Er steht im Schatten von Beethoven und Corona, und dennoch gilt es gerade in Bergisch Gladbach, den 100. Todestag von Max Bruch am 2. Oktober zu würdigen. Seine Geschichte und Kompositionen sind eng mit unserer Stadt verbunden. Daher führte jetzt ein mutiges Ensemble für den KulturKurier drei rare Werke des romantischen Meisters im Bergischen Löwen auf. Mit dabei ist der Hymnus op. 13, der eine ganz besondere Beziehung zur Stadt hat.

Text: Holger Crump. Fotos: Thomas Merkenich. Video: Joshua Murat

Unter dem Titel „Unerhörtes“ präsentiert das Bürgerportal die (vorerst) letzte Lieferung des #KulturKuriers – Streaming-Konzerte mit lokalen Künstlern, die während der Corona-Pandemie ein wenig Live-Feeling nach Hause bringen. Da darf Max Bruch nicht fehlen.

Der Komponist war zeitlebens eng mit Bergisch Gladbach und dem Hause Zanders verbunden. Zahlreiche seiner Werke sind in der Villa Zanders und auf dem Igeler Hof entstanden. Grund genug, seinen 100. Todestag nicht nur mit Texten zu würdigen, sondern auch mit einem Konzert für einen kleinen Kreis von Kulturinteressierten.

Auf Einladung des Bürgerportals stand im Theatersaal des Bergischen Löwen ein beeindruckendes Ensemble regionaler Künstlern auf der Bühne:

Andrea Weigt, Norbert Brochhagen, Tanja Heesen, Ralf Rhiel, Karla Bytnarova, Ingo Ziegler
  • Andrea Weigt, Sopran
  • Karla Bytnarova, Mezzosopan
  • Tanja Heesen, Mezzosopran
  • Ralf Rhiel, Bass
  • Ingo Ziegler, Bariton
  • Norbert Brochhagen, Pianoforte

Früh- und Spätwerke

Das Programm des Konzerts hatten Tanja Heesen und Norbert Brochhagen klug gewählt. Sie stellten Lieder, Chorwerke und gesangliche Kamermusik in den Vordergrund, in einer feinen Auswahl seltener, wiederentdeckter Werke aus dem Oeuvre von Max Bruch.

Bruch hatte vorzugsweise für Singstimmen komponiert. Insofern konnten die Zuhörer im gut und Corona-sicher gefüllten Theatersaal einen spannenden Einblick in seinen künstlerischen Schwerpunkt gewinnen.

Mit vier Liedern für drei Singstimmen op.6, dem Hymnus op. 13 sowie dem Chorwerk Die Macht des Gesanges op. 87 umfasste das Programm Kompositionen des jungen Bruch sowie ein monumentales Spätwerk. Der Konzertabend zeigte damit nicht zuletzt die Entwicklung und Reifung des Komponisten auf.

Dabei wurde auch deutlich: Sein Spätwerk op. 87 weist deutliche Tendenzen Richtung Moderne auf, die er gleichwohl zeitlebens vehement abgelehnt hat.

Und mit Hymnus op. 13 erklang ein Lied, dessen Text aus der Feder von Auguste Kolter stammt. Die Bergisch Gladbacherin lernte den gleichaltrigen Bruch mit 19 Jahren auf dem Igeler Hof kennen, schrieb einen einzigen, tief romantischen Text für den Maestro und verschwand danach wieder aus seinem Wirkungskreis. Die Umstände der Zusammenarbeit werden wohl immer ein Rätsel bleiben.

Saftig bis zart

Tanja Heesen führte als Moderatorin launig und augenzwinkernd durch den Abend. Der Auftakt mit op. 6 geriet beeindruckend, auch wenn es sich „nur“ um vier einfache Lieder für „höhere Töchterschulen“ handelte.

Andrea Weigt, Karla Bytnarova und Tanja Heesen brachten die mehrstimmigen Sätze harmonisch und mit enormer Musikalität auf die Bühne. Mal saftig im Duktus, mal besinnlich und zart wie im Abendlied.

Die Begleitung durch Norbert Brochhagen geriert feinperlig bis majestätisch, wenn auch der Flügel in den druckvollen Passagen mit der Dynamik der Sängerinnen zu kämpfen hatte. Dieses Instrument ist für den Theatersaal zu klein dimensioniert.

Und natürlich hatte das Ensemble mit den Corona-Bedingungen zu kämpfen: Proben waren nur im minimalen Umfang möglich, und Gesang mit Abstand ist ein schwieriges Unterfangen.

Der Hymnus op. 13 mit Karla Bytnarova als Solistin ließ einen wundervollen, nachdenklichen Bruch erklingen. Obwohl ein kammermusikalisches Frühwerk, überzeugt das viel zu selten gespielte Lied durch eine kluge Dramaturgie, eine kantabile Klavierbegleitung sowie eine ästhetisch anspruchsvolle Synergie von Text und Musik.

Fast wie auf den Leib geschrieben für Bytnarova, die leise Sehnsucht mit kraftvoller Dynamik in den Fortissimo-Passagen zu verbinden wusste, ohne fortissimo ausschließlich mit laut gleichzusetzen. Eine wundervolle, facettenreiche Stimme!

Ein Wagnis

Den Schlussakkord des Konzerts bildete Die Macht des Gesanges op. 87. Ein Wagnis, denn das Stück verlangt eigentlich nach Orchester, Orgel und großem Chor. Was in Corona-Zeiten nicht machbar ist.

Daher entschied sich das Ensemble in der kleinen Besetzung mit Klavier und fünf Stimmen, das Chorwerk leicht gekürzt aufzuführen. In den „Tutti“-Passagen konnte die mutige Entscheidung überzeugen. Die Soloparts fielen im Vergleich dazu jedoch ab, zuungunsten des Spannungsbogens.

Davon abgesehen zeigte op. 87, wie meisterlich Bruch das Genre der Chorwerke vorantrieb und mit dieser Komposition dem klassischen Gesang ein Denkmal gesetzt hat.

Kommentar

Bruchlandung der lokalen Kulturpolitik

Die Liste der Veranstaltungen zum 100. Todestag von Max Bruch in Bergisch Gladbach umfasst lediglich fünf Termine. Veranstalter sind Vereine und Medien. Kreis und Stadt tragen nichts dazu bei. Bruchs Jubiläum in dieser Weise außer Acht zu lassen, ist nicht nachvollziehbar. Ein Kommentar.

Weitere Veranstaltungen zum Bruch-Jubiläum

Wenn auch einige Konzerte Corona-bedingt ausfallen, einige Möglichkeiten gibt es dennoch, sich Max Bruch zu nähern:

  • Wandern: Max-Bruch-Weg, Eröffnung bereits im Sommer 2019, detaillierte Beschreibung unter diesem Link
  • Vortrag mit Musikbeispielen: 25.09.2020, 19.00 Uhr, Kirche St. Engelbert
    Referent Siegfried R. Schenke, Thema: Max Bruch und Maria Zanders, Wirken für Bergisch Gladbach
    Eintritt 6,- Euro, Anmeldung erforderlich unter Kath. Bildungswerk, Laurentiusstr. 4-12, 51465 Bergisch Gladbach, Tel. 02202 / 93639-50, E-Mail: info@bildungswerk-gladbach.de
  • Wandelkonzert: 03.10.2020, mit dem Konzertchor Bergisch Gladbach e.V.
    Musik und Wanderung auf dem Max-Bruch-Weg
    Infos unter www.konzertchor-gl.de
  • Konzert: 04.10.2020, Einlass 16.00 Uhr, Albertus-Magnus-Gymnasium Bensberg
    Mit Sopranistin Silke Weisheit, Geigerin Hannah Müller, Cellist Lev Gordin und Pianist Roman Salyutov, Motto „Widmung an Bergisch Gladbach – unsere Stadt in Bild und Klang“
    Eintritt frei, Anmeldung erforderlich unter info@musik-kultur-gl.de oder Tel. 0177-1398-268

ist Reporter und Kulturkorrespondent des Bürgerportals.

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