Herkenrath begeht in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum: Das Gymnasium wird fünfzig Jahre alt, die Gebäude sind aber zum Teil noch mehr als 100 Jahre älter. Ein Blick zurück in die Geschichte zeugt von engagierten Schüler:innen und Lehrkräften sowie altbekannten Problemen. Das Leitbild der Schule ist dabei unverändert geblieben: „Wir sind da: ansprechbar, persönlich und nah.” Jetzt lädt die Schule zur Jubiläumswoche nach Herkenrath ein.

Um 1800 gab es drei Schulen im Dorf Herkenrath: das Küsterhaus an der Sankt-Antonius-Kirche, eine Schule im Häuschen Scheid (Asselborner Weg) und eine in der Hombach. Im Jahr 1857 beschloss der Gemeinderat Herkenrath den Bau eines neuen Schulgebäudes im Dorfmittelpunkt Ball. Vier Erzgruben waren zu dieser Zeit in der Umgebung von Herkenrath in Betrieb, die Schülerzahl stieg kräftig an.

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Im Frühjahr 1861 konnte die neue Schule nach zwei Jahren Bauzeit eröffnet werden. 1923 und 1924 wurde das Schulhaus von französischen Besatzern als Kaserne genutzt, wodurch der Unterricht ausfallen musste. Während des zweiten Weltkrieges wurden die Räume zeitweise durch SS-Truppen belegt und ein Großteil des Unterrichts in Heimarbeit überführt.

1968: Von der Volksschule zum Schulzentrum

Am ersten August 1968 wurde die bisherige Volksschule in eine Grundschule und Hauptschule aufgeteilt und somit abgeschafft. Das 1861 eröffnete Schulgebäude, das heute auch als Altbau bekannt ist, wurde dabei für den Grundschulunterricht verwendet.

Ab 1968 drohte dem damals völlig maroden Gebäude immer wieder der Abriss, der allerdings aufgrund akuter Raumnot verhindert wurde. Eltern und Schüler:innen haben damals gemeinsam den Altbau renoviert und in den heutigen Zustand überführt.

Am 27.04.1971 wurde im Bauausschuss der Stadt über die Plausibilität eines Schulzentrums in Herkenrath diskutiert. Im November des Folgejahres beschloss man, ein neusprachliches Gymnasium für Mädchen und Jungen zu errichten.

1974: Gymnasium startet als Provisorium

Nachdem vier neue Klassenräume an die Johanniter-Hauptschule angebaut wurden, wurde der Schulbetrieb am Gymnasium durch den Kultusminister genehmigt und zum Schuljahresbeginn 1974/75 aufgenommen. Im Altbau wurden 149 Schüler der Realschule und am Gymnasium 39 Mädchen und 54 Jungen in drei Klassen unterrichtet.

Erst im Februar 1975 wurde Hans Schmidt als erster Direktor des Gymnasiums tätig und ab November durch den stellvertretenden Schulleiter Winfried Chassée unterstützt. Der Dachboden im Altbau diente provisorisch als Lehrerzimmer für die Lehrkräfte des Gymnasiums und der Realschule.

1979: Umstrittener Neubau

In einigen weiteren Bauabschnitten wurden 1976 sechs weitere Klassenräume fertiggestellt und der Bau des Hauptgebäudes und der Sporthalle begonnen. Diese Baumaßnahmen sollten dem massiven Raummangel entgegenwirken, da dieser zeitweise zu einem Aufnahmestopp von neuen Schüler:innen führte. Fertiggestellt und eingeweiht wurde der Neubau 1979. Ab diesem Jahr bildete die Schule auch Referendar:innen aus.

Problemlos verlief der Bau der Schule allerdings nicht. Während des Baus mussten die Baupläne kurzfristig verändert werden, da die Arbeiter auf Felsen gestoßen waren. Noch heute sind die Auswirkungen erkennbar: Die Aula wurde damals beim Bau um 180 Grad gedreht, weshalb der Projektionsraum heute mitten auf der Bühne steht. Pumpen mussten im Untergeschoss der Schule installiert werden, um Überschwemmungen zu vermeiden.

Parallel dazu war die Unzufriedenheit mit dem Bau in der Bevölkerung groß, der man durch die Idee eines Bürgerzentrums entgegenzuwirken versuchte. Dabei wurde die Schule als ein frei zugänglicher Ort für Kinder, Jugendliche und Erwachsene zur Verfügung gestellt und konnte etwa für Filmvorführungen genutzt werden. Die Nachfrage flachte aber mit der Zeit ab. Auch die damalige Farbe des Schulgebäudes, das sogenannte „Ockergelb“, sorgte in der Bevölkerung für Bestürzung und eröffnete viele Diskussionen.

Im Juni 1982 bauten fünf Schüler, zwei Hausmeister und Direktor Hans Schmidt auf Eigeninitiative einen dreißig Meter langen Schulweg vom Schulhof des Herkenrather Gymnasiums zum neuen Aufenthaltsraum für die Oberstufe. So wurden Rasengittersteine und Sand angeschafft und innerhalb einer Woche entstand der noch heute bekannte Pfad neben der Schule. Dieser trägt aufgrund der auf die Mauer gemalten Bananen den Spitznamen „Bananenweg“.

Schule ohne Namenspatron

Wie der Name der Schule zu erkennen gibt, gibt es keinen Namenspatron. Ursprünglich sollte das Gymnasium „Neusprachliches Gymnasium Bensberg-Herkenrath“ bzw. „Neusprachliches Gymnasium Bergisch Gladbach-Herkenrath“ genannt werden. Diese Idee geriet allerdings aufgrund der Umständlichkeit schnell in Vergessenheit.

Zudem nutzte der Schulleiter Hans Schmidt in Briefköpfen immer die Bezeichnung „Gymnasium Herkenrath“, die sich bis heute in der Praxis etabliert hat. Immer wieder gab es Initiativen für unterschiedlichste Namenspatronen, die allerdings aufgrund von vielseitigen Meinungsverschiedenheiten nie etabliert wurden. „Damit hat das Gymnasium Herkenrath bis heute ein gewisses Alleinstellungsmerkmal“, betont Dieter Müller, der heute Schulleiter ist.

Erbe der 80/90er Jahre lebt heute noch fort

Viele Projekte der 80/90-iger Jahre leben dank einiger (teils schon pensionierten) Lehrkräfte noch heute weiter. So hat sich bis heute ein USA-Austausch nach Williston (North Dakota) etabliert, wodurch mittlerweile eine langjährige Schulfreundschaft entstanden ist.

Auch nach der Corona-Pandemie ist diese Freundschaft bestehen geblieben und der Austausch wurde nach corona-bedingter Pause erfolgreich wieder aufgenommen. Zudem erhält die Schule für die Güte des Austausch-Programms GAPP-Förderungen, sprich Gelder des Pädagogischen Austauschdienstes.

Sport und Musik

In den 1990er Jahren war das Gymnasium Herkenrath Olympiastützpunkt im Bereich Turnen. Zu dieser Zeit bauten das Turner-Paar Dieter und Ulla Koch und die Sportfachschaft der Schule gemeinsam mit Schulleiter Schmidt die „Partnerschule des Leistungssports“ auf.

Auch wenn die Schule heute nicht mehr Olympiastützpunkt ist, so genießt das Fach Sport noch immer eine große Bedeutung in Herkenrath. Dies zeigt sich an zahlreichen Arbeitsgemeinschaften mit sportlichem Schwerpunkt, der Skifahrt und einem fest etablierten Sport Leistungskurs in der Oberstufe.

Auch einen musikalischen Schwerpunkt hatte die Schule zu dieser Zeit: es gab einen großen Chor und ein großes Orchester bestehend aus Streichern und Bläsern. In den 2010ern und 2020ern wurde dies in Form einer Big Band, eines Senior Baroque Ensembles und durch die sog. Kammermusik wieder aufgegriffen.

Mit der Max-Bruch-Musikschule besteht eine Kooperation zur Förderung der Musik, die den Aufbau eines jungen Bläserensembles ermöglichte. Dies stelle eine gute Basis für die Kinder dar, um selbst einmal in der Big Band mitzuspielen.

Drei Direktoren – eine Schulkultur

Seit der Gründung des Gymnasiums steht ein enger Kontakt zwischen Schüler:innen und Lehrer:innen im Vordergrund. Dies ist unter anderem auch auf das Umdenken in der Gesellschaft in den 70er Jahren zurückzuführen, da man den menschlichen Umgang in der Schule in den Vordergrund stellte und somit das Miteinander zunehmend bedeutsamer wurde. Förderlich dafür war zu dieser Zeit auch das junge Kollegium – das sich für ein freundliches und zugewandtes Miteinander einsetzte.

Dieter Müller, Paul Blatzek und Hans Schmidt. Foto: Gymnasium Herkenrath

Diese Schulkultur wurde von Hans Schmidt über Paul Blatzek (Direktor von 1997 bis 2012) bis hin zum aktuellen Schulleiter, Dieter Müller stetig weitergetragen. Diese Idee, ganz getreu dem Leitbild „Wir sind da: ansprechbar, persönlich, nah“, ist bis heute somit fest etabliert und zeigt, wie wichtig noch heute die gute Zusammenarbeit zwischen Schülerschaft, Eltern und Lehrkräften am Gymnasium Herkenrath ist.

Projekt Wandgestaltung

Mit der Tätigkeit von Dieter Müller als Schulleiter nahm auch das Fach Kunst einen größeren Stellenwert in Herkenrath ein. Seit 2013 werden die Wände der Schule bemalt, um den Fluren ein kreatives und individuelles Flair zu verleihen und die grau-gelben Wände zu verschönern.

So erarbeitete die Kunstfachschaft mit den Grundkursen und einem Projektkurs ein Konzept, das anschließend mit dem Schulträger abgestimmt werden musste. Nach erfolgter Zustimmung wurde die gesamte Schule von Schülern und Lehrern neu tapeziert und gestrichen.

„Das Streichen erfolgte im Tontrennverfahren, bei dem Berühmtheiten passend zum jeweiligen Bereich in der Schule ausgewählt wurden“, erklärt Romina Matthes, stellvertretende Schulleiterin. Mittlerweile wird so jeder Gang der Schule durch verschiedene Personen, Zitate, oder auch Motive geziert. Eine Fortsetzung der Malerei ist dabei in Planung.

Breit gefächertes Angebot

Für Schulleiter Müller steht die Schule als Lebensraum im Vordergrund. Dadurch besteht für die Schüler und Lehrkräfte die Möglichkeit, das Schulleben mitzugestalten und sich etwa in Arbeitsgemeinschaften aktiv zu betätigen.

Eine Garten-AG kümmert sich beispielsweise seit Jahren um die Beete auf dem Schulgelände. Generell gibt es mittlerweile zahlreiche Arbeitsgemeinschaften zum Thema Umwelt, wie etwa die Klima-AG, die Umwelt-AG und auch die Schülergenossenschaft „Hilfe für die Umwelt“, welche sich für solche Belange einsetzt.

Auch für technisch affine Schüler werden mehrere Arbeitsgemeinschaften angeboten. Wichtig sei dabei vor allem die Vielfalt der Angebote für AG´s und Leistungskurse, betont Matthes. So wurde die Schule in den vergangenen Jahren auch als „Digitale Schule“, „Mintfreundliche Schule“, „Schule der Vielfalt“ und „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ausgezeichnet.

Altbekannte Probleme noch immer aktuell

Ein aktuelles Problem, das allerdings schon zur Zeit der Schulgründung aufgetreten ist, ist die Raumnot. „Es fehlt an allen Ecken und Enden an Räumen. Ich weiß nicht mehr, wo ich die Kinder unterbringen soll“, sagt Matthes.

Der Wasserschaden in den Chemie- und Musikräumen macht sich somit weiterhin bemerkbar und verstärkt den ohnehin bestehenden Raummangel, fügt Müller hinzu. Ebenso wie die Tatsache, dass ein weiterer Raum aus Brandschutzgründen geschlossen werden musste, der aber für die Unterrichtsplanung essentiell ist. Auch der Fake-Amok-Alarm im Mai habe Unruhe ausgelöst. Offenbar beruhte der jedoch „nur“ auf einen aktuellen Tik-Tok-Trend.

Auch Vandalismus ist ein Problem in Herkenrath: so wurde etwa der Regenbogen, den die AG Schule der Vielfalt an einen Außenpfeiler gemalt hatte, schon mehrmals beschmiert. Auch an anderen Außenfassanden sei mit diesem Problem zu kämpfen.

Davor würde ein Zaun schützen, den sich die Schulleitung – wie es an anderen Schulen bereits der Fall ist – um einen Teil des Schulgeländes wünscht. „Wir hätten gerne eine partielle Einzäunung um das Schulgelände, und zwar nicht, weil wir wen aussperren wollen – es ist völlig in Ordnung, dass Kinder auf dem Schulhof spielen. Aber abends und nachts sind wir nicht mehr Herr des Geschehens“, erklärt Müller. „Dadurch soll keineswegs die Kultur der offenen Tür, wie sie in Herkenrath gelebt wird, berührt werden“, fügt Matthes hinzu.

Einladung zu den Jubiläumsfeiern

Aber diese Herausforderungen sollen zumindest für die letzte Schulwoche einmal hintergründig werden, denn nun steht die große Jubiläumswoche bevor, wozu die Schule herzlich einlädt. Die Festwoche findet vom zweiten bis zum vierten Juli 2024 statt. Das Programm untergliedert sich dabei in folgende Programmpunkte:

  • Dienstag, 2. Juli 2024: Premiere des Musiktheaters „Vom Vorgestern ins Übermorgen – Was macht Schule?” um 19:30 Uhr. Einlass und Empfang ab 18:30 Uhr.
  • Mittwoch, 3. Juli 2024: Musiktheater „Vom Vorgestern ins Übermorgen – Was macht Schule?” um 20:00 Uhr (vorrangig für Ehemalige und geladene Gäste). Einlass und Empfang ab 19:00 Uhr.
  • Donnerstag, 4. Juli 2024: Schulfest ab 16:00 Uhr mit kleinem Sommerkonzert und einer großen Party ab 20:30 Uhr.

Der Kartenvorverkauf erfolgt in der Schule. Ehemalige Schülerinnen und Schüler sowie ehemalige Kolleginnen und Kollegen können Karten für den 3. Juli 2024 per E-Mail reservieren und an der Abendkasse abholen und bezahlen. Senden Sie in diesem Fall eine E-Mail an: 50jahre@gymnasium-herkenrath.de. Weitere Informationen finden Sie auf der Jubiläumsseite des Gymnasiums.

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1 Kommentar

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  1. Sehr geehrte Redaktion, mit großer Freude und Interesse habe ich Ihren Artikel zum 50-jährigen Jubiläum des Gymnasiums Herkenrath gelesen. Dieses besondere Jubiläum ist nicht nur ein Meilenstein in der Geschichte der Schule, sondern auch ein Beweis für das anhaltende Engagement und die Hingabe, die Lehrerinnen, Lehrer, Schülerinnen, Schüler und Eltern gleichermaßen gezeigt haben.

    Besonders beeindruckend finde ich das soziale Miteinander und den respektvollen Umgang, die das Gymnasium Herkenrath auszeichnen. In einer Zeit, in der die Gesellschaft oft von Individualismus und Konkurrenz geprägt ist, hebt sich diese Schule durch ihr starkes Gemeinschaftsgefühl hervor. Es ist ermutigend zu sehen, wie Schülerinnen und Schüler dort nicht nur tolle Leistungen erbringen, sondern auch lernen, was es bedeutet, Teil einer solidarischen und unterstützenden Gemeinschaft zu sein.

    Das Gymnasium Herkenrath hat es geschafft, eine Umgebung zu schaffen, in der Respekt, Toleranz und gegenseitige Unterstützung an ganz weit oben stehen. Diese Werte werden nicht nur im Unterricht vermittelt, sondern auch im täglichen Miteinander gelebt (klar… einzelne Ausnahmen gibt es immer….). Solch ein Klima trägt aber entscheidend dazu bei, dass sich Schülerinnen und Schüler wohlfühlen, Vertrauen in ihre Fähigkeiten entwickeln und ihre Persönlichkeit entfalten können.
    Auch die zahlreichen Projekte und Initiativen, die im Laufe der Jahre ins Leben gerufen wurden, verdienen besondere Anerkennung. Ob es sich um soziale Projekte, kulturelle Veranstaltungen oder sportliche Aktivitäten handelt – das Gymnasium Herkenrath bietet vielfältige Möglichkeiten, sich zu engagieren und über den Tellerrand hinauszuschauen. Diese Angebote fördern nicht nur die persönliche Entwicklung der Schülerinnen und Schüler, sondern stärken auch das Gemeinschaftsgefühl und die Zusammenarbeit.

    Ich möchte der gesamten Schulgemeinschaft herzlich zu diesem bedeutenden Jubiläum gratulieren. Möge das Gymnasium Herkenrath auch in den kommenden Jahren ein Ort sein, an dem Bildung und menschliche Werte Hand in Hand gehen und das die Glabacher Schullandschaft derart bereichert. Ein großes Dankeschön an alle, die täglich dazu beitragen, dass diese Schule ein so besonderer Ort ist.