Auf den Bürgerversammlungen zur Neuausrichtung der Stadtwerke kam leider nicht das genaue Ausmaß der Risiken einer Beteiligung der Stadt Bergisch Gladbach an der BELKAW zum Ausdruck. Dies hat Guido Hüpper und mich veranlasst, die kumulierten Zahlungsflüsse in Abhängigkeit von den Parametern „Gewinnanteil der Stadt vor Steuern“ und der Höhe der Anschlussfinanzierung nach 10 bzw. 20 Jahren darzustellen.

Eine Aufstellung, die man den Bürgern ganz offensichtlich nicht zumuten wollte, obwohl durch sie die Risiken (aber auch Chancen) schon deutlich transparenter werden. Von daher möchten wir die Excel-Datei gerne interessierten Bürgern (Stadträten) zur Verfügung stellen.

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Anmerkung der Redaktion: Die folgenden Tabellen sind aus der Diskussion in der offenen Facebook-Gruppe „Politik in Bergisch Gladbach” entstanden. Zwei Finanzexperten haben aus öffentlich vorliegenden Daten drei Tabellen erstellt, die 

  • eine Risikomatrix abbilden, abhängig von langfristiger Gewinn- und Zinsentwicklung
  • eine langfristige Darlehenskalkulation
  • eine Darstellung des sogenannten Cashflows

Die Tabellen sind für Laien kaum verständlich, aber unter unseren Lesern befinden sich viele Kaufleute, die sich damit ein eigenen Bild machen können. Wer Fragen zu den Tabellen hat, stellt sie am besten in der Facebook-Gruppe. Der Stadtrat entscheidet am Dienstag (8.4.) über die Stadtwerke.

Dargestellt sind neben den kumulierten 20-Jahres-Cashflows auch die Restschuldsalden am Ende des 20. Jahres. In der 2. Arbeitsmappe befindet sich die Berechnung zu den Darlehen und in der dritten die Cashflow-Berechnungen der einzelnen Jahre im Detail.

Einige Anmerkungen zur Tabelle in der ersten Arbeitsmappe:

  1. Ein Zinssteigerungsszenario (welches über den Betrachtungszeitraum wohl als äußerst wahrscheinlich angesehen werden kann) hat in der Cash Flow-Betrachtung nicht die Bedeutung, wie man vielleicht im ersten Moment vermutet. Das liegt an der (unterstellten) gleichbleibenden Annuität. Allerdingt erhöht sich bei einem steigenden Zins die Restschuld am Ende der 20-Jahresbetrachtung deutlich, was ja auch in die Risikobewertung einfließen muss.
    In den Szenarien mit Ausschüttungen über dem Break Even erhöht sich zwar im Fall der Zinsverteuerung die Restschuld, zugleich wirkt sich die Zinsverteuerung aber Cash Flow-erhöhend aus. Dies beruht auf folgendem Effekt: Der Gewinn der Bäder GmbH wird durch höhere Zinsanteile bei den Annuitäten stärker geschmälert und daraus folgt dann eine geringere Ausschüttung an die Stadt. Auf der anderen Seite hat die Stadt bei steigendem Zins aufgrund des Zuschlags eine steigende Einnahme, die nicht zu versteuern ist.
  2. Im Szenario mit dem „Garantiegewinn“ (4.388 TEUR Gewinnanteil vor Steuern) ergibt sich in den 20 Jahren ein beachtlicher negativer Cash Flow von 27,3 Mio. EUR, der dann im Fall einer Zinsversteifung durch eine deutlich steigende Restschuld nochmals erhöht wird.
  3. Der Break Even liegt bei einem Gewinnanteil vor Steuern von 6.395 TEUR, d. h. unterhalb dieses Gewinns vor Steuern würden negative Cash flows produziert. (Siehe dazu auch Anmerkung und Reaktion von Kämmerer Mumdey unten!)
  4. Ein Abrutschen unter die „Garantiegewinnschwelle“ in Richtung Null beim Gewinn der BELKAW inklusive Ausfall der Garantiegebers würde zur erschreckenden Zahlen beim Cash flow führen, sollte aber wegen der Garantie sehr unwahrscheinlich sein.
  5. Betrachtet man das Szenario „7.000 Gewinnanteil“, so liegt zwar ein positiver Cash flow vor (8,1 Mio. EUR). Schaut man dann aber, welche Restschuld dann aber in den ersten 20 Jahren bei einer Zinssteigerung nicht abgebaut wird, dann stellt man ohne Schwierigkeiten fest, dass selbst dieses Szenario dann schnell ebenfalls zu einem „Nullsummenspiel“ wird.
  6. Die Übersicht dokumentiert aber auch, welche „schönen Cash flows“ der Stadt zur Verfügung stehen, wenn die Gewinnentwicklung der BELKAW so ist, wie sie sich derzeit präsentiert.

(Sie können die Tabellen in dem folgenden Fenster vergrößern, oder mit dem Button rechts oben in GoogleDoc öffnen oder mit dem Link in der Tabelle herunterladen und dann mit Excel öffnen)

Download

Anmerkung: Kämmerer Jürgen Mumdey hatte einen Break Even bei 6,1 Mio Gewinnanteil vor Steuern benannt. Dabei hat er aber offenbar einen Fehler begangen:  Es wurden Einnahmen aus dem Fonds (1100 TEUR) auf der Ebene der Bädergesellschaft berücksichtigt, der Zinsmehraufwand von 392 TEUR aber andererseits nicht (nur als Ertrag ausgewiesen). Denn die 4001 TEUR enthalten definitiv nur den von der Stadt gezahlten Zins. Damit wurde die Lage deutlich besser dargestellt als sie tatsächlich ist.

Aktualisierung 8.4.2014: Dazu erklärt Kämmerer Jürgen Mumdey in einer Stellungnahme:
Die Erläuterungen von Herrn Wiegelmann gehen in einem wesentlichen Punkt von einer irrigen Annahme aus, nämlich was die Höhe des Schuldendienstes der Bäder angeht. Bei dem genannten Schuldendienst in Höhe von 4.001 T € handelt es sich nicht um den (niedrigeren) Schuldendienst der Stadt, sondern um den (höheren) Schuldendienst der Bäder an die Stadt, d. h. die 4.001 T € beinhalten bereits den Zinsmehraufwand von 392 T €. Der Schuldendienst der Stadt beläuft sich auf 3.609 T €.
Die Rechnung ist so aufgebaut, dass dem als Ergebnis ausgewiesenen positiven Effekt im Kernhaushalt kein negativer Effekt bei den Bädern (mehr) gegenübersteht. Vielmehr wurden in der Rechnung zunächst die Sollpositionen (Steuern, Bäderverluste, vollständigerSchuldendienst) von der Gewinnausschüttung abgezogen und die danach noch verbleibenden Überschüsse als Abführung an den Kernhaushalt ermittelt.

Weitere Informationen:

Jurist, aufgewachsen im Ruhrgebiet, wohnt seit 1989 im Rheinland und seit 1996 mit seiner Familie in Bergisch Gladbach.

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3 Kommentare

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  1. Nachdem ich heute ganztägig keine Möglichkeit hatte, Stellung zu beziehen, möchte ich dies jetzt nachholen.
    Streitpunkt ist, ob der von Herrn Mumdey in der Folie gezeigte Schuldendienst in Höhe von 4.001 TEUR derjenige der Stadt ist oder ob dieser auch den von der Bäder GmbH zu zahlende Zinsaufschlag (392 TEUR) enthält. Das ist natürlich ein wichtiger Unterschied.

    Da ich als Nichtmitglied der Entscheidungsgremien keinen Einblick in die Kalkulationsunterlagen hatte, habe ich nur die öffentlich gewordenen Informationen verwenden können. Diese möchte ich nochmals benennen.
    1. Festzinssatz für 3 Darlehen
    2. Laufzeit der Zinsfestschreibung bei allen drei Darlehen
    3. Die Tatsache, dass 2. Darlehen nach 5 Jahren getilgt sein sollte.
    4. Die Info, dass nach 10 Jahren mit ca. 3,7% Zins gerechnet wurde
    5. Die Info, dass die Restschuld nach 20 Jahren ca. 30 Mio. EUR betragen würde (=38%)

    Der anfängliche Tilgungssatz wurde nicht veröffentlicht, ließ sich nur herleiten anhand der Angaben zur Annuität. Hinsichtlich der Annuität wurde in dem Artikel des Bürgerportals vom 12.3.14 „Stadtwerke: Kämmerer hält an rascher Tilgung fest“ https://in-gl.de/2014/03/12/stadtwerke-kaemmerer-haelt-an-rascher-tilgung-fest/ zunächst von einem „Einsatz von 4,5 Mio. EUR für Zins und Tilgung“ gesprochen.
    Später erfolgte seitens der Redaktion eine Aktualisierung, ich zitiere:
    „AKTUALISERUNG: Wir hatten zunächst auf der Basis der mündlichen Informationen von Jürgen Mumdey geschrieben: Für Zins und Tilgung stehen 4,5 Millionen Euro zur Verfügung. Diese Summe hatte Bürgermeister Urbach vorgegeben, sie entspricht der von der Belkaw zugesicherten Mindestdividende; daran habe sich auch durch den Rechenfehler nichts geändert.
    Inzwischen hat sich die Kämmerei allerdings noch einmal gemeldet und stellt klar: ‚Die Mindestdividende hat sich natürlich verändert durch die Steuerschuld, die abgezogen werden muss. So wäre es richtig: Für Zins und Tilgung werden 4,5 Millionen Euro benötigt. Diese Summe hatte Bürgermeister Urbach vorgegeben. Dieser Betrag liegt nach neuer Berechnung über dervon der Belkaw zugesicherten Mindestdividende, soll aber weiterhin als Grundlage für das dem Rat vorzuschlagende Finanzierungsmodell dienen.’
    (Anmerkung: 4,5 Mill. Euro beziehen sich auf die Ebene Bädergesellschaft, die Stadt selbst zahlt nur 3,9 Mill. Euro.)
    Die Tilgung soll möglichst rasch erfolgen, um künftigen Generationen keinen übergroßen Schuldenberg zu hinterlassen.“

    Von daher lag es für mich nahe, mit einer Annuität von durchschnittlich 3,9 Mio. zu rechnen (am Anfang lag diese sogar leicht über 4 Mio. EUR).
    Unter Einbeziehung des höheren Zinssatzes ab dem 11. Jahr ergab sich dann auch prompt auf die vom Kämmerer avisierte 38%-Restschuld am Ende des 20. Jahres.

    Vor dem Hintergrund der obigen Darstellungen erstaunt es doch sehr, warum die Stadt nunmehr anstelle von 3,9 Mio. EUR jetzt angeblich nur noch 3,6 Mio. EUR benötigt und der Aufwand bei der Bäder GmbH nicht bei 4,5 Mio. EUR, sondern nur bei 4 Mio. EUR p. a. liegen soll. Beide Informationen stammen von Herrn Mumdey.
    Nun frage ich mich: WELCHE AUSSAGE STIMMT DENN JETZT?

    Ich habe die neuen Angaben des Herrn Mumdey versucht zu plausibilisieren und es fällt folgendes auf: Durch Reduzierung der anfänglichen Tilgungssätze kann man die Annuität auf 3,6 Mio. EUR drücken, zum Ende der 20 Jahre beträgt die Restschuld dann aber 33 Mio. EUR und dies nur, wenn man KEINE Zinssteigerung nach 10 Jahren einbaut. Wird diese mit 3,7% angesetzt, steigt die Restschuld gar auf 38 Mio. EUR und ist entspricht damit bei weitem nicht mehr dem von Herrn Mumdey genannten Betrag (30 Mio. EUR).

    Insgesamt gehe ich daher weiterhin davon aus, dass meine Berechnungen richtig sind oder die Berechnungen aufgrund einer falschen Angabe zur Restschuld nach 20 Jahren in die falsche Richtung gelenkt wurden.

    Freundlicherweise hat sich Herr Mumdey für ein Gespräch angeboten. Ich freue mich darauf und werde hierüber berichten.

  2. Was spricht denn, Ihrer Auffassung nach, dagegen,
    den Berechnungen von Herrn Wiegelmann zu vertrauen,
    Frau Schlösser?

  3. Warum sollten wir Bürgerinnen und Bürgern Ihnen und Ihren Berechnungen vertrauen?????