Ein rechtliches Verfahren verhindert im Moment, dass die Stadt mit dem Eigentümer der RheinBerg Passage über die Nutzung des Betonklotzes am S-Bahnhof als künftiges Stadthaus reden darf. Wenn dieses Problem abgeräumt ist, könnte es aber sehr schnell gehen – denn der Bebauungsplan muss für das Mega-Projekt nicht verändert werden. Das setzt die Verwaltung unter hohen Druck, bei der eigenen Modernisierung und Digitalisierung voran zu kommen.

Im Prinzip ist die Ausgangslage klar: nachdem der neue Bürgermeister und die neue Ampelkoalition die Pläne für ein repräsentatives, aber zu teures Stadthaus auf dem Kopfgrundstück an der S-Bahn gestoppt hatte war direkt gegenüber eine überraschende Alternative gefunden worden.

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Die inzwischen komplett leerstehende RheinBerg Passage soll aufgestockt werden und den neuen Verwaltungssitz sowie die Stadtbücherei huckepack nehmen.

Mit dem Eigentümer, der Immobilienfondsgesellschaft Quilvest Real Estate, war sich die Stadt im Prinzip einig, im Stadtrat stimmte auch die CDU den neuen Plänen zu.

„Knüppel zwischen die Beine“

Doch dann warf ein Unbekannter der Stadt einen „Knüppel zwischen die Beine“, wie es Friedrich Bacmeister, Vorsitzender des Stadthausausschusses in der Sitzung des Gremiums am Mittwoch formulierte. Da diese Person kein eigenes, nachvollziehbares Interesse habe werde damit der Rechtsstaat missbraucht.

Der Hintergrund: Offenbar hat ein anderer Grundstückseigentümer sein Gelände ebenfalls als Standort für das Stadthaus ins Spiel gebracht und vor der Kölner Vergabekammer Beschwerde eingelegt, erläuterte Bürgermeister Frank Stein. Die Kammer prüft den Fall nun – und solange sind der Stadt für weitere Verhandlungen über den Mietvertrag oder gar über Ausbau- und Zeitpläne die Hände gebunden.

Allerdings hatte Stein auch eine gute Nachricht zu verkünden: einer Überprüfung habe ergeben, dass für den Ausbau der RheinBerg Passage der Bebauungsplan für das Gebiet nicht neu verändert werden muss – was viel Zeit und Aufwand erfordert hätte. „Das ist ein echter Turbo für das Projekt“, sagte Stein.

Die Rheinberg Passage soll Verwaltung und Stadtbücherei aufnehmen. Im Bild die Rückseite, gesehen von der Paffrather Straße. Foto: Thomas Merkenich

Komplexe Planung in zwei Zügen

Damit stehen die Projektmanager:innen, die inzwischen durch ein eigenes Team und einer externen Expertin unterstützt werden, vor einer komplexen Aufgabe: den noch stillstehenden, aber potentiell schnellen Gebäude-Zug (Mietvertrag, Planung, Genehmigung, Umbau) des Eigentümers mit dem gerade erst anrollenden Zug der Verwaltungsmodernisierung zu synchronisieren. Und zwar so, dass beide Züge am Tag des Einzugs gleichzeitig am Ziel ankommen.

Allerdings ist das Ziel bislang nicht konkret definiert, geschweige denn das Zieldatum.

CDU fordert Meilensteine ein

Die Stadtverwaltung legte im Ausschuss zwar zwei Sachstandsberichte und eine Programmvereinbarung zur „zukunftsorientierten Verwaltung“ sowie ein Ablaufdiagramm mit sehr vielen Zeilen vor – aber ohne jede zeitliche Angaben.

Hinweis der Redaktion: Die genannten Dokumente können Sie im Ratsinformationssystem nachlesen, unter den Tagesordnungspunkten 6 bis 8.

Ein Umstand, der bei der oppositionellen CDU und den Freien Wählern im Ausschuss auf Irritationen und heftigen Protest stieß. Mehrfach forderten ihre Vertreter:innen sogenannte Meilensteine und auch einen Fertigstellungszeitpunkt ein. Von diesem Tag X an könne man dann zurückrechnen und festlegen, wer was bis wann erledigen muss.

Diese Meilensteine werde die Verwaltung bis zur nächsten Ausschusssitzung im Juni vorlegen, sicherte Thore Eggert zu, der als Kämmerer und Digitalsierungsbeauftragte für das gesamte Projekt zuständig ist.

„In den Akten nichts gefunden“

Dass noch kein Zeithorizont aufgezeigt werden könne liege auch daran, dass die Verwaltung „bei Null anfangen“ müsse, sagte Bürgermeister Stein in einer ungewohnt offenen Kritik seines Vorgängers. Man habe in allen Akten nach Konzepten für die Digitalisierung und Modernisierung der Verwaltung gesucht, „aber da war nichts“.

Unter Umständen hätten diese Konzepte auch gar nicht geholfen. Denn seit 2010, als die Planung für das dringend notwendige Stadthaus begann, hat sich auch in der Verwaltung die Arbeit grundlegend verändert: mit der Digitalisierung, dem E-Government und der Auflösung traditioneller Arbeitsplätze durch das Home-Office muss sich jetzt auch die Verwaltung ganz auf „New Work“ einstellen.

„Neue Verwaltung in neuem Gebäude“

„Wir planen nicht nur ein neues Gebäude, sondern auch eine neue Verwaltung“, beschrieb Eggert die Aufgabe. Das sei jedoch ein Transformationsprozess, der nie fertig sein werde.

Der Tag des Einzugs hänge davon ab, wie schnell der Vermieter die Räume zur Verfügung stellen könne, ergänzte Bürgermeister Stein: „Dann ziehen wir ein und werden von da aus weitermachen.“

Er arbeite an zwei Zielen, sagt der Projektleiter Wilhelm: „so früh wie möglich einziehen, die Verwaltung soweit wie möglich modernisieren“.

Nur noch zweieinhalb Jahre

„New Work“ heißt zum Beispiel, dass viele Mitarbeiter:innen auf einen eigenen festen Schreibtisch verzichten müssen – was auch nötig sein wird, um die schnell wachsende Belegschaft überhaupt unterbringen zu können. Alleine in den Abteilungen, die in das neue Stadthaus ziehen sollen, seien zuletzt 80 neue Stellen geschaffen worden. Sie können allerdings zum Teil nicht besetzt werden, weil es für weitere Schreibtische keinen Platz gibt.

Wann sich dieser Misstand ändert, lässt sich derzeit nicht absehen. Allerdings – ein Zieldatum wurde gestern dann doch genannt. Der Ausschussvorsitzende Bacmeister, ein Grüner, sagt, er träume immer noch von einem Einzug in 2024. Ganz so optimistisch und konkret ist die Ampelkoalition nicht, aber als „politisches Ziel“ nennt sie „den Bezug noch in dieser Legislaturperiode“. Die läuft aber nur noch zweieinhalb Jahre, bis Herbst 2025.

Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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3 Kommentare

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  1. Wenn man sich das ganze Theater einmal anschaut, dann ist die Ampelkoalition nicht in der Lage ein klares Konzept für den Neubau, Umbau oder ähnliches zukonzipieren oder den Bürgern vorzustellen. Tolle Leistung der Ampelkoalition. Dafür hat es Herr Migenda einen der wichtigsten und besten Mitarbeiter zu vergraulen. Dafür werden sie ganz bestimmt einen Grünen der Roten neuen Mitarbeiter finden, der in ihr Konzept passt. Nur es geht im Thema Stadthaus nicht vorwärts. Dafür in der Umwandlung der Straßen in Radfahrer Straßen. Wie sieht es eigentlich aus mit dem Radfahren in der Fussgängerzone vor 17.00 Am Freitag den 13. 05. fiel mir auf, dass das Radfahren in der Fußgänger Zone akzeptiert wird. Stadtordnungsbeamte, der Bürgermeister ließen die Radfahrer locker durch die Fußgängerzone radeln. Lediglich die Polizei verhinderte Verkehrsübertretungen. Ich selbst würde von einem rasant fahrenden Fahrradfahrer angeklingelt und zur Seite gebeten. Vor der Deutschen Bank machte ich ihn am Geldautomat auf sein Fehlverhalten aufmerksam. Er gab zu ein Mitglied der Grünen zu sein und hielte diese Regelung für falsch! Soviel zu der Situation in der Fußgängerzone aber auch dem Verhalten unseres Bürgermeisters Herrn Stein. Ich glaube die Situation in Bergisch Gladbach ist in vielen Bereichen aus dem Ruder geraten. Lediglich die Fahrradstrassen kommen vorwärts.!!

  2. Nun will die Führungsriege der Stadtverwaltung offenbar auch ohne zukunftsgerichtetes Bürokonzept und modernisierte Arbeitsabläufe in ein neues Stadthaus einziehen. Es soll umgezogen werden, sobald neue Räumlichkeiten verfügbar sind. „Die Taktung ist durch den Vermieter vorgegeben“, so sagte Herr Stein.

    Das ist bemerkenswert. Denn schließlich waren das fehlende Bürokonzept, incl. Home Office Ansatz, und der Mangel an zukunftsorientierten, digitalisierten Abläufen zwei wesentliche Gründe (neben explodierten Kosten und fehlendem ökologischen Konzept) für den Not-Stopp des ursprünglichen Stadthausprojektes im vergangenen Jahr. Beides scheint nun nicht mehr notwendig zu sein.

    Und, diese Vorgehensweise birgt das Risiko, dass die Stadt Räume langfristig anmietet, die sie später nicht mehr benötigt, oder aber in anderer Form und Größe. Das gilt für eigene Büros, in denen man sich im Zuge eine zukünftigen Mobilitätskonzeptes sicherlich Schreibtische teilen wird oder diese im Rahmen eines Home Office Konzeptes gar nicht mehr benötigt werden. Und es gilt auch für die Besucherräume der Öffentlichkeit, die zukünftig evtl. nicht mehr notwendig sind, da Services der Verwaltung über das Internet geleistet werden (E-Government).

    Es ist zu hoffen, dass es langfristige Mietverträge gibt, die eine für solche Veränderungen notwendige Flexibilität bieten. Möglicherweise kein Grund zu Sorge. Jedenfalls scheint sich bezüglich eines neuen Stadthauses eine zeitliche Perspektive anzudeuten.

    Bei dem im Ausschuss ebenfalls diskutierten, parallel laufenden Projekt „Zukunftsorientierte Verwaltung“ ist eine solche Perspektive dagegen noch nicht erkennbar.

    Wie schon im September des vergangenen Jahres gab es keine Aussage darüber, welche Projektschritte wann zu erwarten sind. Kein Ziel, kein Plan. Nicht einmal grob. Man wartet offenbar auf die Zeitplanung der Gebäudeanmietung als Vorgabe. Das verstehe ich nicht. Jeder Fortschritt, jede Verbesserung der organisatorischen Abläufe vor dem Umzug in ein neues Gebäude wäre doch zu begrüßen!

    Stattdessen kommt das Projekt „Zukunftsorientierte Verwaltung“ nicht aus den Startlöchern.

    Zur Erinnerung: In diesem Projekt will die Verwaltung nichts weniger als ihre Arbeitsabläufe und -strukturen optimieren, E-Government-Services für die Bürgerschaft einführen und ihre veränderten Arbeitsabläufe in Form von IT-Lösungen digitalisieren. Und: Sie plant eine neue Service-Kultur u.a. mit „One Face to the Customer“, wie den Unterlagen zu entnehmen ist. Das ist ein Umkrempeln der gesamten Verwaltung. Sehr zu begrüßen, aber bestimmt keine Kleinigkeit…

    Ein in Veränderungen geübtes Wirtschaftsunternehmen vergleichbarer Größe würde für ein solches Projekt selbst mit ausreichenden personellen und finanziellen Ressourcen eine Reihe von Jahren benötigen. Wie viel mehr Zeit mag dann die Verwaltung von Bergisch Gladbach brauchen? Sie ist (bei allem Respekt) in Veränderungen schließlich weniger geübt und darüber hinaus bereits durch das Tagesgeschäft überlastet– ohne die zusätzliche Belastung durch die Projektarbeit.

    Kann die Verwaltung ein solches Projekt überhaupt stemmen, habe ich mich zunehmend gefragt, als ich die zum Teil wirklich hilflosen Antworten der Verantwortlichen auf die kritischen Fragen der Ausschussmitglieder hörte.

    Es gilt ein Grundsatz der Projektarbeit: „Sag mir wie Dein Projekt beginnt, und ich sage Dir wie es endet“.

    Der Start am 09. März war zweifellos kein guter Beginn, weil er orientierungslos erschien. Darüber sollten wir BürgerInnen uns Sorgen machen und die Mitglieder von Stadtrat und Verwaltung ansprechen.

    Denn es gilt, ein teures, personalintensives Never-Ending-Verwaltungs-Projekt zu vermeiden – und sich trotzdem zu verbessern. Hoffentlich gibt es in der nächsten Ausschusssitzung im Juni dazu gute Nachrichten.