Menschen in GL: Die Bonbon-Köchin
Kamillentee für die Handtasche: Mit dieser Idee fing alles an. Sie führte Luzia Häck dazu, am heimischen Herd Bonbon-Rezepte zu testen – wobei sie einmal fast ihre Küche abfackelte. Mittlerweile ist daraus ein kleines Start-up geworden, das die Bergisch Gladbacherin in ihrer Freizeit betreut.
Eigentlich arbeitet Luzia Häck in der Personalabteilung eines großen Beratungsunternehmens. Aber irgendwann, so hofft sie, kann sie von dem Herzensprojekt leben, das sie in den letzten eineinhalb Jahren nebenbei aufgezogen hat: smalm bonbons.
Unser erster Kontakt findet am Telefon statt, wir vereinbaren einen Interview-Termin. Die 29-Jährige ist freundlich, warm und professionell. Sie fragt, ob sie mir ein Probierpaket mit ihren Bonbons schicken darf. Es erreicht mich wenige Tage später. Darin sind drei kleine Tüten in sanften, pastelligen Farben. Sie sind handlich, fast wie ein großes Smartphone, und tragen hübsche Namen: Kopfstreichler (Melisse), Bauchstreichler (Kamille) und Seelenstreichler (Baldrian).
Im Zoom-Interview erzählt Luzia Häck dann, dass sie die Idee zu smalm vor eineinhalb Jahren hatte. Schon immer habe sie Kamillentee geliebt: „Der Geschmack erinnert mich an meine Kindheit.“
Ihre Kindheit verbrachte sie in Bergisch Gladbach, zwischen Katterbach und Paffrath. 2012 zog sie nach Köln, um Medienmanagement und Designmanagement an der Macromedia Hochschule zu studieren.
Experimente in der Küche
Ihre Liebe zu Kamillentee begleitete sie. Vor allem dann, wenn sie ein unwohles Gefühl im Bauch hatte, half ihr der Tee, sich besser zu fühlen. Nur unterwegs war das nicht so einfach. Sie fragte sich: Wie kann ich Kamille immer bei mir haben, in der Handtasche, sozusagen? Vielleicht als Kapseln? Bonbons? Die gab es zwar – aber mit Zucker und Zusatzstoffen.
Luzia Häck dachte: Das muss auch anders gehen. Sie googelte nach Bonbon-Rezepten. Kaufte Zutaten, Bonbon-Schablonen und begann in ihrer Kölner Küche zu experimentieren. Sie probierte diverse Rezepte aus, dokumentierte in einem Notizbuch, was sie machte und wie das Ergebnis war. „Ich habe mich gefühlt wie eine Chemikerin“, erzählt Häck und lacht. Einmal habe sie fast ihre Küche abgefackelt.
Aber irgendwann hatte sie eine Ladung Kamillebonbons, die so schmeckten, wie sie sich das vorgestellt hatte. Und sie schmeckten nicht nur ihr: Sie hatte einige zum Probieren in der Familie und in ihrem Freundeskreis verteilt. Und kam bald nicht mehr hinterher mit der heimischen Produktion. „Meine Schwester und meine Freunde wollten immer wieder Nachschub haben“, erzählt Häck und lacht.
Eine Tasse Tee für die Tasche
Da kam das erste Mal der Gedanke auf, dass das vielleicht auch anderen Menschen gefallen könnte. Sie recherchierte, telefonierte, probierte verschiedene Bonbon-Produzent:innen aus. Am besten gefiel ihr die Zusammenarbeit mit einer bayrischen Familienmanufaktur.
Mit ihr entwickelte sie das finale Rezept für die Kamillebonbons und zwei weitere Geschmacksrichtungen. Sie fragten sich: Was würde passen mit Kamille und Bauch? Das Ergebnis waren, wie oben erwähnt, Melisse für den Kopf und Baldrian für die Seele.
Auch Lavendel sei in der Überlegung gewesen, erzählt Häck. Aber alle Rezepte, die sie ausprobierten, hätten irgendwie nach Seife geschmeckt.
Wichtig war ihr, dass die Bonbons zuckerfrei sind. „Zucker ist nicht mehr so angesagt.“ Stattdessen wird nun das weniger süße, zahnfreundliche und kalorienarme Isomalt verwendet.
Auf der Webseite, die viel später entsteht, liest man: „Weder eine dominierende Süße noch sonstige Inhaltsstoffe sollen von dem charakteristischen Aroma der Kräuter ablenken.“ Tatsächlich: Die Bonbons schmecken wie eine mild gesüßte Tasse Tee.

Bonbons mit Mehrwert
Außerdem sollte die Verpackung so nachhaltig wie möglich sein. Häck ließ sich beraten, welche Möglichkeiten es dafür gibt. Die Bonbons sollten nicht einzeln eingewickelt sein, um keinen unnötigen Müll zu produzieren. Dafür musste die Tüte eine Kunststoffschicht haben, weil es sich um ein Lebensmittel handelt.
Eine Papierpackung mit Kunststoffschicht wäre nicht so gut recycelbar gewesen. Also entschied sich Häck für eine Tüte aus hochwertigem Kunststoff, die zu 100 Prozent recycelbar ist. Sie wird von einem Kölner Start-up produziert, die Rohstoffe dafür kommen aus Europa. „Die Verpackung ist ungefähr genauso kostenintensiv wie die Bonbon“, sagt Häck.
Das schlägt sich auch im Preis nieder: Mit 3,59 Euro für eine 60-Gramm-Tüte sind die Bonbons nicht gerade ein Schnäppchen. Aber das ist es Luzia Häck wert. Die Themen Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung beschäftigen sie sehr. Sie lebt vegetarisch, kauft regional und ökologisch produzierte Lebensmittel, achtet sehr auf Mülltrennung.
Und noch etwas war ihr wichtig: dass ihr Produkt einen Mehrwert hat. Deshalb unterstützt man mit dem Kauf der smalm-Bonbons das Schul- und Therapiehaus Villa Kunterbunt Über ihre Eltern, eine Lehrerin und einen Arzt, bekam Luzia Häck mit, dass in der Pandemie immer mehr Kinder und Jugendliche psychische Schwierigkeiten entwickelten. In der Kölner Einrichtung erhalten sie Hilfe.
Luzia Häck denkt, dass auch andere Menschen, die ihre Werte teilen, bereit sind, mehr für die Bonbons zu bezahlen. Wenn die Nachfrage steigt und die produzierte Auflage größer wird, kann der Preis außerdem auch noch einmal sinken.
Start-up in GL
Aktuell verkauft Häck die erste Auflage mit 10.000 Packungen. Eine große Auflage fängt bei 100.000 an.
Bei ihren Eltern in Bergisch Gladbach hat sie ihr Büro und das Lager. Dort ist sie zwei- bis dreimal pro Woche – abends nach der Arbeit und am Wochenende. Dort verpackt sie die Bestellungen und macht sie für den Versand fertig, kümmert sich um Vertrieb und Akquise.
In Bergisch Gladbach hat sie auch schon einige Anbieter gefunden, die die smalm bonbons verkaufen: von der Stern-Apotheke in Schildgen über das Gartencenter Selbach in Paffrath bis hin zum Café Tilda in der Innenstadt.
Auch privat ist Häck eng mit der Region verbunden. Wenn sie die Zeit dazu findet, liebt sie es, im Bergischen zu wandern, Ausstellungen in der Villa Zanders zu besuchen, einfach durch die Stadt zu schlendern. Und ihre Familie und Freund:innen hier zu sehen.
Die haben ihr auch sehr viel bei der Gründung geholfen, erzählt Luzia Häck: Eine Freundin arbeitete im Produktdesign mit, eine andere bei ihrem Social-Media-Auftritt. Eine weitere Freundin, die sich auch kürzlich selbstständig gemacht hat, unterstützt sie bei der Geschäftsplanung.
„Durch die viele Hilfe fühlt sich smalm gar nicht so sehr nach Arbeit an“, sagt Häck und lächelt in die Kamera. Freundlich, warm und professionell. Eine gute Mischung, um ein kleines Start-up groß zu machen.