Wolkenbruch in Jaffa. Wir finden Zuflucht in einem arabisch-hebräischem Theater. Der weltberühmte israelische Künstler Dani Karavan, der es unterstützt, hatte uns bereits angemeldet. Zwei künstlerische Direktoren (der eine arabischer, der andere hebräischer Israeli) servieren uns heißen Tee, Erdbeeren und Kaffee.

Das Theater ist ein Platz, an dem sich Palästinenser und Juden zuhören können. “Gekämpft” wird nicht mit Waffen, sondern mit Theaterstücken – undzwar um Verständigung. Nicht Belehrung ist das Ziel, sondern emotionale Annäherung durch musikalische, witzige, ernsthafte Stücke. Am Abend zuvor, im Rahmen eines Frauenfestivals, war es auf der Bühne um eine jungen Frau gegangen, die an einen älteren Mann verheiratete wurde. Das Publikum habe sich kaputt gelacht, wird berichtet.

Igal (der jüdische Direktor, rechts) und Adib (der arabische Direktor) sind sich einig: "The only ambassador for Israel in the world is Art."

Igal (der jüdische Direktor, rechts) und Adib (der arabische Direktor) sind sich einig: „The only ambassador for Israel in the world is Art.“

Die (ehrenamtlichen tätigen) Art Directors erklären uns: In manchen Stücken sei ein und derselbe Schauspieler mal der Palästinenser, der am Checkpoint warten muss und mal der Soldat, der ihn kontrolliert. Einen Abend werde nur hebräisch gesprochen, einen anderen nur arabisch, manchmal würden simultan beide Sprachen gesprochen. Verrückt: Als jüdischer Künstler darf man offensichtlich in Tel Aviv (Jaffa ist inzwischen ein Ortsteil) alles sagen, was man möchte.

SMS von unserer Tochter aus Köln: In Japan habe es einen Tsunami gegeben.  Später Telefonat mit unserer Tochter in Berlin, um Einzelheiten zu erfahren.

David Gold, Ehemann der Rabbinern Miri Gold (rechts)

Um 17 Uhr sind wir im Kibbuz Gezer angekommen. David Gold, Ehemann der Rabbinern Miri Gold, gehört zu den Gründern. Kibbuz, so definiert er, sei eine demokratische jüdische Gemeinschaft, die auf Gerechtigkeit aufbaue. Das wundert uns, er bezieht die Gerechtigkeit aber allein auf das Kollektiv. “Früher hieß Gerechtigkeit, alle bekommen das Gleiche”, erzählt er, “heute bedeutet Gerechtigkeit, wer mehr arbeitet, soll auch mehr bekommen als die anderen.”

Kurzum: die Häuser des Kibbuz sind inzwischen privatisiert, das Kinderhaus abgeschafft. Geblieben ist der “Zionismus”. David Gold hält eine flammende Rede, die Zionisten seien für eine bessere Gesellschaft. Immerhin sagt er zum Palästinenser-Konflikt: Beide Seiten hätten Angst vor einander, sähen sich selbst aber nicht als furchteinflössend. Es sei wichtig, dass Menschen wie wir sich mit beiden Seiten beschäftigten und zu vermitteln suchten.

Dass Miri und ihr Mann zu den liberalen Reformjuden gehören, bemerken wir erst beim anschließenden jüdischen Gebet Kabbalat Sabbat in der Synagoge. Miri leitet die Zeremonie, was bei den Orthodoxen Juden nicht möglich wäre (der Staat bezahlt nur die orthodoxen Rabbiner, die Reformjuden erhalten kein Geld vom Staat). Der Raum füllt sich mit Kibbuz-Bewohnern, die zu einem großen Teil südamerikanisch aussehen. Es wird viel gesungen, einmal werden sogar Trommeln und Schellen zur Begleitung verteilt.

Miri predigt auf hebräisch, wir verstehen zweimal das Wort “Tsunami”. Dann übersetzt sie netterweise für uns ins Englische. Zum Schluss gibt es einen Schluck Traubensaft aus kleinen Bechern. Miri bekommt ein Geschenk, unter anderem, weil sie sich so nett um neue Immigranten kümmere…

Nun habe ich einen Gottesdienst in Palästina und das Sabbat Gebet im Kibbuz aufmerksam verfolgt: In beiden war von “Frieden” immer wieder die Rede. Das Wort “Shalom” war das Abstand häufigste Wort, das in der Synagoge benutzt wurde… Und doch ist man friedensmäßig in der Region in den letzten Jahrzehnten kein Stück weitergekommen.

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Doro Dietsch, Ratsmitglied in Bergisch Gladbach, arbeitet in Düsseldorf im Landtag. Werner Schmitz-Dietsch, Verleger (Stadtmagazin Franzz) und Mitbetreiber des Bürgerportals "iGL". Gemeinsam haben sie drei Töchter.

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