige Beendigung durch das Kündigungsschutzgesetz deutlich eingeschränkt wird

Ausblick: Der Koalitionsvertrag

Als spannend erweist sich mit Blick auf die Zukunft der Koalitionsvertrag vom 14.03.2018. Die Koalitionsparteien möchten die sachgrundlose Befristung auf insgesamt 18 Monate (bisher: 24 Monate) verringern. Dabei soll nur eine einmalige statt dreimalige Verlängerung zulässig sein.

Ferner soll der Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten nur maximal 2,5 Prozent seiner Belegschaft sachgrundlos befristen dürfen. Bei Überschreiten dieser Quote soll ein unbefristeter Arbeitsvertrag als Rechtsfolge eintreten. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten diese gesetzgeberischen Vorhaben im Auge behalten.

Wir beraten Sie gerne.

Ihr Andreas Bietmann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht


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Dr. Andreas Bietmann ist seit nunmehr 10 Jahren als Rechtsanwalt und mittlerweile als geschäftsführender Partner in der Bietmann Rechtsanwälte Steuerberater PartmbB tätig. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Seine weiteren Tätigkeitsschwerpunkte sind das Gesellschafts- und Steuerrecht.

Damit ist Andreas Bietmann Ihr Ansprechpartner im Arbeitsrecht bei Kündigung, Aufhebungsvertrag und Vergütung, u.v.m., sowie bei Umstrukturierungsprozessen im Unternehmen und gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungen. Seinen Rat suchen auf Grund seiner langjährigen Expertise insbesondere Führungskräfte und Geschäftsführer sowie Unternehmen und Betriebsräte bei komplexen rechtlichen Fragestellungen.

Die bundesweit tätige Sozietät Bietmann ist seit Beginn des Jahres 2019 in den ehemaligen Räumen der Deutschen Bank in zentraler Lage in Bensberg, Kölner Str. 2 / Ecke Schlossstr., mit Rechtsanwälten und Steuerberatern für die Menschen in Bergisch Gladbach und im rheinisch-bergischen Raum tätig.

Der Schwerpunkt der Sozietät liegt auf arbeits- und wirtschaftsrechtlichen Themen, insbesondere Themen, die für den Mittelstand, aber auch für den einzelnen Rechtssuchenden bedeutsam sind. Die arbeitsrechtliche und steuerrechtliche Kompetenz sowie die umfassende und persönliche Beratung in allen zivilrechtlichen Angelegenheiten werden von den Mandanten der Sozietät in besonderer Weise geschätzt.

Gegründet wurde die Sozietät vor nunmehr 30 Jahren von dem heutigen Seniorpartner, Prof. Dr. Rolf Bietmann, der als Anwalt und Hochschullehrer sowie als Vorsitzender der Erfurter Gesellschaft zur Pflege des Arbeitsrechts am Sitz des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt bundesweit bekannt ist.

Sein Rat wird gesucht, sei es bei Problemen der Unternehmensnachfolge, bei gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungen von Familienunternehmen oder bei Führungskräften, wie zuletzt bei der Auseinandersetzung um den langjährigen Geschäftsführer der Flughafen Köln/Bonn GmbH. Als Anwalt und Wirtschaftsmediator ist er in der Kunst der Streitschlichtung ausgebildet und erfolgreich.

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Die bundesweit tätige Sozietät Bietmann ist in zentraler Lage in Bensberg mit Rechtsanwälten und Steuerberatern für die Menschen in Bergisch Gladbach und im rheinisch-bergischen Raum tätig. Der Schwerpunkt liegt auf arbeits- und wirtschaftsrechtlichen Themen.

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1 Kommentar

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  1. Vielen Dank für den Beitrag! Ich finde es sehr traurig, dass fast jeder zweite Arbeitnehmer befristet eingestellt ist

    Eine Freundin von mir arbeitet seit einigen Jahren in einer relativ großen Firma – sie ist aber immer noch nicht fest angestellt. Sie weiß, dass dies falsch ist und dass das Unternehmen sie ausnutzt – aber sie fürchtet sich zu sehr von „Probleme zu machen“.

    Meiner Meinung nach sind die Arbeitnehmerrechte ein Thema, das öfter diskutiert werden sollte.