Welche Bilder sind natürlich entstanden, welche wurden inszeniert, welche technisch-künstlich erzeugt – und wenn ja warum und vor allem wie? Diese und andere Fragen beleuchtet das Basement 16 in der Ausstellung „Zwischen Simulation und Wirklichkeit – Bildwelten der Fotografie“. Präsentiert werden Werke von Delia Dickmann, Marlis Sauer, Manfred Vogelsänger, Joe Willems und Reinhard Gedack.

Fünf Künstler, fünf Perspektiven, die kaum unterschiedlicher sein könnten: Es geht um analoge und digitale Verfahren, charakteristische Motive und Arbeitsweisen, die sich über Jahre entwickelt haben und die eng mit der Lebenswelt und der beruflichen Prägung der einzelnen Fotografen und Fotografinnen verbunden sind.
Bis zum 12. Oktober stehen sich in der Bensberger Galerie Basement 16 analoge Fotografie, digitale Bearbeitung, Bewegtbildinstallationen und der Einsatz von KI einander gegenüber.
Delia Dickmann über Objekte vor der Kamera

Bevor Delia Dickmann zur Fotografie fand, stand sie selbst vor der Kamera. Sie arbeitete als Model für Armani, Givenchy, Bogner, Zeiss und viele mehr, begegnete Fotografen wie Gunter Sachs, reiste um die Welt. Sie kannte die Intentionen und Anweisungen der Fotografen, wusste, was erwartet wurde. „In der Modefotografie ist man Objekt – das war mein Job“, erklärt die Fotografin.
In ihrer Serie „Bebes on Tour“ inszeniert sie Barbiepuppen – teils nackt, teils bekleidet, etwa mit einem zerschnittenen Luftballon oder minimalistischen, selbstdesignten Kleidern aus gefundenen Stoffresten. Die Puppen posieren vor stimmungsvollen Kulissen, die sie auf ihren vielen Reisen vorgefunden hat – wie in Island, Italien oder auf Ibiza. Wichtig ist ihr dabei die stimmungsvolle Bildästhetik, vergleichbar mit Selfie-Posen junger Mädchen heute.
Es ginge ihr eben nicht um Feminismus oder eine Kritik an der Modewelt. Sie sagt: „Ich liebe diese Puppen schon seit meiner Kindheit. Ich habe sie gemalt, behäkelt, angezogen. Als junges Mädchen habe ich ausprobiert: Wer bin ich? Ich bin in andere Rollen geschlüpft.“
Zudem zeigt die Fotografin ihre Serie „HANAMI – JAPAN“ mit Kirschblütenbildern von ihren Reisen. Inspiriert von der japanischen Ästhetik des ständigen Wandels, hat sie ihre Aufnahmen digital verfremdet und durch schwebende Punkte ergänzt, die das Fließende verdeutlichen.
Manfred Vogelsänger über analoge Welten

Eine leuchtende, fast malerische Serie von Steve McQueen überrascht: so zeitgemäß, dass man sie für digitale Arbeiten halten könnte. Doch entstanden sind sie rein analog, chemisch und mit Wasser bearbeitet – ein langwieriger Prozess von bis zu sechs Wochen, der sich nur begrenzt steuern lässt.
In seiner Videoinstallation setzt Manfred Vogelsänger Abzüge in einen Wassertank, filmt das bewegte Wasser mit einer Highspeedkamera und fügt dadurch weitere Dimensionen hinzu. In „Girls“ etwa werden Fotografien von Frauen auf zwei Monitoren dramaturgisch im Wechsel gezeigt. „Die Bewegung stammt allein vom Wasser, aufgenommen mit 800 Bildern pro Sekunde.“ Irritation erzeugt zusätzlich ein lebender Goldfisch, der in einzelnen Sequenzen durchs Bild schwimmt.
„Heute kann man solche Effekte per Software erzeugen – doch meine Arbeiten sind analog“, sagt Vogelsänger. Als Werbefotograf und Regisseur arbeitete er für aufwändige Produktionen, ließ beispielsweise Straßen teeren, um ultraschnelle Kamerafahrten zu realisieren – betrieb also immensen Aufwand, um fotografische Unschärfen zu erzeugen.
„Heute geht das alles auf Knopfdruck“, erklärt er. Später experimentierte er auch mit digitaler Bearbeitung und Materialien – doch bis heute bleibt er seinen analogen Ursprüngen treu.
Zwischen Simulation und Wirklichkeit – Bildwelten der Fotografie
25. September bis 12. Oktober 2025
Galerie Basement 16, Schlossstraße 16, Bensberg
Künstlerinnen und Künstler:
• Manfred Vogelsänger – www.manfred-vogelsaenger.de
• Delia Dickmann – www.delia-dickmann.com
• Marlis Sauer – www.fotoklicks.com
• Joe Willems – www.joe-photo.com
• Reinhard Gedack – www.gedack.art
Vernissage: 25. September, 19 Uhr
Einführung: Rüdiger Schrader, Creativ Consult Photo Director
Geöffnet: Do bis Fr 15 bis 18.30 Uhr, Sa bis So 12 bis 16 Uhr
Special Events:
Kinderführung mit Workshop
28.09.2025, 13-15 Uhr
Gitarrenkonzert mit Hubert Käppel und Tomas Pena
04.10.2025, 19.30 Uhr Öffnungszeiten: do-fr 15-18.30 Uhr, sa-so 12-16 Uhr
Weitere Infos: Basement16.de
Joe Willems über den Anblick von weit oben

Die Fotografien von Joe Willems wirken ein bisschen mystisch, denn sie erinnern an Miniaturwelten oder an futuristische Filmszenen. Der Pilot mit Heimathafen in Düsseldorf fotografiert aus dem Cockpit. Es gibt nur wenige Zeitfenster, in denen er fotografieren kann, denn der größte Teil der Arbeitszeit verlangt höchste Konzentration. Umso größer sein Bedürfnis, bestimmte Gefühle in ein Bild zu transportieren und die Geschichte zu erzählen, die bereits vorher im Kopf entstanden ist.
Manhattan hat er etwa dutzendfach aus der Luft gesehen. „Irgendwann ergab sich die Gelegenheit, Beobachter zu sein, die Kamera war bereit, ich konnte auslösen.“ In der Serie „Vertical“ verzerrt er Aufnahmen vertikal, sodass die Hochhäuser noch gewaltiger wirken und die dichte Bebauung noch bedrückender erscheint. Viele Betrachter halten die Bilder dennoch für realistisch, vermutlich, weil sie den Anblick aus dieser Höhe nicht kennen, erklärt der Fotograf.



„Natürlich könnte man so etwas auch per KI erzeugen. Aber meine Fotos sind real – mit Unschärfen, Reflexionen, Verzerrungen.“ Die Serie „Terminal“ nutzt diese besonderen Spiegelungen, die nur im Cockpit entstehen: Ausblicke aus der Fensterfront überlagern sich mit den Reflexionen der Glasfassaden, gewähren Einblicke in den Flughafen, zeigen Passanten und einen imposanten Sonnenuntergang – und das alles gleichzeitig.
Diese komplexe Logik sei es, die ihn letztlich zum Fotografieren inspiriert: „Der Mensch möchte Zusammenhänge verstehen, er möchte die Dinge von oben betrachten.“
Marlis Sauer über flüchtige Momente

Als Gründerin von Basement 16 kennt man Marlis Sauer vor allem als Ausstellungsmacherin; diesmal präsentiert sie auch ihre eigene künstlerische Arbeit.
Ihre Werke wirken erzählerisch, manchmal märchenhaft, wie Inszenierungen – doch sie entstehen spontan. Viele Bilder zeigen alltägliche Szenen, die in ihren Fotografien voller Poesie erscheinen – beispielsweise das Foto mit den Vorhängen.



Es geht ihr auch dabei um den einen alltäglichen, aber einzigartigen Moment, in welchem der Wind die Vorhänge so bewegt, dass man ihn spürt. Der Betrachter könne in die Situation gedanklich hineingehen und selbst spüren, „wie der Wind im Frühling durchpfeift“, sagt sie. Dieser Moment ist für sie mehr als reine Ästhetik. „Das ist DER eine Moment, in der nächsten Sekunde sieht es anders aus und dann ist es eben DAS nicht mehr“, philosophiert Sauer.
So auch bei ihren Hochzeitsmotiven: die Hand, die eine Schleppe trägt, im nächsten Bild die gleiche Hand, die sie fallenlässt. Für die Fotografin ist es ein poetisches Bild von einem Moment, in dem „man etwas Schönes gefunden hat und dann muss man es wieder loslassen“. Mit ihren Fotos möchte Sauer die Betrachtenden dazu anregen, über genau solche alltäglichen Situationen nachzudenken.
Reinhard Gedack, der KI-Artist
Reinhard Gedack, renommierter Fotograf und Werbefilmer hat über 2.200 Werbefilme weltweit produziert, ausgezeichnet u. a. auf Festivals in Cannes, London und New York. Er richtet seit Anfang 2023 seinen Fokus auf Kl-gestützte Bildwelten. Als „KI-Artist” gestaltet er Bilder, die Geschichten erzählen und zugleich die Grenzen zwischen realer Fotografie und algorithmischer Imagination aufbrechen.
Mit Projekten wie der Ausstellung Pixel & Pigmente im Kulturzentrum „Altes TonWerk” in Oschatz hat er sich auch auf diesem Feld bereits einen Namen gemacht. Ebenso erhielt er im August 2025 viel Anerkennung auf der KunstMesse 2025 im Basement 16.
Dass ein KI-Künstler seine Werke im direkten Dialog mit Fotografie zeigt, ist ungewöhnlich und bislang sehr selten – ebenso selten, dass renommierte Fotograf:innen diesen Schritt bewusst mitgehen.
Sie finden diesen Artikel gut? Sie sind mit unserer Arbeit zufrieden? Dann können Sie uns gerne mit einem Einmalbeitrag unterstützen. Das Geld geht direkt in die journalistische Arbeit.
Oder Sie werden Mitglied im Freundeskreis, erhalten exklusive Vorteile und sichern das Bürgerportal nachhaltig.











