Zum 40. Geburtstag des Arbeitskreises der Künstler Bergisch Gladbach e.V. zeigen 38 Künstlerinnen und Künstler – junge und langjährige Mitglieder AdK und Gäste – im Basement 16 in Bensberg Installationen, Malerei, Grafik, Fotografie, Collagen, Objekte und Skulpturen. Sie setzen sich mit teils provokanten Sichtweisen auf Bertolt Brechts zentrale Frage der Moral auseinander.
Seit 40 Jahren ist der Arbeitskreis der Künstler Bergisch Gladbach e.V. mit seinen nunmehr rund 80 schaffenden und fördernden Mitgliedern eine feste Größe im kulturellen Leben von Bergisch Gladbach. Zum Jubiläum widmet der Verein seine Ausstellung der berühmten „zentralen Frage“ aus Bertolt Brechts Dreigroschenoper: „Denn wovon lebt der Mensch?“
Die Ausstellung beleuchtet kunstvoll das Zusammenspiel von Individuum und Gesellschaft. Die Bandbreite der Exponate reicht von humorvollen bis zu düsteren Interpretationen – kuratiert von der AdK-Vorsitzenden Gisela Schwarz.
Bertolt Brecht heute
In gemeinsamen Treffen und Diskussionen wurde die Vielschichtigkeit des Themas ausgelotet. Ziel ist es, kritisch auf damaliges wie heutiges Zeitgeschehen zu blicken – im Kontext von Brechts Zeit und Haltung und mit differenziertem Blick auf die Gegenwart.
Letztlich geht es auch um das Menschliche, das Miteinander und den Versuch, einen Gegenentwurf zu bieten, wie die Künstlerinnen und Künstler berichten.

Für sie ist Bertolt Brecht „Dreigroschenoper“ heute erschreckend aktuell, da sie Mechanismen von Gier, Korruption und sozialer Ungleichheit entlarvt. Das zentrale Motiv „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“ spiegelt auch die Künstlergespräche über die heutige Dominanz des Geldes und die Skrupellosigkeit von Macht wider.
Am Sonntag, dem 11. Mai, wird die Ausstellung zum 40jährigen Bestehen des Arbeitskreises der Künstler Bergisch Gladbach e.V. (AdK) in der Galerie basement16 in Bensberg eröffnet. Die Ausstellung zeigt vielfältige künstlerische Auseinandersetzungen mit dem Lied aus Bertolt Brechts „Dreigroschenoper“ und beleuchtet dabei Aspekte des Zusammenspiels von Mensch und Gesellschaft. Unter anderem in Malereien, Installationen, Skulpturen und audiovisuellen Zugängen nähern sich die Kunstschaffenden des AdK moralisch-ethischen Fragen, die Brecht aufwarf, und bringen neue Sichtweisen auf das Thema: Von positiven und humoristischen Interpretationen bis hin zu düsteren Szenarien. Heute so aktuell wie vor fast hundert Jahren.
Kurzüberblick: 40 Jahre AdK – Denn wovon lebt der Mensch!
„Gerade in Zeiten globaler Krisen und Unsicherheiten durch Außerkraftsetzen moralisch-ethischer Grundsätze und Vorstellungen, werden Solidarität und der soziale Zusammenhalt zu einem unverzichtbaren Fundament“, sagt Daniela Diefenbach, zweite Vorsitzende und eine der ausstellenden Künstlerinnen, in ihrem Vorwort im eigens erschienen Katalog.
Ganz in diesem Sinne haben sich der neue Vereinsvorstand und das eingespieltes Team vereint, um die Hängung der 38 Positionen gemeinsam zu stemmen.
Zu den Gastkünstlern zählen Eckard Alker, Gregor Blum, Felix Droese, Irmel Droese und Nazanin Majd. Außerdem dabei: die litauischen Kollegen und Vereinsmitglieder Kestutis Balciunas, Egidijus Bičkus, Krinstina Riminné und Jurate Preiksiené.

Der AdK pflegt eine langjährige Freundschaft mit Künstlern aus Marijampolė, geprägt von Austausch, gegenseitigen Besuchen und gemeinsamen Ausstellungen.
Künstlerische Positionen und Moral
Gisela Schwarz zeigt die Fotoserie „Gesang der Fische“: Island-Aufnahmen von hängendem Fleisch, wilden Zähnen und toten Augen – ein Statement, das laut Fotografin Barbara Stewen daran erinnert, „was passiert, wenn das Licht erlischt“.
Barbara Stewen möchte die Besucher sensibilisieren: „Brecht ist eindeutig aufrüttelnd“, sagt die Künstlerin, die auch als Krimiautorin bekannt ist.
Ihr Werk „Das Haus der verlorenen Seelen“ erzählt von einem weißen Kreuz hinter einem verdreckten Fenster, kombiniert mit Kinderporträts und mystischem Efeu – ein verwahrlostes Haus, das „nicht mehr sicher“ ist, fügt sie hinzu.
Und der Haifisch, der hat Zähne,
Und die trägt er im Gesicht,
Und Macheath, der hat ein Messer,
Doch das Messer sieht man nicht.Dreigroschenoper, Bertolt Brecht”
Dagmar Laustroer beschreibt die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema als herausfordernd, gerade angesichts des aktuellen Kriegs in Europa. Sie betont die Aufgabe der Kunst, wachzurütteln, und dass der AdK dieser Verantwortung seit 40 Jahren gerecht werden wolle. Ihre Tusche-Zeichnung erinnert mit ästhetisch verschlungenen Wegen an ein schönes, aber unmögliches Labyrinth.

Die Ambivalenz von Moralbegriffen damals wie heute greift Elisabeth Schwamborn in „Moralis“ auf, das sie eigens für die Ausstellung malte: „Die Moral in Zeiten der Not“, wie sie sagt. Erst müssten Grundbedürfnisse gedeckt sein, Moral müsse man sich leisten können. Ihre „Moral“ ist eine nachdenkliche, gefesselte Figur, an der dutzende gierige oder hungrige Menschenhände zerren.
Rituale und Zeremonien
Susanne Müller-Geigers Installation „Alle Augen ruhen auf dir“ zeigt eine weiße Skulptur im „Unschuldsgewand“, bestickt mit Fotografien verschiedener Tieraugen – beispielsweise von Hunden Obdachloser oder Pferden, „die nie Negativität erfahren haben“.
Denn die einen sind im Dunkeln,
Und die anderen sind im Licht
Und man siehet die im Lichte
Die im Dunkeln sieht man nicht.Dreigroschenoper, Bertolt Brecht
Gebettet auf Jurte-Stoff und umgeben von knochenähnlichen Holzobjekten, thematisiert Susanne Müller-Geigers die menschliche Verantwortung gegenüber Tieren und Natur.


Susanne Müller-Geiger (linke Seite) und Detlef Weigand (rechte Seite). Fotos: Antje Schlenker-Kortum.
Im Kontrast dazu steht die Installation „Bleiben Sie zum Essen“ von Waltraud Wolf und Mechthild Stroß: eine lange Tafel mit skizzierten Gedecken und einem gezeichneten Maschinengewehr, mittig ein schwarzes Schwein – beinahe Sinnbild für die Scheinheiligkeit vermeintlich moralischer Angebote (Titelbild).
Detlef Weigands Installation „Gibt’s hier was zu fressen?“ inszeniert Schlagzeilen, Waben und ein Kreuz, dazu Kindergasmasken und Erde mit Pflanze – allesamt Artefakte mit sinnlich wahrnehmbarem Eigenleben.

Manuele Klein verarbeitet in „Das letzte Ma(h)l“ innere Kämpfe und das Verschwinden familiärer Bindungen: Figuren mit zerbrochenem Glas, eine Mutter, die am Tisch ausharrt. In einer anderen Objektgruppe hat sie gefundene Holzstücke zu kleinen Welten inszeniert und es „Aufbruch“ genannt.

Heike Kehres-Woost stellt in „gegenseitig“ Waagschalen aus Gaze als Symbol für Geben und Nehmen gegenüber. Sie betont das notwendige Gleichgewicht in der Gesellschaft, visualisiert durch Worte wie „Respektieren, Tolerieren, Vertrauen“.
Das Schöne, das Wahre und das Relevante

Edda Jende sieht das Jubiläum als Besinnung auf Liebe und Freundschaft: „Der Mensch lebt davon – nicht von feindlichen Vorstellungen.“ Ihr Objekt „Davon lebt der Mensch“ lädt subtil zur zeremoniellen Teilhabe ein, ist aber ein Fake – liebevoll verzierte Kekse aus Steingut.
Sie betont die zunehmende Verinnerlichung der künstlerischen Intention. Sie erkennt in ihrem Werdegang und auch in dem der langjährigen AdK-Kollegen eine gewisse Reife. Beispielsweise Yoko Suzuki-Kämmerer und Ulrike Oeter, sind wie sie Künstlerinnen der Anfangsjahre; sie sind jeweils mit berührenden Fotografien vertreten.
Wie ihr es immer dreht, und wie ihr’s immer schiebt,
Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.
Erst muss es möglich sein auch armen Leuten,
Vom grossen Brotlaib sich ihr Teil zu schneiden.Dreigroschenoper, Bertolt Brecht“
Auch Lydia Czeranski sagt: „Man kann sich nur mit dem auseinandersetzen, was einen beschäftigt“. Als Malerin beschäftigt sie sich mit den Menschen um sich herum, „was passiert mit denen und was passiert mit mir?“ Das müsse nicht immer schön sein.
Ihr Triptychon hat den Titel: „Der Mensch braucht zum Leben eine Orientierung“. Diese sehe sie im Guten, bei dem Wahren und Schönen, wie es Goethe gesagt hat und fügt hinzu: „Aber das Gute ist nicht immer relevant, das Schöne ist nicht immer wahr und das Wahre ist nicht immer schön“.

40 Jahre AdK – Denn wovon lebt der Mensch!
Basement 16, Schlossstraße 16, 51429 Bergisch Gladbach
11. bis 17. Mai 2025
Samstags und sonntags 11 bis 16 Uhr, wochentags 15 bis 18 Uhr
Vernissage:
Sonntag, 11. Mai, 11:30 Uhr
Gesang: Birgit Breidenbach, Piano: Jan Weigelt
Einführung: Gisela Schwarz
Grußworte:
Anna-Maria Scheerer, Erste stellvertretende Bürgermeisterin
Dr. Jürgen Rembold, Rembold-Stiftung
Gaby Gassen Saltzmann : Quo vadis AdK? – 40 Jahre im Spiegel der Zeit
Daniela Diefenbach : Gedanken zum Zeitgeschehen: Denn wovon lebt der Mensch!
Finissage am Samstag, 17. Mai, 16 Uhr, mit einem Konzert von AmöbenPank.
Mehr: Arbeitskreises der Künstler Bergisch Gladbach e.V. (ADK) und Galerie Basement 16
Gastkünstlerin Nazanin Majd thematisiert Orientierung als Licht: Ihr abstraktes Gemälde „Together through the storm“ steht für Zusammenhalt und Hoffnung in schwierigen Zeiten.
„Was uns ausmacht sind viele verschiedene Begriffe von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“, sagt Eneka Kraemer-Razquin. Ihre temperamentvolle Malerei „UnDosTres“ spielt mit knallig bunten Freihandmalerei. Das Thema lebe von Freiheit. Das Schlimmste sei eine Angst vor dem Bild. „Wenn man frei ist, findet man etwas anderes, als man gesucht hat“.
Ähnliches hat auch Gabriele Gassen-Saltzmann mit Ihrem Gemälde „QR-Code” im Sinn – das Digitales und Malerei verbindet. Es bildet ein interaktives Rätsel ab, dessen Lösung sich virtuell per QR-Scan und empirisch vor Ort erschließt. Also unbedingt ausprobieren!

Passend zur Vielfalt der Sichtweisen macht die Plastik „Punktgenau“ der Bildhauerin Rosemarie Bruchhausen die Komplexität und Ambivalenz des Themas spielerisch wahrnehmbar. Ein gefundener Marmorstein, mit unzähligen Durchbohrungen, der eine Bruchkante behalten hat. „Bei der Durchsicht kann man punktgenau verschiedenen Sichtachsen anvisieren“, erzählt die Künstlerin.

Die Ausstellung lädt zum Dialog zur Vernissage am Sonntag, 11 Mai um 11.30 Uhr. Es gibt einen umfangreichen Katalog zur Ausstellung. Hinweis: Die Finissage findet am Samstag, 17. Mai um 16 Uhr mit Amöbenpank statt (nicht am Sonntag).
Teilnehmende Künstlerinnen und Künstler
Eckard Alker • AmöbenPank • Pari Azami Pour • Kostutis Balciunas • Renate Berghaus • Egidijus Bičkus Gregor Blum • Birgit Breidenbach • Rosemarie Bruchhausen • Christine Burlon • Lydia Czeranski • Daniela Diefenbach • Felix Droese • Irmel Droese • Sigrid Fischer • Gabriele Gassen-Saltzmann • Inge Heymann • Edda Jende • Jurate Preiksiené • Heike Kehres-Woost • Manuele Klein • Christel Klemke-Krocker • Daphna Koll • Dagmar Laustroer • Christa Liebach • Nazann Majd • Dirk Müller • Susanne Müller-Geiger • Katja Nötzold • Ulrike Oeter • Heike Peppler • Eneka-Kraemer-Razquin • Alo Renard • Kristina Rimiené • Elisabeth Schwamborn • Gisela Schwarz • Eva Stammen-Grecianu • Barbara Stewen • Yoko Suzuki-Kämmerer • Inge de Vries • Detlev Weigand Waltraud • Wolf / Mechtild Stroß


Ein herzliches Dankeschön an Frau Antje Schlenker-Kortum für diese umfassenden und präzise recherchierten Bericht über die Jubiläumsausstellung des AdK in der Galerie Basement.