Frank Grobolschek ist so etwas wie ein Geschichtsbuch der Gartensiedlung auf zwei Beinen. Im zweiten Teil der Serie zum Gronauer Wald machen wir mit ihm einen ausgedehnten Spaziergang durch das Viertel. Dabei entdecken wir viele architektonische Schätze, erfahren einiges an Hintergründen und Anekdoten. Wir lernen aber auch die Sorgen des Viertels kennen.
Text: Holger Crump. Fotos: Thomas Merkenich
„Zehn Menschen in einem Zimmer, das drohte damals auch den Arbeitern in Bergisch Gladbach.“ Frank Grobolschek erzählt von den Anfängen der Gartensiedlung Gronauer Wald. Die er – wie fast alle – nicht ganz korrekt Gronauer Waldsiedlung nennt.
Grobolschek berichtet von prekären Wohnverhältnissen im 19. Jahrhundert, dem drängenden Zuzug in die Städte, wo es Arbeit gibt. Den Arbeitersiedlungen und Mietskasernen, wo man eng aufeinander die wenige Freizeit verbringt.

Und er berichtet von den Bestrebungen Anna und Richard Zanders, dieses Schicksal den Arbeitern der Papierfabrik in Bergisch Gladbach mit einem kleinen Häuschen zu ersparen.
Nach Reisen durch Europa ist die Idee einer Gartensiedlung geboren: Anna und Richard Zanders wollen individuelle Arbeiterhäuschen mit architektonischem Anspruch errichten, günstig im Bau und mit kleinem Garten zur Selbstversorgung.
Der Gedanke führt 1897 mit dem Ankauf des Gronauer Waldes zum Aufbau der ältesten Gartenstadt Deutschlands. Der Gartensiedlung Gronauer Wald.




Rundgang zum 125. Geburtstag
Hier haben wir uns mit Frank Grobolschek verabredet. Zu einem kleinen Spaziergang, um mehr über die Jubilarin „Waldsiedlung“ zu erfahren. Immerhin feiert die Gartenstadt Ende August ihr 125-jähriges Jubliäum.
Frank Grobolschek und seine Mitstreiter im Freundeskreis engagieren sich seit 2008 ehrenamtlich dafür, dass die Siedlung im Sinne ihrer Gründer erhalten bleibt.
Unsere Tour führt entlang einzelner, ausgewählter Stationen des Rundweges Gronauer Wald. Den Rundweg hatte Grobolschek 2020 initiiert um Besucher auf besonders „schöne Ecken“ hinzuweisen, wie es auf der Webseite des Freundeskreises heißt.
Zwölf Schilder an markanten Punkten markieren die Tour, verweisen mit Text und Bild auf sehenswerte Blickwinkel und dokumentieren Geschichte und Entwicklung der Gartensiedlung.




Station eins beginnt am Platz An der Eiche. Er markiert die Geburtsstätte der Waldsiedlung. Hier steht mit der Unterlerbacher Hof das erste Haus, das auf dem Areal errichtet wird. Es gehörte ursprünglich zum Lerbacher Rittersitz, wird dort aber abgebaut und im Gronauer Wald neu errichtet.
Der Architekt Luwdig Bopp, der die Anfangsjahre der Gartensiedlung prägt, hat hier sein erstes Büro. Mit Bernd Zimmermann residiert heute wiederum ein Architekt in dem Gebäude.


Der Rundweg umfasst 12 Stationen, ist ca. 2,7 Kilometer entlang, dauert etwa 1,5 Stunden. Infotafeln an den einzelnen Stationen (siehe Grafik) verweisen auf markante Punkte, hinterlegt mit historischen Fotografien. QR-Codes bieten Zugang zu Online-Informationen.
Eine detaillierte Beschreibung der Stationen steht online beim Freundeskreis bereit. Dort findet sich auch ein Link für eine geführte Wanderroute mit Komoot sowie Infos zu einem Geocache, mit dem der Rundweg erkundet werden kann.

Architekten und Gartenplaner
Überhaupt, die Architekten. Frank Groboschek zählt eine Reihe von Namen auf, die allesamt über die Generationen hinweg das Gesicht der Waldsiedlung gepärgt haben. Dazu gehört Ludwig Bopp, Mitarbeiter des Münchner Architekten Gabriel von Seidl, der u.a. die beiden markanten und bekannten Bopp-Villen im Viertel und das historische Rathaus der Stadt baut sowie die Bauausführung von Schloss Lerbach übernimmt.
Jacobus Goettel aus dem Dunstkreis von Bauhaus-Gründer Gropius. Theodor Edwin Merrill, der einige Villen zur Siedlung beisteuert. Aber auch Clemens Klotz, der unter Hitler Bauwerke wie die Ordensburg Vogelsang oder das riesige, kilometerlange Ferienbad in Prora errichten wird.
Aber auch prominente Landschaftsgestalter wie Alfred Brodersen, Gartenbaudirektor von Berlin, und Fritz Encke (u.a. Kölner Zoo) sind beim Bau im Gronauer Wald aktiv.
Die Architekten und ihre Bauwerke
Ludwig Bopp: Richard-Zanders-Straße 49 und Talweg 3, historisches Rathaus, Bürgerhaus Bergischer Löwe, Brauhaus Am Bock, Schloss Lerbach (bauausführender Architekt)
Jacobus Goettel: „Sechser-Haus“ im Kiefernweg 26-36
Theodor Edwin Merrill: Wohnhaus Richard-Zanders-Straße 56

Clemens Klotz: Doppelhaus Birkenbusch 18/20
Die Beispiele stellen eine Auswahl dar. Viele weitere Architekten und deren Bauwerke finden sich im Buch „125 Jahre Gartensiedlung Gronauer Wald“, das zum Jubiläum am 27. August 2022 erscheint.
Drei translozierte Gebäude
„Ich sammle alte Bücher, Erstausgaben, vor allem zum Thema alte Städte und Gartensiedlungen“, antwortet Grobolschek auf die Frage nach seinem profunden Wissen rund um die Gronauer Waldsiedlung. Rund 2000 Bände habe er im Laufe der Jahre angesammelt. Er ist so etwas wie das Geschichtsbuch auf zwei Beinen des Viertels.

Er verweist auf die Hausnummern 1 und 2 An der Eiche: „Da sehen wir Weser-Bergland-Stil, mit Ornamenten im Holz“, sagt Groboschek. „Wir vermuten dass es sich um Ausstellungsstücke aus einer Werkbund-Ausstellung handelt, die andernorts ab- und hier wieder aufgebaut wurden.“ „Translozieren“ heißt das in der Fachsprache, oder auch „Gebäudeversetzung“.
Neben den beiden Häusern An der Eiche wurde auch der gegenüberliegende Unterlerbacher Hof umgetopft.
„Und mittlerweile wissen wir, dass auch das Fachwerkhaus an der Richard-Zanders-Straße 31 ursprünglich woanders gestanden hatte.“ Es war das alte Wohnhaus der Familie Zanders an der Gohrsmühle, das der Expansion der Firma weichen musste.

Unterwegs im Veedel
Wir verlassen den Platz, vorbei an den Zwitscherkisten.
„Da steckt der Schwamm drin!“ Grobolschek und ein Anwohner schauen besorgt auf eine riesige Buche, die mit zwei Stämmen sowohl die Straße als auch das Haus des Architekten Theodor Edwin Merrill beschattet.
Wir stehen vor dem Haus Unter den Buchen 6. Der Baum war wohl Namensgeber für den kleinen Weg und muss wohl gefällt werden.

„Wir haben eine Baumschutzsatzung speziell für die Waldsiedlung„, macht Grobolschek klar. Die sei rigider als die herkömmliche Satzung der Stadt, umfasse zum Beispiel auch Hecken.
Wenn der Baum fällt, erfolgt eine Nachbepflanzung. Auf absehbare Zeit wohne man dann hier „unter den ehemaligen Buchen“. Das ist für ihn aber verkraftbar. Er denkt an morgen. Sofern nachgepflanzt wird, bleibe der Charakter der Siedlung erhalten.
Grobolschek kümmert sich um viele Themen im Veedel. Kleine Details wie Hecken, Bäume, Beete, historisch passende Türen, das Aufpolieren der Stolpersteine. Aber auch große Themen wie die Rückkehr von Rankgattern an die Hauswände, die Architektur von Neubauten oder der Erweiterung bestehender Häuser.
Die Anwohner wissen das. Unterwegs im Veedel wird er an vielen Ecken angesprochen. Radfahrer passieren und heben lässig die Hand, es wird auch mal kurz gehupt. Man kennt sich.
Alles im Blick
Grobolschek schiebt Zweige beiseite, geht auf ein kleines Wäldchen zu. „Hier windet sich der Lerbach entlang. Er markiert quasi die Grenze der Waldsiedlung.“ Es sei wohl mal ein angelegter Weg entlang des Baches nach Heidkamp geplant gewesen, erinnert er sich. Ihm sei aber wichtiger dass sich die Natur frei entfalten könne.
Seine Haltung beim Thema Schottergärten ist damit auch geklärt. Der Weg wurde übrigens nicht gebaut.
Vorbei geht es an einer Bopp-Villa im Talweg 3, nahe der zweiten Station des Rundweges. Grobolschek deutet auf den geschwungenen Giebel der Villa: „Sehen Sie wie elegant dies umgesetzt ist.“ Bopp zitiere damit seinen Lehrmeister von Seidl aus München. Der habe diese Giebelform oft verwandt.



Ein architektonisches Detail, dem Grobolschek viel abgewinnt. Immer wieder verweist er auf Besonderheiten, auf bauliche Details, die spezielle Architekten erkennen lassen.
Spätestens da wird die Passion deutlich, mit der Frank Grobolschek sich seit dem Jahr 2008, dem Gründungsjahr des Freundeskreises, um die Gartensiedlung kümmert. Um die Erhaltung der Bausubstanz, um die Sorge, dass sich Neubauten in den Charakter der Siedlung einfügen.
Große Grundstücke, kleine Grundstücke
Wir passieren Station 3, die Straße heißt Am Wäldchen. „Hier lag mal der Vereinsplatz von 09, dem ältesten Fußballclub der Stadt“, sagt er und deutet mit der Hand grob die Lage an. Jetzt stehen hier historische Wohnhäuser.
Grobolschek führt selbst Führungen in der Waldsiedlung durch. Er hat Vorher-Nacher-Fotos im Gepäck: Rasenplatz, Fußballtore, Wohnhäuser. Er demonstriert, wie sich die Gegend im Laufe der Zeit verändert hat.
Ein paar Meter weiter – wir nehmen die Abkürzung zur Station 7 des Rundweges – berichtet er von einem zentralen Konflikt der Gartensiedlung. Er wurde ihr quasi in die Wiege gelegt.
„Die Grundstücke waren zu Beginn großflächig angelegt, speziell jene der Villen.“ Heute benötige jedoch kaum mehr jemand diese Fläche, die Bebauung zur Schaffung von Wohnraum sei attraktiver. Er zeigt auf ein Grundstück, früher Richard-Zanders-Straße 53, jetzt Am Wäldchen 6:

„Hier wollte der Eigentümer den riesigen Garten der Villa in vier Reihenhausareale aufteilen“, berichtet Grobolschek. „Handtuchgrundstücke“ nennt er das. Sie seien in Form und Größe völlig unpassend zur übrigen Bebauung der Gartensiedlung.
Der Freundeskreis schaltete sich ein.
„Schließlich wurden wir uns einig: Entstanden sind ein großes und ein kleines Haus, die Bruchsteinmauer musste stehen bleiben.“ Das fügt sich – zugegeben – besser ins Ortsbild.
Alte Bausünden
Mittlerweile werde der Freundeskreis gerne befragt, wenn es um Neubauten oder die Überformung bestehender Bausubstanz gehe, und Fragen zur Gestaltung autauchen. „Im Gespräch finden wir meist einen Kompromiss, der zur Siedlung passt.“
Aber: Alte Bausünden können damit nicht rückgängig gemacht werden. Die Tafel an Station 9 verweist auf ein Fachwerkhaus des Architekten Merrill (Richard-Zanders-Straße 33 ), das abgerissen wurde. „Dort steht jetzt ein grüner Neubau. Wenn man die alte und die neue Bausubstanz miteinander vergleicht, …“ . Grobolschek lässt den Satz unvollendet.
Zweites Beispiel: Neben dem grünen Neubau findet sich ein Doppelhaus, alte Bausubstanz. Die eine Hälfte hat einen begrünten Vorgarten. Bei der rechten Haushälfte schafft ein trist gepflasteter Hof großflächige Parkmöglichkeiten.

Ansporn für die Zukunft
Abriss, Flächenversiegelung. Was macht das mit ihm? Wie „verdaut“ er die aus seiner Sicht offenkundigen „Bausünden“ in der Gartensiedlung?
„Es ist ein Ansporn, sich weiter für die Zukunft zu engagieren. Steter Tropfen höhlt den Stein“, gibt sich Grobolschek optimistisch.
Serie Gartensiedlung Gronauer Wald
Sie ist so etwas wie die bessere Hälfte von Bergisch Gladbach: Die Gartensiedlung Gronauer Wald. Gegründet vor 125 Jahren, ist sie die älteste Gartenstadt Deutschlands. Das Bürgerportal wirft in einer kleinen Serie einen Blick auf Geschichte und Geschichten des malerischen Viertels. Lesen Sie hier, wie Anna und Richard Zanders die Geschichte der Gartensiedlung „zwitschern“.
Wenn bei neu gebauten Stadtvillen normales Dach statt Flachdach gebaut wird, Stuck angedeutet ist, Häuser versetzt gebaut werden um alte Kiefern zu retten – dann ist für ihn schon viel erreicht. Das gibt es nämlich auch in der Siedlung. Direkt gegenüber, Am Birkerbusch 33.
Er kommt immer wieder auf das Beispiel Refrath zu sprechen. Dort werde der Raum mit Pseudo-Bauhaus plus Flachdächern extrem verdichtet. „Gesichtslos“, wie Grobolschek findet. Das will er in der Gartensiedlung nicht sehen.
Die Tour geht dem Ende zu. Bei Station 12 findet sich ein Hinweisschild an der Richard-Zanders-Straße: „Gartensiedlung Gronauer Wald.“ Es sei das einzige Hinweisschild dieser Art, nach langen Mühen endlich errichtet worden.
„Das Schild steht gewissermaßen für ein weiteres, künftiges Projekt: Man könnte doch im Stadtbild zeigen, wo die Grenzen der Siedlung liegen.“ Das schaffe einmal mehr ein Bewusstsein für die Dimensionen der ältesten Gartenstadt Deutschlands. Und könnte dafür sorgen, Neubauten im Umfeld vorsichtig zu planen.




Großer Zuspruch
Grobolschek arbeitet für den Erhalt des Charakters der Siedlung. Das gefällt nicht jedem. „Es gibt natürlich Anwohner die wollen nicht, dass wir ihnen reinreden“, sagt der Vorsitzende des Freundeskreises.
Andererseits erhielten er und seine Mitstreiter auch viel Zuspruch. „Je schöner und homogener Gartenstädte wie hier in Gronau modernisiert werden, desto nachhaltiger ist auch die Wertentwicklung der Immobilien“, zitiert er aus einer Studie der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz.
Grobolschek nennt Beispiele, wie galoppierend sich die Wertsteigerung entwickelt. Wer dann die Objekte überhaupt noch kaufen kann – das steht auf einem anderen Blatt.
Erfolge und Herausforderungen
Er setzt sich jedenfalls weiter für den Erhalt der Gartensiedlung ein. Verweist auf Erfolge des Freundeskreises wie die geschützten Denkmalbereiche An der Eiche und Gronauer Waldweg. Auf die – nicht verbindliche – Gestaltungsfibel für Modernisierung und Neubauten. Auf immerhin vier Häuser die zum Denkmal erklärt wurden.
Gleichwohl es gibt noch dicke Bretter zu bohren. So existiert seit 2009 einen Aufstellungsbeschluss der Stadtrates für einen Bebauungsplan. „Fraktionsübergreifend!“ betont Grobolschek. Er sei bis heute nicht umgesetzt. Es mache der Stadt wohl zuviel Arbeit, zudem stehe doch schon alles, so die scheinbaren Argumente gegen den Plan aus seiner Sicht.





Mit der Öffnung des Zanders-Areals drohe der Waldsiedlung weiteres Ungemach. „Bis jetzt liegen wir am Stadtrand. Wird Zanders ein neues Stadtviertel, dann sind wir Innenstadt, was neue Probleme mit der Nachverdichtung mit sich bringen könnte.“ Grobolscheks Prognose ist düster: „Das wird tödlich für unsere Siedlung.“
Das Refrather Schicksal mit Pseudo-Bauhaus und zurückgesetzten Flachdächern, das lasse sich nur mit einem Bebauungsplan verhindern. Davon ist er fest überzeugt.
Wie war das noch mit dem steten Tropfen. Der Hüter der Waldsiedlung bleibt wachsam.
schöne Fotos – vielen Dank dafür. Dann macht es sicher Freude, die Gronauer Gartensiedlung zu entdecken. Vom Kath. Bildungswerk gibt es im Rahmen der Seniorenwoche eine kleine Führung zu genau diesem Thema am 7. September um 14.30 Uhr, sehenswert
Einige (zu) wenige wie Herr Grobolschek machen den UNTERSCHIED ! Chapeau für Ihr Kämpferherz und langen Atem ! Männer wie Sie fehlen an allen Ecken und Enden.
Wie im Text ja ausgeführt: Refrath als ABSCHRECKENDES Beispiel.
Was Herr Grobolschek für die Waldsiedlung in Gronau ist, ist Heimatforscher Herr Müller für Refrath. Auch er macht sehr schöne Führungen. Ich hoffe unser „Alt Refrath “ bleibt von den Bausünden verschont. Wenn man sich die Ruine „Kickehäuschen “ anschaut kommen mir die Tränen. Auch nur ein Spekulationsobjekt. Leider……
Der Mann spricht mir in Sachen Bebauung von Refrath aus der Seele. Jeder verfügbare Platz wird mit kistenförmigen uniformen Flachdach Bauten zu gebaut. Der ursprüngliche Charakter von Refrath ist Geschichte. Leider!!@
Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Baupläne für diese abgrundhässlichen gleichförmigen Bunker irgendwo kostenlos zum Download bereitstehen. Darin steckt so wenig Kreativität, dass sich jeder Architekt mit einem Rest Selbstachtung in Grund und Boden schämen müsste, so etwas als eigenen Entwurf einzureichen.
Und es ist schwer verständlich, dass nicht mehr Nachbarn gegen solch eine Zumutung klagen. Zu viele Einwohner, die früher einen Blick in eine grüne Umgebung hatten, schauen heute auf eine massive Wand wenige Meter vor ihren Fenstern. Ich bin jedenfalls inzwischen froh, dass wir in unserer Umgebung einen ziemlich rigiden Bebauungsplan haben, der diese Monstrositäten einfach nicht zulässt.
Aus sicherer Quelle weiss ich das zumindest in der jüngeren Vergangenheit es der ausdrückliche Wunsch der Stadt BGL war entsprechende Flächen in Refrath zu verdichten. Die Meinung betroffener Nachbarn wurde nicht berücksichtigt bzw gefragt :-(
Ein Hauptgrund für den bei Neubauten vorherrschenden und beliebten Bauhausstil sind die enormen Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV). Wenn man verpflichtet ist, die gesamte Gebäudehülle inkl. Außenwände mit 20 cm Dämmstoff einzupacken um die geforderten Werte auf dem Papier rechnerisch zu erreichen, sind die Gestaltungsmöglichkeiten und etwaige Kreativität leider sehr eingeschränkt.
Herr Schmitt, es gibt zahlreiche Neubauten im Land, die individuell geplant sind und deutlich mehr ästhetisches Bewusstsein demonstrieren als die Klötze. Man kann problemlos vorzeigbare Energiespar- oder gar Passivhäuser bauen, auch mit mehreren Wohneinheiten.
In Refrath können Sie ein Beispiel sehen, wenn Sie von der Büschemerstraße aus in die Straße Im Bruch gehen. Nach einigen Dutzend Metern macht die Straße einen Knick nach links, und auf dieser linken Ecke wurde vor ein paar Jahren ein Mehrfamilienhaus gebaut, das in seiner Größe zwar auch keine echte Schönheit ist, sich aber wohltuend von der Bunkeroptik abhebt.
Der Grund für die Würfelform ist die maximale Platzausnutzung. Deshalb wird auch immer so nah wie erlaubt an die Grundstücksgrenzen gebaut. Das Ziel der Bauträger ist es eben, mit möglichst einfachen und günstigen Mitteln möglichst viel möglichst teuer vermiet- oder verkaufbaren Wohnraum zu erhalten. Refrath als eher hochpreisige Wohngegend ist dafür ideal, auf den äußeren Eindruck wird dann einfach gepfiffen.
Und nicht nur darauf. Da mit dem Gebäude möglichst viel Grundstücksfläche versiegelt wird, wo früher Gärten waren, leidet darunter auch das Mikroklima in den Wohnvierteln. Doch die Leute, die diese Häuser errichten lassen, wohnen ja auch nicht am Ort, sie machen nur den schnellen Euro und wenden sich dann dem nächsten Verschandelungsprojekt zu.
Das ist alles korrekt Herr/Frau Drucker. Ich wollte mit meinem Kommentar nur darauf hinweisen, dass der moderne „Schuhkarton“ auch seine Gründe in den gesetzlichen Auflagen hat. Individuell geplant bedeutet eben auch immer sehr viel höhere Kosten als das Schema F, das bereits im Schreibtisch liegt. Offensichtlich stellt diese Wohnlösung aber für viele Menschen einen guten/praktikablen Weg dar, denn die Objekte finden offensichtlich ihre Käufer bzw. Mieter.
…der Kommentar von H. Schmitt ist nicht oder nur bedingt nachvollziehbar. Fakt ist das die Schuhkartons nicht nur Energiesparend aufgrund gesetzlicher Vorschriften erstellt werden, vielmehr wird vorrangig für den mehr als gut betuchten Käufer/Mieter exquisiter Wohnraum unter maximaler Ausnutzung der Grundstücke geschaffen. Ein Blick in die entsprechenden Exposés verschafft Klarheit.
Herr Schmitt, die gesetzlichen Vorgaben führen eben nicht zwangsweise zu solchen Ungetümen, sondern man kann ebenso gut anders bauen. Jedenfalls wenn man will und wenn dem Auftraggeber auch nur irgend etwas am äußeren Erscheinungsbild des Gebäudes liegt. Es geht bei diesen Bauten aber einzig und allein um die Gewinnmaximierung der Bauträger, da sind solche Überlegungen von vornherein außen vor.
Dass die Wohnungen ihre Käufer oder Mieter finden, ist kein Wunder: Unverkäufliche oder unvermietbare Wohnungen werden Sie in Refrath mit der Lupe suchen müssen. Mit „gut“ hat das dann noch lange nichts zu tun.
Übrigens: „Herr“, wenn’s recht ist. Sonst hätte ich „Druckerin“ oder – Gott bewahre! – womöglich noch „Drucker*in“, „Druckende(r)“ oder einen ähnlichen Kappes geschrieben.
@Refrather: Was daran „exquisit“ ist, wird sich in einigen Jahren noch zeigen, wenn die kostengünstigen Flachdächer sanierungsreif werden oder wenn die Sollbruchstelle am Übergang zum zurückgesetzten Obergeschoss undicht wird.
Die Eigentümergemeinschaften werden dann viel Freude haben und der Errichter ist längst mit seinem Geld über alle Berge.
@Drucker – genau so ist es. Ich bin mal gespannt wie lange die sogenannten hochwertigen Immobilien in Refrath durchhalten bis die große Sanierungswelle ausbricht.