Mehr als 50 Jahre lang lernten Kinder und Jugendliche Reiten und Voltigieren beim Reitverein Malteser Komturei Herrenstrunden, der seit 1993 auf dem Rommerscheider Hof beheimatet ist. Aus finanziellen Gründen muss der Betrieb schließen, der Verein mit seiner Voltigierabteilung und 100 Kindern löst sich im Herbst auf. Ein Ortsbesuch.

Generationen von Kindern haben auf Kleiner Lord, Acajou oder Calimero erste Reiterfahrungen gesammelt. Über 50 Jahre lang erlernten Pferdefreunde beim Reitverein Maltester Komturei Herrenstrunden den Umgang mit den Tieren, Reiten und Voltigieren. Hier wurden unzählige Feste, Turniere und Ferienfreizeiten veranstaltet. Damit ist in einigen Monaten Schluss.

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Foto: Thomas Merkenich

Am 30. September werden die letzten verbliebenen Pferde aus dem Stall ausgezogen sein, gehen in der Reithalle endgültig die Lichter aus. „Wir müssen schließen, der Verein löst sich auf“, sagt Gabriele von Laufenberg mit Tränen in den Augen. Die 60-Jährige ist Vorstandsvorsitzende des Reitvereins, dem sie seit 48 Jahren angehört und den sie selbst als ihr Lebenswerk bezeichnet. 

Das Ende des Reitbetriebs

Dennoch sah von Laufenberg sich gezwungen, vor kurzem auf einer Mitgliederversammlung das Ende des Reitbetriebs zu verkünden. Sie begründet das mit der Umsatzsteuerpflicht für den Reitbetrieb, der es erschwere, einen kleinen vereinsgeführten Stall in den schwarzen Zahlen zu halten. „Wir sind davon ausgegangen, dass wir als gemeinnütziger Verein von der Umsatzsteuer befreit sind“, sagt von Laufenberg.

Gabriele von Laufenberg. Foto: Thomas Merkenich

Das Finanzamt sieht das nach Aussage des Vereinsvorstands anders. Denn neben den vier Vereinspferden stehen im Stall aktuell noch zwei Pferde, die nicht dem Verein selbst, sondern Mitgliedern privat gehören. Für solche sogenannten Einstellerpferde, von denen es in früheren Jahren bis zu 20 auf dem Hof gab, müsse der Verein nun nachträglich Umsatzsteuer abführen. 

Rückzahlung der Umsatzsteuer

„Das hat uns das Genick gebrochen. Der Stall wirft das einfach nicht ab“, sagt Gabriele von Laufenberg. Die Inflation habe auch die Futter- und Strohkosten in die Höhe getrieben, dazu kommen die gestiegenen Energiekosten. Das könnte durch die Mitgliedsbeiträge nicht aufgefangen werden.

Um die Umsatzsteuer für die Jahre 2021 und 2022 zurückzuzahlen, hat der Verein bereits Ferienfreizeiten und Sponsorenläufe veranstaltet. Die Rückzahlungen für die Jahre 2023 und 2024 stehen noch aus. 

Um die aktuelle Lage des Vereins besser zu verstehen, lohnt ein Blick zurück: Der Reitverein Maltester Komturei Herrenstrunden wurde 1974 gegründet und befand sich zunächst in Herrenstrunden. 1993 zogen Pferde, Reiter und Vereinsmitglieder auf den Rommerscheider Hof, der seitdem verschiedenen Verpächtern gehört. 2024 hat eine Immobilienverwaltung das Grundstück gekauft.

Unsere Rücklagen sind aufgebrauchtGabriele von laufenberg

Seit 2020 haben die Vereinsmitglieder als Gemeinschaft die Pacht übernommen. Der Stall wird von den Vereinsmitgliedern geführt. Futter, Einstreu und alles Andere werde gemeinschaftlich eingekauft. „Wir machen alles selbst – ausmisten, Pferde versorgen, jeder packt hier mit an“, erklärt Vereinsgeschäftsführerin Nadine Fehl. 

Foto: Thomas Merkenich

105 Mitglieder hat der Verein aktuell. Sie zahlen Beiträge, mit denen die Kosten finanziert werden. „Wir erzielen keinen Gewinn“, sagt Fehl. Die Nachwuchstrainer arbeiten ehrenamtlich. Eine Minijobberin und von Laufenberg als Trainerin sind die Einzigen, die angestellt sind.

„Unsere Rücklagen sind aufgebraucht. Wir sind aus finanziellen Gründen genötigt aufzuhören. Wenn wir jetzt nicht die Reißleine ziehen, gehen wir insolvent“, sagt von Laufenberg.

Die Stimmung auf dem Hof ist gedrückt. Die Mitglieder sind verunsichert, traurig, wütend. „Der Verein muss gerettet werden“, findet ein Vater, dessen siebenjährige Tochter Pferde liebt und seit letztem Jahr auf dem Hof voltigiert. Mit dem Ende des Reitvereins will er sich nicht abfinden.

Gabriele von Laufenberg sieht allerdings keine Hoffnung mehr: „Es müsste ein Wunder geschehen, damit es irgendwie weitergeht.“ 

Anlage nicht mehr zeitgemäß

Denn das Umsatzsteuer-Problem ist laut Vorstand nicht die einzige Baustelle des Vereins: „Die ganze Anlage ist nicht mehr zeitgemäß. Die Ställe sind zu klein, man müsste hier richtig investieren“, sagt von Laufenberg. Zudem gingen zwei der Vereinspferde bald in Rente. Es müssten neue angeschafft und ausgebildet werden.

Der Vereinsvorstand hat versucht, einen alternativen Standort zu finden und Reitanlagen in der Umgebung kontaktiert. Ein Hofbesitzer habe helfen wollen. „Aber wenn die ganzen Kinder zu uns kommen, vergraulen wir unsere Einsteller, hat er gesagt“, berichtet von Laufenberg. „Kinder sind leider nicht überall gern gesehen. Und eine Voltigierabteilung mit 100 Kindern zu übernehmen, kann sich leider niemand vorstellen.“

Von Laufenberg bedauert das zutiefst, nicht nur aus persönlichen Gründen: „Es ist so wichtig, Kindern Bewegungsangebote zu machen, ihnen im Umgang mit den Tieren Verantwortung und Rücksichtnahme zu vermitteln.“ 

Verein löst sich auf

Was aus dem Hof wird, ist ungewiss: „Ich würde mir wünsche, dass hier weiterhin Pferde in dieser wunderschönen Umgebung gehalten werden“, sagt von Laufenberg. Der Verein löst sich im Herbst auf, die Pferde werden privat vermittelt. Der Stalltrakt ist bereits jetzt schon nicht mehr sehr bewohnt. In einigen Boxen lagern Turngeräte und Matten für das Voltigier-Training.

Dem Vorstand des Reitvereins ist es wichtig, die verbleibenden Monate intensiv zu nutzen. Geplant seien noch zwei Ferienfreizeiten in den Oster- und Sommerferien, ein Zeltlager und ein großes Abschiedsfest, so Laufenberg. „Wir wollen nicht einfach aussterben, sondern noch eine schöne Zeit verbringen und zusammenstehen bis zum Schluss.“


Weitere Infos zum Verein, Galerien mit Fotos aus den vergangenen Jahrzehnten und alle kommenden Termine stehen auf der Internetseite.


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ist seit 2024 Redakteurin des Bürgerportals. Zuvor hatte die Journalistin und Germanistin 15 Jahre lang für den Kölner Stadt-Anzeiger gearbeitet. Sie ist unter anderem für die Themen Bildung, Schule, Kita und Familien zuständig und per Mail erreichbar: k.stolzenbach@in-gl.de

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  1. Der ganze Vorgang und auch einige Kommentare hier, zeigen was falsch läuft in unserem Land. Ehrenamtliches Engagement, sinnvolle Freizeitangebote für Kinder und die Arbeit einer starken Gemeinschaft zählen hat einfach nicht, wenn Bürokraten und Juristen ihren Job “richtig” machen wollen und wirtschaftliche partikular Interssen immer den Vorrang haben. Ich möchte die Klüngeleien, Bilanzen und Steuerverfahren bei kölschen Karnevalsvereinen gar nicht so genau wissen. Da würde es mir im Vergleich zum Reitverein wahrscheinlich schlecht werden :-(. Ich hoffen bei allen Beteiligten einfach mal aufs Karma.

    1. Das Finanzamt muss sich an Recht und Gesetz halten, dabei gemachten Fehlern hilft man mit Widerspruch und ggf. Klage ab und nicht mit einem öffentlichen Lamento.

      Ihre spekulativen Verweise auf Karnevalsvereine sind völlig unbeachtlich, da es auch im Steuerrecht keine Gleichheit im Unrecht bzw. keinen Anspruch auf Fehlerwiederholung gibt.

  2. @ Julia Schm
    Als Dienstleistung des Vereins wird eine “Bereitstellung” von Stroh und Futter gewertet obwohl die Materialien von der Gemeinschaft angeschafft und auch gemeinsam verbraucht wurden?
    Junge, Junge, da hat der Entscheider beim Finanzamt aber tief gegraben und nach dem letzten Strohhalm gegriffen, um da eine (zweifelhafte) Steuerbarkeit abzuleiten.

    1. Falls das tatsächlich so zweifelhaft ist und da es zudem die Existenz des Vereins gefährdet, wäre eine Klage gegen den Bescheid vor dem Finanzgericht die logische Konsequenz – und in ihrer Wirkung effizienter als öffentliche Schuldzuweisungen an das Finanzamt.

  3. @Bensberger & @ Drucker

    Dieser Verein wurde seit Gründung von einem steuerberatenden Unternehmen hier in Bergisch Gladbach beraten und hat regelmäßig seine Bilanzen aufstellen lassen und abgegeben.
    Ja, die Kosten dafür sind tatsächlich nicht ohne, wurden aber immer getragen.
    Der fachkundige Rat wurde selbstverständlich eingeholt. Leider im Nachhinein ohne Erfolg

    1. Wenn Ihnen tatsächlich Vermögensschäden durch falsche Steuerberatung / falsche Steuererklärungen entstanden sind, warum übernimmt deren Berufshaftpflichtversicherung nicht den Ihnen entstandenen Schaden?

      Immerhin ist, zum Schutze der Mandanten, der Abschluss einer Berufshaftpflicht­versicherung für Steuerberater/-innen oder Sozietäten verpflichtend!

      1. Nein. Denn es war keine falsche Beratung. Der Verein wäre aufgrund seiner Gemeinnützigkeit qualifiziert für eine Befreiung von der Umsatzsteuer. Davon sind Berater und der Verein ausgegangen, da es genügend Gründe dafür gibt. Es ist also reine Ermessenssache des Finanzamtes, ob der Verein die Steuer zahlen muss. Dafür wurde sich leider entschieden und somit gegen die Existenz des Vereines.

      2. Zumal ja auch der Steuerberater sich hätte absichern können, indem er von der Finanzverwaltung eine verbindliche Auskunft zur Steuerbarkeit der Vereinsaktivitäten hätte einholen können. Das kostet eine Gebühr, aber auch die ist gut angelegt.

      3. @Julia Schm: Wenn das tatsächlich eine Ermessensentscheidung ist, dann wäre die Einholung einer verbindlichen Auskunft umso wichtiger gewesen. Daran ist das Finanzamt dann nämlich gebunden und hat keinen Ermessensspielraum mehr.

        Übrigens steht doch einer Umsatzsteuerpflicht immer auch eine Vorsteuerabzugsberechtigung gegenüber – das wäre auch ein Hebel, den Schaden zu verringern.

  4. So ist er unser Fiskus, lieber über 100 Kindern das geliebte Hobby und die Nähe zu Tieren nehmen als mal auf ein paar Euro Steuern zu verzichten oder eine Ausnahme zu machen!

    1. Das Finanzamt darf nicht auf Steuern verzichten, die nach Recht und Gesetz erhoben werden müssen. Gesamtgesellschaftlich gesehen darf man froh sein, dass der Fiskus „so“ ist, sich also strikt ans Gesetz hält.

      Mal abgesehen davon ist man als Verein genauso wie als Unternehmen oder Privatperson gut beraten, nicht einfach von irgendetwas auszugehen, sondern sich fachkundigen Rat zu holen. Das ist im Endeffekt meist billiger. So schade das Ergebnis in diesem Fall ist, so absehbar wäre es bereits zu einem Zeitpunkt gewesen, zu dem man die Folgen vielleicht noch hätte abwenden können.

      1. Ich verstehe nicht, warum der Verein die Umsatzsteuer sich nicht bei den Einstellern zurückholt, die Forderungen aus 2022-2025 könnten noch in Rechnung gestellt werden.

      2. Völlig richtig! Würde sich das Finanzamt nicht an die entsprechenden Regeln halten und ein (menschlich verständliche) Ausnahme machen, müsste das anderen Vereinen auch zugestanden werden. Es gibt auch für finanzstarke Vereine Gründe, die für eine “Steuerbefreiung” sprechen – oder man findet sie eben.
        Dass ein Vereinsvorstand Steuerberatungskosten scheut, kann ich nachvollziehen, denn deren Gebührenordnung ist auch nicht ohne …
        Aber wie oben geschrieben: Die Investition hätte sich vermutlich gelohnt!

      3. Dies wurde aber anders angekündigt. Nach Absprachen mit verschiedenen Beratern (Anwalt, Steuerberater, Berater vom Pferdesportverbund) wurde uns gesagt, dass wir aufgrund dessen, dass wir ein gemeinnütziger Verein der nur als Selbstversorger dient sind keine Umsatzsteuer zahlen müssen. Für das Jahr 2020 war dem auch so. Erst danach hat sich das Finanzamt umentschieden. Die Begründung war die Bereitstellung von Stroh und Futter zählt als Dienstleistung. Dies wurde aber nicht vom Verein an die Privatpferde verkauft. Als Gemeinschaft wurde es in größeren Mengen angeschafft, jeder hat das dazugegeben was er benötigt, ohne Aufpreis! Da wurden keine Umsätze mit gemacht. Deswegen kann man sich das auch nicht einfach zurückholen.

        Zur Erklärung: Privatpferde sind diejenigen, die im Stall stehen, jedoch nicht Vereinseigentum sind, obwohl deren Besitzer teils Vereinsmitglieder sind. Dennoch sind diese Pferde für unser Vereinsleben wichtig gewesen. Sie waren im Einsatz für den Voltigierunterricht, Lehrgänge, Ferienangebote… Für uns gab es also kein Unterschied ob Vereinspferd oder Privat!

        Ja, es war dann irgendwann absehbar, umso trauriger dass all unsere Bemühungen am Ende nichts gebracht haben.