Fotos: Redaktion

Seit zwei Jahren halten der Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft Ganey Tikva – Bergisch Gladbach sowie der Solidaritätspartnerschaft Bergisch Gladbach – Nir Oz jeden Dienstag eine Mahnwache ab. Zum zweiten Jahrestag des Überfalls der Hamas auf Israel hielten sie darüber hinaus eine Kundgebung auf dem Marktplatz ab – die auf keine Resonanz stieß.

Schon am frühen Morgen, um 6:56 Uhr, hatten sich am Dienstag rund zwölf Menschen am Holocaust-Mahnmal im Park der Villa Zanders versammelt, zum Gedenken an die Opfer des Terrorangriffs der Hamas am 7. Oktober 2023 – der genau um diese Uhrzeit begann.

Um 18 Uhr fand, wie jeden Dienstag seit zwei Jahren, die Mahnwache auf dem Trotzenburgplatz in der Fußgängerzone statt. Rund 40 Menschen aus Bergisch Gladbach und der Region kamen zusammen, um ein weiteres Mal die Freilassung der Geiseln zu fordern. Der kleine Aufmarsch wurde von zwei Polizisten flankiert, wohl auch deshalb kam es zu keinen größeren Zwischenfällen. In der Vergangenheit hatten die Organisator:innen immer wieder von Beleidigungen durch Passant:innen berichtet.

Auf wie wenig Resonanz dieser stille Protest stößt, zeigte sich bei der anschließenden kurzen Kundgebung der Gruppe mitten auf dem Konrad-Adenauer-Platz. Die Vereinsvorsitzende Petra Hemming las ein Interview mit einem Überlebenden vor, ein israelischer Gast stimmte die Hatikva, die israelische Nationalhymne an. Dann zog sich die Gruppe zu einer Gedenkveranstaltung ins Rathaus zurück.

Dokumentation: „Ich hatte alles und habe alles verloren“

Petra Hemming trug eine Passage aus einem Interview mit Yarden Bibas vor:  

„Er ist als Geisel aus dem Kibbuz Nir Oz verschleppt worden und seine beiden kleinen, rothaarigen Söhne Kfir und Ariel sind zusammen mit ihrer Mutter Shiri ebenfalls verschleppt und in der Geiselhaft im November 2023 kaltblütig von den Terroristen mit bloßen Händen ermordet worden.

Yarden ist freigekommen und sein Schmerzensschrei ist sehr deutlich hörbar in den den folgenden Worten. 

Er spricht über die letzten Momente im Schutzraum, die Sehnsucht nach Shiri, Kfir und Ariel – Sehnsucht nach der liebevollen Familie, die das Sinnbild seines Lebens war. Er spricht über die Angst, dass die Erinnerungen verblassen könnten und über die Begegnung mit seinem besten Freund David Cunio, der ebenfalls verschleppt und in den Tunneln von Gaza festgehalten wird. Er spricht auch über die Gemeinschaft und das zu Hause im Kibbuz – eine Welt, die am 7.10.23 verloren ging.

Zitat:

„Sie zogen mich aus dem Sicherheitsraum – es war Ariels Zimmer. Hier waren wir alle 4 zum letzten Mal vereint, die ganze Familie. Das war der Ort, an dem ich sie das letzte Mal sah. Hier trennten sich unsere Wege. Das war das Ende der Familie Bibas“. 

Bevor die Terroristen Yarden aus dem Haus zerrten, küsste er Shiri seine Frau und seine beiden Söhne und sagte ihnen, dass er sie mehr liebe als alles andere auf der Welt.

„Hätte ich gewusst, dass es das letzte Mal war, hätte ich sie noch viel mehr geküsst. Immer wieder geküsst“.

Monate später erfuhr Yarden von den Terroristen vor laufenden Kameras, das man seine Familie ermordet habe. Wir alle haben dieses Bild vor Augen, als Yarden vor der Kamera zusammenbrach. 

Yarden bat die Terroristen ihn seinen Freund David Cunio treffen zu lassen, der in der Nähe seines Versteckes in den Tunneln untergebracht war. Die beiden Männer begegneten sich in den Tunneln und bekamen ein paar Stunden der Zweisamkeit. David Cunio hatte als Yardens bester Freund auch die letzte Nacht vor seiner Hochzeit mit Shiri bei ihm verbracht. Darin erinnernten sich die beiden Männer, die als Geiseln gefoltert und gequält wurden, in dieser Zeit des Beisammenseins. Dann wurden sie wieder getrennt.

„Ich vermisse Ariels Stimme in seinem Zimmer, den Anblick, wie er zwischen den Räumen des Hauses hin und her rennt, aufs Bett klettert und sich zwischen Shiri und mich legt. Ich vermisse Kfirs Lachen, das Geräusch seines Spielzeuges. Ich vermisse die Gespräche mit Shiri, meiner Frau und ihre Stimme, wenn sie in der Nacht sagte: Yarden, dreh dich um, du schnarchst. 

Das Haus war klein, in dem wir lebten, aber es war so voller bedeutsamer Inhalte“. 

Yarden sagt, dass wenn das Leben ein Wettlauf wäre, dann wären Shiri und die Kinder meine Ziellinie. Sie waren sein Sieg und die Erfüllung seines Traumes Ehemann und Vater zu sein. 

„Wenn ich morgens aufwache, spüre ich als erstes die Leere. Ich hatte alles und habe alles verloren. Ich kann nicht weiter als bis morgen schauen, aber ich habe mich für das Leben entschieden- und in meinem eigenen Rhythmus, ganz langsam, kann ich vielleicht eines Tages auch ein übermorgen sehen“.

Im Vorfeld der Kundgebung hatte Hemming erklärt, dass beide Vereine „keinerlei politische Tendenz“ haben, was die Israelische Innenpolitik angehe: „Alles, was wir tun, ist an die humanitäre Katastrophe der Geiseln zu erinnern, ihre Namen zu verlesen und ihre Freilassung zu fordern.“

An der Kundgebung auf dem Platz nahmen keine Vertreter der Stadtgesellschaft teil, von den Passanten und Passantinnen blieb niemand stehen. Vor dem Rathaus wehten die Flaggen der Stadt, des Landes NRW, Deutschlands, der EU und der Ukraine. Die Fahne Israels, die vor einem Jahr noch am Rathaus gehisst worden war, fehlte.

Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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  1. Keine Diskussion mit niemandem zu dieser Thematik ohne vorherige Übereinstimmung:
    – es gibt einen Unterschied zwischen Israel und deren momentaner Regierung
    – es gibt einen Unterschied zwischen der Hamas und der Bevölkerung in Gaza

    1. ….kein Grund Menschen mit anderer Meinung zu beleidigen. Auch die Bevölkerung in Gaza hat eine Wahl. Keine komfortable aber dennoch.

      1. rued kraus, wie stehen Sie zu der Meinung, dass die Hamas die Bevölkerung von Gaza brutal und terroristisch für ihre Ziele benutzt?

  2. Da fragt man sich doch welch Geistes Kinder da beleidigend unterwegs sind. Anscheinend hat man mehr Emphatie für die falsche Seite. Man vergisst wohl was damals passiert ist. Über 1000 Tote durch einen hinterhältigen Akt.

    Trotzdem nen schönen Tag

  3. Keinerlei politische Tendenz? Warum geht es dann bei euch immer nur um Israel und nicht was in Gaza passiert?

  4. Bitte bleiben Sie – gerade bei diesem Thema – sachlich. Wir haben bereits einige Kommentare zurückstellen müssen, die diese Maßgabe verletzt haben.

    1. Dieser kurze Kommentar missfiel dem Zensor offensichtlich, er drückte Scham aus. Scham über das Verhalten der Stadt und der regionalen Politiker aller Richtungen. Aber PRO ISRAEL geht natürlich gar nicht.

      1. Beim Bürgerportal gibt es keinen Zensor, sondern eine Redaktion, die auf die Einhaltung der Regel des Anstands und Respekts achtet. Ihr Kommentar, der den demokratischen Parteien in Bergisch Gladbach pauschal rechtsextremes Gedankengut unterstellte, bewegte sich weit außerhalb dieses Anspruchs und wurde daher gelöscht.