Rolf Jahn zeigt ab Freitag in der Galerie Partout eine Werkschau aus 40 Jahren Schaffen. Die Ausstellung des Kölner Künstlers unter dem Titel „Im wachen Träumen“ entführt die Gäste in eine magische Bilderwelt, die sich immer wieder neu erfindet.
Text: Antje Schlenker-Kortum. Fotos: Thomas Merkenich
Die Galeristin Ursula Clemens-Schierbaum vertritt Rolf Jahn schon seit einigen Jahren in ihrer Galerie Partout Kunstkabinett in Herkenrath. Sie ist überwältigt von der Menge an Werken, die der Künstler geschaffen hat: ein „unerschöpflichen Kosmos“ aus Farben und Formen, die nicht müde werden, sich immer wieder neu zu erfinden. Das sei eine große Qualität.
„Produktivität und der Spaß an dem, was man tut, sind grundlegend, um von der Kunst zu leben“, sagt Ralf Jahn, der 1962 in Lüneburg geboren ist und offensichtlich viel Spaß beim Machen hat: Mehr als hundert Werke werden bis zum 22. Juni 2024 in der Herkenrather Ausstellung präsentiert.
Große Leinwände mit Malerei in verschiedenen Mischtechniken, kleine minimalistische Zeichnungen auf Papier oder auf Kaffeesäcken, auf Tapete oder und in handgefertigten Kunstbüchern. Dazwischen tummeln sich zweidimensionale, eiserne Gartenskulpturen.
Grafische Figur fängt und hält den Blick
Die Malerei bildet einen bunten Farbteppich mit verspielten Flächen, schwungvollen Strukturen und klaren Pinselstrichen. Und immer dabei: eine grafische Figur, die sich in das große Ganze einfügt, mal frech und präsent, mal fragil und zurückhaltend und manchmal fast unsichtbar.
Rolf Jahn erklärt, dass er die aufgelöste Stimmung der Abstraktion sonst schwer aushalten könne – er „muss eine Figur hineinsetzen“, etwas, das seinen „Blick fängt und hält“. Wie beispielsweise die Figur, die einen Mann mit Hut im Schoss hält.
Das Ölgemälde, mit dem Titel: „Ein Hase erklärt dem toten Beuys die Kunst“, ist eine Reminiszenz an Joseph Beuys’ Aktion, in welcher dieser einem toten Hasen die Kunst erklärt. In der Galerie hängen zwei Varianten des Bildes Rücken an Rücken, sodass man hinter das eine Bild gehen muss, um das andere zu sehen.
Rolf Jahn liebt die Performances, die Joseph Beuys gemacht hat, das habe ihn oft zum Malen inspiriert – und das sei seine Art, die Geschichte weiterzuerzählen.
Erzählerisch sind auch die minimalistischen Zeichnungen aus zarten Kringeln und Strichen, die sich zu Vögeln und fliegenden Menschen verdichten. Eigentlich wollte er Ornithologe werden, studierte jedoch Malerei in der FH Köln – „und jetzt bin ich Vogelmaler“, scherzt der Kölner.
Seit 40 Jahren drücke er sich in seiner ureigenen Malerei aus, die er „Raldystisch“ genannt hat – nie gab es große Veränderungen – er habe keine von den Entwicklungsphasen, wie sie im Werk von vielen Kunstschaffenden zu sehen sind. Er male eigentlich „schon immer dasselbe“ – aber eben „in immer wieder neuen Varianten“ und das schon seit 1981.
Das hat sich bewährt, denn seine Galeristin Ursula Clemens-Schierbaum ist begeistert, wie Rolf Jahn „mit derart wenigen Strichen einen Ausdruck zaubert“.
Rolf Jahn „IM WACHEN TRÄUMEN“
Partout Kunstkabinett
Vernissage: 22. März 2024, 19 Uhr
zu sehen bis 22. Juni 2024
Geöffnet: Di, Do, Fr 16 bis 19 Uhr, Sa 11 bis 13 Uhr
www.partout-kunstgeschichte.de
bring-a-chair-concert: „Tonbanditen“, 20.4., 19 h
Benefizkonzert für die Tafel GL
Midissage: 2.5.2024, 18-20 h mit Rolf Jahn
Finissage: 22.6.2024, 11-13 h mit Rolf Jahn
Immer wieder finden sich markante Bezüge, artverwandte Elemente, die auf eine andere Geschichte zu verweisen scheinen: ganze Vogelfamilien, die mit viel Humor daherkommen. Clemens-Schierbaum sagt, sie kenne inzwischen so viele seiner Vögel und keiner ist wie der andere. Jeder Vogel hat einen anderen Blick. Jahn sagt, das variiere je nach Stimmung: Sie blicken mal aufgebracht, mal frech, mal besorgt: „Jeder Vogel ist ein Individuum.“
Soziale Projekte gestalten
Bei soviel Einfühlungsvermögen scheint es nur naheliegend, dass Rolf Jahn auch gern soziale Projekte gestaltet – in Psychiatrien, Kindergärten und Schulen – in Köln, Bergisch Gladbach und zuletzt in „die Kette e.V.“ in der Paffrather Straße 70.
Mit offenen Ateliers oder gemeinsamen Wandmalereien will er Menschen motivieren, sich malerisch auszudrücken. Wenn das gelingt, dann sei diese kreative Atmosphäre mitreißend: ein Energieteppich im Raum, der sich ganz unmittelbar aufbaut und in der Gestalt von gezeichneten Figuren niederlässt.
Solche Energien schlummern auch in den ausgestellten Kunstbüchern: „Lagerbuch“ so der Titel eines alten, teils beschriebenen und von ihm umgestalteten Rechnungsbuchs. Rolf Jahn hat 200 Zeichnungen hinzugefügt: quirlige Lebewesen, die scheinbar durch die Blätter schweben – zumeist auf der „Haben“-Seite – die „Soll“-Seiten sind leer, beziehungsweise werden sie von den vorgedruckten Worten wie „Kasse“, „Bank“, „Erlös“, „Eingang“ und „Ausgang“ dominiert.
Hier soll der zukünftige Kunstwerksbesitzer selbst kreativ werden, denn „Lagerbuch“ ist ein bewusst unvollendetes Kunstwerk – eine Art Ausmalbuch. Als handgemachtes Kunstwerk ist es zwar ein Unikat – doch der Künstler wünscht sich einen Verlag, der es in einer kleinen Auflage druckt.
Und als wäre es nur ein weiteres Kapitel seiner Geschichte, nimmt Rolf Jahn das schwere Buch vom Sockel, um es auf einen Tisch zu legen und die Geschichte aus 200 Bildern weiterzuerzählen. In wenigen dezenten Strichen zeichnet er der eben noch einsam fliegenden Figur einen kleinen Kompagnon – einfach so, aus einer kreativen Laune heraus und mit einem meditativen Lächeln auf den Lippen.
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