Mehr als 20 bergische Fachwerkhäuser sind in den vergangenen 50 Jahren zwischen Hauptstraße, Vollmühlenweg, Am Mühlenberg und Odenthaler Straße verschwunden. Mit vielen historischen Fotos dokumentiert Friederike Naroska in ihrem neuen Buch, wie sich dabei das Viertel verändert, wie die obere Hauptstraße von einer gepflasterten Dorfstraße zur verlotterten Ausfallstraße wird. Gleichzeitig rettet die Autorin viele Geschichten vor dem Vergessen. Oder erinnern sich sich an das Zillertal?

Die Autorin Friederike Naroska wohnt in einem denkmalgeschützten, wunderbar mit Schiefer verkleidetem Fachwerkhaus an der oberen Hauptstraße. Seit langem verfolgt sie, wie in ihrer Nachbarschaft ein Exemplar dieser typisch bergischen Architektur nach dem anderen abgerissen und oft durch hässliche oder bestenfalls neutrale Bauten ersetzt wird. Oder einfach nur eine Brache hinterlässt.

Beharrlich kämpft Naroska gegen diesen Abbau an. Erst mit Unterschriftenaktionen und Petitionen und jetzt mit einem ebenso akribisch recherchierten wie reich bebilderten Buch, das womöglich mehr bewirken kann, als jeder Aufruf.

1960 / 2022: Das Restaurant Toro (früher: Westfälischer Hof) im Hintergrund ist unverändert, das Fachwerkhaus der Familie Steeg/Kleuser wurde 1971 abgebrochen und durch einen Klotz ersetz, das Alte Arbeitsamt 2020 abgerissen worden; hier soll ein großes Wohnhaus gebaut werden. Fotos: Naroska

Unter dem Titel „Veränderungen einer Stadtansicht“ hat Naroska auf 100 Seiten eine Fülle von historischen Fotos versammelt – und stellt sie im angemessenen weiß-grau den aktuellen Ansichten gegenüber. Doch ganz unvermutet taucht dabei das sogenannte „Strundorf“ wieder aus der Vergangenheit auf, mit seinen Mühlen, Gutshöfen, Gasthäusern und vielen Geschichten.

Dabei interpretiert Naroska die Geografie des Strundorfs großzügig, bezieht die Hauptstraße von der Sander Straße bis zur Gnadenkirche mit ein und zeichnet so die (Abriss-)Geschichte des Viertels nach. Brutal, wieviele historische Gebäude in den 70er und 80er Jahren vernichtet worden sind. Oder durch Umbauten verschandelt wurden.

Veränderungen einer Stadtansicht 
Eine unvollständige Zusammenstellung von Friederike Naroska

Verlag Heider, 2023
ISBN 978-3-947779-45-1
100 Seiten, 16,80 Euro

Hier erhältlich:
Redaktion Bürgerportal
Hauptstraße 257
Edeka Hetzenegger, Sand
Hundesalon, Hauptstraße 293

Zu bestellen bei: 
info@heider-verlag.de
strundorf@web.de

Nur wenige Gebäude wurden gerettet, wie das verschieferte Fachwerkhaus an der Hauptstraße 282, das 2019 von Markus Hetzenegger demontiert und nach Sand gebracht worden war, um dort irgendwann wieder aufgebaut zu werden.

Auf einem Fotos des Hauses von 1920 findet sich auch der Hinweis auf das „Zillertal“: Eine Gartenwirtschaft hinter der Häuserfront der damaligen Wilhelmstraße, auf dem Gelände eines 1905 stillgelegten Kalksteinbruchs, der heute zum EVK gehört und noch drei historische Kalköfen beherbergt.

Das Haus mit der Adresse Hauptstraße 282 geht auf das Jahr 1824 zurück, wurde vielfach umgebaut, beherbergte nach und nach das Elektrogeschäft Lessmann, eine Shell-Tankstelle, das Kurzwarengeschäft Richarz, ein Atelier und einen Frisör. Auf dem Foto von 1920 ist der Eingang zum „Zillertal“ zu erkennen, mit einem „schattigen Garten“ und Schießständen. Das Haus wurde 2019 abgerissen und durch ein Wohnhaus ersetzt. Fotos: Archiv Osenau, Naroska

Direkt gegenüber befand sich der „Viktoriasaal am Waatsack, der schon 1919 zu den „Viktoria-Lichtspielen“ umgebaut wurde, aber seit 2013 leer steht und zusehends verfällt.

Das Buch ist für alle Strundorferinnen und Strundorfer (von denen sich viele bei der Recherche und Finanzierung des Buchprojektes beteiligt haben) eine Quelle der Erinnerungen.

(Wieder) zu entdecken sind u.a. der Pinguin Express, Stöckers Büdchen, die Bäckerei Potthoff, Miederwaren Schänzler, das Schuhgeschäft Pütz, der Bierverlag Weyer, das Gasthaus Rüsing, die Gaststätten Westfälischer Hof und Strunderthaler Hof, die Vollmühle, der Gemüseladen Zimmermann, Corschiltgens Gut, das Steingasser Gut, die Metzgerei Schmitz, Werkzeug Löhe, das Sägewerk Berghaus, die Werkzeugfabrik Carl Wachendorff, Haushaltswaren Zimmermann, der Raumausstatter Bremer und die Hammermühle.

Das Buch ist aber auch für alle diejenigen eine ebenso spannende wie lehrreiche Lektüre, die sich für die Entwicklung der Stadt Bergisch Gladbach interessieren.

Weitere Beiträge zum Thema

Lade…

Something went wrong. Please refresh the page and/or try again.

Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

Reden Sie mit, geben Sie einen Kommentar ab

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.