Michael Metten, Fraktionsvorsitzender der CDU im Bergisch Gladbacher Stadtrat, äußert sich gemeinsam mit allen CDU-Fraktionschefs im Kreis. Foto: Thomas Merkenich

Bei der Umsetzung der Grundsteuerreform durch die Stadt Bergisch Gladbach geht die CDU in die Offensive: Damit das Wohnen nicht unnötig weiter verteuert werde müsse zwischen Wohn- und Nichtwohngrundstücken unterschieden werden. Das vorläufige Votum der Verwaltung übergeht die CDU dabei – und nennt zwei konkrete Hebesätze für Private und für Gewerbe. Einer sinkt, einer steigt.

Mit der Neuberechnung der Grundsteuer B werden viele Eigentümer:innen von Grundstücken deutlich mehr bezahlen müssen, insgesamt soll die Stadt Bergisch Gladbach 2025 aber nicht mehr einkassieren als 2024. Dieses Postulat der „Aufkommensneutralität“ wird von allen Fraktionen und der Stadtspitze getragen. Nun hat die CDU jedoch eine zweite Forderung aufgestellt, mit deren Umsetzung sich die Stadt schwer tut.

„Wohnen darf in Bergisch Gladbach nicht überproportional teurer werden“, forderte CDU-Fraktionschef Michael Metten am Mittwoch in einer Pressemitteilung (siehe Dokumentation unten) . Bei einer gleichmäßigen Veränderung des Hebesatzes würden aber auf die Wohngrundstücke die höchsten Belastungen zukommen. Daher fordert die CDU ab 2025 zwei unterschiedliche Hebesätze.

Großer Korrekturbedarf bei Wohnen

Der Hintergrund: Ziel der Grundsteuerreform ist eine realistischere Bewertung der Flächen und damit mehr Steuergerechtigkeit. Der Wert von Wohnungsgrundstücke ist in den vergangenen Jahrzehnten in der Regel aber viel stärker gestiegen als der von Geschäftsgrundstücken.

Damit besteht bei den Wohngrundstücken jetzt auch der sehr viele größere Korrekturbedarf, hier werden die Eigentümer:innen (und falls vorhanden auch die Mieter:innen) besonders stark zur Kasse gebeten. Das Gewerbe wird dagegen entlastet.

Die Grundsteuer …

Die Grundsteuer zahlen alle Eigentümer:innen von Grundstücken bzw. indirekt die Mieterinnen. Die Einnahmen fließen direkt in die Stadtkasse.

Bisherige Berechnung der Grundsteuer B

Bislang wurde für die Berechnung der Grundstücke ein Einheitswert zugrunde gelegt, der mit der Steuermesszahl (vom Land festgelegt) und dem Hebesatz (von der Kommune festgelegt) multipliziert wurde und so die jährliche Grundsteuer ergab.

Reform der Grundsteuer B

Die Einheitswerte entsprachen nicht mehr dem tatsächlichen, in der Regel viel höheren Wert der Grundstücke. Daher hatte das Bundesverfassungsgericht eine neue Berechnung auf Basis aktueller Werte gefordert, um die Steuergerechtigkeit wieder herzustellen.

Neue Berechnung der Grundsteuer B

Die Finanzämter hatten zunächst die Grundsteuerwerte für jedes Grund neu festgelegt, auf Basis vor allem der Bodenrichtwerte (die für einzelne Zonen im Stadtgebiet regelmäßig von lokalen Gutachterausschüssen ermittelt werden) und des Alters des Gebäudes.

Der neue Grundsteuerwert wird (wie früher) mit der Steuermesszahl (in NRW künftig 0,31 Promille für Wohngrundstücke) multipliziert, das ergibt den Grundsteuer-Messbetrag. Dieser Betrag ist von den Finanzämtern bereits festgelegt worden.

Der Messbetrag wiederum wird mit dem jeweiligen Hebesatz der Kommune multipliziert und durch 100 geteilt – und es ergibt sich die jährliche Grundsteuer. Sie steht dann im Grundsteuer-Bescheid, den die Kommunen aber voraussichtlich erst im Frühjahr verschicken könne.

Hier sind die Bodenrichtwerte für Bergisch Gladbach abrufbar: BORIS NRW

Beitragsneutralität

Die individuelle Grundsteuer-Belastung wird sich in so gut wie allen Fällen verändern, die Reform ist also nicht beitragsneutral. Das ist auch nicht das Ziel, Bevorteilungen aus der Vergangenheit sollen abgeschafft, Überbelastungen reduziert werden.

Aufkommensneutralität

Die Summe aller Einnahmen der Stadt aus der Grundsteuer (Aufkommen) soll sich durch die Reform nicht verändern; die Kommunen sollen also weder mehr noch weniger Geld von den Bürger:innen einkassieren.

Wohngrundstücke

Dazu zählen Grundstücke mit Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern, Wohneigentum, und Mietwohngrundstücke.

Nichtwohngrundstücke

Dazu gehört Teileigentum (z.B. Garagenhöfe), Geschäftsgrundstücke, unbebaute Grundstücke, gemischt genutzte Grundstücke und sonstig bebaute Grundstücke.

Wie stark die Mehrbelastungen ausfallen, ist nach wie vor nicht klar. Bergisch Gladbachs Stadtkämmerer Thore Eggert hatte zuletzt auf Basis von ersten beispielhaften Berechnungen von riesigen Spanne berichtet: sie reiche bei Wohngrundstücken von minus 50 bis plus 400 Prozent.

Im Klartext: wer bislang 1000 Euro gezahlte hatte müsste im Extremfall künftig 5000 Euro pro Jahr bezahlen. Das könne zu „massiven Verwerfungen“ führen, hatte Kämmerer Thore Eggert im Finanzausschuss konstatiert.

Die aktuellen Bodenrichtwerte sind bei der neuen Berechnung der Grundsteuer B der Ausgangspunkt. Sie sind im Portal BORIS NRW abrufbar. Foto: Screenshot

Keine versteckte Steuererhöhung

Damit durch die Reform nun nicht mehr Steuergeld in die Stadtkasse sprudelt und die Aufkommensneutralität gesichtert bleibt, muss die Stadt den Hebensatz für die Grundsteuer B reduzieren. Und zwar in Bergisch Gladbach von derzeit 731 auf 648 Punkte. Diese Sätze hatte die Finanzverwaltung NRW für alle Kommunen einzeln ausgerechnet. Sie werden von der Stadtverwaltung zwar noch nachgerechnet, stehen aber nicht grundsätzlich im Zweifel.

Eine solche Senkung würde allerdings die Belastungen der Nicht-Wohngrundstücke überkompensieren, die Mehrbelastungen der Wohngrundstücke dagegen nicht annähernd ausgleichen.

Zwei Hebesätze?

Ein Ausweg wäre es nun, zwei unterschiedliche Hebesätze festzulegen. Das hat zuletzt auch die schwarz-grüne Landesregierung erkannt, der Landtag hat am 4.7. dann den Kommunen diese Differenzierungs-Option eröffnet. Die Aufkommensneutralität würde dann nicht mehr für alle Grundstücke gemeinsam, sondern für die beiden Grundstücksarten separat kalkuliert.

Auch für diese Option hat die Finanzverwaltung konkrete Sätze ausgerechnet. Für Bergisch Gladbach müsste demnach

  • der Hebesatz Grundsteuer B Wohngrundstücke (aufkommensneutral) von derzeit 731 auf 594 Punkte gesenkt werden,
  • Hebesatz Grundsteuer B Nichtwohngrundstücke *4 (aufkommensneutral) von derzeit 731 auf 857 Punkte erhöht werden.

Ob die Kommunen die Option der Differenzierung wählen, sei ihnen selbst überlassen, betont das Land NRW.

Bergisch Gladbachs Kämmerer Thore Eggert (FDP) hatte im Finanzausschuss bereits zu bedenken gegeben, dass seine Verwaltung diese Differenzierung in der Kürze der Zeit nicht leisten können, die Option also keine realistische Option sei. Zudem stünde der Aufwand in keinem angemessenen Verhältnis zum Effekt.

Beispielrechnung mit dem reduzierten einheitlichen sowie dem reduzierten differenzierten Hebensatz:

RechenschrittReduzierter HebesatzDifferenzierte Hebesatz
Grundsteuerwert310.100 Euro310.100 Euro
x Steuermesszahl0,31 Promille0,31 Promille
= Steuermessbetrag96,1396,13
x Hebesatz648 Prozent594 Prozent
= Grundsteuer 603,5 Euro / Jahr553,2 Euro / Jahr

Dabei berief sich Eggert auf ein entsprechendes Votum des Städte und Gemeindebundes: „Der Vorschlag kommt viel zu spät. In den meisten Städte und Gemeinden wird es allein technisch nicht möglich sein, rechtzeitig ein zertifiziertes Programm für die Berechnung ans Laufen zu bringen.“ Zudem gebe es verfassungsrechtliche Bedenken und der Standort-Wettbewerb zwischen den Kommunen werde verschärft.

Argumente, die die Bergisch Gladbacher CDU nicht gelten lässt. Mit dem Datum 4. Juli (dem Tag der Entscheidung der Landesregierung) hat die Oppositionspartei einen Antrag für den Stadtrat geschrieben und heute veröffentlicht, in dem sie diese Differenzierung der Hebesätze fordert. Gleichzeitig nennt sie konkrete Hebesätze – und übernimmt dabei die Vorschläge des Landes (594 bzw. 857 Punkte, siehe oben).

„Nur durch eine entsprechende Differenzierung der Hebesätze kann eine überproportionale Belastung des Wohnens verhindert werden,“ bekräftigt Harald Henkel, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion.

Der Städte- und Gemeindebund schlägt (seit 2022) einen anderen Weg vor: Die Korrektur der Grundsteuer-Messzahl zugunsten der Wohnflächen. Das sei für 2025 zwar auch nicht mehr zu leisten, müsse aber für 2026 vorbereitet werden.

Dokumentation

Der Antrag der CDU-Fraktion im Wortlaut

Die Pressemitteilung der CDU-Fraktion im Wortlaut (10.7.2024)

Bergisch Gladbach muss bei der Erhebung der Grundsteuer B zwischen Wohn- und Nichtwohngrundstücken unterscheiden!

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Neuregelung der Grundsteuer verlangt, die ab 2025 in den Kommunen umgesetzt wird. Das Grundsteuer-Reformgesetz des Bundes zielt auf eine verfassungskonforme, rechtssichere und zeitgemäße Weiterentwicklung der Grundsteuer und die damit verbundene Bewertung der Grundsteuerobjekte ab, um die Grundsteuer als verlässliche Einnahmequelle der Kommunen zu erhalten. Mit einem Landesgesetz wird den Kommunen die Möglichkeit eingeräumt, den örtlichen strukturellen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Hier setzt die CDU Bergisch Gladbach an: „Wir haben immer eingefordert, dass nach der Grundsteuerreform in der Summe nicht mehr Grundsteuer von den Bürgerinnen und Bürgern eingenommen werden darf als vor der Reform“, erklärt Dr. Michael Metten, Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion Bergisch Gladbach.

„Wohnen darf in Bergisch Gladbach nicht überproportional teurer werden. In der Stadt gibt es deutlich mehr Wohn- als Nichtwohngebäude. Dem muss Rechnung getragen werden, daher darf die Grundsteuerreform in der Summe keine zusätzlichen Belastungen für die Bürger mit sich bringen. Eine differenzierte Anpassung der Hebesätze ist der Schlüssel, um die Aufkommensneutralität zu gewährleisten“, führt Metten weiter aus. Denn das Gesetz verfolgt ausdrücklich nicht das Ziel, eine strukturelle Erhöhung des Grundsteueraufkommens zu bewirken.

Die CDU-Fraktion Bergisch Gladbach hat einen entsprechenden Antrag im Stadtrat eingebracht, der sicherstellen soll, dass die Grundsteuerreform nicht zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger geht. Der Antrag orientiert sich an den Berechnungen des Finanzministeriums NRW zu differenzierten Hebesätzen für Wohn- und Nichtwohngrundstücke in Bergisch Gladbach:

  • Der Grundsteuerhebesatz B für Wohngrundstücke soll 594 Prozentpunkte betragen. 
  • Der Grundsteuerhebesatz B für Nichtwohngrundstücke soll auf 857 Prozentpunkte festgelegt werden.

„Der Gesetzesbeschluss des Landtags NRW vom 4. Juli 2024 zur „Einführung einer optionalen Festlegung differenzierender Hebesätze im Rahmen des Grundvermögens bei der Grundsteuer Nordrhein-Westfalen“ bietet den Gemeinden diese Möglichkeit“, erläutert Harald Henkel, Sprecher der CDU-Fraktion im Ausschuss für Finanzen, Beteiligungen und Liegenschaften. „Damit wird der Gedanke des Bundesgesetzgebers zur Aufkommensneutralität der Grundsteuerreform vollendet. Nur durch eine entsprechende Differenzierung der Hebesätze kann eine überproportionale Belastung des Wohnens verhindert werden.“

Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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  1. @R.S.”bessere Luft für die Allgemeinheit” “auch noch dafür bezahlen?”
    Die Allgemeinheit beteiligt sich bereits über üppige Steuererstattungen – Stichwort “haushaltsnahe Dienstleistungen/Handwerkerleistungen” – an Ihrer teuren Gartenpflege, egal ob diese sinnvoll ist oder nicht.
    Natürlich nur, wenn Sie, wenn Sie dem Finanzamt u.a. eine Rechnung vorlegen können.

    “Im Übrigen finde ich ,dass Bergisch Gladbach genug „verdichtet“ist”
    Was wollen Sie bei Bedarf sonst machen? Andere Leute wollen auch “schön” wohnen!

  2. Was machen Eigentümer von Grundstücken im Wassereinzugsgebiet, das nicht bebaut werden darf aber viel teurer Pflege bedarf und darüber hinaus durch den Baumbestand für bessere Luft für die Allgemeinheit sorgt? Sollen die auch noch dafür bezahlen? Im Übrigen finde ich ,dass Bergisch Gladbach genug „verdichtet“ist.

    1. Wenn ein Grundstück nicht bebaut werden darf, unterliegt es entweder der Grundsteuer A oder demnächst der neuen Grundstreuer C. Bei der Diskussion zu den Hebesätzen geht es aber um die Grundsteuer B.

  3. „Wohnen darf in Bergisch Gladbach nicht überproportional teurer werden“, fordert CDU-Fraktionschef Michael Metten”
    Ich fände es gerechter und vorausschauender, wenn man die Grundstücksgrößen pro Haushalt bei der Festlegung des Hebesatzes berücksichtigen, meinetwegen z.B. 800 qm/pro Haushalt –>geringer Hebesatz
    alle darüber hinausgehenden qm/pro Haushalt—> teurer Hebesatz.
    Gerechter, weil es Mieter eines Mietwohngrundstückes kaum tangieren wird.
    Die Eigentümer von übergroßen Grundstücken, (welche sie naturgemäß für sich reklamieren, weil sie redlich erworben wurden oder geerbt/geschenkt) könnten einen Teil ihres Grundstücks (teuer) veräußern und gleichzeitig ihre laufenden Kosten verringern.
    Wenn in Zukunft keine bisher naturbelassenen Grundstücke zu Neubaugebieten werden sollen und tatsächlich Wohnraum fehlt, dann müssen wir wohl die bereits vorhandene Bebauung klug verdichten, z.B. die bereits vorhandenen Doppelgaragen überbauen (fand ich als Laie eine gute Idee)

    1. Das wären dann aber Anliegen, die auf kommunaler Ebene nicht gelöst werden können. Für die Berechnung der Steuer wäre der Bund zuständig, da NRW das Bundesmodell übernommen hat. Für die Bebaubarkeit von Garagen ist das Land zuständig, da Landesbauordnung berücksichtigt werden muss.

  4. Wo die CDU Recht hat, da hat sie Recht. Kommt nicht oft vor, dass ich das sage, aber hier liegt sie meiner Ansicht nach richtig.