Joscha Bastians ist Ernährungswissenschaftler, YouTuber, Geschäftsmann. Fotos: Thomas Merkenich

Joscha Bastians brennt für’s Grillen. Er ist Ernährungswissenschaftler und betreibt einen bekannten Youtube-Kanal. Nun hat er auch den Bergisch Gladbacher Fachhandel „Grillgoods“ übernommen. Das ungewöhnliche Geschäft und der Video-Kanal entwickeln sich offenbar gut. Entsteht damit ein Spagat zwischen Bloggen und Business?

Das private Rösten von Fleisch hat Hochkonjunktur. Und Joscha Bastians, Videoblogger und neuer Inhaber des Bergisch Gladbacher Fachhandels „Grillgoods“, schwimmt auf der Welle mit. Ein Ernährungswissenschaftler und Grillen? Gerade jetzt, wo vegane und vegetarische Gerichte in aller Munde sind?

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„Aus wissenschaftlicher Sicht könnte ich viel über den Vorteil von Fleisch erzählen“, sagt Bastians. Jeder Trend erzeuge einen Gegentrend – im Kern wolle die Zielgruppe von Grillgoods einfach nur gutes Essen genießen. „Und Fleisch gehört für sie einfach dazu,“ sagt Bastians. Die Bedeutung der veganen Szene werde in den Medien überrepräsentiert.

Foto: Thomas Merkenich

Fleisch, auch das gibt es auch im Ladengeschäft von Grillgoods an der Buchholzstraße. In hoher Qualität aus NRW. Angefangen bei 20 Euro pro Kilo für ein ordentliches Steak. Bis hin zu 500 Euro pro Kilo. Dann ist man in Qualitätskategorien unterwegs, die wie teure Weinlagen klingen: „ShioMizu Aged Biru Wagyu Auslese“. Die Begriffe beschreiben die Fleischgüte und die Art der Veredelung.

Wer kauft sowas ? „Griller“, grinst Bastians. In der Tat gehören Männer mittleren Alters in gehobenen Einkommensklassen zur Zielgruppe des Ladens, erklärt er später. Die Kunden kämen aus der Region, aber auch aus Benelux, Österreich und der Schweiz.

Highend-Grills

Grills und das passende Zubehör: Das hat heutzutage mit den Holzkohle-Klappergestellen der 1970er Jahre, vor denen sich batteriegetrieben ein Hähnchen drehte, nichts mehr zu tun. Wer das Ladengeschäft von Grillgoods betritt, wähnt sich kurz in einem Autohaus.

Blank geputzt und ausladend werden die Grill-Boliden führender Marken inszeniert. Keramikgrills, Smoker, Grills mit Temperaturanzeige auf dem LCD-Panel. Das sind Highend-Geräte, die das Grillen zur Vollendung bringen sollen.

Holz, Stahl mit Patina und dunkle Farben zaubern ein warmes Ambiente. Amerikanisches-Flair macht sich breit, Anglizismen versprühen einen Hauch von Amerika, dem Mutterland des Grillens: Das Fleisch kommt von Eatventure“, es gibt einen „meat point“ oder einen „dutch oven“. Fast wie Ikea auf amerikanisch: Brätst Du noch oder grillst Du schon?

Und es gibt jede Menge Zubehör zu kaufen: Bürsten, Zangen, Schalen, Räucher-Chips, magnetische Besteckablagen. Bücher wie die „Meat Academy“ oder die „Pizza Bibel“ feiern das Grillen mit intellektuell-spiritueller Überhöhung. Holzkohle ist auch im Angebot, wobei die meisten Grills anscheinend mit Gas betrieben werden.

Persönlicher Service

Die Produktwelten sind ziemlich ausdifferenziert, es gibt must-haves und nice-to-haves. Mit ordentlicher Marketing-Power dahinter. Und PR-Texten aus dem Lehrbuch. Wenn man denn mit Produkteigenschaften wie dem „Chip-Feeder-System für köstliche Raucharomen“ etwas anzufangen weiß.

Aber dafür sind Joscha Bastians und das siebenköpfige Team von Grillgoods da. Für sie steht Beratung an erster Stelle, und das merkt man dem aufmerksamen Service an diesem Vormittag auch an. Kunden kommen auf Termin herein, um über Wunschprodukte zu sprechen. Da liegt zuweilen nervöse Vorfreude in der Luft – wie beim Empfang eines Neuwagens.

Grillgoods-Fachhandel
Buchholzstr. 105, 51469 Bergisch Gladbach
www.grillgoods.de, youtube

Joscha Bastians ist im Geschäft der zentrale Ansprechpartner, er ist in der Grillcommunity durch seine Social Media-Aktivitäten bekannt. Vielleicht sogar so etwas wie eine Szenegröße.

Im Geschäft gibt es ihn live. Er begrüßt die Kunden, kommt im Beratungsgespräch schnell auf den Punkt. Immer nahbar, auskunftsfreudig, authentisch – man duzt sich. Wie auf Social Media.

Start mit Youtube-Channel

Dort fängt vor drei Jahren alles an, im kleinen Rahmen. „In meiner Freizeit habe ich gegrillt. Meine Erfahrungen wollte ich irgendwann teilen“, erzählt Bastians. Die Pandemie schafft genügend Zeit, und er startet den Youtube-Kanal Meat’n great. Lädt sein erste Video hoch.

Meat’n Great
Youtube
Grillcommunity (Facebook)

Mit Erfolg: „Über Nacht hat der Clip hohe Zugriffszahlen generiert! Die Pandemie war wohl ein guter Zeitpunkt.“ Der Kanal kommt ins Laufen, mit ein bis zwei neuen Clips pro Woche und rasant steigenden Followerzahlen. 124.000 Abonnenten hat der Kanal heute, ein Video („Die acht wichtigsten Tipps für Gasgriller“) kommt auf über 700.000 Aufrufe.

Bastians betont, dass ihm auf dem Videoblog die Unabhängigkeit wichtig sei. Die Themen setze er selbst. Mit Influencern, die sich für Produktpräsentationen kaufen lassen, habe er nichts zu tun.

Es ist dennoch lukrativ: Affiliate Links (die auf Angebote von Partner-Angebote verlinken) bringen Provisionen ein. Irgendwann will Bastians eigene Produkte anbieten, statt von den Webshops anderer zu leben.

Als gründet er 2021 den Online-Handel „Shop’n Grill“. Mit selbst entwickeltem Zubehör der Marke „Meat’n Great“ für das Grillen. Günstiger als bei Mitbewerbern oder zu gleichen Preisen, aber mit zusätzlichen Features.

Foto: Thomas Merkenich

Lukratives Statussymbol

Das rentiert sich: Im Oktober 2022 übernimmt die Meat ’n‘ Great UG & Co. KG den Fachhandel Grillgoods in Bergisch Gladbach. Für einen „sechsstelligen Betrag“, so Bastians, wechseln Waren, Kunden, 500 Quadratmeter Lager und Marke den Besitzer. Finanziert aus eigenen Mitteln, nicht über die Bank, wie er betont.

Bastians Vertriebsstrategie ist zweigleisig: Grillgoods vertreibt Marken, die er und sein Team schätzen. Über das Unternehmen Babossa BBQ wird die Eigenmarke verkauft, ergänzt um Edelstahlprodukte von Grill Supply – auch ein Neuerwerb.

Ihre Kunden scheinen kräftig in das neue Statussymbol Grill zu investieren: 2022 erwirtschaftet Grillgoods mit Laden und Webshop einen Umsatz im „hoch sechstelligen Bereich“, 2023 falle die Millionengrenze. Sieben Mitarbeiter sind dafür im Einsatz. Der Umsatz bei Babossa BBQ liege für 2023 voraussichtlich ebefalls im siebenstelligen Bereich.

Grafik: in-gl.de, April 2023

Spagat zwischen Bloggen und Business

Vom Blogger zum Business: Joscha Bastians ist in kurzer Zeit zum Geschäftsmann geworden. Zuerst mit Produkten unter dem Markennamen seines unabhängigen Blogs. Dann mit der Übernahme von Grillgoods.

Aber er will in beiden Welten zuhause bleiben. „Ich bin Youtuber mit Leidenschaft“, betont er. Der Kanal werde bleiben. Da will er weiter unabhängig seine Videos hochladen, Tests veröffentlichen.

Gerät man da nicht in Gefahr, Produkte der eigenen Vertriebsschienen zu bevorzugen? Gefällige Produkttests zu publizieren, um sie für Grillgoods zu pushen?

Joscha Bastians verneint dass. Bei den Tests auf seinem Video-Blog bleibe er unabhängig. Er teste sowohl gekaufte als auch zur Verfügung gestellte Ware. Grills, die er bei Grillgoods nicht im Programm hat.

Und auch mal Grills vom Discounter, wobei die Kritik dann eher subtil ausfällt: „Viel Spaß für kurze Zeit“, lautet dann das Fazit zur Materialqualität günstigerer Produkte.

Zu Grillgoods gehört auch eine Grillschule. Foto: Thomas Merkenich

Schwieriger Spagat

Er habe zudem Kriterien entwickelt um die Tests über ein Punktesystem zu standardisieren. „Wir sind besser als Stiftung Warentest, die keine Ahnung vom Grillen haben“, gibt er sich überzeugt.

Klar: Auch der Geschäftsbereich ist in den sozialen Medien präsent. Dafür habe er einen eigenen Youtube-Kanal entwickelt. Da gehe es eher um Vertrieb, Service und Kundenstorys. In strikter Trennung zu Meat´n Great.

Der Spagat zwischen Bloggen und Business ist nicht einfach. „Die Verantwortung ist gewachsen“, ist Bastians klar. Man müsse in den Aussagen vorsichtig sein. Er gestalte letztlich auch eine Meinung in der Szene. Aber der Stallgeruch als passionierter Griller und Blogger – der ist fürs Geschäft sicher nicht verkehrt.

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ist Reporter und Kulturkorrespondent des Bürgerportals.

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7 Kommentare

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  1. Mir reicht die „Ernährungspyramide“ da vollkommen aus. Wenn sich jeder daran halten würde, wäre unsere Gesellschaft auch nicht so adipös.

    Ein erhöhter Fleischkonsum, der mit der Aussage einher geht, ist moralisch fragwürdig und ist einer der Hauptgründe, warum wir langfristig unser Klima ruinieren und auch in den nächsten 100-200 Jahren vor die Hunde gehen werden.

    Wie Christian-Andreas schon schreibt – es ist schlichtweg (anscheinend erfolgreiches) Marketing und das Ansprechen einer solventen, männlicher Zielgruppe.

    1. Haben Sie mal gesehen, welche Preise da aufgerufen werden? So etwas bringt auch der solvente Mittelstand nicht allzu häufig auf den Tisch. Das passt dann auch gut in die Ernährungspyramide (die aus irgendwelchen Gründen auch alle paar Jahre durchgemischt wird).

      Sowohl für die Ernährung als auch fürs Klima weitaus gefährlicher dürfte das Schnitzel zu 5,99/Kilo sein, das zu den beliebtesten Aktionswaren in den Supermärkten zählt – Haltungsform 1 natürlich.

  2. Dem YouTube Channel und online-Shop folge ich bereits lange, mein Besuch nun im Laden ist überfällig. Coming soon :-)
    Good Job

  3. „Aus wissenschaftlicher Sicht könnte ich viel über den Vorteil von Fleisch erzählen“, sagt Bastian

    Ja, gut. An der Stelle habe ich aufgehört zu lesen ;)

    1. Weil Sie einem Ernährungswissenschaftler nicht glauben wollen, der von seinem Fachgebiet spricht?

      1. Superpräzise müsste man wohl von einem Absolventen der Ernährungswissenschaften sprechen, der nun als Geschäftsmann die Zielgruppe „Männer mittleren Alters in gehobenen Einkommensklassen“ adressiert.

        Mag schon sein, dass das die Bedeutung des Themas vegane Ernährung medial überbetont wird. Ähnliches würde ich aber auch über das Thema Fleischzubereitung durch Männer mittleren Alters in gehobenen Einkommensklassen behaupten.

      2. Er wird in seinem Studium schon etwas gelernt haben. Jedenfalls glaube ich jemandem vom Fach zunächst einmal eher als Leuten, die ihre Informationshappen bei Youtube, Facebook oder Instagram beziehen oder mal einen schlauen Zeitungsartikel gelesen haben.

        Dass der Grill-Hype auch ein aufgeblasenes In-Thema ist, unterschreibe ich sofort. Aber was da an vegetarischen und veganen Produkten im Handel zu sehen ist, vor allem sogenannte Fleischersatzprodukte, kann einem graue Haare wachsen lassen: Oft genug hochverarbeitet mit ellenlangen Zutatenlisten – da dürfte ein hochwertiges Steak im Vergleich ernährungsphysiologisch wirklich durchstarten.

        Ich habe in den letzten Jahren immer mal wieder für Vegetarier mitgekocht, weil in Familie und Bekanntenkreis der/die eine oder andere sich zum Fleischverzicht entschlossen hat. Tiefpunkt der Recherche waren Zutatenlisten, auf denen sich Methyzellulose fand. Normalerweise kennt man die als weißes Pulver in einer violetten Schachtel unter dem Markennamen Metylan – vulgo Tapetenkleister. Seitdem bringe ich lieber Dinge wie Reibekuchen mit Apfelmus auf den Tisch, wenn sich Vegetarier zum Essen angesagt haben.