Der massive Widerstand der katholischen Gemeinden in Bergisch Gladbach hatte Erfolg, das Erzbistum Köln nimmt seine Entscheidungen zur raschen Umsetzung der „Pastoralen Einheit“ in der Stadt komplett zurück. Die Pfarrer Darscheid und Kissel bleiben in ihren Ämtern, die Gemeinden sollen in den weiteren Prozess eingebunden werden.

Zurück auf Null. Das Erzbistum Köln nimmt seine Entscheidung für ein einschneidendes Pilotprojekt auf Bergisch Gladbacher Boden ab dem 1. März zunächst einmal vollständig zurück. Die Gemeinden behalten vorerst ihre Eigenständigkeit und sollen selbst über eine Teilnahme an einem Pilotprojekt zur Bildung von Großgemeinden (Pastorale Einheit) entscheiden, alle Pfarrer bleiben vorerst im Amt.

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Kreisdechant Norbert Hörter, der die Entscheidung zunächst verteidigt hatte, begrüßte die neue Entscheidung und betont, dass die Projektverantwortlichen in Köln sitzen. Er habe mit seinem Kernteam bereits vor einer Woche festgelegt, nun doch nicht für die Steuerung des Modellprojektes zur Verfügung zu stehen.

Eine Chance, die weiterhin notwendige Pastorale Einheit zu gestalten, sei „nur gegeben, wenn es einen gemeinsamen Blick nach vorne gibt, der zurzeit nicht möglich ist“, betont Hörter.

Mit der Kehrtwende reagiert das Erzbistum auf den Sturm der Empörung in Bergisch Gladbach und weit darüber hinaus, den Monsignore Markus Bosbach am 15. Januar mit einem Proklamandum ausgelöst hatte, kaum dass es in den fünf katholischen Gemeinden der Stadt verlesen worden war.

Weihbischof Ansgar Puff als rettender Bote

Per Handstreich hatte Bosbach als Leiter der Hauptabteilung Entwicklung Pastorale Einheiten verfügt, dass die fünf Gemeinden schon am 1. März in einer Großgemeinde (Pastorale Einheit) unter der Leitung von Kreisdechant Norbert Hörter zusammengeführt werden. Zudem sollten die Pfarrer Wilhelm Darscheid (Schildgen, Paffrath, Hand) sowie Winfried Kissel (Refrath, Frankenforst) ihre Ämter verlieren.

Die Pfarrgemeinderäte und auch die betroffenen Pfarrer fühlten sich durch dieses einseitige Vorgehen hintergangen, es kam zu heftigen Vorwürfen und (angekündigten) Kirchenaustritten. Erzbischof Rainer Maria Woelki entsandte Weihbischof Ansgar Puff, der sich den Gemeindeversammlungen stellte und „als Bote“ die geballte Kritik sammelte und in Köln vortrug.

Bosbach räumt Fehler und Versäumnisse ein

Bosbach, der sich im Januar in einer Auszeit befand, zieht nun die Konsequenzen. In einem weiteren Proklamandum räumt er Fehler und Versäumnisse „von Seiten der Projektverantwortlichen“ ein, „insbesondere was die Einbindung der Gremien und der Pastoralteams vor Ort angeht“. Er konstatiert, dass er im gesamten Erzbistum „Irritationen, Enttäuschungen, Verärgerung und Wut“ ausgelöst hatte.

Auf der Grundlage der von Puff geführten Gespräche habe Woelki die Entscheidung getroffen, das erste Proklamandum zurückzunehmen. Das bedeute auch, dass die Pfarrer Christoph Bernards (Herkenrath, Herrenstrunden, Sand, Bärbroich), Wilhelm Darscheid, und Winfried Kissel als kanonische Pfarrer in ihren Aufgaben und Einsatzorten bleiben.

Norbert Hörter (Kreisdechant und Pfarrer von St. Laurentius) bleibe wie zuvor als Pfarrverweser auch für Bensberg und Moitzfeld zuständig.

Die Entscheidung, in Bergisch Gladbach (wie im gesamten Erzbistum Köln) eine Pastorale Einheit mit einem Pfarrer und einem Pastoralteam zu installieren, bleibe bestehen. Der Zeitpunkt für die Umsetzung stehe aber nun nicht mehr fest.

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„Die katholische Kirche ist die letzte absolutistische Monarchie“

Heinz-Peter Janßen hat am Mittwoch sein 50-jähriges Priesterjubiläum mit einer heiligen Messe in St. Nikolaus gefeiert. Bis zu seinem Abschied 2015 hat er über 32 Jahre als Pfarrer in Bensberg und Moitzfeld gewirkt. Im Interview blickt er zurück auf sein berufliches Leben, kommentiert aktuelle Entwicklungen in den Gemeinden und äußert sich zur Zukunftsfähigkeit der katholischen Kirche. 

Nun sollen weitere Gespräche geführt werden, um die Wunden zu heilen und den weiteren Weg gemeinsam zu beraten. „Bis zu den Sommerferien 2023 sind die Gremien der einzelnen Seelsorgebereiche eingeladen, sich per Votum für oder gegen die Teilnahme am Modellprojekt zu entscheiden,“ heißt es in dem Proklamandum.

Dokumentation

Proklamandum für den 4./5. Februar

des Bürgerportals. Kontakt: info@in-gl.de

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6 Kommentare

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  1. Die Rückzüge vom ehemaligen Bürgermeister kennt man aus seiner Amtszeit, wenn auch nicht alle publik wurden. Nun vollmundig den aus der katholischen Kirche zu verkünden und dann wieder denselben einzuziehen, dient nur an dieser Stelle wenig dem Hinweis auf die Unbotmäßigkeiten der Diozöse Köln, was auch von einen nun nur noch semi Prominenten ein Zeichen wäre.

  2. Ob die Herren Bosbach, Hörter und Woelki dieses Drama überstehen können, indem sie einfach den Zeitpunkt der Umsetzung bereits beschlossener Änderungen in eine ungewisse Zukunft schieben, darf bezweifelt werden. Andererseits stören sie die zusätzlich hervorgerufenen Kirchenaustritte nicht sondern scheinen nur das Festhalten an der Macht für ihr Lebensziel zu halten.

    Parrer Jansen hat recht, die Katholiken leben zumindetst in der Diözese Köln unter der Knute einer absulotistischen Monarchie, man kann auch sagen unter einer atkatholischen Diktatur.

    1. Ich bin nahezu völlig Ihrer Meinung, nur die Ausdrucksweise einer altkatholischen Diktatur finde ich fehlgehend und einer Konkretisierung bedürfend: Sie meinen vermutlich sinngemäß eine reaktionäre Diktatur.

      Die Altkatholische Kirche ist entgegen dem, was man vermuten könnte, keinesfalls vergleichbar mit dem Begriff einer Diktatur, geradezu das Gegenteil trifft zu. Ich gehöre zwar dieser Kirche nicht an, empfehle aber jederfrau und jedermann ein ‚Googeln‘ nach Altkatholisch oder Altkatholiken. Sie werden höchstwahrscheinlich erstaunt und angenehm überrascht sein.

      Davon ganz und gar abzugrenzen sind wiederum solche Strömungen wie die Petrusbruderschaft oder gar die Piusbrüder, was hier nur am Rande erwähnt sei.

  3. Wenn et drop ankütt ston mir zesamme. Do es de Äzbischof Woelki schön op et Föttche jefalle.
    Es freut mich sehr für die betroffenen Pfarrer, So ein unmenschlicher Umgang mit Gottes Dienern darf nicht belohnt werden.

  4. Interessante Entwicklung.
    Kleiner Hinweis an die Redaktion: bei den Paaren Pfarrer/Gemeinde gab es einen Dreher.