Friedrich Bacmeister, Ko-Fraktionschef der Grünen. Foto: Thomas Merkenich

Die Ratsfraktionen von Grünen und SPD sehen nach Ankündigungen von CDU und Grünen auf Landesebene weitere finanzielle Engpässe für die Stadt – und fordern ein Sofortprogramm zur Rettung der kommunalen Handlungsfähigkeit. Sonst werde auch Bergisch Gladbach bald in den Nothaushalt rutschen. Die strengen Regeln für Investitionen müssten gelockert werden.

Wir dokumentieren die Pressemitteilung von Grünen und SPD

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Aktuell scheint es, als ließen sich vielerorts Haushaltssicherungskonzepte nicht vermeiden. Insbesondere angesichts der Ankündigung der regierungstragenden Fraktionen im Land, die Isolierungsmöglichkeit nach dem NKF-COVID-19-Ukraine-Isolierungsgesetz (NKF-CUIG) nicht über das Jahresende hinaus weiterführen zu wollen, scheint die Haushaltsnot in den anstehenden Beratungen eher die Regel denn die Ausnahme zu werden.

Daher haben schon im September 2023 355 Bürgermeister:innen in einem Brandbrief an Ministerpräsident Wüst auf die prekäre Lage in den Kommunen hingewiesen und Hilfe gefordert. 

Die Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD Bergisch Gladbach unterstützen diese Forderungen und bringen einen entsprechenden Antrag in die kommende Ratssitzung (12.12.2023) ein:

Resolution an das Land NRW – Mehr Geld für die Kommunen

Die Fraktionen von Bündnis 90 / Die Grünen und SPD bringen eine Resolution zur Stärkung der kommunalen Finanzen in den Stadtrat ein und fordern, den Städten und Gemeinden zur Seite zu stehen und ein Sofortprogramm zur Rettung der kommunalen Handlungsfähigkeit zu unterstützen.

Nach der jüngsten Haushaltsumfrage des Städte- und Gemeindebundes NRW rechnen vier von zehn Kommunen damit, ihren Haushalt im Jahr 2024 nicht mehr ausgeglichen gestalten zu können.

Die wichtigsten Gründe für die finanzielle Schieflage sind unter anderem: 

  • Die stark inflationäre Preisentwicklung. 
  • Unterbringung und Versorgung geflüchteter Menschen jenseits der Grenzen der Leistungsfähigkeit. 
  • unzureichend finanzierter Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen.  
  • steigende Zinslasten für sämtliche kommunale Kredite.

Daher werden viele Städte und Gemeinden gezwungen sein, die Grund- und Gewerbesteuer anzuheben, um alle Aufgaben schultern zu können. Schon jetzt ist Nordrhein-Westfalen unter den Flächenländern mit Abstand das Land mit den höchsten Hebesätzen. Gleichzeitig werden dringend benötigte Investitionen, beispielsweise im Schulbereich oder bei der Straßen- und Verkehrsinfrastruktur, weiterhin nicht oder nicht ausreichend getätigt.

In Bergisch Gladbach wurde zwanzig Jahre lang weder in Schulen noch in die Verkehrsinfrastruktur investiert, präzisiert Friedrich Bacmeister, Co-Fraktionsvorsitzender der Grünen: „Wir können glücklich sein, wenn wir für die nächsten zwei Jahre noch einen Haushalt beschließen, der kein Nothaushalt ist. Die strengen Regeln für Investitionen müssen dringend gelockert werden.“ 

Bereits im September 2023 machten Frank Stein und weitere 354 Bürgermeister:innen in einem Brief an Ministerpräsident Hendrik Wüst deutlich, dass die beispiellose Anhäufung von Belastungen den Fortbestand der kommunalen Selbstverwaltung gefährdet. Konkret fordern sie unter anderem: 

  • die Wiederherstellung einer aufgabenangemessenen Finanzausstattung durch deutliche Erhöhung des Verbundsatzes im Gemeindefinanzierungsgesetz. 
  • die kurzfristige Ausschöpfung aller fiskalischen und haushaltsrechtlichen Ressourcen, um den Kommunen wieder Handlungsspielräume zu verschaffen.  
  • den Verzicht auf gesetzliche Regelungen zulasten der Städte und Gemeinden ohne eigene Finanzierungsverpflichtungen des Bundes, beziehungsweise des Landes. 

Klaus W. Waldschmidt, Vorsitzender der SPD-Fraktion, merkt an: „Ich hoffe, dass der Bergisch Gladbacher Rat in großer Geschlossenheit den Hilferuf zur Rettung der kommunalen Handlungsfähigkeit nach Düsseldorf schickt.” 

Hier werden gemeinsame Pressemitteilung von Bündnis 90 / Die Grünen und der SPD in Bergisch Gladbach veröffentlicht.

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  1. @Herr Dr. Bacmeister,

    vielen Dank für Ihre Erläuterungen. Ein zusätzlicher Hilferuf aus Bergisch Gladbach kann ja vielleicht nicht schaden.

    Warum aber will Ihre Fraktion nicht auch die vorhandenen Ansätze der Stadt Bergisch Gladbach nutzen, um selbst gezielter zu wirtschaften – ggf. auch mal zu sparen? So, wie es Ihre Sanierungs- und Nachhaltigkeitssatzung beschreibt, möglicherweise sogar vorschreibt.

    Schließlich wurde diese Satzung erst in 2023 verabschiedet und sollte noch nicht veraltet sein. Für mich als städtischer Steuerzahler schien sie jedenfalls bisher ein begrüßenswerter Ansatz, den zunehmend knappen Mitteln – auch denen der Bürgerschaft – Rechnung zu tragen.

  2. Um es klarzustellen: Frank Stein hat den „Notschrei“ der Bürgermeister im September mit unterschrieben; die Resolution soll zeigen, dass der Rat den Bürgermeister unterstützt.

    @Herr Schulze, schön, dass Sie die Einschätzung teilen: Im Feld Jugend u Soziales hat der „Staat“ (Bund u Länder) viele Aufgaben auf die Kommunen delegiert, ohne die Finanzen mitzuliefern (fehlende Konnexität), hier haben wir eine Lücke von jährlich grob 40 Millionen Euro. Und das Ergebnis der „soliden Finanzwirtschaft“ seit den 2000er Jahren können wir an unseren Straßen und Schulen (& KiTas) sehen.

    Seit ca 2011 hat die Stadt in mehreren Runden versucht zu sparen: Personal abgebaut, was jetzt nicht mehr ersetzt werden kann, weil es keine Bewerber (zu den TVöD-Konditionen) gibt, keine Schulen saniert, auf den Straßen nur die Löcher geflickt. …

  3. @R.D.

    Ich habe mich an dem Originaltext des Antrages von SPD/Grüne orientiert, so wie er am 12. Dezember in den Stadtrat eingebracht wird (siehe (https://mandatsinfo.bergischgladbach.de/bi/si0057.asp?__ksinr=2319. Unter Ö33.3).

    Hier steht als zentrale Forderung geschrieben: „Der Rat der Stadt Bergisch Bergisch Gladbach beschließt, sich dieser Initiative anzuschließen bzw. diese zu unterstützen“. „Diese Initiative“ wird vorher beschrieben als die „Vertreter des Städte- und Gemeindebundes“, die am 21. September 2023 die „Sorgen der 355 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister“ zum Ausdruck gebracht haben.

    Aber, auch wenn Sie Recht hätten, und Bergisch Gladbach hätte sich als Teil der 355 Gemeinden im September bereits beim Land NRW gemeldet, blieben meine Fragestellung und Kritik erhalten.

    PS: Um Missverständnissen vorzubeugen:
    Ich bin (ebenfalls) der Meinung, dass Bund und Land NRW die Kommunen finanziell und personell weit über Gebühr strapazieren. Und unser Kreis RBK (CDU / Grüne) bedient sich darüber hinaus über die Umlage ziemlich ungeniert.

    Das entbindet aber keine Kommune von der eigenen Verantwortung.

    1. @”auch wenn Sie Recht hätten”
      Na ja, Bürgermeister Frank Stein + 354 andere Bürgermeister:innen = insgesamt 355 Bürgermeister:innen

  4. Dieser Antrag von SPD und Grünen erscheint seltsam.

    Hat Bergisch Gladbach es im September verpasst, gemeinsam mit den anderen hunderten Kommunen den m.E. berechtigten Brandbrief an das Land NRW zu unterschreiben und versucht nun nachträglich auf diesen Zug aufzuspringen?

    Oder meinen SPD und Grüne tatsächlich, dass ein zusätzlicher Brief aus Bergisch Gladbach die Landesregierung jetzt dazu bringen kann all seine Kommunen stärker zu unterstützen?

    Beides wäre irritierend.

    Für mich liest sich dieser Antrag eher wie eine Ankündigung gegenüber der Bürgerschaft von Bergisch Gladbach, dass mit dem Haushalt 2024 die Steuern und Gebühren erhöht werden sollen (was man bisher in die Zeit des nächsten Bürgermeisters verschoben hatte). Nach dem Motto: „Wir können nicht anders, weil uns das Land im Stich lässt…“.

    Ein solches „Schwarze-Peter-Spiel“, ein solcher Umweg, ist politisch vielleicht verständlich. Für die Bürgerschaft ändert dies nichts.

    Besser als ausschließlich auf Hilfe zu warten wäre m.E. ohnehin gewesen, wenn man in diesem Jahr die eigene Sanierungs- und Nachhaltigkeitssatzung 2023 aus der Schublade geholt und die darin aufgezeigten, selbst formulierten Ansätze zu wirtschaftlichem Handeln aufgegriffen hätte.

    Dann hätte man gegenüber der Bürgerschaft und dem Land NRW sagen können: „Wir haben alles versucht“.

    So bleibt der fade Eindruck, dass man bei rot/grün eher nach Hilfe ruft, anstatt sich – auch – an die eigene Verantwortung zu erinnern.

    1. Sie sollten Texte auch zu ende lesen!
      Dort steht: “Bereits im September 2023 machten Frank Stein und weitere 354 Bürgermeister:innen in einem Brief an Ministerpräsident Hendrik Wüst deutlich, dass die beispiellose Anhäufung von Belastungen den Fortbestand der kommunalen Selbstverwaltung gefährdet.” u.s.w.

      1. Lediglich auf Teile eines Textes Bezug zu nehmen geschieht in der Regel mit Absicht. So wohl auch hier.