Der Ausschuss tagt im Ratssaal des historischen Rathauses. Foto (Archiv): Redaktion

Fast einstimmig hat der Finanzausschuss dafür votierte, bei der Grundsteuer künftig zwei verschiedene Hebesätze anzusetzen: für Wohngrundstücke wird er gesenkt, für Geschäftsgrundstücke erhöht. Damit setzt sich der Ausschuss über eine ausdrückliche Warnung von Kämmerer Thore Eggert hinweg.

Am 1. Januar 2025 tritt die Reform der Grundsteuer in Kraft – womit künftig viele Eigentümer:innen und indirekt auch die Mieter:innen mehr bezahlen müssen, einige aber auch weniger. Insgesamt soll die Stadt damit aber nicht mehr einnehmen als zuvor. Diese Aufkommensneutralität wird durch eine Anpassung der lokalen Hebesätze erreicht. Dazu hatte sich die Stadt Bergisch Gladbach bekannt – offen war bislang aber, ob es weiter einen einheitlichen Hebesatz für die Grundsteuer B geben soll, oder zwei differenzierte Hebesätze für Wohngrundstücke und Geschäftsgrundstücke.

+ Anzeige +

Kämmerer Thore Eggert (FDP) hatte sich mehrfach für einen einheitlichen Hebesatz ausgesprochen – weil er bei der differenzierten Lösung erhebliche verfassungsrechtliche Risiken sieht und dabei auf die Einschätzung des Städtetags NRW verweisen kann.

Mehr zum Thema

Stadt GL hält an einem Hebesatz für die Grundsteuer fest

Das Land hat seine Vorschläge für die neuen Hebesätze in den Kommunen aktualisiert, die Stadt Bergisch Gladbach hat geprüft und Proberechnungen angestellt. Dabei kommt sie zum Ergebnis , dass eine Differenzierung der Grundsteuer-Sätze für Wohn- und Geschäftsimmobilien Risiken birgt und zudem keinen großen Unterschied zu einem einheitlichen Satz macht. Damit kann eigentlich jeder Eigentümer seine künftige Belastung ausrechnen – aber noch steht ein Widerspruch der CDU im Raum.

Die CDU hatte dagegen differenzierte Hebesätze gefordert, um das Wohnen in Bergisch Gladbach nicht noch weiter zu verteuern. Eine Möglichkeit, die der Landtag NRW erst im Juli 2024 eröffnet, die Entscheidung aber den Kommunen überlassen hatte.

Die Details

Die Grundsteuer …

Die Grundsteuer zahlen alle Eigentümer:innen von Grundstücken bzw. indirekt die Mieterinnen. Die Einnahmen fließen direkt in die Stadtkasse.

Bisherige Berechnung der Grundsteuer B

Bislang wurde für die Berechnung der Grundstücke ein Einheitswert zugrunde gelegt, der mit der Steuermesszahl (vom Land festgelegt) und dem Hebesatz (von der Kommune festgelegt) multipliziert wurde und so die jährliche Grundsteuer ergab.

Reform der Grundsteuer B

Die Einheitswerte entsprachen nicht mehr dem tatsächlichen, in der Regel viel höheren Wert der Grundstücke. Daher hatte das Bundesverfassungsgericht eine neue Berechnung auf Basis aktueller Werte gefordert, um die Steuergerechtigkeit wieder herzustellen.

Neue Berechnung der Grundsteuer B

Die Finanzämter hatten zunächst die Grundsteuerwerte für jedes Grund neu festgelegt, auf Basis vor allem der Bodenrichtwerte (die für einzelne Zonen im Stadtgebiet regelmäßig von lokalen Gutachterausschüssen ermittelt werden) und des Alters des Gebäudes.

Der neue Grundsteuerwert wird (wie früher) mit der Steuermesszahl (in NRW künftig 0,31 Promille für Wohngrundstücke) multipliziert, das ergibt den Grundsteuer-Messbetrag. Dieser Betrag ist von den Finanzämtern bereits festgelegt worden.

Der Messbetrag wiederum wird mit dem jeweiligen Hebesatz der Kommune multipliziert und durch 100 geteilt – und es ergibt sich die jährliche Grundsteuer. Sie steht dann im Grundsteuer-Bescheid, den die Kommunen aber voraussichtlich erst im Frühjahr verschicken könne.

Hier sind die Bodenrichtwerte für Bergisch Gladbach abrufbar: BORIS NRW

Beitragsneutralität

Die individuelle Grundsteuer-Belastung wird sich in so gut wie allen Fällen verändern, die Reform ist also nicht beitragsneutral. Das ist auch nicht das Ziel, Bevorteilungen aus der Vergangenheit sollen abgeschafft, Überbelastungen reduziert werden.

Aufkommensneutralität

Die Summe aller Einnahmen der Stadt aus der Grundsteuer (Aufkommen) soll sich durch die Reform nicht verändern; die Kommunen sollen also weder mehr noch weniger Geld von den Bürger:innen einkassieren.

Wohngrundstücke

Dazu zählen Grundstücke mit Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern, Wohneigentum, und Mietwohngrundstücke.

Nichtwohngrundstücke

Dazu gehört Teileigentum (z.B. Garagenhöfe), Geschäftsgrundstücke, unbebaute Grundstücke, gemischt genutzte Grundstücke und sonstig bebaute Grundstücke.

Für die jetzt anstehende Entscheidung in Bergisch Gladbach hatte Eggert dem Finanzausschuss nun zwei Optionen für die Hebesätze an 2025 vorgelegt:

  • Variante 1:
    Senkung von jetzt 731 auf 653 Punkte
  • Variante 2:
    Senkung für Wohngrundstücke von 731 auf 598 Punkte
    Erhöhung für Geschäftsgrundstücke von 731 auf 873 Punkte

Basis für diese Hebesätze sind Berechnungen der Landesfinanzministeriums, die von der Stadt geprüft und für plausibel befunden worden waren. Bei beiden Varianten werde damit die Aufkommensneutralität erreicht werden.

In der Debatte im Finanzausschuss schloss sich zunächst Friedrich Bacmeister, Ko-Vorsitzender der Grünen-Fraktion, der Position und auch der Argumentation der CDU an.

Zwar sei die Mehrbelastung der Wohngrundstücke in ihrer Gesamtheit nicht zu verhindern, aber mit dem niedrigeren Hebesatz für dies Grundstücksart könnte die Mehrbelastung deutlich reduziert: Einfamilienhäuser würden bei dieser Lösung im Schnitt nicht um 30, sondern nur um 20 Prozent stärker belastet, bei Zweifamilienhäuser würde die Mehrbelastung von 20 auf 10 Prozent sinken, so Bacmeister.

Zum Ausgleich müssten sich die Eigentümer:innen von Geschäftsgrundstücken, die bei einem einheitlichen Satz um rund 50 Prozent entlastet worden wären, mit einer Entlastung von immer noch 30 Prozent zufrieden geben.

Wie gesagt, diese Belastung bezieht sich immer auf die Gesamtheit dieser Grundstücksarten, die individuelle Be- oder Entlastung kann davon erheblich abweichen.

Für die CDU legt Harald Henkel eine andere Zahl nach: bei einem einheitlichen Hebesatz würde sich das Wohnen in Bergisch Gladbach pro Jahr um drei Millionen Euro verteuern; die alle Haushalte tragen müssten. Er forderte, die Reform müsse auch für das Wohnen aufkommensneutral sein.

Klaus Waldschmidt, Fraktionsvorsitzender der SPD, stimmte zu. Seine Fraktion sehe zwar auch die rechtlichen Risiken und hätte sich von der schwarz-grünen Landesregierung eine klare Vorgabe gewünscht – aber am Ende müssten die Mieter entlastet werden. In einer ersten Stellungnahme im Juli hatte die SPD den Antrag der CDU noch vehement abgelehnt.

Alleine Alexander Engel (FDP) sprach sich für einen einheitlichen Satz aus – und verwies wie sein Parteifreund Eggert auf die verfassungsrechtlichen Risiken. Wenn es einen differenzierten Hebesatz geben solle, hätten CDU und Grüne das auf Landesebene beschließen müssen – was sie jedoch versäumt hätten.

Damit war klar, dass die Abstimmung nur noch Formsache war: auf den einheitlichen Hebesatz entfiel nur die Stimme der FDP, für den differenzierten Satz votierten mit der CDU auch die Grünen, die SPD, die FWG und die Bergische Mitte.

Nach dem Finanzausschuss muss in der kommenden Woche auch noch der Stadtrat über die Hebesätze abstimmen, aber auch das ist reine Formsache.

Bescheide kommen erst im Frühjahr

Die Kämmerei muss die Entscheidung jetzt umsetzen und die Steuerbescheide auf Basis der differenzierten Hebesätze ausstellen. Dafür ist sie grundsätzlich gewappnet, denn sie hatte sich von vornherein auf beide Optionen vorbereitet.

Unabhängig von der aktuelle Entscheidung ist die Umstellung eine Mammutaufgabe für die Kämmerei – die rund 45.000 Steuerbescheide werden daher erst im Frühjahr zugestellt. Dann wissen immerhin die Eigentümerinnen und Eigentümer schwarz auf weiß, was sie tatsächlich zahlen müssen. Für die Mieterinnen und Mieter kommt diese Erkenntnis erst mit großer Verzögerung, wenn die Nebenkostenabrechnungen verschickt werden.

So rechnen Sie ihre Grundsteuerlast aus

Mit den jetzt festgelegten Hebesätzen kann jeder Immoblieneigentümer jetzt seine Belastung ausrechnen: Basis ist der neue Grundsteuermessbetrag, den das Finanzamt im Laufe des Jahres den Steuerpflichtigen mitgeteilt hatte: 

(Messbetrag x Hebesatz) : 100 = jährliche Steuerbelastung

Dokumentation

Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

Reden Sie mit, geben Sie einen Kommentar ab

11

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

  1. Wer zufrieden ist, schreibt in den seltensten Fällen einen Kommentar.
    Deshalb, ja wir wurden entlastet und zahlen zukünftig weniger.
    Der Grundsteuerbescheid war in unserem Fall ein guter Bescheid.
    Den Bescheid über den Grundsteuermessbetrag hatte ich genau geprüft, ob er mit der eingereichten Erklärung übereinstimmte.
    Immerhin handelt es sich im einen ” Grundlagenbescheid”
    Der sollte schon stimmen!

    War schon erstaunlich zu hören, wie die meisten meiner Nachbarn und Bekannten den Bescheid der Finanzverwaltung über den Grundsteuermessbetrag ignoriert und ungeprüft weggeheftet hatten.

    Einer meiner Bekannten hätte dies besser mal nicht gemacht.
    Wobei, bei genauer Betrachtung hatte er auch keine Lust auf die Erklärung und hier schon fehlerhafte Angaben zu seinen Ungunsten gemacht, weil er die Sache einfach nur vom Tisch haben wollte und ein Steuerberater ihm zu teuer war.
    Nach Prüfung seines Steuermessbescheides bzw. Grundlagenbescheides innerhalb der Einspruchsfrist hätte man noch was machen bzw. retten können.

  2. Die Aussage “Einfamilienhäuser würden bei dieser Lösung im Schnitt nicht um 30, sondern nur um 20 Prozent stärker belastet,…” ist ein Hohn für junge Familien, die in den letzten Jahren gebaut haben. Bei uns hebt sich die Steuer mit der neuen Umverteilung sage und schreibe um das 5,5-fache des heutigen Satzes.

    1. Lesen Sie zwei Absätze weiter, da steht doch schon „die individuelle Be- oder Entlastung kann davon erheblich abweichen“. In jeder Statistik gibt es Extremwerte.

      Abgesehen davon: Dass die Grundsteuerreform kommt, ist seit ewig und drei Tagen bekannt. Und auch, dass sie sich stärker an aktuellen Wertverhältnissen orientiert und nicht an denen von Anno Pief. Dass Sie bei einem neu gebauten EFH deutlich stärker belastet werden, konnten Sie also seit ein paar Jahren absehen – jetzt ist es eben soweit, so what.

      1. Dieser Satz stand in der ersten Version des Textes nicht, sondern ist anscheinend nach meinem Kommentar ergänzt worden.
        Natürlich ist die neue Berechnung in auf BGLs Mist gewachsen, jedoch sollte in Texten dazu nicht der Eindruck erweckt werden, dass hier für alle eine moderate Steigerung kommt, denn das ist schlichtweg falsch. Und dass die Reform schon länger am Horizont steht, heißt weder, dass sie gut durchdacht ist, noch dass das heute keiner mehr kritisieren darf.
        “So what” kann immer der gut sagen, den es nicht betrifft.

      2. Betroffen bin ich durchaus, war aber darauf gefasst. Denn das, was in dem zitierten Satz steht, wird seit Jahren in der Berichterstattung über die Grundsteuerreform repetiert. Ebenso wie die Grundlagen der Bemessung. Wer davon jetzt überrascht wird, hat sich nicht gekümmert. Und jetzt ist es so gekommen, wie es jeder absehen konnte. Deshalb so what.

        Haben Sie wenigstens gegen den Bescheid nach der Grundsteuererklärung Widerspruch eingelegt?

      3. Natürlich war das absehbar und längst bekannt, die “Überraschung” haben Sie sich beim Lesen meines Kommentars dazugedichtet.

      4. Nun ja, Sie waren es, die so getan hat, als wenn sie etwas Neues mitzuteilen hätte, obwohl es ein alter Hut ist.

      5. Habe heute den Bescheid erhalten: Das Haus ist im Grundbuch in WE unterteilt. Diese Einteilung haben wir nicht geändert, obwohl wir das ganze Haus als Familie bewohnen.
        Messbetrag steigt in WE 1 von 52,61 € auf 135,78 €.
        Die Steuer steigt in WE 1 von 384,58 € auf 811,96€.
        In WE 2 steigt der Messbetrag von 61,02 € auf 111,32 €, die Steuer steigt von 446,06 € auf 665,59 €.
        Insgesamt also eine Steigerung von 830,62 € auf 1477,65, prozentual um 77% !!!.
        Im Artikel ist die Rede von ca. 20%. Wie erklärt sich dieser Unterschied? Kann ich mich dagegen wehren?

      6. Im Artikel steht eben auch: „diese Belastung bezieht sich immer auf die Gesamtheit dieser Grundstücksarten, die individuelle Be- oder Entlastung kann davon erheblich abweichen“. Und das ist hier wohl der Fall. Ob Sie sich dagegen wehren könnten, sollten Sie mit einem fachkundigen Anwalt beraten.

    2. Der Text ist am 5. Dezember um 6:42 Uhr veröffentlich und seither nicht verändert worden.