Mit Blick auf den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung der Grundschulkinder arbeitet die Stadt daran, die Zahl der OGS-Plätze Schritt für Schritt zu erhöhen. Zwei Sofortschulen wurden im Sommer gebaut – dennoch fällt die Stadt hinter die Planung zurück und hält mit der realen Entwicklung nicht Schritt: derzeit fehlen 155 Plätze. Wie bei den Kitas sind davon einzelne Stadtteile besonders betroffen.
Es gleicht der Quadratur des Kreises: In Bergisch Gladbach wächst die Zahl der Grundschulkinder, immer mehr Familien wünschen eine Ganztagsbetreuung – und das in Wohnortnähe. Ein Wettlauf, den wohl kaum eine Stadt gewinnen kann.
In Bergisch Gladbach hat das Jugendamt mit Blick auf den Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz ab dem Schuljahr 2026/27 im Frühjahr einen Stufenplan vorgelegt. Mit einem kontinuierlichen Anstieg von durchschnittlich 125 neuen Plätzen pro Jahr. Allein im aktuellen Schuljahr sah der beschlossene Plan ein Plus von maximal 208 Plätzen vor, von 3121 auf bis zu 3329.

Auf mehrfache Nachfrage hat das Jugendamt jetzt die tatsächlichen Zahlen für das laufende Schuljahr mitgeteilt: es stehen jetzt 3210 OGS-Plätze zur Verfügung, also 89 mehr als im Vorjahr.
Über alle Grundschulen der Stadt gerechnet entspricht das einer Quote von 76,6 Prozent. Auch das ist mehr als die 74,3 Prozent im Vorjahr, aber deutlich weniger als die anvisierte Quote von 79,1 Prozent.
Hintergrund: Zur Einordnung der Zahlen weist das Jugendamt daraufhin, dass die Planzahl aus dem Frühjahr (3329) die Maximalzahl der Plätze angibt, die hätten realisiert werden können. Basis seien Gespräche mit den Einrichtungen aus dem Herbst des Vorjahres. Wenn es Unsicherheiten bei der Fertigstellung von Baumaßnahmen gab sei von einem optimalen Szenario ausgegangen worden – weil die Zahlen die Basis für die Förderanträge beim Land sind. Dabei werde in Kauf genommen, „dass in vielen Fällen scheinbar zu großzügig geplant wird“.
Trotz der rechtzeitigen Inbetriebnahme der Sofortschulen in Refrath und Hebborn (mit einem Ausbau der OGS-Kapazitäten) hat sich die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage weiter erhöht: Im Frühjahr standen 105 Familien auf der Warteliste für 2023/24. Zum Start des Schuljahres waren es 155, die nicht mit dem gewünschten Betreuungsplatz versorgt werden konnten.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass es wie bei den Kita-Plätzen deutliche Unterschiede bei den Stadtteilen gibt: während Kippekausen, Lustheide oder Hand eher überversorgt sind bestehen die größten Defizite derzeit in Moitzfeld und Heidkamp, teilt das Jugendamt mit.
Ob und in welchem Umfang die Stadt die Planung für die kommenden Jahre anpassen wird, ist nicht bekannt. Die aktuellen Zahlen sollen im Jugendhilfeausschuss erläutert werden, in der Sitzung am 23. November steht das Thema allerdings nicht auf der Tagesordnung. Es kann aber in den „Mitteilungen des Bürgermeisters“ zur Sprache kommen.
Transparenzhinweis: Die Träger der OGS mussten die aktuellen Zahlen bis zum 15.10. an das Jugendamt melden. Trotz einer ersten Anfrage zum Schuljahresbeginn hat die Redaktion die Zahlen erst jetzt nach Verweis auf die Auskunftspflicht der Stadt erhalten. Sachliche Rückfragen zum Thema waren daher zu unserem Bedauern nicht mehr möglich.
Hintergrund: Mit dem Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter (Ganztagsförderungsgesetz – GaFöG) hatte die Bundesregierung 2021 den Anspruch verankert: Ab August 2026 sollen alle Kinder der ersten Klassenstufe einen Anspruch haben. Er wird in den Folgejahren um je eine Klassenstufe ausgeweitet und ab 2029 alle Grundschulkinder erfassen.
Geregelt wird der Rechtsanspruch auf Bundesebene im 8. Sozialgesetzbuch (SGB VIII, § 24). Dieser sieht einen Betreuungsumfang von acht Stunden an allen fünf Werktagen vor. Eine Pflicht, das Angebot in Anspruch zu nehmen, gibt es nicht.
Die kommunalen Spitzenverbände in NRW weisen seit langem darauf hin, dass dieser Anspruch die Städte und Gemeinden überfordert, dass dafür nicht ausreichend Finanzmittel zur Verfügung stehen, dass es für die Umsetzung nicht genügend Fachkräfte gibt und dass auf Landesebene Richtlinien fehlen.
Die Träger der OGS hatten im September in Düsseldorf (gemeinsam mit den Kitas) mit einer Demonstration auf eine Unterfinanzierung der Kinderbetreuung hingewiesen.
Dokumentation
Angesichts der Knappheit an OGS-Plätzen wird immer wieder gefragt, nach welchen Kriterien die Träger die Plätze an die Familien vergeben. Diese Kriterien hatte der Jugendhilfeausschuss bereits 2019 beschlossen:
Das Konzept von je zwei Trägern im Primarbereich (Stadt als Grundschulträger, freie Einrichtungen als OGS-Träger) sollte überdacht werden. Angesichts der Tatsache, dass offenbar rund drei Viertel (mit steigender Tendenz) der Grundschulkinder auch die Nachmittagsbetreuung in Anspruch nehmen, könnte es sinnvoll sein, Grundschulen im Ganztagsbetrieb in alleiniger städtischer Trägerschaft zu führen.
Dabei sollte nicht den ganzen Tag über unterrichtet, sondern auch Zeiten des Spielens, der Bewegung und der individuellen Förderung vorgesehen werden. So könnten Kosten für die Infrastruktur der freien Träger (z.B. dortige Verwaltung) eingespart werden; zugleich wäre man nicht von freien Trägern abhängig.
Allerdings müsste die Stadt eigenes Personal für die Gestaltung nicht-unterrichtlicher Zeiten vorsehen und z.B. das Mittagessen organisieren.