Jennifer Oestreich kennt das Kombibad Paffrath seit ihrer Kindheit und war Leistungsschwimmerin. Inzwischen achtet sie als Schwimmmeisterin nicht nur darauf, dass niemand untergeht. Sie sorgt mit technischem Sachverstand und handwerklichem Geschick auch dafür, dass der Betrieb reibungslos funktioniert. Mit diesem Beitrag setzen wir unsere Serie fort, in der wir interessante Menschen und ihre Arbeit vorstellen.

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Draußen ist es stockdunkel. Der Parkplatz an der Borngasse bis auf vereinzelte Autos verwaist. Im Kombibad Paffrath knipst Jennifer Oestreich das Licht an. Es ist 5.30 Uhr. Die 39-Jährige schließt ein paar Türen auf, deaktiviert die Alarmanlage und verschwindet in der Personalumkleide. 

Im Bademeister-Outfit – weißes Poloshirt und dunkelblaue Shorts, dazu bequeme Turnschuhe – betritt sie kurze Zeit später die menschenleere Schwimmhalle. Wir folgen mit blauen Schuhüberziehern, das ist Hygienevorschrift. Die 30 Grad, die hier herrschen, muten in unserer Winterkleidung tropisch an.

Die Begrüßung beginnt gleich mit einer Klarstellung: Der Begriff Bademeisterin sei falsch. „Ein Bademeister ist eine Person aus dem medizinischen Bereich“, erklärt Oestreich. Fachangestellte oder – in ihrem Fall – Meisterin für Bäderbetriebe heiße es korrekt. „Schwimmmeisterin ist aber auch okay, das ist die alte Bezeichnung.“ 

Foto: Thomas Merkenich

Stammgäste und Frühaufsteher

Draußen steht schon ein Grüppchen Frühschwimmer, ein Mitarbeiter hat Stellung an der Kasse bezogen. Doch die ersten Gäste müssen sich noch gedulden. Erst um 6.15 Uhr dürfen sie ins Bad. 

„Manche unserer Stammgäste sind schon da, wenn ich zur Frühschicht komme“, berichtet Oestreich. Bettflüchtige Senior:innen, die vor dem Bad einen Plausch halten und einander kennen. Fast könnte man meinen, es gebe einen Wettbewerb: Wer ist zuerst im Wasser?

Die Wasseroberfläche ist spiegelglatt. Das Türkis schimmert besonders intensiv und lockt zum Eintauchen.

Foto: Thomas Merkenich

Kontrollgänge und Wasserproben

Der Arbeitstag beginnt für Oestreich mit Kontrollgängen durch Umkleiden, Duschen und alle weiteren Bereiche des Bades: Ist alles sauber? Ist etwas kaputt? Liegt Schwimmmaterial vom Vortag herum? Es werden Wasserproben aus jedem Becken entnommen, unter anderem, um Chlor- und pH-Wert zu bestimmen. Außerdem wird die Temperatur gemessen. 

Oestreichs Kollegin mischt sogenannte Indikator-Chemikalien zu den Wasserproben. Sie verfärben sich pink (Chlor) und orange (ph-Wert). Ein digitales Messgerät spuckt die aktuellen Werte aus, die Kollegin schreibt sie auf einen Zettel und gibt sie ihrer Chefin.

Oestreich studiert die Werte. Die Chlorwerte sind vergleichsweise niedrig. „Das kontrolliere ich gleich im Keller“, sagt sie. Dort, in den weitläufigen Katakomben, sorgen verschiedene Maschinen dafür, dass alles reibungslos läuft. Ist dem nicht so, verbringt die Schwimmmeisterin auch mal einige Stunden in der Technik.

In den Katakomben des Kombibads

Denn anders, als vermutet, bedeutet dieser Beruf nicht, stundenlang am Beckenrand zu stehen und darauf zu achten, dass niemand untergeht. „Das ist natürlich auch ein Teil meiner Arbeit. Vor allem im Sommer, wenn im Freibad Hochbetrieb herrscht, wird am Becken jede Kraft gebraucht, die rettungsfähig ist“, sagt Oestreich.

Ansonsten, wie jetzt im Winterbetrieb, übernehme sie die Beckenaufsicht vertretungsweise für Kolleg:innen in Pausen oder unterstützt die Aufsicht, wenn es sehr voll ist. An diesem Tag ist das nicht nötig. Wie vielfältig das Aufgabenspektrum einer Meisterin für Bäderbetriebe ist, erahnen wir im Laufe der nächsten Stunden. 

Im Keller erstreckt sich ein weitverzweigtes Netz von Gängen und Rohren. Etwas verloren stapfen wir Jennifer Oestreich hinterher, vorbei an Paletten, auf denen sich Kanister mit Chemikalien stapeln, einem Kriechkeller und allerlei Anlagen. Es zischt und rauscht, an einigen Stellen haben sich Pfützen gebildet.

Ein ausgefallener Wasserkreislauf

„Wie überall fehlt auch hier das Geld. Manches ist in die Jahre gekommen und eigentlich haben wir aktuell eine Tauchpumpe zu wenig in diesem Schacht“, sagt Oestreich. Routiniert liest sie Werte an Geräten ab und tippt sie in eine Liste auf einem Tablet ein. Etwa den Wasserverbrauch an der Wasseruhr. Ein zu hoher Verbrauch könnte darauf hindeuten, dass irgendwo etwas undicht ist. 

Die Wasserkreisläufe der verschiedenen Becken werden auf einem Monitor angezeigt, Oestreich schaltet einen ausgefallenen Wasserkreislauf wieder ein. Die 39-Jährige wirkt hochkonzentriert, spricht wenig. Und wenn, ist sie im Dauerbrummen der verschiedenen Anlagen nur schwer zu verstehen. Es fallen Begriffe wie Umwälzpumpen, Spülluftgebläse, Schwefelsäure, Flockungsmittel.

Ursache für den niedrigen Chlorwert

Foto: Thomas Merkenich

Nach der Kontrolle des Elektrolyseraums hat Oestreich die Ursache für den niedrigen Chlorwert an diesem Morgen ausgemacht: „Die Elektrolyseanlage lief nicht und die Behälter sind leergezogen.“ Diese stellt Natriumhypochlorit her, womit die Becken desinfiziert werden. Über Pumpen werde das dem Wasserkreislauf zugeführt.

Die Schwimmmeisterin zieht sich blaue Einmalhandschuhe über und schließt ersatzweise Natriumhypochlorit aus Kanistern an die Wasserkreisläufe an. „So ist in den Becken der nötige freie Chlorgehalt verfügbar, bis die Elektrolyse wieder genug Natriumhypochlorit produziert hat.“

Hinter einer schweren Feuerschutztür befindet sich der Chlorraum, der mit der entsprechenden Beschriftung und Warnschildern ausgewiesen ist. Ein Leck in diesem Raum hat vor kurzem zu einem Großeinsatz der Feuerwehr geführt. 

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Defekt im Kombibad: Feuerwehr sichert gefährlichen Stoff

Im Kombibad in Paffrath ist am Samstagabend ein chlorhaltiger Gefahrstoff ausgetreten. Die Feuerwehr rückte mit einem Großaufgebot an, konnte die Lage jedoch schnell unter Kontrolle bringen. Besucherinnen, Besucher und auch die Anwohnerschaft waren zu keiner Zeit in Gefahr.

Nach einer gefühlten Ewigkeit im Keller bilanziert die Fachfrau: „Ich hatte heute viele Störungen. Aber die sind alle harmlos.“ Neben den niedrigen Werten hat sie eine Störung bei einem Wasserkreislauf festgestellt. Eine Treibwasserpumpe lief nicht, die Sicherung hat sie von Hand wieder eingeschaltet. Also nichts, was den Betrieb lahmlegen könnte? „Nein, überhaupt nicht. Hält mich nur auf Trab.“

Reger Betrieb im Schwimmerbecken

Es geht wieder nach oben in die Schwimmhalle. Dort warten schon die drei Azubis darauf, dass Schichtleiterin Oestreich ihnen Aufgaben zuteilt. Einen schickt sie in die Sauna, um dort alles vorzubereiten, einen zum Kinderplanschbecken und einen zum Aushelfen an der Kasse.

Inzwischen herrscht reger Betrieb. Im großen Becken ziehen Schwimmer in flottem Tempo ihre Bahnen, kraulend, in Brust- oder Rückenlage, durch eine rote Leine abgetrennt vom Rest des Beckens. Die meisten tragen Badekappe und Schwimmbrille. „Frühmorgens kommen neben den Rentnern Sportschwimmer, die zum Beispiel für einen Triathlon trainieren, oder Berufstätige vor der Arbeit“, sagt Oestreich. 

In der verglasten Schwimmmeisterloge trägt Oestreich alle Daten und Werte konzentriert in ein Programm am PC ein. Dokumentation und administrative Aufgaben machen einen großen Teil ihrer Arbeit aus. Schichtpläne schreiben (auch für die anderen Bäder Milchborntal, Hans-Zanders-Bad und das Mohnwegbad), Bestände kontrollieren – etwa von Verbänden und Pflastern, Chemikalien oder Aufgussdüften – und gegebenenfalls nachbestellen. 

Ich bin hier so etwas wie das Mädchen für alles.Jennifer Oerstreich

Über die Gebäudeleittechnik am Computer lassen sich viele Parameter anzeigen und justieren. Etwa die Temperaturen der einzelnen Becken. Das Wasser im Nichtschwimmerbecken hat 31,5 Grad. „Dienstags und freitags zum Babyschwimmen wärmen wir es auf 33 Grad auf“, erklärt Oestreich. Im Schwimmerbecken seien es zwischen 28 und 29 Grad. „Ältere Besucher:innen hätten es gern wärmer, die Sportschwimmer lieber kühler.“

Ihren Job fasst Oestreich so zusammen: „Ich bin hier so etwas wie das Mädchen für alles.“ Es sei von Vorteil, möglichst viel technisches Hintergrundwissen zu haben, um Probleme selbst zu beheben statt eine Firma rufen zu müssen. Aber häufig fallen auch andere handwerkliche Dinge an – ein kaputter Spind, eine Dusche, die nicht abläuft, oder müsse eine Fliese wieder angeklebt werden. 

Von der Fachangestellten zur Meisterin

Oestreich arbeitet seit 2017 im Kombibad. Ursprünglich hat sie Bauingenieurwesen studiert, mit dem Schwerpunkt Wasserwirtschaft. Doch wegen einer Erkrankung sattelte sie um. „Ich bin in Bergisch Gladbach aufgewachsen, kenne das Kombibad seit meiner Kindheit, war Leistungsschwimmerin im Verein.“

Sie absolvierte eine verkürzte Ausbildung zur Fachangestellten für Bäderbetriebe. Neben Fächern wie Mathe, Chemie und Physik standen unter anderem Bäderorganisation und Bädertechnik auf dem Stundenplan, außerdem Schwimmtraining, Wasserrettung und Gesundheitslehre. Auch wie ein Bad gereinigt werden muss, gehöre zur Ausbildung. „Wir reinigen im Alltag vieles selbst.“ 

Schon als Oestreich sich zu der Ausbildung entschied, hatte sie immer den Plan, anschließend im Kombibad zu arbeiten. In diesem Jahr hat die 39-Jährige noch ihren Meister abgeschlossen. „Ich liebe die Abwechslung in meinem Job. Ausschließlich in einem Hallenbad zu arbeiten oder nur Beckendienst zu machen wäre nichts für mich.“ 

Ein Job mit viel Abwechslung

Als Schwimmmeisterin im Kombibad sei alles mit dabei. Beckenaufsicht, Organisation, Papierkram, Technik. Probleme zu lösen brauche sie zur geistigen Forderung. „Durch Fehler im System lernt man immer dazu. Das finde ich spannend.“ 

Ein weiterer Vorteil ihrer Arbeitsstätte: „Ich kann mich hier viel bewegen, auch an der frischen Luft, weil das Gelände so groß ist.“ Etwa wenn sie, wie an diesem Tag, den riesigen CO₂-Tank kontrolliert. Das Kohlendioxid sei wichtig für die pH-Regelung. 

Außenbereich im Wintermodus

Beim Gang über den Außenbereich fällt unser Blick auf das grüne Wasser des Nichtschwimmerbeckens. Das Wasser aus dem Kinderplanschbecken ist abgelassen, die Spielgeräte sind abgebaut. Sonnenschirme und Liegen überwintern im „Grünen Salon“, wie die Mitarbeiter:innen den Lagerraum nennen. 

Bei diesem Anblick ist nur schwer vorstellbar, dass sich an heißen Sommertagen Tausende Badegäste auf den Liegewiesen und in den Becken tummeln und sich lange Schlangen an der Wasserrutsche bilden. An solchen Tagen Aufsicht zu haben, ist laut Oestreich besonders anstrengend. „Wir scannen vor allem die Kinder und Nichtschwimmer. Schauen, ob eine Bezugsperson in Griffweite ist“, erklärt die Schwimmmeisterin. 

Foto: Thomas Merkenich

Konfrontationen im Freibad

Sie berichtet von Konfrontationen mit Eltern, die nicht einsehen wollen, „dass es gefährlich ist, ein Kind, das nicht schwimmen kann, allein ins Nichtschwimmerbecken zu lassen“. Oder von einem Unbelehrbaren, der mit einem Kopfsprung ins  Nichtschwimmerbecken sprang – und mit Platzwunde am Kopf wieder auftauchte. „Das hätte auch schlimmer ausgehen können.“ 

Bislang habe sie noch nie jemanden aus dem Wasser ziehen müssen. „Wenn war das zum Glück immer nur zu Übungszwecken.“ Etwa bei den regelmäßigen Übungen der DLRG: Die Beckenaufsicht darf nur übernehmen, wer alle zwei Jahre einen Rettungsschwimmer-Nachweis erbringt. 

Schwimmer und ihre Bewegungsmuster

Im Innenbereich wechseln sich heute die beiden Fachangestellten Anna und Jan mit der Beckenaufsicht ab. „Wir beobachten dabei die Bewegungsmuster der Menschen, die schwimmen. Wenn diese atypisch werden, erweckt das unsere Aufmerksamkeit“, erläutert Oestreich. Mal zwischendurch aufs Handy zu schauen sei tabu. Regelmäßig wechseln die Aufsichten ihre Position, um konzentriert zu bleiben und alle Ecken des Bades überblicken zu können. 

Foto: Thomas Merkenich

Im Laufe ihrer Schicht überprüft Oestreich noch mehrfach die Chlorwerte, macht ihren Keller-Rundgang, weist den Azubis weitere Aufgaben zu. Laub in den Außenanlagen entfernen, Sauna-Aufgüsse durchführen, Schwimmtraining absolvieren. Immer mal wieder taucht eine Frage oder ein Problem auf. 

Probleme mit der Temperatur

Das Wasser im neuen Kinderplanschbecken ist noch zu kalt, der Fehler soll in den nächsten Tagen behoben sein. „Die Sauna wird nicht richtig heiß“, beschwert sich eine ältere Dame bei der Schwimmmeisterin. Die verschwindet in einem Technikraum und kommt kurze Zeit später wieder raus. 37 statt 90 Grad habe die Temperatur nur betragen. „Eine Sicherung war draußen. Bis zum Aufguss sollte der Ofen gut einheizen.“ Die Dame bedankt sich mit einem Lächeln.

Am Ende ihrer Schicht sind die anfänglichen Probleme behoben. „Mal sehen, was morgen ansteht“, sagt Oestreich und wirkt dabei sehr zufrieden. Sorge bereitet ihr nur der Fachkräftemangel. Neben ihr als Meisterin gibt es aktuell lediglich zwei Fachangestellte. Die Lücken füllen Kräfte einer Zeitarbeitsfirma. 

Ein Schild in der Schwimmmeisterloge spielt auf diese Personalsituation an: „Bitte seien Sie nett zu unserem Badpersonal! Noch immer sind Rettungsschwimmer schwerer zu bekommen als Badegäste.“ Der Spruch endet mit einem gelben Smiley. 

Foto: Thomas Merkenich

ist seit 2024 Redakteurin des Bürgerportals. Zuvor hatte die Journalistin und Germanistin 15 Jahre lang für den Kölner Stadt-Anzeiger gearbeitet. Sie ist unter anderem für die Themen Bildung, Schule, Kita und Familien zuständig und per Mail erreichbar: k.stolzenbach@in-gl.de

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  1. Vielen Dank für diesen Bericht über die umfassenden Aufgaben des Badpersonals. Leider besteht vielfach immer noch die Auffassung, dass man hier nur am Beckenrand stehen müsse, um Ertrinkende zu retten. Die Aufgaben der Meister und Fachangestellten sind wesentlich vielfältiger und umfangreicher. Sie müssen Techniker, Chemiker, Psychologen, Ordnungskräfte, Sanitäter und ggfls. auch Lebensretter in einer Person sein, um dem Aufgabenfeld gerecht zu werden. Mein voller Respekt gilt daher dem Badpersonal.