An der Bensberger Straße ist plötzlich eine neue Rampe für Radler aufgetaucht. Das wirft Fragen auf. Vor allem diese: Welche Radwege muss man benutzen? Wo hat man die Wahl? Welche sind verboten?

Bergisch Gladbach hat an der Bensberger Straße auf Höhe der Einfahrt zum Zanders-Parkplatz eine neue Radwegeführung gebaut – still und heimlich und vor allem ohne Erklärung.

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Also klären wir mal auf: Wo müssen Radfahrer fahren?

Es gibt benutzungspflichtige Wege, angezeigt durch die drei radblauen Verkehrszeichen, so wie zum Beispiel im Bild unten am neuen Turbokreisel Richtung Bensberg. Da muss der Radfahrer den kombinierten Fuß- Radweg nutzen und darf die Straße nicht befahren!

Diese radblauen Verkehrszeichen werden an jeder Straßeneinmündung wiederholt, falls nicht, gelten sie auch nicht mehr.

Also – hier an der Bensberger Straße in Höhe der Einmündung zum Zanders Parkplatz wird das Zeichen nicht wiederholt. Oder doch? Hinter der Ampel ist doch so was Ähnliches auf die Fahrbahn aufgemalt.

Gilt aber nicht! Nur das Schild am Pfosten ist StVO-regelkonform. Alles, was auf den Weg gepinselt wurde, ist ein Hinweis, dass man diesen Weg als Radfahrer nutzen kann, aber nicht muss.

Also kann der Radfahrer hier wahlweise weiterhin auf dem „Bürgersteig“ fahren oder aber auf die Straße wechseln. Dies konnte man bisher auch, aber erst durch diese neue Rampe hat man auch die Möglichkeit, auf die Straße zu wechseln.

Seit 1998 ist der Fußweg für Radler tabu

Das eigentliche Problem tritt aber dort auf, wo Piktogramme oder ähnliche Hinweise auf den Wegen fehlen. Denn dann handelt es sich gar nicht um einen Radweg, sondern um einen Fußweg.

Zum Hintergrund: Nach Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) von 1998 (!) sind Fahrräder Fahrzeuge und gehören deshalb auf die Fahrbahn (und nicht auf den Bürgersteig)!!! Es gibt (natürlich) Ausnahmen: Kinder bis zum achten Lebensjahr und die begleitenden Aufsichtspersonen dürfen weiterhin den Bürgersteig benutzen.

Die StVO-Änderung von 1998 hat wohl niemanden interessiert. Obwohl schon 20 Jahre her, hupen ältere Autofahrer, wenn sie Fahhrräder auf der Straße sehen.

2007 erging dann die eindringliche Warnung an die Kommunen, diese Entscheidung endlich umzusetzen. Die Folge war, dass die zuständigen Behörden einen Großteil der radblauen Verkehrszeichen entfernt haben. Ersatzlos.

Rote Wege sind oft keine Radwege

Dabei wurden allerdings, wahrscheinlich in der Eile, einige Randbedingungen außer Acht gelassen.

Schauen wir mal zurück, wie Fahrradinfrastruktur bis 1998 ausgesehen hat. Wichtig war, die Radfahrer von der Fahrbahn zu verdrängen und auf den Gehweg zu verlagern. Das führte dazu, dass jahrzehntelang der enge Bürgersteig in zwei Bereiche aufgeteilt wurde. Rechts der Fußgänger und links der Radfahrer. Der jeweilige Bereich hat wurde durch unterschiedliche Beläge verdeutlicht. Die Radspur war meist mit rotem Stein gebaut – das hat Geld gekostet – und die Steine liegen noch heute, auch wenn die Radwegebenutzungspflicht längst abgeschafft worden ist.

Dumm gelaufen: Radwegebenutzungspflicht abgeschafft, rote Fahrspuren liegen noch jahrzehntelang und alle glauben – und zwar genau bis zur Gerichtsverhandlung – sie dürften auf diesen Wegen fahren. Das ist aber nicht der Fall, denn es handelt sich eben nicht um Radwege sondern um Fußwege.

Noch viel schlimmer: Kinder über acht Jahren werden gezwungen, auf der Fahrbahn zu fahren, weil es keine richtigen Piktogramme auf den ehemaligen Radwegen gibt.

Ein praktisches Beispiel in Refrath

Schauen wir uns ein praktisches Beispiel an (Herr Nantke von der Verkehrswacht machte mich darauf aufmerksam):

An der Straße „In der Auen“ in Refrath  war auf beiden Seiten ein benutzungspflichtiger Radweg auf dem Hochbord eingerichtet (Bild oben). Nach Abbau der radblauen Verkehrszeichen wurde auf eine Kennzeichnung der bisherigen Radspuren verzichtet, mit dem Effekt, dass Schüler über acht Jahren diese nicht mehr rechtmäßig nutzen können.

Auch viele Erwachsene fahren heute noch über die ehemaligen Radspuren, weil sie es halt so gewohnt sind und weil sie sich auf der Straße nicht sicher fühlen. Will man Schülern erklären, wo sie denn fahren dürfen, muss man ihnen erklären, dass sie rechtmäßig auf die Straße gehören.

Erst Piktogramme schaffen die Wahlfreiheit

Dies ist ein eklatanter Mangel, der von unserer Stadtverwaltung – bewusst oder unbewusst – verursacht wurde.

Unsere Forderung: An allen Stellen, wo die Radwegebenutzungspflicht aufgehoben wurde, müssen Piktogramme aufgebracht wurde. Dadurch besteht die Wahlfreiheit der Radwege.

Kommen wir noch einmal zur Bensberger Straße, diesmal in Fahrtrichtung Innenstadt. Was scheinbar viele Radfahrer nicht mitbekommen haben: Es gibt jetzt einen mächtig breiten Fuß-Radweg (Bild oben).

Dennoch nutzen einige Radfahrer immer noch die falsche Seite, am Zandersgelände vorbei, und sind damit Geisterfahrer, was ziemlich gefährlich ist.

Am neuen Turbokreisel sind jetzt mehr Umweltspuren fertig. Schöne fette Piktogramme weisen auf die gemeinsame Nutzung von Bus und Fahrrad hin. Hier kann jetzt in Ost-West Richtung die Fußgängerzone zügig umfahren werden – und das zu jeder Uhrzeit.

Seit Gründung des ADFC Kreisverbandes RheinBerg-Oberberg e.V. in 2013 bin ich im Vorstand, seit Herbst 2015 Vorstandsvorsitzender.

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4 Kommentare

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  1. Als ich vor 2-3 Jahren auf dem Refrather Weg Richtung BGL (ziemlich die Höhe wie auf Foto oben) auf dem Radweg unterwegs war, musste ich eine Vollbremsung hinlegen. Weil ein Beifahrer die Tür von innen öffnete, ohne den Fahrradverkehr von hinten zu beachten. Pikanter Weise handelte es sich um ein Polizeiauto und einen Polizisten. Ich war verärgert und habe mir das auch anmerken lassen: lm Sinne von Rücksichtnahme, Aufmerksamkeit, Polizei als Vorbild (sachlich!)… Ich fuhr dann zunächst unkommentiert weiter. Kurze Zeit später holte mich das Polizeiauto ein. Der beifahrende Polizist wieß mich zurecht mit dem Hinweis ich führe widerrechtlich auf dem Gehweg und hätte von daher kein Recht mich zu beschweren. Da war ich platt: Sowohl wegen besagter Regelung als auch wegen des Verhaltens des Polizisten, der nicht einräumen wollte unaufmerksam gewesen zu sein. Seitdem bin ich bzgl der Fahrradtegelungen ziemlich verunsichert. Auch die von Ihnen erwähnte Rampe an der Bensberger Straße fand ich eher irritierend als hilfreich. Dank Ihres Beitrags sehe ich jetzt klarer. Allerdings wünscht man sich diese Aufklärung zeitnah von der Stadt. Z.B. durch Flyer o.ä. Das nicht zu tun halte ich für eine Verletzung deren Sorgfaltspflicht!

  2. Als unlängst von Auto auf E-Bike umgestiegener Autofahrer ist Ihr Artikel mir aus dem Herzen gegriffen, Fahrradfahren in Bergisch Gladbach ist unübersichtlich, nicht eindeutig, angegeben und dadurch teilweise gefährlich für sämtliche Verkehrsteilnehmer.

    Diese von Ihnen umschriebene schöne breite Rad-/Fussweg, womit man die enge Zanders-Seite vermeiden kann, könnte auch in gegenseitige Richtung befahren werden, was zusätzlich die andere sehr frequentierte Zanders-Seite entlastet,

    Es sollte dann nur auf dem Turbokreisel den Radfahrern ermöglicht werden vom Haus Paas oder Rathaus kommend sofort und direkt auf diesen breiten Fuß-/Radweg zu wechseln, man erspart dann die ganze Rundung des Turbokreisels (4 extra gefährliche und unübersichtliche Überquerungen) und ist sofort auf der Bensberger Straße, leider ist man dort jetzt ein (entspannter) Geisterfahrer.
    Es sollten nur die Pfeile für die Radfahrer in beiden Richtungen hinweisen. In der Praxis funktioniert das jetzt schon reibungslos mit dem übrigen Straßenverkehr, wie ich mehrmals feststellen konnte. (Bitte nur der Stadt und nicht der Polizei melden!)

  3. Was nützt eigentlich das Rad Fahrverbot in der Fußgängerzone wenn es ignoriert wird und keiner kontrolliert.
    LACHHAFT

  4. Ich bin kein großer Freund von schmalen, nicht benutzungspflichtigen Radwegen und nutze lieber die Fahrbahn.
    Aber: Ich bezweifle, dass man Radwege nicht benutzen darf, wenn sie keine zusätzliche Kennzeichnung haben:
    StVO §2 (4): „Rechte Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen benutzt werden.“
    VwV-StVO zu § 2 Randnr. 30: „Radwege ohne Benutzungspflicht sind für den Radverkehr vorgesehene Verkehrsflächen ohne Zeichen 237, 240 oder 241.“

    Sofern sie also irgendwie als vorgesehene Verkehrsfläche zu erkennen sind (rote Farbe, rote Pflasterung, Absenkung der Fahrbahn auf dem Hochbord, kleinere Bodenplatten, etc.) darf jeder Radfahrer darauf fahren.

    Ja, auch Kinder bis 8 Jahre dürfen auf Radwegen fahren, egal ob benutzungspflichtig oder nicht:
    StVO §2 (5): „Ist ein baulich von der Fahrbahn getrennter Radweg vorhanden, so dürfen abweichend von Satz 1 Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr auch diesen Radweg benutzen.“
    Auch hier ist es wieder egal, wie der Radweg markiert ist. Hauptsache baulich von der Fahrbahn getrennt. Also z. B., wie in den meisten Fällen, mit einem Bordstein.