Das Cross in Gronau ist eins von sechs Jugendzentren in Bergisch Gladbach. Hier wird offene Kinder- und Jugendarbeit gemacht – das heißt in erster Linie: Raum und Zeit zur Verfügung gestellt, in denen die jungen Menschen einfach SEIN können, ohne etwas Bestimmtes tun zu müssen. Dabei lernen sie, ihre Interessen wahrzunehmen, sich einzubringen, Konflikte zu lösen und einiges mehr.
Es ist 15.59 Uhr. Sieben junge Menschen warten vor dem Kinder- und Jugendzentrum Cross. Um Punkt 16 Uhr geht die Tür auf. Die meisten Jugendlichen steuern erst einmal die Theke an, die direkt hinter dem Eingang liegt.
Am Ende des Tages wird hier ein Konvolut an bunten Bechern stehen, jeder mit einem Klebestreifen mit Namen darauf. Das Wasser aus dem großen Spender ist umsonst. Auch alles andere kostet nicht viel: Cola 1,10 Euro, Apfelschorle 40 Cent, Pizza 1,30 Euro, Tassenkuchen 40 Cent.
„Die Theke ist der Dreh- und Angelpunkt“, sagt Manuela Muth, Leiterin des Cross. Seit über 30 Jahren wird hier in Gronau offene Kinder- und Jugendarbeit gemacht – das heißt in erster Linie: Raum und Zeit zur Verfügung gestellt.

Der Raum: Das ist die große Theke, gegenüber ein Billard-Tisch, ein Regal mit Spielen, ein Kicker, eine Social-Media-Ecke mit Playstation und Switch, mehrere Sitzecken, in die man sich zurückziehen kann. Dazu ein Außengelände mit verschiedenen Bewegungsangeboten.
Manuela Muth sagt: „Es gibt nicht so viele unverzweckte Räume, also Räume, die keinen bestimmen Zweck erfüllen.“ Die Öffentlichkeit ist ein solcher Raum, den vor allem Jugendliche gern nutzen – in dem sie aber oft als störend wahrgenommen werden.





Im Jugendzentrum ist das anders. Hier dürfen sie sein, der Raum ist nur für sie bestimmt. Wie sie die angebotenen Möglichkeiten darin nutzen, bleibt ihnen überlassen. Bewusst. Denn in der offenen Kinder- und Jugendarbeit geht es darum zu lernen, die eigenen Interessen wahrzunehmen, seine Persönlichkeit zu entwickeln, eigene Ideen einzubringen.
Zumindest bei den „Großen“, jeden Dienstag bis Freitag ab 16 Uhr. Montagnachmittags ist „Kids Club“ für die Sechs- bis 12-Jährigen. Da wird mehr angeleitet, gemeinsam gespielt, gebastelt oder auch mal zusammen ein Obstsalat gemacht.
Zwei besondere Angebote
Neben diesem Offenen Treff gibt es im Cross zwei besondere Angebote: Boxen und Theaterspielen.
Im Untergeschoss des Gebäudes an der Mülheimer Straße versteckt sich ein voll ausgestatteter Boxraum, zweimal die Woche gibt es hier ein offenes Training unter professioneller Anleitung. „Da geht es nicht darum, anderen eins auf die Birne zu hauen, sondern um Durchhaltevermögen und körperliche Konstitution“, sagt Manuela Muth.

Die Theaterarbeit wird von einer Theaterpädagogin geleitet, in zwei bis drei altersdifferenzierten Gruppen. Muth zeigt auf die Wand am Ende des großen Aufenthaltsraums: Die Dschungelkulisse stammt aus der letzten Aufführung einer der Theatergruppen, „Mogli“.
Die Zielgruppe
Zusätzlich zu diesen Angeboten macht das Cross Stadtteilarbeit, Kooperationen mit Schulen. Manuela Muth sagt: „Früher haben wir die Tür aufgemacht und es war voll. Heute müssen wir uns immer wieder zeigen.“
Das liege einerseits daran, dass Kinder und Jugendliche weniger Zeit hätten. Und andererseits daran, dass es heute viele Konkurrenzangebote gebe, zum Beispiel durch Vereine – und durch Social Media.
Manchmal kommen an einem Tag 15 Jugendliche zum Offenen Treff, manchmal sind es 50. Die meisten von ihnen sind Stammgäste – zwischen 13 und 17 Jahre alt, mehr Jungs als Mädchen, überwiegend aus Gronau, Hand und Stadtmitte.
Viele haben einen Migrationshintergrund in der Familie. Manuela Muth mag den Begriff nicht – „bei uns spielt es keine Rolle, wo jemand herkommt“.
Das Viertel



Gronau ist ein sehr junger, sehr vielfältiger Stadtteil. Und Gronau entwickelt sich rasant weiter: Auf dem Wachendorff-Gelände entsteht ein ganz neues Quartier, die Bahnstation Duckterath soll ausgebaut werden, die Linien 3 und 18 womöglich verlängert, neue Grundschulen gebaut werden.
Eine Vision für Gronau
Gronau führt ein Schattendasein, nur die Bewohner:innen selbst kennen seine Vorzüge. Doch nun rücken einige große Projekte den Stadtteil in den Fokus. Die Stadt bereitet ein Konzept vor, um die Entwicklung in geordnete Bahnen zu lenken. Im Vorfeld starten wir ein Beteiligungsformat: Im ForumGronau sollen die Menschen eine Vision für ihren Stadtteil entwickeln.
Eine kleine Oase ist Gronaus Mittelpunkt
Der Abenteuerspielplatz an der Mülheimer Straße ist nicht einfach irgendein Spielplatz. Für die Bewohner:innen von Gronau bedeutet er viel mehr. Kinder und Eltern unterschiedlichster Hintergründe begegnen sich hier und wachsen zusammen auf. Eine Spurensuche.
Seit über 30 Jahren ist das Cross ein fester Bestandteil dieses Sozialraums. Früher als „Kleine offene Tür“ nur im Untergeschoss, seit 2008 unter dem aktuellen Namen im ganzen Gebäude.
Manuela Muth sagt: „Wir versuchen, für alle offen zu sein.“ Kinder und Jugendliche sollen im Cross Vielfalt erleben, aus ihrer Blase rauskommen und sehen, dass man auch andere Wege gehen kann als die, die man bereits kennt.
Eine wichtige Regel
Dass es da auch mal zu Reibereien kommt, ist klar. Die dürfen die Beteiligten erstmal selbst probieren zu lösen. Wenn nötig, springen die Mitarbeiter:innen ein und helfen.
„Wir haben hier eigentlich nur eine wichtige Regel“, erklärt Muth: „respektvoller Umgang mit anderen Menschen und mit dem Material – der Rest ist ein Selbstläufer.“
Viele würden das von zu Hause nicht kennen, dass Grenzen gesetzt, aber auch erklärt und begründet werden. Im Cross lernen sie in Konfliktsituationen: Nicht du bist schlecht, aber das, was du gerade gemacht hast, war nicht richtig.
Kinder- und Jugendzentrum Cross
Mülheimer Straße 211
Kontakt: manuela.muth@kja-lro.de
Mo 15:30 – 18 Uhr (Kids Club für alle von 6-12 Jahren)
Di 16 – 20 Uhr
Mi bis Fr 16 – 21 Uhr
Jeden ersten Samstag im Monat findet ab 10:45 Uhr das Kinderkino und der Kids Club statt.
Mehr Infos auf der Website
Solche Lernerfahrungen, einfach aus der Situation heraus, sind im Cross ganz wichtig.
Auch bei den Kleinen im Kids Club. Wenn sie an der Theke etwas zu essen oder trinken bestellen, können sie selbst das Geld abzählen, ausrechnen, wie viel Wechselgeld sie bekommen müssen. Angewandte Mathematik, nennt es Manuela Muth.
Mehr Nachhaltigkeit
Überhaupt sei das Essen im Cross ein unglaublich großes Thema. Für die Kleinen ganz besonders, aber auch für die Großen. Ein guter Bereich, um mehr Nachhaltigkeit im Jugendzentrum zu etablieren, fand das Team.
Alle Tierprodukte werden seit rund einem Jahr in Bio-Qualität gekauft. Jede Woche gibt es nun eine wechselnde, frisch gekochte Alternative zu Tiefkühl-Pizza und Käse-Toast (die aber auch weiterhin angeboten werden). Diese Woche: Wrap für 50 Cent.
Muth sagt: „Wir wollen zeigen, dass Nachhaltigkeit nicht Verzicht bedeutet, sondern leckere Alternativen.“
Der Getränke-Klassiker Capri-Sonne (viel Zucker, viel Plastik) wurde durch eine Bio-Limo ersetzt, die die Jugendlichen in einem Tasting selbst auswählen durften. Durch solche Mitgestaltungsmöglichkeiten erleben sie Selbstwirksamkeit – ein weiteres, wichtiges Thema in der Kinder- und Jugendarbeit.
Die Ehrenamtlichen

Auch vor diesem Hintergrund wird im Cross seit etwa einem Jahr ein Ehrenamtsteam aufgebaut. Es besteht aus Jugendlichen, die im Offenen Treff aushelfen oder Ferienaktionen für die Kleinen mitgestalten.
Antonia ist eine von ihnen. Seit etwa drei Monaten hilft die 18-Jährige regelmäßig an der Theke. Sie kannte jemandem aus dem Ehrenamtsteam und wollte neben der Vorbereitung auf die Abitur-Prüfungen etwas Sinnvolles tun.
Jeder wird mit einem Lächeln empfangen
Antonia, 18 Jahre
Sie ist zwar in der Mülheimer Straße aufgewachsen, war aber früher nie im Cross. Warum, kann sie gar nicht so genau sagen. „Ich liebe die Atmosphäre hier“, sagt sie. „Jeder wird mit einem Lächeln empfangen, dadurch fühlt man sich total willkommen.“
Im Cross gebe es keine Grüppchenbildung, sondern wirklich ein Gemeinschaftsgefühl, erzählt Antonia. „Hier ist es einfach Freunde zu finden – das weiß ich aus Erfahrung!“
Sommerferien im Cross:


Viele Angebote für Kinder und Jugendliche in den Sommerferien
Das Freizeitangebot für die Sommerferien in Bergisch Gladbach fällt sehr abwechslungsreich aus. Die Jugendzentren bieten spannende Workshops, die Vereine gute Sportaktionen. Aber auch Theaterfreunde, Lesratten und IT-Freaks müssen in den Ferien keine Langeweile habe. Unsere Auflistung wird laufend ergänzt, bei einigen Angeboten muss man sich frühzeitig anmelden.
Die Jugendlichen profitieren nicht nur selbst von der ehrenamtlichen Mitarbeit. Auch das Team kann ihre Hilfe gut gebrauchen. Denn das ganze Programm wird von nur drei Menschen gestemmt, die sich zwei volle Stellen teilen.
Der Boxtrainer und die Theaterpädagogin werden über Projektanträge finanziert, die Manuela Muth jedes Jahr aufs Neue stellen muss. Ein zusätzlicher Arbeitsaufwand, für den sie Zeit investieren muss. Zeit, die sie lieber den Kindern und Jugendlichen geben würde.