Der neue Bergisch Gladbacher Bürgermeister Marcel Kreutz feiert seine Amtseinführung mit einer multireligiösen Feier, zu der alle Bürger:innen eingeladen waren. Damit setzt er ein starkes Zeichen für Vielfalt, Zusammenhalt und Respekt – und sorgt für ein Novum in der Stadtgeschichte.

Es ist das Gemeinsame, das Verbindende, das sich als roter Faden durch den ersten offiziellen Arbeitstag des neuen Bergisch Gladbacher Bürgermeisters zieht. Es geht um Zusammenhalt und Respekt. Marcel Kreutz betont das in seinen Ansprachen, im Gespräch mit der Presse und gibt insbesondere mit der multireligiösen Feier zu seiner Amtseinführung ein klares Statement ab.

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Es steckt schon im Motto dieser Feier, „Gemeinsam Zukunft gestalten – mit Mut, Vertrauen und Herz“, zu der Kreutz am Montag alle Bürger:innen, politische Vertreter:innen und Mitarbeitende der Verwaltung in die Laurentiuskirche in der Innenstadt eingeladen hat. Um nach eigenen Worten ein Zeichen zu setzen, „für unterschiedliche Ansichten und unterschiedliche Arten zu glauben“. Denn: „Angesichts der Herausforderungen, vor denen wir stehen, müssen wir enger zusammenrücken.“

Respekt vor anderen Religionen

Auch wenn die Feier in einer katholischen Kirche stattfindet, ist sie kein katholischer Gottesdienst, wie Pfarrer Christoph Bernards unterstreicht. Die islamischen Verbände seien keine Gäste, sondern Mitveranstalter. Gemeinschaftlich hätten katholische, evangelische und muslimische Akteure die Feier gestaltet. 

Bernards bezeichnet Kreutz‘ Idee als „gutes und mutiges Zeichen“ für den Respekt vor anderen Religionen. Für den respektvollen Umgang miteinander setze sich der Bürgermeister ein – auch wenn Menschen andere Meinungen vertreten, gehe es ihm immer darum, die Stadtgesellschaft zu stärken.

Es ist ein Novum in Bergisch Gladbach, dass Vertreter von Islamverbänden in der katholischen Kirche sprechen. Die singend vorgetragene Koranrezitation von Hafiz Ahmed Faiz ist ein ungewöhnlicher und bewegender Gänsehaut-Moment. 

Sie haben eine Tür geöffnet, die es vorher nicht gabHalil Ibrahim Gebesci

„Das ist ein sehr besonderer Tag für die muslimische Gemeinde und die ganze Stadt“, sagt Halil Ibrahim Gebesci im Namen der drei muslimischen Gemeinden Bergisch Gladbach in seiner Ansprache. „Sie haben eine Tür geöffnet, die es vorher nicht gab.“ „Glauben“ stehe nicht nur für Religion, sondern auch dafür, an Zusammenhalt, Mut und Freundschaft zu glauben. Es gelte, den Zusammenhalt zu stärken, denn gemeinsam könnten Probleme besser bewältigt werden. „Wir können die Welt nicht ändern, aber wir können unser Zuhause, Bergisch Gladbach, noch besser gestalten.“ 

Halil Ibrahim Gebesci. Foto: Thomas Merkenich

Im Namen aller Glaubensgemeinschaften dankt der evangelische Pfarrer und Superintendent im Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch Torsten Krall dem neuen Bürgermeister dafür, „dass Sie Verantwortung übernehmen für die Stadt, in der Sie gern leben“. Allen sei angesichts knapper werdender Ressourcen bei nicht kleiner werdenden Aufgaben klar, dass dies kein einfacher Job sei.

Die zentrale Botschaft aus der Lesung – „Suchet der Stadt Bestes“ – sei nach über 2000 Jahren noch immer aktuell. Zwar seien die Worte des Propheten Jeremia „nicht so ganz für TikTok geeignet“, weil sie statt auf Angst und Hysterie auf Hoffnung und Vertrauen setzten: „Das, was vor uns liegt, ist richtig gut“, so Krall. Heute sei es „unsere Aufgabe“, Vertrauen zu haben, in uns als Menschen und als Gesellschaft. „19.579 Bürger:innen haben Ihnen mit ihrer Stimme ihr Vertrauen geschenkt.“

Torsten Krall, Superintendent im Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch. Foto: Thomas Merkenich

Brücken bauen zwischen Religionen

Bevor die Feier mit Dietrich Bonhoeffers „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ endet, bittet Adnan Ljura, Imam des Deutsch Albanisch Islamischen Kulturvereins: „Lass uns nicht auf das schauen, was uns unterscheidet, sondern auf das, was uns verbindet. Lasst uns Brücken bauen zwischen Religionen, Kulturen und Völkern. Bewahre uns vor Vorurteilen, Hass und Feindseligkeiten.“

Das abschließende Gruppenfoto – der Bürgermeister neben seiner Frau, umrahmt von den Vertretern der verschiedenen Religionsgemeinschaften im Altarraum von St. Laurentius – wird in die Geschichte der Stadt eingehen.

„Ich bin tief berührt, dass ihr heute an meinem ersten Arbeitstag alle an dieser Feier teilgenommen habt“, sagt Kreutz später beim Sektempfang im Rathausfoyer. „Ich hebe das Glas auf eine gute Zukunft unserer Stadt.“

Foto: Thomas Merkenich

Erste öffentliche Amtseinführung seit 16 Jahren

Es ist die erste „richtige“ und öffentliche Amtseinführung seit 2009, als Lutz Urbach erstmals ins Amt gewählt wurde und dies mit einem ökumenischen Gottesdienst feierte. Fünf Jahre später folgte mit Urbachs Wiederwahl ein nahtloser Übergang. Die Amtseinführung von Kreutz‘ Vorgänger Frank Stein stand im Schatten der Pandemie, der frisch gewählte Bürgermeister war damals selbst an Corona erkrankt.

Und so steht Kreutz 16 Jahre nach Urbach an derselben Stelle, „in der guten Stube des Hauses“, im Historischen Ratssaal. „Dieser Tag ist sehr aufregend für meine Familie und mich“, gesteht der 38-Jährige, der von seiner Frau und Tochter begleitet wird. Die Zweijährige sorgt für Erheiterung, als sie lauthals und wiederholt „Papa, Papa“ in dessen Ansprache ruft. Kreutz lässt sich davon nicht aus dem Konzept bringen und winkt seiner Tochter zu.

Eine starke Bürgerschaft

Der Erste Beigeordnete Ragnar Migenda übernimmt im Namen der Verwaltung die Amtsübergabe. Kreutz könne sich auf zwei Fundamente stützen: auf eine starke Bürgerschaft und eine Verwaltung, deren Mitarbeitende „alle hoch motiviert sind“. Migenda hebt Kreutz‘ positive Eigenschaft hervor, die Menschen zu verbinden und sich darauf zu besinnen, das Gemeinsame zu sehen, um die Zukunft zu gestalten. 

Hinweis der Redaktion: Hier finden Sie alle Beiträge über Marcel Kreutz, über seine Person und sein Programm.

Dafür überreicht Migenda dem Bürgermeister einige symbolische Geschenke für dessen Amt, darunter eine kleine Werkzeugkiste, Schokolade (als Nervennahrung), ein Buch mit Achtsamkeitsübungen, ein Memory mit Fotos der Verwaltungsmitglieder und eine Zange. „Wir haben bewusst keinen Hammer ausgesucht“, sagt Migenda und lacht.

Anknüpfen an die Arbeit der Vorgänger

Der Hammer passt auch nicht zum Stil des neuen Bürgermeisters, wie dessen Ansprache deutlicht macht. Nicht alles neu machen, sondern dort ansetzen, „wo meine Vorgänger aufgehört haben“. 

Auch wenn er als Kandidat für SPD und Grüne angetreten ist: „Ich bin kein Parteisoldat“, als Bürgermeister agiere er überparteilich, gemeinsam als Teil des Verwaltungsteams, um das Beste für Stadt und Stadtgesellschaft rauszuholen – „mit Mut, Respekt, Verlässlichkeit und einer gewissen Prise Optimismus“. Etwa bei großen Themen wie der Konversion des Zanders-Areals („Der Druck, dass es bei diesem Leuchtturm-Projekt voran geht, ist groß“) oder der Sanierung von Schulen und Straßen.

Foto: Thomas Merkenich

Bei allen Verwaltungsangelegenheiten „dürfen wir nicht vergessen: Wir machen das für die Menschen in unserer Stadt“, betont Kreutz. Die Stärke Bergisch Gladbachs wachse aus dem Engagement der Stadtgesellschaft. 

Wir sind eine Gesellschaft der Mitte.Marcel Kreutz

Es ist der Zusammenhalt dieser Stadtgesellschaft, auf den der neue Bürgermeister setzt. „Wir sind eine vielfältige Stadt, lassen uns nicht auseinander dividieren“, sagt Kreutz später im Gespräch in seinem neuen Büro. „Herzlich Willkommen“ steht in bunten Buchstaben auf einer Girlande, die an einer Wand hängt. 

Kreutz lobt die „sehr harmonische Übergabe des Amtes“ und „das perfekte Onboarding“. Ankommen, die Menschen und Abläufe in der Verwaltung kennenlernen, noch tiefer in die Themen einarbeiten seien nun seine Prioritäten. 

Nach seiner Wunschkonstellation für die Ratsarbeit gefragt, antwortet er ausweichend. Lediglich eine Zusammenarbeit mit der AfD schließt Kreutz aus. Die turbulenten Monate des Wahlkampfes seien vorbei. Sie hätten gezeigt: „Wir können über verschiedene Dinge streiten, aber gehen respektvoll und friedlich miteinander um.“ 

Die anstehenden Beratungen über den Haushalt würden zeigen, wie es weitergeht. „Ich wünsche mir gute Beschlüsse und eine Verlässlichkeit auf allen Seiten. Das ich kann mir mit sämtlichen Akteuren der Mitte vorstellen“, sagt Kreutz und fügt hinzu: „Wir sind eine Gesellschaft der Mitte.“

ist seit 2024 Redakteurin des Bürgerportals. Zuvor hatte die Journalistin und Germanistin 15 Jahre lang für den Kölner Stadt-Anzeiger gearbeitet. Sie ist unter anderem für die Themen Bildung, Schule, Kita und Familien zuständig und per Mail erreichbar: k.stolzenbach@in-gl.de

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  1. Das hört sich prima an. Zur Religion sagte der ehemalige Vorsitzende der evangelischen Kirche, Huber, sinngemäß, Ökumene ist gut bei Bewahrung der Unterschiede.

  2. Ein sehr guter Anfang!
    Versöhnen statt spalten, schlecht reden oder sogar hetzen.
    Vergessen wir die Nicht(mehr)konfessionsgebundenen nicht
    (die inzwischen die Mehrheit in unserer zunehmend säkularisierten Gesellschaft bilden)

  3. Ein ganz besonderer Auftakt der Hoffnung macht. Wir von Terre des Hommes setzen uns gemeinsam mit vielen anderen Organisationen in Bergisch Gladbach für eine Erde der Menschlichkeit ein.

  4. Wurde niemand von der Synagogengemeinde Köln eingeladen? Ohne dass auch jüdische Vertreter mit am Tisch sind, ist es kein wirkliches multireligiöses Fest.

    1. Wichtiger und berechtigter Hinweis. Gibt es keine Synagogengemeinschaft Bergisch Gladbach ?

      1. In Bergisch Gladbach gibt es tatsächlich keine eigene jüdische Gemeinde.
        Wir haben in den vergangenen Jahren – auch im Rahmen meiner Arbeit als Vorsitzender/Mitglied des Integrationsrates – oft versucht, jüdische Vertreter für verschiedene Veranstaltungen zu gewinnen, etwa zum gemeinsamen Fastenbrechen oder zum Apfelblütenfest. Leider haben wir bisher keine Rückmeldungen erhalten, was die Kontaktaufnahme nicht leicht macht. Auch andere GL-Organisationen berichten, dass es generell schwierig ist, einen jüdischen Vertreter für lokale Veranstaltungen zu gewinnen.

        Umso mehr freuen wir uns über jedes Zeichen des Dialogs, das gelingt – wie jetzt die erstmalige gemeinsame Beteiligung katholischer, evangelischer und muslimischer Vertreter an der Amtseinführung des neuen Bürgermeisters.
        Wenn jemand gute Kontakte oder Ansprechpersonen in der jüdischen Gemeinde hat, freuen wir uns sehr über entsprechende Hinweise (per E-Mail an Integrationsrat@stadt-gl.de). Denn das Ziel bleibt, diese Formen des Austauschs zu echten interreligiösen Begegnungen weiterzuentwickeln und künftig noch breiter aufzustellen.

        Man kann natürlich immer sagen, wer gefehlt hat – aber entscheidend ist, wer da war und welches Signal gesendet wurde: Zum ersten Mal haben katholische, evangelische und muslimische Gemeinden gemeinsam zur Amtseinführung beigetragen. Das ist ein starkes Zeichen für Zusammenhalt und gegenseitigen Respekt. Das schließt andere Religionen selbstverständlich nicht aus – im Gegenteil: Es öffnet Türen für weitere Begegnungen, etwa mit jüdischen, orthodoxen, alevitischen, jesidischen, buddhistischen oder hinduistischen Gemeinschaften, die ebenfalls Teil unserer vielfältigen Stadtgesellschaft sind.

        R. Tollih – Vorsitzender des Integrationsrates

    2. #Roman Salyutov. Sorry! Genau das war der Sinn des Ganzen – nicht zu Spalten, wie Sie es jetzt leider versuchen. Es liegt keine bewusste Ablehnung von Seiten jüdischer Glaubensvertreter vor – sowas könnte man kritisieren, hat jedoch nichts mit der eigentlichen Veranstaltung zu tun.

      Multireligiosität beginnt schon damit, dass bereits zwei unterschiedliche Glaubensgemeinschaften versuchen, die trennenden Elemente zu überbrücken.

      Wenn jede Religion der Welt ihren Gott als Schöpfergott anerkennt, dann sind alle Menschen die Kinder des jeweiligen Gottes. Dann ist Feindschaft nicht vorprogrammiert. Denn jeder Vater wünscht sich nichts mehr, als dass die eigenen Kinder mit anderen Kindern trotz aller Unterschiedlichkeit friedlich miteinander umgehen und Freundschaften schließen. Und zwar auf genau die Weise, wie sie jetzt in Gladbach stattgefunden hat. Einen besseren Start ins Bürgermeisteramt hätte ich mir nicht vorstellen können.

      Dieter Richter, Bergisch Gladbach

      1. #Dieter Richter. Die Einwendung von Roman Salyutov ist berechtigt. Das Judentum gehört als Begründer der abrahamitischen Religionen zu einer als “multireligiös” bezeichneten Feier dazu. Die Synagogengemeinschaft Köln und die Jüdische Liberale Gemeinde Köln repräsentieren die in unserer Stadt lebenden Jüdinnen und Juden, deren Anzahl aus bekannten Gründen nicht sehr hoch ist. Ob diese Repräsentanz zur Teilnahme an der religiösen Feier zur Einführung von Marcel Kreutz als dem neuen Bürgermeisters gebeten wurden, weiß ich nicht. Erwähnung bei der “multireligiösen Feier” gefunden hat das Judentum offensichtlich nicht. Ich finde das gerade in einer Zeit, in der Jüdinnen und Juden in Deutschland einer nicht mehr für möglich gehaltenen Verfolgung ausgesetzt sind, schade und hätte das als Mitglied der katholischen Kirche von Herrn Pfarrer Christoph Bernards als selbstverständlich erwartet.

        Zur Streitkultur: Nicht jede Kritik, die einem nicht passt, spaltet. Kritik ist Teil der offenen Gesellschaft und eröffnet den Dialog, soweit erwünscht und nicht per nuce als unzulässiges Stören des Gemeinschaftsempfindens und Spaltertum abqualifiziert.

        Herrn Salyutov konkret den Versuch der Spaltung vorzuwerfen, für diesen Vorwurf sollten Sie sich entschuldigen. Sie bewegen sich hier im Dunstkreis einer antijüdischen Verleumdung, die eine Jahrhunderte alte Tradition hat.

      2. Nun ja, Herrn Salyutovs Formulierung ist allerdings auch unnötig apodiktisch. Natürlich ist jede Feier, an der mehrere Religionen teilnehmen, ein multireligiöses Fest. Das wäre sie auch dann, wenn sich Buddhisten, Hindus und Shintoisten ohne Christen, Juden und Moslems getroffen hätten.

        Zu wünschen wäre es natürlich gewesen, jüdische Vertreter mit dabei zu haben. Wie man sie hätte „erwähnen“ sollen, ohne für sie zu sprechen, ist mir nicht ganz klar.

        Aber da wir alle nicht wissen, ob sie eingeladen waren und aus welchen Gründen sich die Feier so zusammensetzte, wie sie es tat, ist all diese Diskussion rein spekulativ.