Drei Generationen haben am Standort Heidkamp Baustoffe verkauft, jetzt will Michael Lux die Hallen und den begrünten Hof in einen Kulturort und Nachbarschaftstreff verwandeln. In einer ersten Ausstellung zeigt er die mal ernsten, mal humorvollen Zeichnungen von Nils Peter. Ein guter Anlass, die Lux-Hallen zu erkunden.

Text: Tina Hammesfahr. Fotos: Thomas Merkenich

Mitten in der Heidkamper Nachbarschaft liegt der ehemalige Baustoffhandel, aus dem nun ein Kulturort werden soll. Michael Lux, Inhaber in dritter Generation, von Beruf Psychiater und Psychotherapeut, sah sich in der Coronazeit gezwungen, das Familienunternehmen Lux Baustoffe zu schließen.

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Jetzt finden in den Lux-Hallen – so der neue Name – Ausstellungen statt, Public Viewing für die Nachbarschaft, Kaffee oder Einkauf im Selbstbedienungskiosk, Büchertausch im Hof.

Überhaupt der Hof! Michael Lux hat ihn begrünen lassen. Die roten und schwarzen Johannisbeeren tragen schon Früchte, die kleinen Apfelbäumchen stehen kerzengerade, als wären sie noch ein wenig schüchtern, am Maibaum flattern bunte Kreppbänder. Auch die Gartenstühle sind bunt und der zum Bücherschrank umfunktionierte Kühlschrank karmesinrot.

Er habe sich von Urban Gardening inspirieren lassen, sagt Lux. Bei diesem Trend werden Brachen im Stadtraum oder in Berliner Hinterhöfen begrünt, sodass kleine Biotope entstehen. Als Arzt wisse er, dass es wichtig sei, eine Atmosphäre zu schaffen, in der Menschen sich wohlfühlen, sagt Lux. „Das sollte nicht steril sein, sondern man sollte hinkommen und denken: Oh schön! Hier kann ich mich entspannen.“

Wer im Stadtteil Heidkamp von der Bensberger Straße in die Oehmchenstraße abbiegt, läuft nach wenigen Metern an den Lux-Hallen entlang. Im ersten Schaufenster blicken einem zwei der Puppen des Puppenspielers Gerd Pohl entgegen.

Lieber 20 Minuten meditieren als Hundevideos anschauenNils Peter

Foto: Thomas Merkenich

Das nächste Fenster erlaubt den Blick in die Ausstellung „Enjoy“ des Kölner Künstlers und Tätowierers Nils Peter. Schwarz-Weiß-Zeichnungen, versehen mit Schrift und kleine Objekte füllen die Wände. Die Zeichnung eines Hundes in Clownskostüm und Yoga-Pose zieht meinen Blick auf sich. „Lieber 20 Minuten meditieren als Hundevideos anschauen“, lese ich durchs Fenster.

Künstler und Tattoo-Artist Nils Peter. Foto: Thomas Merkenich

Nils Peter, Jahrgang 1991, Bildender Künstler und Tätowierer, hat über Comics und Manga zur Kunst gefunden. Eine Richtung, die in Deutschland oft noch nicht die künstlerische Wertschätzung bekommt, die sie eigentlich verdient, findet Peter. Sein Diplom- und Meisterschülerstudium hat er an der Kunsthochschule Braunschweig absolviert. 

Zunächst sah sich Peter ausschließlich als Queer Artist, für den Themen aus dem LGBTQ+-Umfeld im Vordergrund standen. Zurzeit beschäftigten ihn aber auch „Psychohygiene, gesellschaftskritische Sachen, alltägliche Situationen“ zählt er auf und scheint selbst darüber erstaunt zu sein. Ob es ein Satz ist, den jemand gesagt hat oder eine Selbstbeobachtung, Nils Peter notiert es sich ins Handy-Tagebuch, erzählt er.

Im zweiten Schritt verdichtet Nils Peter seine Notizen und Skizzen zu Zeichnungen mit zumeist figurativen Formen (Personen, Tiere, Symbole) und einem kurzen Statement. Ich denke an die US-Künstlerin Jenny Holzer mit ihren Leuchtschriftbändern und an den britischen Künstler David Shrigley mit seinen comicartigen Zeichnungen, die voller Selbstzweifel und Humor stecken.

In einem dritten Schritt erweitert Peter manche Zeichnungen entweder zu Objekten oder zu Gemälden aus Acryl. „Das ist wie ein Veredelungsprozess“, sagt er. Während wir vor dem Gemälde „Aspects“ stehen, das eine Schlange mit zwei Köpfen zeigt, reicht mir Peter eine 3D-Brille und macht mich auf den Effekt aufmerksam.

Tatsächlich: Sobald ich die Brille aufsetze, scheint es förmlich zu vibrieren, wirkt deutlich dreidimensional, die Farben nehmen einen metallischen Glanz an. Wie entsteht der Effekt? Peter erklärt, dass er die Umrisslinien der Figuren und Wörter mehrmals übereinander auf die Leinwand aufträgt, aber stets leicht versetzt. Wichtig dabei: sowohl warme als auch kalte Farben zu verwenden.

Es ist mehr als nur eine technische Spielerei. Peter hat im Studium viel mit Siebdruck-Technik gearbeitet, um dem Künstler Andy Wahrhol, einem seiner Fixsterne, nachzueifern.

Die Ausstellung kann nach Terminabsprache mit Nils Peter (0170 313 11 64) besucht werden. Zur Finissage am 14. Juni bietet Nils Peter einen „Tatoo Walk In“ zwischen 13 und 20 Uhr für einen kleinen Obolus an.

Apropos Sterne – Michael Lux und Nils Peter teilen die Begeisterung für Science Fiction. Lux eher als Lektüre, Peter eher als Fan der TV-Serie Star Wars. Im kleinsten Raum, einer Art Glaskasten, kommt die Ausstellung ganz zu sich. Auf dem einzigen Gemälde schwebt ein Astronaut im Lotussitz. „Endure Space“ steht darunter: Ertrage den Raum. Augäpfel, Sterne, Raketen, Außerirdische und Explosionen, mit kräftiger Linie auf kleine, weiß lackierte Objekte gezeichnet, baumeln von der Decke.

Ein Schwebezustand. Die Fenster geben den Blick in die Partyzone der Lux-Hallen frei. Man sieht noch die Reste des alten Betriebs, aber da stehen auch Bierbänke und Tische. 

Nachbarschaftstreff für viele Gelegenheiten

Die Hallen abzureißen und einen Neubau darauf zu setzen, kommt für Lux-Hallen-Chef Michael Lux jedenfalls nicht infrage. Er glaubt an den Charme alter Gebäude mit ihren Unregelmäßigkeiten, möchte die alte Bausubstanz aber auch aus ökologischen Gründen erhalten.

Wo die Evolution seiner Idee für die Lux-Hallen enden wird, weiß Michael Lux noch nicht. Er sei da ergebnisoffen, sagt er. Deshalb sei er auch noch nicht an dem Punkt, Kulturförderung zu beantragen. Für die Zukunft ausschließen will er es aber nicht.

Frau Zach, eine Nachbarin, die mit Enkelin im Selbstbedienungskiosk vorbeischaut, erzählt begeistert von der Fußball-Europameisterschaft im letzten Jahr, als die Nachbarschaft hier zum Public Viewing zusammenkam.

Auch andere Nachbarschaftsprojekte wie die Trauergruppe und das Pfingstsingen haben in den Lux-Hallen schon ein neues Zuhause gefunden, erzählt Frau Zach und bedauert, dass ihr gerade die Zeit für einen Kaffee im begrünten Hof fehlt.

Weitere Eindrücke aus der Ausstellung „enjoy” und von der Location finden Sie in der Diashow:


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ist freie Journalistin, Autorin und Regisseurin.

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  1. Danke, Herr Lux für diese Möglichkeiten, die Sie uns mit den Lux-Hallen bieten. Ein Treffpunkt ohne Konsumzwang und in einer entspannten Atmosphäre, einem “historischen” und erhaltenswerten Gebäude. Danke auch für den Nachhaltigkeitsgedanken.
    Ich freue mich auf die Weiterentwicklung und komme gern dort wieder vorbei.

  2. Der Franzose schafft französische……
    Wie kann man nur dem Leser den Eindruck verschaffen hier wäre ein Franzose am Werk und würde als Franzose in Bergisch Gladbach den Kunden französisches Backwerk zubereiten.

  3. Nomen est omen – ein Licht am Gladbacher Kultur- und Sozialhimmel!
    Wunderbar.

    1. “ein Licht am Gladbacher (…) Sozialhimmel”?
      Wäre es nicht sozialer, die Fläche für Wohn- oder Bildungszwecke (Schule/ Kindertagesstätte) zu nutzen?

      1. Liebe Kim van Keulen,
        wenn man Google nach der Bedeutung des Wortes “sozial” befragt, sind die ersten Treffer von Wikipedia, Duden und DWDS. Dabei ist bei allen drei Einträgen die Grunddefinition ähnlich. Dort heißt es: “das Zusammenleben in der Gesellschaft betreffend”.
        Nun war ich ja vor Ort und durfte mich auch ausgiebig mit Herrn Lux unterhalten. Und mein Eindruck war, dass er sich genau das wünscht. Einen Ort, an dem Menschen zusammenkommen, an dem Gemeinschaft entstehen kann und an dem man sich an Kultur erfreuen kann. Ich stimme Ihnen uneingeschränkt zu, dass wir mehr bezahlbaren Wohnraum und mehr und bessere Schulen und Kitas benötigen. Aber sein eigenes Grundstück für Kultur und ähnliche Zwecke zur Verfügung zu stellen, ist in meinen Augen nicht weniger sozial. Meine persönliche Meinung ist sogar, dass wir, selbstverständlich neben all den anderen wichtigen Dingen, viel mehr Orte brauchen, an dem Menschen wieder face to face zusammenkommen, in Dialog treten und Gemeinschaft bilden.

      2. Kultur muss sein. Die sozialen Bedürfnisse sind vielfältig und letztlich muss alles in einer gesunden Mischung berücksichtigt werden.

      3. Nun, es braucht auch Räume für Begegnung und gemeinsame Erfahrungen. Vielleicht sollten gute und wichtige Dinge nicht gegeneinander ausgespielt werden.

  4. An solchen besonderen Unternehmern ,die sich sozial engagieren, den Zusammenhalt fördern und unserem Gemeinwesen (neben bereits gezahlten Steuern) wieder etwas sinnvolles zurückgeben , sollten sich viele andere ein VORBILD nehmen.
    Danke, Herr Michael Lux !