Flüchtlinge in der Erstaufnahme Bergisch Gladbach: Per Bus wurden die Flüchtlinge aus Dortmund nach Sand gebracht.

Dieses Bild soll zunächst der Vergangenheit angehören: Busse bringen Flüchtlinge nach Bergisch Gladbach (Archivbild)

Innenminister Ralf Jäger hat überraschend angekündigt, dass die Landesregierung ihre Zuweisungspraxis vorerst ändert. Ab sofort sollen die Neuankömmlinge aus den Erstaufnahmen in die 20 Städte geschickt werden, die ihr statistisches Soll nicht erfüllt haben.

+ Anzeige +

Bergisch Gladbach gehört dazu – und kann nun mit einer Atempause rechnen. Das bestätigte Oliver Moritz, Sprecher des Innenministeriums, dem Bürgerportal. Damit reagiert die Landesregierung zwar nicht direkt auf Beschwerden und eigene Berechnungen von Bürgermeister Lutz Urbach, der eine massive Benachteiligung Bergisch Gladbachs gegenüber vergleichbaren Kommunen moniert hatte. Aber auch der Städte- und Gemeindebund NRW, in dem Urbach stark engagiert ist, hatte massiv Druck gemacht.

Jetzt sind die Großstädte gefordert

Gefordert sind jetzt die 20 vor allem sehr großen Städten unter Nordrhein-Westfalens 396 Kommunen, die bislang deutlich weniger Flüchtlinge bekommen hatten, als ihnen aufgrund ihrer Größe eigentlich zusteht. Das sind Städte wie Köln, Düsseldorf und Duisburg, die bis zu 30 Prozent unter dem Soll liegen.

Nach einer Schätzung, die Innenminister Jäger am Montagabend gegenüber Journalisten abgab, wird es etwa vier bis fünf Wochen dauern, bis auch diese Städte ihr Soll erreicht haben. Das heißt im Umkehrschluss: Städte wie Bergisch Gladbach werden in dieser Zeit keine weiteren Zuweisungen bekommen und können ihre Unterbringungsmöglichkeiten konsolidieren.

Nach Angaben der Bezirksregierung Arnsberg hatte Bergisch Gladbach zum Stichtag 31.12.2015 seine Quote zu 104,74 Prozent erfüllt und damit bereits 85 Personen mehr aufgenommen, als angesichts von Bevölkerungszahl und Fläche auf die Stadt entfallen müsste.

Aktuell bringt Bergisch Gladbach 1660 Flüchtlinge in städtischen Unterkünften unter; hinzu kommen 340 Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen (Sand und Feldstraße) in Amtshilfe für das Land.

Eine Übersicht, in wie weit die 396 Kommunen in NRW ihre Quote erfüllt haben, hatte die Bezirksregierung verweigert. Ganz unten finden Sie daher nur die Verteilerungsstatistik in absoluten Zahlen für 2015.

Zuweisungen nach Bergisch Gladbach gehen bereits zurück

Die Stadtverwaltung Bergisch Gladbach war bis Dienstagabend nicht von der Landesregierung informiert worden, konnte daher noch nicht Stellung nehmen. In der laufenden Woche seien knapp zehn Flüchtlinge neu hinzugekommen, für die kommende Woche nur eine einzige Person angemeldet worden.

Ministeriumssprecher Moritz betont, dass das weitere Vorgehen nun „kooperativ” zwischen der zuständigen Bezirksregierung in Arnsberg und den Kommunen besprochen und umgesetzt werden.

Gleichzeitig will die Landesregierung insgesamt 10.000 Plätze in den sogenannten Notunterkünften abbauen, davon 6000 in rund 40 Turnhallen im ganzen Land.

Turnhallen in Sand und Heidkamp bleiben Erstaufnahmen

Auch hier gibt es keine Details. Die Turnhalle in Sand und die Dreifachsporthalle in der Feldstraße, in denen das DRK Erstaufnahmen im Auftrag des Landes betreibt, sind davon sehr wahrscheinlich nicht betroffen.

Denn die Landesregierung hatte zuvor alle Kommunen abgefragt, ob sie diese Notunterkünfte sofort, mittelfristig oder erst im Sommer schließen möchten. Bergisch Gladbach hatte darauf geantwortet, die Camps in Sand und in der Feldstraße bis zum 30. Juni behalten zu wollen.

Das Kalkül dahinter: für jeden abgebauten Erstaufnahme-Platz muss die Stadt in der Rechnung der Bezirksregierung einen weiteren Flüchtling in der Regelzuweisung unterbringen. Um diese Folge abzufedern  sollen zunächst weitere Unterkünfte geschaffen werden. Zudem werden im Gegensatz zur Erstaufnahme die Kosten der Regelzuweisungen aber nur zum Teil erstattet.

Aktuell kommt die Stadt auch so mit der Einrichtung neuer Unterkünfte kaum nach. Das Container-Camp in Paffrath soll nach einigen Verzögerungen nun im Februar in einer ersten Ausbaustufe in Betrieb gehen, für die geplante sehr große Containerunterkunft in Lückerath gibt es nach Verzögerungen beim Pachtvertrag im Moment überhaupt keinen Zeitplan.

image_pdfPDFimage_printDrucken

G. Watzlawek

Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

Reden Sie mit, geben Sie einen Kommentar ab

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.