Unterricht und Information am Albertus-Magnus-Gymnasium in Bensberg. Foto: Thomas Merkenich

Die Integrationsklasse am Albertus-Magnus-Gymnasium wächst: Zehn Kinder aus der Ukraine erhalten dort bereits Stabilität, Struktur und Sprachunterricht, berichtet Schulleiter Rolf Faymonville. Weitere könnten trotz knapper Räumlichkeiten in einer zweiten Klasse aufgenommen werden – wenn ein Container rasch hergerichtet werden kann. Großen Wert legt das AMG auch darauf, die eigenen Schüler:innen im Blick zu behalten.

„Wir hatten bereits sechs Kinder in unserer internationalen Vorbereitungsklasse IVK, aus verschiedenen Nationen“, berichtet Direktor Rolf Faymonville. „Nun sind vor einer Woche zehn neue Kinder hinzugekommen, kriegsvertrieben, aus der Ukraine.“ Sie befinden sich nun im sicheren Hafen des AMG, und sollen dort erst einmal zur Ruhe kommen. 

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Die Aufnahme an der Schule erfolgte den Umständen entsprechend: Schüler:innen des AMG mit osteuropäischen Sprachkenntnissen hätten beim Dolmetschen unterstützt, freut sich der Schulleiter. Aber die Datenerhebung sei seitens der Behörden auf die Schule delegiert worden, da gebe es Optimierungsbedarf.

Erfahren in Krisenintervention

Ankommen, runterkommen, Sprache lernen, Struktur geben, soziale Kontakte aufbauen – dies seien zunächst die pädagogischen Ziele für die aufgenommenen Kinder aus dem Kriegsgebiet.

An eine Gestaltung der Schullaufbahn sei noch nicht zu denken, so Faymonville. Dies sei der nächste Schritt. Er weiß wovon er spricht: Der Pädagoge ist aktiv bei Sinus e.V., einem Verein der Schulen in Notfällen mit Krisenintervention unterstützt. Er war z.B. auch bei der Flutkatastrophe im Ahrtal im Einsatz.

Rolf Faymonville leitet das Albertus-Magnus-Gymnasium in Bensberg. Foto: Thomas Merkenich

Zwei Lehrer:innen sorgen sich in der IVK des AMG um die ukrainischen Kinder, mit zehn beziehungsweise drei Wochenschulstunden. In der restlichen Zeit seien die Schüler:innen in altersgerechten Regelklassen untergebracht: Zwei Kinder in der siebten Klasse, zwei in der achten, die anderen in der Oberstufe, „obwohl sie durch den fehlenden Schulabschluss eigentlich keine Berechtigung für die Oberstufe haben.“

Es sei aber Konsens aller Beteiligten, auch der Aufsichtsbehörden, dass derzeit Pädagogik vor Schullaufbahn stehe, die humanitäre Hilfe vor regelkonformer Beschulung: „Wir tun alles für einen guten Start.“

Abi via Telegramm?

Einige der geflohenen Kinder hätten über Chat-Programme noch Kontakt zu Lehrer:innen in der Heimat. Sie versuchten ihren Schulabschluss in der Ukraine aus der Ferne nachzuholen. „Angesichts der Lage vor Ort ist es aber fraglich ob dies gelingt“, sagt Faymonville.

Manche der Kinder würden gerne wieder zurück in ihre Heimat. Wollen helfen, seien innerlich zerrissen, auch angesichts der ungewissen Zukunft ihrer Eltern und Verwandten im Kriegsgebiet.

Pädagogik vor Schullaufbahn – das spiegelt sich auch in den Fächern wieder, welche die ukrainischen Kinder derzeit besuchen. „So legen wir zum Beispiel einen Fokus auf Mathe und Englisch. Hier sind weniger Sprachkenntnisse gefragt. Die geflohenen Kinder erleben dass sie etwas können, dass sie auch in der Fremde an Vertrautes anknüpfen können“, dies sei bei der Integration von zentraler Bedeutung. 

Bis zum Sommer würden die Kinder zunächst am AMG bleiben, dann sehe man weiter. Bei der Bezirksregierung sei eigentlich vorgesehen, dass die Kinder am Berufskolleg untergebracht würden. „Dort gibt es mehr Möglichkeiten, die Auswahl Richtung Abitur oder beruflicher Ausbildung“, erklärt der Schulleiter. Warum dies derzeit noch nicht praktiziert werde könne er nicht sagen.

Hilfe auch für Schüler:innen des AMG

Zum Krisenbeginn hätten sich die Lehrer:innen Gedanken über den Krieg in Europa und die Auswirkungen auf die Schule gemacht, berichtet der Schulleiter. Und auch die eigenen, rund 1.000 Schüler:innen am AMG in den Fokus genommen. „Wir haben rund 20 Kinder aus Russland an der Schule, der Krieg macht etwas mit ihnen.“

Über Karneval hätten sich die Lehrer:innen abgestimmt, ein gemeinsames Konzept für die unterschiedlichen Altersstufen entwickelt: Wie man sinnvoll die Katastrophe des Krieges im Schulalltag aufgreifen könne.

„Es gab Gesprächsangebote, Aschermittwoch nutzten dies alleine 30 Kinder“, berichtet Faymonville. „Wichtig ist: Die Kinder können mit uns reden, sie müssen aber nicht!“ Man wolle ihnen das Thema Krieg in der Schule nicht aufzwingen. 

In Politik und Sozialwissenschaften klärte man bei Bedarf über das Geschehen auf, aber in Maßen, dosiert. Die Kinder hätten auch ein Recht auf Alltag. „Gut angenommen wird das wöchentliche Friedensgebet mit Musik und Meditation in der Aula, da spürt man wie gut den Kindern das tut.“

Es seien wichtige Schritte in punkto Selbstwirksamkeit: „Die Kinder erleben, dass sie etwas tun können für die Ukraine!“

Foto: Thomas Merkenich

Hinzu kämen Sammelaktionen von Schulmaterial sowie eine Spendenaktion, die am 1. April von der gesamten Schule realisiert würde. „Da kam eine Schülerin aus der 9. Klasse hier ins Büro und stellte vor der erweiterten Schulleitung ihr Idee vor, mit enormem Selbstbewusstsein. Stand heute ist alles organisiert, die Aktion läuft“, zeigt sich Rolf Faymonville Stolz und ein klein wenig perplex, mit welcher Selbstverständlichkeit seine Schüler:innen Ideen und Aktivitäten zur Unterstützung der Menschen in der Ukraine und hier vor Ort entwickeln. 

Hemmschuh für Ausbau des Angebotes

16 Kinder in der IVK, damit seien die Kapazitätsgrenzen am AMG in Bensberg erst einmal erreicht. Weitere 15 Kinder könnten aufgenommen werden. „Dafür benötige ich jedoch eine halbe Lehrerstelle für Deutsch als Fremdsprache,“ erläutert der Schulleiter. Die Mittel dafür könnten rasch mobilisiert werden.

Dann fehle noch ein passender Raum. Ein Container, der als Aufenthaltsraum genutzt wurde, könnte hierfür hergerichtet werden. Die städtischen Handwerker seien jedoch kurz vor dessen Fertigstellung abgezogen worden und nun bei den Wohncontainern für die Geflüchteten im Einsatz. 

Sinnvoll sei zudem, wenn solche internationalen Vorbereitungsklassen an weiteren Schulen eingerichtet würden, sagt Rolf Faymonville vom AMG. So könnte diese Aufgabe auf eine breite Basis gestellt werden. 

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Holger Crump

ist Reporter und Kulturkorrespondent des Bürgerportals.

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