Rechtsanwalt Constantin Martinsdorf, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, informiert über Äußerungsrechte, den Schutz der Privatsphäre und gerichtliche Eilverfahren.

Der in Bergisch Gladbach und Köln ansässige Rechtsanwalt Constantin Martinsdorf hat kürzlich die TV- und Radiomoderatorin Verena Kerth vor dem Landgericht Köln vertreten. Im Gespräch erklärt er, warum im Äußerungsrecht Zögern nachteilig sein kann, wie Gerichte über Eilverfahren denken und was Persönlichkeitsrechte eigentlich sind.

Herr Martinsdorf, Sie haben kürzlich Verena Kerth vor dem Landgericht Köln vertreten. Worum ging es in dem Verfahren?

Es ging um heimlich angefertigte Videoaufnahmen von Frau Kerth, die später in einer Dokumentation mit Marc Terenzi und Oliver Pocher auftauchten. Das war ein klarer Eingriff in ihre Privatsphäre. Wir haben sehr kurzfristig reagiert und eine einstweilige Verfügung beantragt – mit Erfolg.

Was ist das Besondere an Eilverfahren im Medienrecht?

Schnelligkeit ist entscheidend – aber ohne Aktionismus. Man muss auch die Erwartungshaltung der Mandanten berücksichtigen. Viele wünschen sich am liebsten am Tag der Mandatierung bereits eine gerichtliche Entscheidung. Das ist verständlich, funktioniert aber natürlich nicht. Entscheidungen in wenigen Tagen sind dennoch möglich. Dafür muss man in kürzester Zeit sauber arbeiten: Beweise sichern, rechtlich bewerten, den Antrag formulieren und alles so überzeugend darstellen, dass das Gericht sofort ein klares Bild hat.

Wie schnell muss man reagieren?

Das hängt vom Gericht ab. Üblicherweise sprechen wir von Zeiträumen zwischen wenigen Wochen und maximal zwei Monaten, in denen der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt werden muss. Die Uhr beginnt zu laufen, sobald man von der Verletzung sicher Kenntnis hat. Die Landgerichte in Hamburg oder Köln sind streng – nach vier bis sechs Wochen wird es kritisch. In Berlin ist man etwas flexibler, in Düsseldorf am großzügigsten, dort sind bis zu zwei Monate möglich. Das klingt nach viel Zeit, ist es aber nicht. In der Praxis bleiben oft nur wenige Tage, um alles wasserdicht aufzubauen. 

Verpasst man die sogenannte Dringlichkeitsfrist, ist man zwar nicht rechtlos, aber bis in einem Hauptsacheverfahren eine Entscheidung fällt, können Monate vergehen. Das hilft Betroffenen selten weiter.

Was sind weitere Besonderheiten in Eilverfahren?

Im medienrechtlichen Eilverfahren gelten mehrere Besonderheiten. Zum einen wird eine sogenannte Glaubhaftmachung erwartet. Das bedeutet, man muss dem Gericht zügig und nachvollziehbar darlegen, dass die behaupteten Tatsachen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies geschieht etwa durch die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung.

Hinzu kommt die hohe Dynamik medialer Berichterstattung. Es ist nicht immer absehbar, wie andere Medien auf eine Veröffentlichung reagieren. Häufig potenziert sich der Persönlichkeitsrechtsschaden durch die Weiterverbreitung einer Falschbehauptung. Man muss das aufmerksam beobachten und schnell reagieren, sobald der Mandant von weiteren Veröffentlichungen Kenntnis erlangt.

Zudem berücksichtigen Gerichte auch das Verhalten der betroffenen Person. Wer selbst regelmäßig private Aspekte öffentlich macht, kann sich in gewissem Umfang schlechter auf besonderen Schutz berufen.

Und nicht zuletzt müssen Unterlassungsanträge präzise formuliert werden. Sie dürfen weder zu weit noch zu eng gefasst sein, sonst sind sie nicht durchsetzbar. In der Summe zeigt sich: Das äußerungsrechtliche Eilverfahren verlangt gleichermaßen Sorgfalt und Geschwindigkeit.

Also sind Schnelligkeit und Präzision entscheidend?

Genau. Jede Formulierung und jede zeitliche Einordnung zählt. Wenn das Gericht merkt, dass man die Sache im Griff hat und nichts übertreibt, kommt die Entscheidung häufig binnen weniger Tage.

Bei Fällen wie denen von Verena Kerth geht es um Eingriffe in Persönlichkeitsrechte. Können Sie genauer erklären, was Persönlichkeitsrechte im Kern sind?

Persönlichkeitsrechte schützen den Kernbereich individueller Freiheit, also das Recht, selbst zu bestimmen, welche Informationen über die eigene Person öffentlich werden. Dazu gehören insbesondere die Privatsphäre, die Ehre, die persönliche Darstellung in den Medien und die Kontrolle über seine eigenen Daten. 

Wenn eine Berichterstattung diesen Bereich verletzt oder jemand ohne Zustimmung in ein falsches Licht rückt, kann man von einem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sprechen.

Was raten Sie Betroffenen, die plötzlich mit solchen Veröffentlichungen wie im Fall von Verena Kerth konfrontiert sind?

Ruhe bewahren, aber keine Zeit verlieren. Das Schlimmste ist, tage- oder wochenlang zu überlegen, ob man „wirklich etwas tun sollte“. Sobald klar ist, dass ein Eingriff vorliegt, sollte man strukturiert handeln, also sofort Beweise sichern, d.h. z.B. Screenshots von der Persönlichkeitsrechtsverletzung machen, keine vorschnellen öffentlichen Erklärungen abgeben, z.B. durch eigene Postings in den sozialen Medien, dann sofort juristisch prüfen lassen, gezielt und schnell vorgehen.

Und woran erkennt man gute Medienrechtsarbeit?

Am wichtigsten sind Präzision und Timing. Wer zu hastig arbeitet, riskiert eine gerichtliche Ablehnung. Wer zu lange analysiert, verpasst die Dringlichkeit.

Was nehmen Sie persönlich aus dem Verfahren um Verena Kerth mit?

Dass Medienrecht nie Routine wird. Jedes Verfahren verlangt, binnen Stunden strategische Entscheidungen zu treffen. Und unabhängig davon, wie bekannt ein Mandant ist – am Ende geht es immer um dasselbe: Respekt vor der Privatsphäre und klare Grenzen für Eingriffe. Das Verfahren in Köln hat das noch einmal deutlich gezeigt.

Herr Martinsdorf, vielen Dank für das Gespräch. 

Sehr gerne!

Anwaltskanzlei Bergisch Gladbach-Bensberg
Kölner Straße 2, 51429 Bergisch Gladbach
Telefon: 02204 918900-0; Fax: 02204 918900-1
Mail: bensberg@bietmann.eu
Website: www.bietmann.eu

Zur Person: Constantin Martinsdorf ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie Urheber- und Medienrecht. Er ist Ihr Ansprechpartner in allen Fragen des Arbeitsrechtes und der neuen und „alten“ Medien. 

Die bundesweit tätige Sozietät Bietmann ist seit Beginn des Jahres 2019 in den ehemaligen Räumen der Deutschen Bank in zentraler Lage in Bensberg mit Rechtsanwälten und Steuerberatern im rheinisch-bergischen Raum tätig.

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In streitigen gerichtlichen Auseinandersetzungen wird die Arbeit unserer Steuerabteilung ergänzt durch qualifizierte und berufserfahrene Rechtsanwälte mit dem Schwerpunkt Steuerrecht. 

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Gegründet wurde die Sozietät vor nunmehr 30 Jahren von dem heutigen Seniorpartner, Prof. Dr. Rolf Bietmann, der als Anwalt und Hochschullehrer sowie als Vorsitzender der Erfurter Gesellschaft zur Pflege des Arbeitsrechts am Sitz des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt bundesweit bekannt ist.

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