Der Kreisverband der Linken geht gegen den Ortsverband Bergisch Gladbach vor: Er hat ihm alle Vertretungsrechte abgenommen und einen Parteiausschluss der Personen in Gang gesetzt, die gerade zu den Spitzenkandidaten für die Kommunalwahl gewählt worden waren. Dazu zählt auch Fraktionschef Thomas Klein, dem u.a. das Bündnis mit der „Bürgerpartei GL“ vorgeworfen wird.

Am 20. Juni hatte der Ortsverband der Linken Bergisch Gladbach seine Mitgliederversammlung im Bergischen Löwen abgehalten, etwas verspätet verkündet der Verband die Ergebnisse auf seiner Website:

„Gewählt wurde zur Spitzenkandidaten für die Bürgermeisterwahl Frau Fatma Siep, die Reserveliste wird ebenfalls von einer Frau angeführt: Frau Lucie Misini, gefolgt von Thomas Klein, Claudia Watzlawik, Markus Winterscheidt, Fatma Siep und Stephan Schinkel.“

Da die Zeit nicht gereicht habe werde es eine weitere Versammlung am 11. Juli geben, um die Wahlkreiskandidaten und einen neuen Ortsverbandsvorstand zu wählen. Aktueller Vorsitzender laut Website ist Thomas Klein, der auch Vorsitzender der Fraktion „Die Linke mit Bürgerpartei GL“ ist.

Thomas Klein, Chef der Fraktion „Die Linke mit Bürgerpartei GL“ bei seiner Haushaltsrede 2018

„Der „vorgebliche“ OV-Vorstand ist aufgelöst“

Allerdings: Nach Auffassung des Kreisverbands der Linken besitzt der Ortsverband gar keinen demokratisch gewählten Vorstand. Die Konsequenz, per Pressemitteilung durch den Kreisvorsitzenden Tomás M. Santillan verkündet:

„Hiermit teilt der Kreisverband euch als unterste geschäftsfähige Gliederung der Partei DIE LINKE. mit, dass der Kreisverband mit sofortiger Wirkung  alle Vertretungsrechte und Geschäfte des Ortsverbands Bergisch Gladbach übernimmt. (Einstimmiger Beschluss des Kreisvorstands vom 28. Juni 2020.)“

Weiter heißt es: „Der „vorgebliche“ OV-Vorstand ist somit aufgelöst oder des Amts enthoben.“ Dies sei eine einstimmige Entscheidung des Kreisvorstands gewesen (dem neben Santilán Alexandra von der Ohe, Thomas Döneke
Andrea Persy, Klaus Reuschel-Schwitalla und Petra Müller angehören).

Das Bürgerportal hat Thomas Klein und weitere Mitglieder des Ortsverbands mehrmals um eine Stellungnahme gebeten, aber keine Antwort erhalten.

Tomas M. Santillan tritt für die Linke bei der Landratswahl im Rheinisch-Bergischen Kreis an
Tomas M. Santillan ist Kreisvorsitzender der LInken und Ratsmitglied ohne Fraktionszugehörigkeit

Vorstand nicht ordnungsgemäß gewählt?

Der Vorwurf des Kreisverbands: Der „Vorstand des Ortsverbandes habe keine Protokolle vorgelegt, die eine ordnungsgemäße Wahl belegen. Der Kreisvorstand gehe davon aus, dass diese Wahl nicht demokratisch durchgeführt worden sei.

Laut Website des Ortsverbands waren Klein und die beiden damaligen Neumitglieder Aylin Aydogan und Sven Lehmann im Dezember 2017 zum Vorstand gewählt worden.

Spätestens im Dezember 2019 sei eine Neuwahl fällig gewesen. Da auch dies noch nicht geschehen sei „zieht der Kreisverband alle Vertretungsrechte an sich und organsiert eine demokratische Wahl eines Ortsverbandsvorstand zeitnah“, heißt es in der Pressemitteilung.  

Parteiausschluss als Ziel

Auch bei der Wahl der Kandidaten für die Kommunalwahl habe es Regelwidrigkeiten gegeben, weshalb der Kreisverband zu einer neuen Aufstellungsversammlung einladen werde.

Darüber hinaus gehe der Kreisverband gegen zahlreiche Mitglieder des Ortsverbandes vor. Er habe ein Schiedsverfahren beschlossen, mit dem Ziel, „eine Gruppe von Mitgliedern“ aus der Partei auszuschließen, sagte Kreisvorstand und Pressesprecher Thomas Döneke auf Nachfrage. Auch dies sei einstimmig beschlossen worden.

Namen nennt Döneke nicht, aber offenbar geht um so gut wie alle Personen, die vorne auf der Reserveliste für die Kommunalwahl stehen. Was die beiden derzeitigen Ratsmitglieder Thomas Klein und Lucie Misini einschließen würde.

Die beiden Ratsmitglieder – die erneut auf Platz 1 sowie 2 der Reserveliste gewählt wurden – stehen auch wegen ihrer Zusammenarbeit mit der „Bürgerpartei GL“ in der Kritik.

Der Kreisverband habe sich immer gegen diese Fraktionsgemeinschaft gestellt, sagt Parteisprecher Döneke. Die Aufforderungen zur Beendigung der Zusammenarbeit seien ignoriert worden.

„Das Modell der hohen Verdienstausfallszahlungen“ der Fraktion „Die Linke mit Bürgerpartei GL“ lehnten sowohl die anderen Ortsverbände als auch der Kreisvorstand „ganz entschieden ab“; sie würden „für einen drastischen Kurswechsel in dieser Sache eintreten“, betont der Sprecher.  

Die Chronik eines langen Konflikts

Einig vor der Wahl: Catherine Henkel, Tomas M. Santillan, Lucie Misini, Thomas Klein, Sascha Lenze
Ein Blick aus sehr alten Zeiten: Catherine Henkel, Tomas M. Santillan, Lucie Misini, Thomas Klein, Sascha Lenze vor der Wahl 2014

Thomas Klein hatte nach der Kommunalwahl 2014 gemeinsam mit Lucy Misini eine Fraktion gebildet. Catherine Henkel, die als dritte Kandidatin der Linken in den Stadtrat gewählt worden war, blieb außen vor.

Dabei spielte Tomás Santillán, in der Ratsperiode zuvor Fraktionschef und nun auf der Liste Nr. 4, eine Rolle, ebenso eine mögliche Kooperation der Linken mit der Bürgerpartei GL von Frank Samirae.

2015 gab Henkel entnervt auf, Santillán rückte nach – und auch er wurde nicht in der Fraktion zugelassen. Statt dessen paktierten Klein und Misini 2016 mit Frank Samirae und bilden seither die Fraktion „Die Linke mit Bürgerpartei GL“.

Santillán sitzt als Einzelratsmitglied im Stadtrat und wurde 2019 zum Vorstandssprecher des Kreisverbands der Linken gewählt. Kreisverbände haben bei der Linken eine besonders starke Stellung, sie sind vor Ort die unterste Parteigliederung und bei ihnen werden die Mitglieder geführt.

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Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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2 Kommentare

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  1. Tomas Santillan tut mir leid!
    Santillan ist ein Aufrechter! Engagiert, authentisch, beharrlich!
    Politisch ist er mir fern.
    Soo links ticke ich nicht.
    Aber dass er die Abzocker entlarven möchte – dass ist längst fällig!