Zur Wahl des Stadtrats waren sie gemeinsam angetreten, Mara Häuser (5.v.r.) und Lea Vollmer (r.) bringen ihre Mandate in eine Gruppe ein, Tomás Santillán (4.v.r) bleibt als Einzelratsmitglied außen vor. Foto: Linke

Die beiden Vertreterinnen der Linken im neuen Stadtrat haben beschlossen, zu zweit als Gruppe aufzutreten. Tomás Santillán, der das dritte Mandat gewonnen hatte, bleibt außen vor. Damit erreicht die Linke im Stadtrat von Bergisch Gladbach nicht die erforderliche Anzahl an Mitgliedern, um eine Fraktion zu bilden – und verliert eine Reihe von wichtigen Rechten.

Drei Sitze im Stadtrat sind die magische Grenze: Wer über diese Mindestanzahl verfügt, kann eine Fraktion bilden, ist in allen Ausschüssen vertreten und darf Sachkundige Bürger benennen, die eine intensive Mitarbeit in den Ausschüssen ermöglichen. Zudem erhält der zweiköpfige Fraktionsvorstand eine höhere Aufwandsvergütung und Geld für eine Geschäftsstelle. Kein Wunder also, dass Parteien mit nur weniger Mandaten (wie FWG, Volt oder FDP) sich um einen Zusammenschluss oder Anschluss an eine größere Partei bemühen.

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Die Linke in Bergisch Gladbach geht einen anderen Weg. Sie war nach jahrelangem internen Streit erstmals wieder angetreten und hatte im Sog des bundesweiten Trends bei der Kommunalwahl im September auf Anhieb drei Mandate im neuen Stadtrat gewonnen.

Doch nun haben Mara Häuser (29) und Lea Vollmer (26), die auf Platz 1 und 3 der Reserveliste standen, beschlossen, im Stadtrat eine Gruppe zu bilden. Die Gruppenbildung stehe „für Aufbruch und neue Impulse auf kommunaler Ebene“, erklärten die beiden Frauen in einer knappen Mitteilung.

Zur Person: Mara Häuser
Mara Häuser. Foto: Die Linke

Die Spitzenkandidatin bei der Kommunalwahl hat Mittelstandsmanagement studiert und arbeitet in einer Unternehmensberatung. Zuvor sammelte sie nach Angaben der Linken berufliche Erfahrungen im Kita- und Grundschulbereich. Über zehn Jahre war sie ehrenamtlich bei den Pfadfinder:innen aktiv und habe maßgeblich an der Gründung der lokalen Linksjugend [‘solid] mitgewirkt. Inhaltlich setze sie sich besonders für eine starke Jugendpolitik, Gleichberechtigung und mehr Mitbestimmung durch basisdemokratische und bürger:innennahe Strukturen ein.

Zur Person: Lea Vollmer
Lea Vollmer. Foto: Die Linke

Die Hotelfachfrau leistet zur Zeit als alleinerziehende Mutter unbezahlte Care-Arbeit für ihren Sohn. Ihre Schwerpunkte sind nach Angaben der Linken soziale Gerechtigkeit, echte Inklusion, umfassende Barrierefreiheit und ein klimafreundlicher Ausbau der Mobilität – der niemanden ausschließe und alle mitdenke.

Nicht erwähnt wird in dieser Mitteilung Tomás Santillán (60), der auf Listenplatz 2 stand, die Linke im Kreis und in der Stadt über Jahre hinweg nahezu alleine vertreten, aber auch im Mittelpunkt heftiger interner Auseinandersetzungen gestanden hatte.

Er war zuletzt auch aus dem Kreis- und Ortsvorstand ausgeschieden. Nach seinen Angaben auf eigenen Wunsch, um den jungen Kräften mehr Raum zu geben und sich auf die Ratsarbeit zu konzentrieren. Die er nun jedoch als Einzelratsmitglied organisieren muss.

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Linke in Rhein-Berg geht auf Distanz zu Santillán

Über viele Jahre hinweg hat Tomás Santillán mit wenigen Mitkämpfer:innen die Fahne der Linken in Rhein-Berg und Bergisch Gladbach hoch gehalten, hatte mit seinem manchmal eigenwilligen Verhalten aber auch zu Konflikten beigetragen. Nachdem sich die Linke deutlich verstärkt und verjüngt hat zeichnet sich nun ein Ende der Ära Santillán ab. Der sich selbst auf eine Rolle als Hinterbänkler einstellt.

Stadtrat zersplittert weiter – oder konsolidiert sich

Auf die Mehrheiten im Stadtrat hat diese Entwicklung keine unmittelbare Auswirkung, macht die Verhältnisse aber noch etwas unübersichtlicher. Nach aktuellem Stand gibt es mit CDU, SPD, Grünen und AfD vier Fraktionen.

Hinzu kommen mit Linke, FDP, Volt und Bürgerpartei nun vier Gruppen sowie mit Santillán, Rainer Röhr und Benno Nuding (beide zuvor FWG) drei Einzelratsmitglieder. Allerdings spricht Röhr im Namen der FWG mit Volt über die Bildung einer gemeinsamen Fraktion, Nuding könnte sich früher oder später der CDU anschließen, auch die Bildung einer CDU/FDP-Fraktion wäre möglich.

Neuer Ortsvorstand stellt sich hinter linke Gruppe

Die Bildung der Gruppe wird vom neuen Ortsvorstand ausdrücklich begrüßt. Zwar sei es richtig, dass Santillán die Linke in Bergisch Gladbach über viele Jahre hinweg geprägt habe, sagt der Co-Vorsitzende Felix Opiela. Ihr aktuelles Aufleben und ihre neue Dynamik verdanke die Partei aber insbesondere dem Engagement vieler junger Mitglieder, die sich seit 2025 verstärkt eingebracht hätten. „Diesen Geist der Erneuerung möchten wir sowohl in unserer Außendarstellung als auch in unserer politischen Arbeit sichtbar machen“, erklärt Opiela.

Der Ortsvorstand stehe aber nicht nur mit der Gruppe im Stadtrat, sondern auch mit Santillán im engen Austausch und werde beide Seiten unterstützen, „soweit dies gewünscht ist und unsere Kapazitäten es zulassen“, sagt Opiela.

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Ortsverband der Linken wählt neuen Vorstand

Das Comeback der Partei „Die Linke“ in Bergisch Gladbach war nicht ganz störungsfrei verlaufen, dennoch ist der Ortsverband im Sog der Bundespolitik in kurzer Zeit sehr stark gewachsen. Nun hat ein Interimsvorstand den Weg frei gemacht und die jungen Mitglieder haben das Heft in die Hand genommen.

Die Entscheidung, keine Fraktion zu bilden, sei von Häuser und Vollmer nach intensiven Gesprächen getroffen worden – weil nach ihrer Einschätzung „eine handlungsfähige und vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Form einer Fraktion zum jetzigen Zeitpunkt nicht realisierbar ist“. Der Ortsverband respektiere diese Entscheidung, auch wenn ihm bewusst ist, dass damit „gewisse organisatorische und politische Gestaltungsmöglichkeiten entfallen“.

Für die nächste Zukunft, so Opiela, sei das Thema Fraktion abgeschlossen. Santillán dagegen betont, dass die Bildung einer Fraktion mit allen drei linken Ratsmitgliedern nach wie vor sein Ziel sei. Dafür stelle er keinerlei Bedingungen und strebe auch keine leitende Funktion an. 

Das hindert ihn jedoch nicht daran, weiterhin eigene Pressemitteilungen zu verschicken, in denen er u.a. „Ziele der Linken im Stadtrat“ formuliert und für einen „Neuanfang, der verbindet statt spaltet“ wirbt. Denn nur „eine geeinte, gemeinsame und sichtbare Linke“ sei der „einzige Garant dafür, dass soziale Fragen nicht den Rechten überlassen werden“.

Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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  1. Wir stehen für eine offene Debatte und ein breites Meinungsspektrum, daher gilt hier keine Klarnamen-Pflicht. Wir akzeptieren jedoch nicht, dass eine Person eine fremde Identität vortäuscht – daher haben wir hier einige Kommentare gelöscht.

    Leider geschieht das bei Debatten im Umfeld der Linken regelmäßig. Wenn das so weitergeht sehen wir uns gezwungen, in diesem Themenfeld auf Klarnamen zu bestehen. Es spricht ja eigentlich auch nichts dagegen, für seine Meinung einzustehen.

  2. “Vor fünf Jahren haben Henkel und Santillan die Linke Bergisch Gladbach von der verlogenen „Bürgerpartei“ befreit.”?

    Das ist nicht ganz richtig. Henkel hatte zu der Zeit längst aufgegeben und war nicht mehr Mitglied des Ortsverbands.

    Zur besseren Einordnung: Santillan, der 2015 noch kein Mandat hatte, hat sich dermaßen in die Konstituiering der Fraktion eingemischt, dass es zu einer Spaltung kam zwischen Henkel auf der einen und Klein/Misini auf der anderen Seite. Als Henkel wegen der Querelen ihr Mandat niedergelegt hatte, konnte Santillan in den Stadtrat nachrücken.

    Die beiden verbliebenen Ratsmitglieder wollten mit ihm keine Fraktion bilden, da er von vornherein mit Forderungen und Bedingungen aufgetreten ist. Um den Fraktionsstatus nicht zu verlieren, haben sich Klein und Misini mit Samirae von der Bürgerpartei geeinigt, eine Fraktion zu bilden.

    (Was ich rückblickend für ebenso fatal halte, wie die eigennützige Einmischung Santillans; aber auf die chronologische Abfolge kommt es hier an.)

    Mit diesem Hintergrundwissen kann man die Entscheidung von Haeuser und Vollmer vielleicht besser einordnen.

    1. Hier ist der Hinweis wichtig, dass sich Peter Tschorny seinerzeit der Ratsfraktion Die Linke / Bürgerpartei GL als sachkundiger Bürger angeschlossen hatte. Dies war innerhalb der Partei sehr umstritten: Sowohl der Ortsverband als auch der Kreisverband lehnten diese Zusammenarbeit ab. Die weitere Entwicklung der Fraktion Die Linke / Bürgerpartei GL wurde vom Bürgerportal dokumentiert.

    2. Lieber Peter,

      offenbar haben nicht nur wir beide sehr unterschiedliche Wahrnehmungen zur Bürgerpartei GlL und der Geschichte dieses innerlinken Konflikts, der schließlich in mehreren Parteiausschlussverfahren, der Auflösung der Partei in Bergisch Gladbach und dem Nicht-Wahlantritt 2020 mündete.

      Ich fände es gut, wenn wir uns in aller Ruhe bei einem Glas Wein, Tee oder Kölsch über diese Dinge unterhalten könnten, um alles gemeinsam aufzuarbeiten. Diese schädliche Geschichte wird Die Linke in Bergisch Gladbach noch lange begleiten, und es ist nicht hilfreich für linke Politik in unserer Stadt, wenn wir sie immer wieder öffentlich aufkochen. Das heißt nicht, dass wir sie einfach vergessen sollten. Viel wichtiger ist, dass wir solidarisch und gemeinsam reflektieren, unsere beiden Fehler – die zweifellos auch anbei manchen Punkte bei mir liegen – genau betrachten und daraus lernen. Keiner ist perfekt!

      Eines ist jedoch klar: Der heutige Kontext hat nichts mit dieser unrühmlichen Vergangenheit zu tun, sondern ist ganz anders gelagert. Ich habe an Die Linke und auch an Lea Volmer und Mara Häuser keine Forderungen gestellt und bin uneingeschränkt bereit, eine Fraktionsbildung umzusetzen, bei der ich keine führende Rolle spiele, sondern sogar schweige. Im Gegenteil, ich habe sogar angeboten, den beiden meine Stimme zu geben, um der Linken alle Rechte als Fraktion zu ermöglichen.

      Melde dich gerne, auf ein Glas … was auch immer dir passt.

      Solidarische Grüße
      Dein Tomás M. Santillan
      Mitglied des Stadtrats Bergisch Gladbach DIE LINKE

      1. “Mit solidarischen Grüßen” also, von einer Person, die unter anderen Namen Stimmung gegen Genossen macht, die nicht mit dir zusammenarbeiten wollen. Sehr solidarisch, echt.

        Mensch ist das komisch, dass die Partei auf Abstand zu dir geht, das ist ja echt überhaupt nicht zu erwarten….. Ist da nur komisch!

      2. Lieber Tobias,

        im Internet schreibe ich ausschließlich unter meinem Realnamen. Wie du weißt, habe ich kein Problem damit, auch scharfe Kritik klar und deutlich zu formulieren und meinen Namen darunter zu setzen. Bei meinem Realnamen bleibe ich auch weiterhin. Alle meine Kommentare werden von der Redaktion des Bürgerportals moderiert und vor Freigabe geprüft. Wahrscheinlich, weil auch die Redaktion weiss, dass ich unter meinem Realname auch deutliche Worte finden kann und mich nicht verstecke, sondern offen damit umgehe.

        In diesem Thread wollte ich der Vermutung entgegenwirken, dass die aktuelle Situation der Fraktionsbildung etwas mit einer Kooperation mit der Bürgerpartei GL zu tun haben könnte – so wie es 2025 der Fall mit Die Linke und der Bürgerpartei GL war. Das ist weder die Absicht der beiden Genoss:innen noch meine.

        Ich kenne weder die genauen Beweggründe noch die konkreten Argumente von Lea und Mara, respektiere sie dennoch und werde mich daher nicht weiter öffentlich oder in Presseerklärungen zu ihren Entscheidungen äußern.

        Ich bleibe unbeirrt bei meiner Haltung, dass ich eine konsensuale Fraktionsbildung mit drei Ratsmitgliedern uneingeschränkt und ohne Bedingungen unterstütze – mit dem Ziel, die Linke im Stadtrat zu stärken und um dem Wählerwillen gerecht zu werden, um diese Stadt nach links zu verändern.

        Tatsächlich habe ich den Eindruck, dass hier viele unbelegte, wilde Unterstellungen, konstruierte Verzerrungen und unbegründete Behauptungen verbreitet werden, offenbar mit dem Ziel, Stimmung GEGEN MICH zu machen. Mir werden Dinge zugeschrieben, die ich nie vertreten habe, mit denen ich nie befasst war und die schlicht erfunden werden, um mich in ein schlechtes Licht zu rücken. Dazu zähle ich auch deinen Kommentar.

        Solidarische Grüße
        Dein Tomás M. Santillán

  3. Schon fast Cliché, dass es drei Linke nicht schaffen, sich zusammenzuraufen und eine Fraktion zu bilden, obwohl dies viele Vorteile hätte.

    Wenn die schon die Selbstorganisation so “gut” auf die Reihe bekommen, möchte man lieber gar nicht wissen, was passieren würde, wenn sie die Geschicke der Stadt lenken dürften.

  4. Mensch sollte meinen, dass sich jung und alt gut ergänzen könnten: Hier die Aufbruchstimmung und neuen Ideen, dort die langjährige Erfahrung in der Kommunalpolitik. Vielleicht braucht es einfach Zeit, bis sich diese Erkenntnis durchsetzt.

    Zumindest wäre diese Kontroverse ein Anlass gewesen, eigene inhaltliche Schwerpunkte in die öffentliche Debatte zu bringen. Wieder verpasst.

    1. Lieber Urs,
      ich denke, dass es genug politische Kontroverse in diesem Stadtrat geben wird, bei der Die Linke sich zu Wort melden wird.

      Als Einzelratsmitglied Die Linke wird das nicht leicht, doch ich werde die inhaltlichen Schwerpunkte des Kommunalwahlprogramms Die Linke Bergisch Gladbach immer wieder in die öffentliche Debatte und in den Rat einbringen und freue mich auf einen streitbaren Diskurs mit den anderen demokratischen Ratsmitglieder, mit den Bürger:innen und natürlich mir dir.

      Fast forward!
      Dein Tomás

  5. ‚Die Revolution sagt: Ich war, ich bin, ich werde sein.“ Zitat von Rosa Luxemburg (Sozialistin und Revolutionärin)