Ab dem 9. Januar verschickt die Stadt Bergisch Gladbach die neuen Bescheide für die Grundsteuer. Zu diesem Thema gab es zuletzt einige Nachrichten, die Fragen aufwerfen: Was hat es mit dem Gelsenkirchener Urteil auf sich? Wie wirkt sich die Hebesatz-Erhöhung in Bergisch Gladbach aus? Wir erklären, was Sie erwartet – und wie Sie reagieren können.

Zusammenfassung in einfacher Sprache

Ab dem 9. Januar schickt die Stadt Bergisch Gladbach neue Briefe zur Grundsteuer. In den Briefen steht, wie viel Grundsteuer Sie 2026 zahlen müssen.

+ Anzeige +

Das Wichtigste zuerst: Im Januar ändert sich für viele erst einmal nichts. Meist bleibt der Betrag wie 2025. Das gilt, wenn sich bei Ihrem Grundstück nichts geändert hat.

Aber: Es kann später noch neue Briefe geben. Denn die Stadt will die Hebesätze erhöhen. Der Stadtrat soll darüber im März entscheiden. Wenn der Stadtrat zustimmt, schickt die Stadt im Frühjahr neue Bescheide. Dann kann die Grundsteuer steigen. Die Erhöhung soll rückwirkend ab dem 1. Januar 2026 gelten. Dann kann es auch eine Nachzahlung geben.

Außerdem gibt es ein Gerichtsurteil aus Gelsenkirchen. Es geht darum, ob unterschiedliche Steuersätze für Wohn- und andere Grundstücke erlaubt sind. Noch ist nicht klar, was das für Bergisch Gladbach bedeutet.

Die Stadt sagt: Im Moment müssen die meisten Menschen nichts tun. Nur Besitzer von Gewerbe-Grundstücken sollten prüfen lassen, ob ein Widerspruch sinnvoll ist.

Die größte Überraschung vorweg: Es ändert sich im Januar – nichts. Der Grundsteuerbescheid 2026 wird genauso ausfallen wie 2025 (sofern es bei der Einstufung der Grundstücke keine Änderung gab). Die ab dem 9. Januar verschickten Bescheide werden aber nicht die letzten für das kommende Jahr sein.

Wir haben uns von Stadtkämmerer Thore Eggert und Bernhard Bertram, Fachbereichsleiter Finanzen, in drei Schritten erklären lassen, womit Immobilien-Eigentümer:innen zu rechnen haben.

Soviel vorab: Weder für die Stadt noch für die Steuerzahler:innen gibt es unmittelbaren Handlungsbedarf. Nur im Fall von gewerblichen Grundstücken könnte es sinnvoll sein, vorsorglich Widerspruch einzulegen. Um den Sachverhalt nachvollziehbar zu machen, müssen wir allerdings weiter ausholen.

1. Die Grundsteuerreform

… mit der Neueinstufung vor allem älterer Grundstücke bringt für die Bescheide für 2026 keine weiteren Veränderungen, die Beträge sind bereits für 2025 neu berechnet worden.

Klagen gegen die Grundsteuerreform (und v.a. gegen das Bundesmodell) hatten bislang keinen Erfolg; zuletzt hatte der Bundesfinanzhof dieses auch in NRW angewandte Modell bestätigt.

Die Details

Die Grundsteuer …

Die Grundsteuer zahlen alle Eigentümer:innen von Grundstücken bzw. indirekt die Mieterinnen. Die Einnahmen fließen direkt in die Stadtkasse.

Bisherige Berechnung der Grundsteuer B

Bislang wurde für die Berechnung der Grundstücke ein Einheitswert zugrunde gelegt, der mit der Steuermesszahl (vom Land festgelegt) und dem Hebesatz (von der Kommune festgelegt) multipliziert wurde und so die jährliche Grundsteuer ergab.

Reform der Grundsteuer B

Die Einheitswerte entsprachen nicht mehr dem tatsächlichen, in der Regel viel höheren Wert der Grundstücke. Daher hatte das Bundesverfassungsgericht eine neue Berechnung auf Basis aktueller Werte gefordert, um die Steuergerechtigkeit wieder herzustellen.

Neue Berechnung der Grundsteuer B

Die Finanzämter hatten zunächst die Grundsteuerwerte für jedes Grundstück neu festgelegt, auf Basis vor allem der Bodenrichtwerte (die für einzelne Zonen im Stadtgebiet regelmäßig von lokalen Gutachterausschüssen ermittelt werden) und des Alters des Gebäudes.

Der neue Grundsteuerwert wird (wie früher) mit der Steuermesszahl (in NRW künftig 0,31 Promille für Wohngrundstücke) multipliziert, das ergibt den Grundsteuer-Messbetrag. Dieser Betrag ist von den Finanzämtern bereits festgelegt worden.

Der Messbetrag wiederum wird mit dem jeweiligen Hebesatz der Kommune multipliziert und durch 100 geteilt – und es ergibt sich die jährliche Grundsteuer. Sie steht dann im Grundsteuer-Bescheid, den die Kommunen aber voraussichtlich erst im Frühjahr verschicken können.

Hier sind die Bodenrichtwerte für Bergisch Gladbach abrufbar: BORIS NRW

Beitragsneutralität

Die individuelle Grundsteuer-Belastung wird sich in so gut wie allen Fällen verändern, die Reform ist also nicht beitragsneutral. Das ist auch nicht das Ziel, Bevorteilungen aus der Vergangenheit sollen abgeschafft, Überbelastungen reduziert werden.

Aufkommensneutralität

Die Summe aller Einnahmen der Stadt aus der Grundsteuer (Aufkommen) soll sich durch die Reform nicht verändern; die Kommunen sollen also weder mehr noch weniger Geld von den Bürger:innen einkassieren.

Wohngrundstücke

Dazu zählen Grundstücke mit Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern, Wohneigentum und Mietwohngrundstücke.

Nichtwohngrundstücke

Dazu gehört Teileigentum (z.B. Garagenhöfe), Geschäftsgrundstücke, unbebaute Grundstücke, gemischt genutzte Grundstücke und sonstig bebaute Grundstücke.

Soweit, so gut. Allerdings gibt es zwei weitere Entwicklungen, die für mehr oder weniger große Fragezeichen sorgen.

2. Eine Erhöhung der Grundsteuer-Hebesätze

… sieht der am Mittwoch vorgelegte Haushaltsentwurf der Stadtverwaltung vor. Die Erhöhung muss aber noch vom Stadtrat beschlossen werden, das ist zusammen mit dem Haushalt 2026 für den März geplant.

Folgt der Stadtrat dem Vorschlag der Verwaltung, dann steigen die Hebesätze für die Grundsteuer B um 100 Punkte:

  • Für Wohngebäude klettert der Hebesatz von 598 auf 698 Punkte; das ist ein Plus von 16,72 Prozent.
  • Für gewerbliche und sonstige Grundstücke steigt der Hebesatz von 873 auf 973 Punkte, also um 11,46 Prozent.

Bestätigt die Politik die Erhöhung, dann verschickt die Stadt im Frühjahr neue Grundsteuerbescheide auf Basis der neuen Sätze. Die Änderung tritt rückwirkend zum 1. Januar 2026 in Kraft, die Steuerpflichtigen müssen also mit einer Nachzahlung rechnen. Wie hoch diese ausfällt, können sie bereits jetzt ausrechnen, wenn sie den aktuellen Jahresbeitrag um die genannten Prozentzahlen erhöhen.

Für ein durchschnittliches Einfamilienhaus bedeutet das nach ersten Schätzungen der Stadt eine Mehrbelastung von 100 bis 150 Euro im Jahr.

Für die Stadt würde das rund fünf Millionen Euro mehr an Einnahmen in die Kasse bringen. Derzeit liegt das Aufkommen aus der Grundsteuer B bei gut 32 Millionen Euro, davon entfallen drei Viertel auf Wohngrundstücke und ein Viertel auf gewerbliche Flächen.

Warum diese Erhöhung aus Sicht der Stadtverwaltung erforderlich ist, und warum sie so hoch auffällt, hatten Bürgermeister Marcel Kreutz und Kämmerer Eggert in ihren Haushaltsreden begründet.

Thore Eggert im Wortlaut

„Der Haushalt 2026 ist – ohne ein pflichtiges Haushaltssicherungskonzept – genehmigungsfähig. Dies aber leider nur unter Nutzung (…) der im Rahmen des Doppelhaushaltes 2024/2025 prognostizierten Erhöhung der Hebesätze sowohl bei der Grund- als auch bei der Gewerbesteuer möglich.

Hinsichtlich des Grundsteuerhebesatzes setzt sich die (vorgeschlagene) Erhöhung von in Summe 100 Hebesatzpunkten wie folgt zusammen: 

25 Hebesatzpunkte dienen der Korrektur diverser Effekte aus der Grundsteuerreform und damit auch der Herstellung der faktischen Aufkommensneutralität. Unter Zugrundelegung der aufkommensneutralen Hebesätze des Landes liegen wir im tatsächlichen Grundsteueraufkommen circa 1,3 Mio. € unter den Planwerten zur Aufkommensneutralität. Ein Trend der in vielen, wenn nicht fast allen NRW-Kommunen zu verzeichnen ist und dort, zuletzt in unserer großen Nachbarkommune Köln, durch eine entsprechende neuen erhöhten Hebesatzsatzung korrigiert wird. 

50 Hebesatzpunkte sind bereits mit dem freiwilligen Haushaltssicherungskonzept 2023 als Konsolidierungsbeitrag ab dem Haushaltsjahr 2026 für den städtischen Haushalt beschlossen worden. 

25 Hebesatzpunkte wurden im Rahmen des Doppelhaushaltes 2024/25 bzw. des Haushaltsnachtrages 2025 bereits als notwendiger Ertragsposten im Rahmen des Haushaltsbegleitbeschlusses 2025 vorgeschlagen und die fehlenden Kompensationsaussichten mit der Vorlage in der Sitzung des Finanzausschusses im Juli 2025 festgestellt.“ Quelle: Haushaltsrede vom 16.12.2025

In der Kurzfassung: Ohne Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer gerät das Haushaltsdefizit außer Kontrolle, die Kommunalaufsicht würde eingreifen und die Stadt ihre finanzielle Autonomie verlieren.

3. Das Gelsenkirchener Urteil

… sorgt für weitere Unsicherheiten. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte entschieden, dass unterschiedliche Steuersätze für Wohn- und für Nicht-Wohngrundstücke gegen die Steuergerechtigkeit verstoßen, die darauf beruhenden Bescheide seien rechtswidrig.

Solche differenzierten Steuersätze wendet auch Bergisch Gladbach an. Aber zunächst gilt das Urteil nur für vier Kläger und vier beklagte Städte im Ruhrgebiet. Zudem ist es noch nicht rechtskräftig, eine Sprung-Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde ausdrücklich zugelassen. Und schließlich liegt die schriftliche Begründung des Urteils noch immer nicht vor.

Mehr zum Thema

Neue Unsicherheit bei der Grundsteuer

Gegen die ausdrückliche Warnung des Kämmerers hatte der Stadtrat bei der neuen Grundsteuer unterschiedliche Hebesätze für Gewerbe und für Wohnen beschlossen. Diese Differenzierung hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen für rechtswidrig erklärt. Für Bergisch Gladbach hat das zunächst keine direkte Auswirkung – aber nun steht das gesamte Modell auf dem Prüfstand.

Daraus ergeben sich für die Steuerzahler in Bergisch Gladbach eine Reihe von Fragen, die auch die Kämmerei der Stadt Bergisch Gladbach noch nicht beantworten kann. „Wir hängen in der Luft“, sagt Eggert. Er hofft aber dennoch, dass das Bergisch Gladbacher Modell Bestand haben wird.

Zunächst ist offen, ob und wann das Bundesverwaltungsgericht das Gelsenkirchener Urteil bestätigt. Womöglich wird auch noch das Bundesverfassungsgericht angerufen.

Unklar ist selbst dann, ob das Urteil auch für Bergisch Gladbach gilt. Die Kämmerei hofft, dass die sozialpolitische Begründung der Differenzierung (keine weitere Belastung der Eigentümer:innen) akzeptiert wird. Auch die Tatsache, dass die Spreizung der beiden Hebesätze in GL deutlich geringer ist als etwa in Gelsenkirchen, könnte sich zugunsten der Stadt auswirken.

So oder so gehen Eggert und seine Fachleute davon aus, dass diese Fragen in 2026 noch nicht geklärt und die Konsequenzen noch nicht umgesetzt werden. Daher sehen sie für die Stadt Bergisch Gladbach zunächst keinen Handlungsbedarf.

Sobald die rechtliche Lage eindeutig ist und das Land NRW (das die Differenzierung ausdrücklich erlaubt hatte) entsprechende Empfehlungen abgegeben hat, könne und müsse die Verwaltung und wohl auch die lokale Politik reagieren. Das könnte für den Haushalt 2027 relevant werden.

Sollte die Differenzierung verboten werden, würde die Stadt zum ursprünglich von der Verwaltung vorgeschlagenen einheitlichen Hebesatz zurückkehren: Das wären 653 Punkte (plus die geplante Erhöhung um 100 Punkte).

Eine solche Änderung hätte jedoch keine rückwirkende Gültigkeit. Weder müssten die Steuerpflichtigen für die zu niedrig besteuerten Wohngrundstücke Beträge nachzahlen. Noch würden für gewerbliche Grundstücke Rückzahlungen fällig.

Es sei denn, die Steuerpflichtigen hätten gegen die in der Zwischenzeit ergangenen Steuerbescheide Widerspruch erhoben. Daher könnte es für die Eigentümer:innen von Gewerbegrundstücken (und nur für die!) sinnvoll sein, einen solchen Widerspruch bei der Stadt einzulegen und mit der Ungleichbehandlung zu begründen.

Um die Abteilung Kommunalsteuer vor einer völligen Überlastung zu schützen, würde die Stadt die Betroffenen bitten, ihren Widerspruch ruhend zu stellen – bis es eine grundsätzliche rechtliche Klärung gibt, kündigt Eggert an. Daraus würde beiden Seiten kein Nachteil entstehen. Folgen die Klagenden dieser Empfehlung nicht, habe die Kämmerei keine andere Wahl, als den Widerspruch abzulehnen.

Dass die Stadt von sich aus bereits rechtskräftige Bescheide nach einem entsprechenden Urteil zurückzieht und neu berechnet, ist ausgeschlossen. Dazu sei sie gar nicht berechtigt, stellt Bertram klar.

Haus & Grund: Dringender Handlungsbedarf

Sylvia Schönenbröcher, Geschäftsführerin von Haus und Grund, stimmt Eggert und Bertram in der Beurteilung der Lage zu. Im ersten Schritt müsse man jetzt die schriftliche Urteilsbegründung aus Gelsenkirchen abwarten und dann wohl auch die höchstrichterlichen Urteile.

Für die Eigentümer:innen von Geschäftsgrundstücken sieht sie dennoch „dringenden Handlungsbedarf“: sie sollten auf jeden Fall Widerspruch gegen den Bescheid im Januar einlegen – und dann in Ruhe abwarten, bis die Sache rechtlich geklärt ist. Den Vorschlag der Stadt, solche Widersprüche ruhend zu stellen, hält sie für vernünftig.

Hinweis der Redaktion: Bei der Veröffentlichung der ersten Fassung des Beitrags lag die Stellungnahme von Haus und Grund noch nicht vor, wir haben sie nachträglich ergänzt. Ebenso die Grafik zur Entwicklung der Hebesätze weiter oben.


Sie finden diesen Artikel gut? Sie sind mit unserer Arbeit zufrieden? Dann können Sie uns gerne mit einem Einmalbeitrag unterstützen. Das Geld geht direkt in die journalistische Arbeit.

Oder Sie werden Mitglied im Freundeskreis, erhalten exklusive Vorteile und sichern das Bürgerportal nachhaltig.


Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

Reden Sie mit, geben Sie einen Kommentar ab

4

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

  1. Ach wie schön sind die weihnachtlichen Grüße unserer Kommunalpolitik. Nur ein Plus von 16,72 Prozent bei der Grundsteuer für private Haushalte.
    Zur Weihnachtszeit erinnert man sich aber doch auch immer gerne an früher. Wie sah der Steuerbescheid denn 2021 aus? Von 2021 zu 2026 sind es dann auf einmal schon eine Erhöhung von 47,98% und seit 2017 sogar 54,78%. Sollte der Hebesatz der gewerblichen und privaten Grundstücke angeglichen werden, wäre diese Erhöhung seit 2017 dann sogar 66,98%.

    Gut, dass ich durch meine Eltern noch gelernt habe, dass Sparsamkeit auch bedeutet Dinge zu pflegen und zu reparieren. Ebenso habe ich gelernt, dass man vom Geld ausgeben nicht reicher wird. So werde ich auch weiterhin genug Geld haben, um die Stadt Bergisch Gladbach zu unterstützen bis sie gelernt hat zu haushalten.

    Eine frohe Weihnachtszeit liebe Stadt!