Modell der neuen Marktgalerie mit städtischer Freitreppe. Foto: Screenshot/Beschlussvorlage
Modell der neuen Marktgalerie mit städtischer Freitreppe.
Die Krone der Stadt: Das Bensberger Schloss wird vom alten Loewencenter weitgehen verdeckt

Die Krone der Stadt: Das Bensberger Schloss wird vom alten Loewencenter weitgehen verdeckt

Seit den Bausünden der 70er Jahre steckt Bensberg fest. Doch plötzlich öffnet sich für die „Krone der Stadt” Bergisch Gladbach ein Zeitfenster, in dem vieles möglich scheint. Sogar eine Freitreppe, die sich nicht hinter der Spanischen Treppe in Rom verstecken muss.

Elisabeth Sprenger strahlt vor Glück. „Es ist großartig, dass wir diesen Schatz für Bensberg heben können”, sagt die städtische Fachbereichsleiterin Grundstücksnutzung mit Blick auf ein Paket von Projekten, die aus Bensberg endlich wieder das machen könnten, was es einmal war: „die Krone der Stadt”.

Das hört sich blumig an, ist aber von konkreten Plänen und Vorhaben gedeckt. Nach Jahrzehnten des Stillstands kann der verbaute Stadtteil ab 2017 durch vier eigenständige Entwicklungen, die alle miteinander vernetzt sind, ein großes Stück voran kommen.

Modell der neuen Marktgalerie mit städtischer Freitreppe. Foto: Screenshot/Beschlussvorlage

Modell der neuen Marktgalerie mit städtischer Freitreppe und Marktplatz (der sich inzwischen allerdings schon verändert hat). Foto: Screenshot/Beschlussvorlage

Die Bauteile dieses Puzzles, die am 6. Dezember im Stadtplanungsausschuss vorgestellt werden:

1. Das „Integriertes Handlungskonzept Bensberg” ist die Hoffnung auf ein städtebauliches Füllhorn mit öffentlichen Investitionen in Höhe von 15,5 Millionen. Damit sollen ab 2017 unter anderem eine grandiose Treppe von der Schlossstraße zum Markt gebaut, eine Stadtteilschule etabliert und der Deutsche Platz sowie der Stadtgarten neu erschlossen werden. Ingesamt umfasst das InHK 34 Einzelmaßnahmen.

Eigentlich kann sich die Stadt diese Projekte nicht leisten: doch hat sie begründete Hoffnung auf eine Förderung durch das Land in Höhe von 70 Prozent; der entsprechende Antrag ist fertig und soll noch im Frühjahr vor der Landtagswahl in Düsseldorf entschieden werden (Details siehe unten).

2. Das Projekt Marktgalerie kommt in Fahrt, nachdem der Investor Centerscape auf den Abbruch der Marktgalerie verzichtet hat und nun ein abgespecktes Projekt innerhalb der Grundmauern der alten Löwengalerie umsetzen will. 15 Millionen Euro will Centerscape investieren, Baustart soll Sommer 2017, Eröffnung am 1. Oktober 2018 sein. (Details zum aktuellen Stand der Marktgalerie)

3. Im Rahmen eines Leitbildprozesses haben sich Stadtplaner, Einzelhändler und Eigentümer an der Schlossstraße auf eine „Straße der vielen Begegnungen” geeinigt, die 2017 durch einen Gestaltungswettbewerb konkreter werden soll. (Details und Dokumentation siehe unten)

4. Der neue Denkmalpflegeplan für Bensberg und Bockenberg hat nicht nur erfasst, was der Stadtteil an erhaltenswerter Architektur besitzt, er liefert auch konkrete Maßnahmen und Handlungsanweisungen für die Stadtverwaltung.

Offiziell wird der Denkmalpflegeplan Bensberg/Bockenberg im Rahmen einer informellen Bürgerbeteiligung am 26. Januar 2017 vorgestellt. Hier können Sie aber bereits die umfangreichen Bestandteile nachlesen.

Wie sehr diese vier Einzelprojekte miteinander verzahnt sind und zu einem tatsächlich integrierten Vorgehen führen,  zeigte sich beim Pressegespräch mit allen Beteiligten am Beispiel der geplanten Freitreppe von der Schlossstraße hinauf zum Markt.

So sieht die Treppe vom Markt zur Schlossstraße derzeit aus

So sieht die Treppe vom Markt zur Schlossstraße derzeit aus

Freiraum statt Angstraum: Eine Treppe als Auditorium

Eine Treppe links vom Löwencenter gibt es auch heute, sie ist aber eine verwinkelte und verwahrloste Katastrophe. Früher, so berichtet der Architekt Michael Werling, der im Auftrag der Stadt den Denkmalpflegeplan erarbeitet, verlief hier die Wipperfürther Straße. Zwischenzeitlich gehörte die Treppe zum Marktgalerie-Konzept. Doch jetzt, nach der Schrumpfung der Marktgalerie-Pläne, fiel das Grundstück und auch die Gestaltungshoheit an die Stadt zurück.

Und die hat hier großes vor: was im Moment „eher ein Angstraum” sei, so Stadtbaurat Harald Flügge, soll eine großzügige Freitreppe mit Aufenthaltsqualität werden; unten an der Schlossstraße gewaltige zehn Meter breit, oben am Markt immer noch fünf Meter.

Die Treppe soll begrünt werden und Sitzplätze erhalten, damit sie zum Beispiel bei Theateraufführungen unten auf der Schlossstraße als Auditorium dienen kann, ergänzt Stadtplaner Wolfgang Honecker. Und, das ist ihm ganz wichtig, sie stellt alte Verbindungen und Sichtachsen wieder her, die Bensberg einmal ausgemacht hatten. 920.000 Euro soll die Treppe kosten, 70 Prozent das Land übernehmen.

Modell der neuen Marktgalerie mit städtischer Freitreppe. Foto: Screenshot/Beschlussvorlage

So soll die neue Freitreppe neben der Marktgalerie aussehen. Foto: Screenshot/Beschlussvorlage

„Stadtkrone mit neuem Glanz”: von Grünflächen … 

Mit Blick auf das Bensberger Schloss, dass über Bergisch Gladbach und der Kölner Bucht thront, steht das Integrierte Handlungskonzept (InHK) Bensberg  unter dem lyrischen Leitbild „Stadtkrone mit neuem Glanz”. Aber es geht nicht nur um Glanz, sondern um eine ganz konkrete Aufwertung des Stadtteils. Das gilt nicht nur für die Freitreppe, die den Markt wieder anbinden soll.

Alle Maßnahmen sind im Mai im Rahmen einer Bürgerbeteiligung diskutiert worden, viele gehen auf Wünsche und Forderungen von Bensbergern zurück. Zum Beispiel die Sanierung von vier öffentliche Flächen, die zum Teil verwildert sind, zum Teil in einem Dornröschenschlaf weitgehend vergessen wurde: der Deutsche Platz, der Stadtgarten, der Burggraben und der zentrale Platz im Wohnpark Bockenberg. Ingesamt zwei Millionen Euro will der zuständige Ko-Dezernent Bernd Martmann hier ausgeben.

… bis zur offenen Stadtteilschule

Ebenfalls in Martmanns Fachbereich liegt die Etablierung einer Stadtteilschule. Ursprünglich sollte das AMG dazu erweitert werden, inzwischen stehen die beiden Grundschulen im Mittelpunkt dieses Konzeptes. Sie sollen für 3,8 Millionen Euro ein Ergänzungsgebäude bekommen, das für große Stadtteilveranstaltungen einen Multifunktionsraum für bis zu 300 Personen bietet, aber auch für die Offene Ganztagsschule zur Verfügung steht.

Gebaut werden soll es direkt unterhalb des Busbahnhofs auf dem Gelände der evangelischen Grundschule, unter Umständen könnte schon 2018 der erste Spatenstich erfolgen.

Insgesamt umfasst das InHK 34 einzelne Maßnahmen. Dabei spielt die Beteiligung privater Investoren eine große Rolle. Und das auch bei kleinen Projekten. So können sich Hausbesitzer für ein Hof- und Fassadenprogramm mit einem Förderanteil von 50 Prozent bewerben.

Und es gibt einen sogenannten Verfügungsrahmen: damit lassen sich einzelne private Maßnahmen im kleinen Format finanzieren, sofern sie einer Aufwertung Bensbergs dienen. Kontaktperson für diese Programme ist Wolfgang Honecker (w.honecker@stadt-gl.de).

Mit vereinten Kräften für Bensberg: Wolfgang Honecker (Leiter Planungsabteilung), Harald Flügge (Stadtbaurat), Elisabeth Sprenger (Fachbereichsleiterin Grundstücksnutzung), Marianne Vogt-Werling (Architekturbüro Vogt-Werling) und Prof. Michael Werling (Architekt, Hochschulprofessor, Denkmalpfleger)

Mit vereinten Kräften für Bensberg: Wolfgang Honecker (Leiter Planungsabteilung), Harald Flügge (Stadtbaurat), Elisabeth Sprenger (Fachbereichsleiterin Grundstücksnutzung), Marianne Vogt-Werling (Architekturbüro Vogt-Werling), Michael Werling (Architekt, Denkmalpfleger)

Landesregierung entscheidet noch vor der Landtagswahl

Ob, wann und in welchem Umfang das InHK umgesetzt werden kann, ist aber noch gar nicht klar. Denn erstens muss der Stadtplanungsausschuss am 6. Dezember zustimmen. Und dann muss der Förderantrag der Stadt Bergisch Gladbach von der Landesregierung bewilligt werden. Die hat im Städtebauförderprogramm für die Jahre 2016 bis 2020 insgesamt 348 Millionen Euro bereit gestellt und will noch vor der Landtagswahl im Mai 2017 entscheiden.

Die Bergisch Gladbacher Städteplaner rechnen sich gute Chancen aus, dabei zum Zuge zu kommen. Denn sie ist mit ihren Plänen relativ früh dran – und sie kann auf zahlreiche private Investoren verweisen, die sich mit eigenen Mitteln beteiligen wollen. Daher sieht das InHK neben den 15,5 Millionen Euro an öffentlichen Investitionen 16,2 Millionen Euro an privaten Investitionen vor. Dabei hat die Stadt zum Beispiel die 7 Millionen Euro angesetzt, die Centerscape nach städtischer Schätzung an Rohbaukosten für die Marktgalerie einsetzen will. Insgesamt, das bestätigt Centerscape, sollen dort 15 Millionen Euro investiert werden.

Von den rund 15 Millionen Euro für die Projekte des InHK muss die Stadt auf jeden Fall 30 Prozent, also rund fünf Millionen Euro selbst finanzieren. Ko-Dezernent Martmann will seine Projekte mit einem Eigenanteil von rund zwei Millionen Euro zum Teil über den Etat von Stadtgrün, zum Teil aus dem städtischen Immobilienbetrieb finanzieren. Für die anderen drei Millionen müssen, über mehrere Jahre gestreckt, noch Finanzierungsmöglichkeiten im Etat gefunden werden.

Und was wird aus der Schlossstraße?

Für die Anwohner, Besucher und nicht zuletzt die Wirtschaftsakteure in Bensbergs Zentrum bestehen damit gute Aussichten, ab 2018 bessere Zeiten zu erleben. Ist die Marktgalerie erst einmal eröffnet, das Umfeld mitsamt Freitreppe saniert – dann fehlt eigentlich nur noch ein modernes Konzept für die Schlossstraße selbst.

Die aktuelle Situation, berichtet Baurat Flügge, sei nicht zuletzt aufgrund des Parkplatzsuchverkehrs „eher unerträglich” und wenig einladend. Doch auch hier haben bereits Vorarbeiten stattgefunden. Stadt, Eigentümer und Einzelhändler haben über ein neues Leitbild gebrütet und sich auf den Grundgedanken „Straße der vielen Begegnungen” geeinigt.

Damit so Flügge, wolle man von den Extrempositionen „Fußgängerzone” und „Bundesstraße” wegkommen und einen vernünftigen Kompromiss unter der Motto „weniger Verkehr ist besser als viel Verkehr” finden. Was genau das heißt soll im kommenden Jahr durch einen Gestaltungswettbewerb geklärt werden.

Das Ziel ist jedoch in der Beschlussvorlage zum Thema (Dokumentation siehe unten) bereits definiert:

„Die zukünftige Schloßstraße wird als ein Ort des Verweilens, Konsumierens und Durchquerens verstanden, die den Ansprüchen verschiedener Akteure gerecht werden soll. (…) Der dominierende Verkehr der Schloßstraße soll durch eine Einbahnregelung von Nordwesten nach Südosten reduziert werden, um mehr Raum für attraktive Aufenthaltsorte zu schaffen und ein konfliktfreies Miteinander auf allen Ebenen zu gewährleisten. “

Mehr Informationen, Dokumentationen, Beiträge

Tagesordnung der Sitzung des Planungsausschusses am 6.12. mit allen Dokumenten – und damit sehr viel spannenden Lesestoff

Dokumentation Integriertes Handlungskonzept

Das gesamte InHK zum Download (89 KB)

Dokumentation Leitbild Schlossstraße

Mehr Beiträge zum Thema:

So soll die neue, bescheidene Marktgalerie aussehen

Bensberg geht besser

Eine neue Chance für Bensbergs City

Denkmalpflegeplan für Bensberg vorgelegt

Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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3 Kommentare

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  1. Wunderbar wäre es, würde nun endlich begonnen werden mit der Erneuerung der Schlossstr.! Es wird viel von der neuen Treppe vom oberen Markt hinunter in die Einkaufsstraße geschrieben. Was aber passiert mit der Fahrrampe für Rollstühle und Fahrräder, die – bei aller Unzulänglichkeit- ja bisher immer noch vorhanden ist ?

  2. So recht mag man es als Bensberger kaum glauben, es ist ja auch nur auf dem Weg zu werden, also immer noch mit aller Vorsicht, aber was in Sachen InHK, Marktgalerie und Denkmalpflege in der Sitzung des Stadtentwicklungs- und Planungsausschusses der Stadt Bergisch Gladbach vom 6.12.2016 geboten wurde, das war starker Einsatz für den Stadtteil von allen Beteiligten.

    Es hätte überzeugender kaum sein können. Dafür zunächst erst einmal herzlichen Dank, mit besonderem Dank an die Verwaltung der Stadt. Fast ist man geneigt zu sagen, was lange währt, wird endlich gut.

    Der Eindruck war, fundierte fachliche Stadtentwicklungs- und Planungsarbeit wird im Ergebnis der Politik zur Entscheidung präsentiert, damit die nächsten Schritte angegangen werden können. Das war konsequent und sehr gut. Die Chance, die sich zum jetzigen Zeitpunkt geboten hat und nur zum jetzigen Zeitpunkt, die zu sehen und aktiv zu gestalten, das war großartig.

    Es war eine umfassende Darstellung der Arbeitsergebnisse mit Denkmalpflegeplan für Bensberg/Bockenberg, mit den Ergebnissen zum integrierten Handlungskonzept Benberg, mit einem Leitbild für die Neugestaltung der Schloßstrasse und auch gab es die Vorstellung des neuen Entwurfs von Centerscape zur Marktgalerie. Insgesamt eine Blaupause für eine gelungene Planung der Stadtteilentwicklung, zumal erkennbar, in wesentlichen Punkten in Übereinstimmung mit den schon vielfach eingesammelten Bürgerwünschen.

    Die Anerkennung der geleisteten Arbeit war im Ausschuss über alle Parteien hinweg groß. Die erforderlichen Entscheidungen für das weitere Vorgehen wurden überwiegend einstimmig getroffen, was bei den in Frage stehenden Investitionen für eine Stadt im Nothaushalt nicht selbstverständlich ist. Es war auch ein Zeichen dafür, dass der dringende Handlungsbedarf von allen Beteiligten gesehen wird und das man Willens ist zu handeln. Ein großer Tag für Bensberg, ein großer Tag für die Stadt. Die Erwartungen dürfen wieder steigen, auch wenn es mit der konkreten Umsetzung noch etwas dauern wird.

    Hinweis der Redaktion: Der Kommentar bezieht sich auf die Ausschusssitzung, über die hier in Kurzform berichtet wird: bit.ly/pressegl2016127

  3. Revitalisierung des ehemaligen Loewen Centers und Integriertes Handlungskonzept Bensberg.
    Es war wohl das Beste für Bensberg, was überhaupt passieren konnte:
    das zeitliche Zusammentreffen der Einsicht von Centerscape, dass die ursprüngliche Konzeptidee für die Marktgalerie wirtschaftlich nicht umzusetzen ist, wohl aber die Revitalisierung der bestehenden Ruine und gleichzeitig das für Bergisch Gladbach so willkommene und hilfreiche integrierte Handlungskonzept Bensberg, InHK mit seinen Leit- und Einzelprojekten.
    Für die Innenstadtgestaltung ist die jetzt von Centerscape geplante Revitalisierung der Marktgalerie, flankiert von den vorgeschlagenen Maßnahmen aus dem Leitprojekt Schloßstraße des InHK, von ausschlaggebender Bedeutung. Wir Bürger und die Stadt können uns nur die Daumen drücken, dass Düsseldorf den Förderzuschlag wie erhofft gewährt und damit auch unser Ortsmittelpunkt endlich zu dem wird, wie wir Bürger das bei mehreren offiziellen Anlässen zu Protokoll gegeben haben. Wir möchten einen Mittelpunkt mit Geschäften, Lokalen, Außengastronomie, Kino, Bücherei, der Galerie, der Freitreppe zum Markt, der Verbindung zum Rathaus, einem zentralen Platz zum Treffen, alles im Bereich einer ansprechend gestalteten Schloßstraße.
    Und genau das würde mit der Förderung aus Düsseldorf auch möglich.