Die Stadtverwaltung hofft nach wie vor, dass die Papierfabrik Zanders überlebt. Dennoch arbeitet sie hart an Plänen, wie das zentrale Areal künftig genutzt werden kann, in Teilen oder komplett. Eine Ausschussvorlage gibt jetzt erste Antworten, wie die Zukunft im Rahmen eines weitgreifenden „Integrierten Handlungskonzepts Zanders Innenstadt” aussehen könnte.

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Die Sicherung der noch 300 Arbeitsplätze bei Zanders hat für die Stadt Vorrang, das betonen Verwaltung und Stadtrat unermüdlich. Aber hinter den Kulissen wird seit Monaten intensiv überlegt, wie das  37 Hektar große städtische Grundstück mitten in Bergisch Gladbach in der Zukunft genutzt werden kann.

Die Öffnung, Restrukturierung, Teilkonversion und perspektivisch Vollkonversion eines so großen Areals sei „eine Jahrhundertaufgabe”. Dafür wurde im Juni 2018 ein mehrköpfiges Projektteam gebildet, das Büros auf dem Zandersgelände bezog und unter der Leitung von Udo Krause direkt dem Bürgermeister zugeordnet ist.

Den Stand der Dinge dieses extrem wichtigen Projektes fasst das Team jetzt in einem 36-seitigen Papier unter dem Titel „Zanders Innenstadt Projektskizze 1.0″ zusammen. Ergänzt durch eine Beschlussvorlage, die am 26. September im Stadtentwicklungs- und Planungsausschuss zum Beschluss ansteht. Dort soll auch über den weiteren Planungs- und Beteiligungsprozess entschieden werden.

Für Druck sorgt dabei die Chance, über die Regionale 2025 an Fördertöpfe zu kommen. Die Stadtverwaltung hat sich mit dem Projekt „Zanders-Areal/ Südliche Innenstadt“ schon vor gut einem Jahr bei der Regionale-Agentur (die ebenfalls auf dem Zanders-Gelände residiert) beworben – und gleichzeitig ein „Integriertes Handlungskonzept Zanders Innenstadt” auf den Weg gebracht.

Luftaufnahme der Bergisch Gladbacher Innenstadt. Foto: REGIONALE 2025 Agentur GmbH

Mit der Entwicklung des Zanders-Gelände bewirbt sich Bergisch Gladbach für die Regionale. Foto: Regionale 2025 Agentur GmbH

Zwei Szenarien

Ob Zanders als Papierfabrik überlebt ist eine offene Frage. Nach wie vor laufen komplizierte Verhandlungen mit den neuen skandinavischen Eigentümer über einen langfristigen Pachtvertrag. Ein Übergangsvertrag ist noch einmal (und offenbar zum letzten Mal) bis Jahresende verlängert worden, die Stadt fordert für günstige Konditionen ein langfristiges Konzept.

Szenario 1: Teilkonversion
Schaffen die Skandinavier die Herausforderung und die Papierfabrik arbeitet weiter, dann besteht die Aufgabe der Stadtplaner in einer Teilkonversion der Fläche: die auf dem Gelände verstreuten Einrichtungen der Fabrik sollen im Kernbereich zusammenrücken, damit die an die Innenstadt grenzenden Flächen neu genutzt werden können.

Szenario 2: Vollkonversion
Stellt die Papierfabrik die Produktion ein, dann hat die Stadt eine Industrieruine mit vielen Problemen (Grundwasserspiegel, Kläranlage, Altlasten, …) am Bein. Aber auch die Chance, das komplette Gelände in ein ganz neues Stadtviertel zu verwandeln. Mit diesem Szenario „Nachfolgenutzung für das gesamte Industrieareal inmitten der Innenstadt“  beschäftige sich die Stadt „zunehmend”, heißt es in der Vorlage.

Szenario 1 + 2: Schrittweise Entwicklung
Wichtig ist der Stadt, dass bei der Bearbeitung des 1. Szenarios das 2. Szenario immer mit bedacht wird: Die Pläne für eine Teilkonversion dürften nicht im Konflikt mit einer späteren Vollkonversion stehen, sondern müssten „als Teil eines Gesamtkonzeptes gedacht und geplant werden”. Dahinter steht die Vermutung, dass die Papierfabrik vielleicht im Moment noch zu retten ist, aber langfristig kaum eine Chance hat.

Schauen Sie sich das Zanders-Areal und die anderen großen Bauprojekte bei unserem interaktiven Rundflug an

Stand der Dinge

Zunächst hat sich das Projektteam um eine Bestandsaufnahme bemüht, inzwischen liegen eine Reihe von Gutachten vor: zu (Boden-)Belastungen, Gebäudeschadstoffen, Artenschutz, Baudenkmälern, Lärm, Stadtklima und Lufthygiene. Untersuchungen zum Grundwasser und eine Erkundung der 25 km an unterirdischen Leitungen und Kanalisation wurden angestoßen – brauchen aber offenbar noch viel Zeit.

Die Ergebnisse der Gutachten wurden durch ein externes Büro in einer „Technischen Machbarkeitsstudie“ zusammengefasst, die auch Handlungsempfehlungen enthält.

Parallel dazu hat die Projektgruppe Zanders in „Werkstätten“ mit Experten und Vertretern des Region Köln/ Bonn e.V. „planerisch vorgedacht“. Dabei würden „erste grobe städtebauliche Entwicklungsszenarien” erstellt und auf ihre technische Machbarkeit geprüft, heißt es in der Vorlage.

Zum dritten hat die Projektgruppe überlegt, wie die nächste Planungsschritte aussehen können – für die eine Beteiligung der Öffentlichkeit vorgeschrieben ist.

Inhaltliche Überlegungen

Bei den Werkstätten wurde eine „Städtebauliche Entwicklungsstudie“ erarbeitet, die in mehreren Phasen ausgearbeitet und umgesetzt werden könnte. Dabei handelt es sich tatsächlich um allererste Pläne, Hinweise auf die Art der künftigen Nutzung des Geländes enthalten die Dokumente bislang nicht.

In einer erste Phase geht es konkret um zwei Elemente, die auch beim Fortbestand der Papierproduktion angegangen werden könnten – und die auch bei einer späteren Vollkonversion Sinn machen würden:

  • Ein „Kernbereich“ in der Verlängerung der Poststraße auf das Zanders-Gelände. Er würde die Baudenkmäler und eine offengelegte Strunde umfassen.
  • Zweitens ist ein „Grünkorridor“ angedeacht, der sich östlich des Werksgeländes in einem Halbkreis vom Quirlsberg bis zum Weig-Gelände erstreckt.

Schon diese beiden Schritte setzen voraus, dass die Papierfabrik räumlich kompakter organisiert wird. Was aber heißt, dass für die Verlagerung von Betriebseinheiten Geld ausgegeben werden muss.

In den Phasen 2 und 3 der Studie  können „Kernbereich“ und „Grünkorridor“ in ein Gesamtkonzept vereint werden, sollte die Papierfabrik den Betrieb einstellen und es zur Vollkonversion kommt.

Die Beteiligung der Bürger

Die Visionen, was in der Zukunft auf dem Zanders-Gelände passieren soll (Wohnen, Arbeiten, Kultur, Freizeit, …) sollen gemeinsam mit der Bürgerschaft entwickelt werden. Dabei soll auch die künftige Entwicklung der angrenzenden Innenstadt mit in den Blick genommen werden.

Dafür sind ein ganze Reihe von Formaten vorgesehen, die zum Teil vom InHK Bensberg bekannt sind:

  • Auftaktveranstaltung mit einer Ideensammlung, schon im November 2019
  • Themenabende, die sich u.a. mit gelungenen Beispielen für Konversion, Nutzungmix, Grünflächenplanung, Gestaltung öffentlicher Räume und Mobilität befassen, Januar und Februar 2020
  • in Workshops im März und April 2020 sollen kleinere, interdisziplinär besetzten Teams  unter fachlicher Leitung Visionen für die mögliche Nutzung erarbeiten
  • in einer Werkstatt 3 werden die Ergebnisse der Workshops zusammen gefasst, Mai 2020
  • öffentliche Abschlussveranstaltung, Mai oder Juni 2020

Die Stadtverwaltung betont jedoch, dass es bei dieser Bürgerbeteiligung nur um „Leitplanken” für die Stadtplanung gehe: „Der Beteiligungsprozess zielt in erster Linie auf die Erarbeitung von Leitideen. Unter dem Begriff „Leitidee“ seien planerische Visionen zu verstehen, „an denen sich die konkreteren städtebaulichen Planungen anschließend orientieren.”

Parallel dazu muss die Stadt eine Reihe von formalen planerischen Schritten erfüllen. Erst dann, so die Beschlussvorlage, könne ein „städtebaulicher Masterplans für das Zanders-Areal und Umgebung” aufgestellt werden – der dann wiederum Grundlage für konkrete Maßnahmen wäre.

Dabei verfolgt die Stadt finanziell zwei Ziele: die Förderung im Rahmen des Regionale 2025-Projektes „Zanders-Areal/ Südliche Innenstadt“ sowie eine städtebauliche Grundförderung durch die Bezirksregierung im Rahmen des InHK Zanders Innenstadt.

Wo das Geld herkommt

Klar ist, dass eine Teil- oder Vollkonversion des Geländes nur mit erheblichen Fördermitteln machbar ist. Voraussetzung dafür ist ein sogenannten Integriertes Handlungskonzept (InHK), wie es gerade in Bensberg umgesetzt wird.

Daher hat die Stadt bereits ein externes Büro (plan-lokal, Dortmund), mit der Vorbereitung eines „InHK Zanders Innenstadt” beauftragt. Der Titel macht deutlich, dass es darum geht, das bislang eingezäunte Industrie-Areal in die Stadt zu integrieren. Erstes Ergebnis ist die „Projektskizze 1.0 Zanders Innenstadt“, mit dem die Stadt schon zum Stichtag 30. September erste Fördermittel für die Planungskosten beantragen kann.

Der weitere Fahrplan

Die Projektskizze 1.0 zeichnet einen ebenso komplexen wir langwierigen Planungsprozess vor:

  • Vor der Sommerpause 2020 sollen die Leitlinien für die Entwicklung des Zanders-Geländes vom Stadtrat beschlossen werden.
  • Der Stadtrat soll noch vor der Kommunalwahl am 13.9.2020 einen Wettbewerb ausloben, unter Berücksichtigung der mit den Bürgern erarbeiteten Ideen. Ein Sieger dieses Wettbewerbs soll noch im letzten Quartal 2020 gekürt werden. Dann schon unter der Ägide eines neuen Bürgermeisters und eines neuen Stadtrats.
  • Die hätten dann einen Entwurf in der Hand, mit dem sie im Frühjahr den B-Status der Regionale erringen könnte.
  • Der Wettbewerbssieger soll dann einen Masterplan für das komplette Zandersgelände erarbeiten; dabei ist erneut eine Beteiligung der Öffentlichkeit angedacht. Spätestens Anfang 2022 soll der Masterplan fertig sein – und die Basis für den A-Stempel der Regionale bilden.
  • Die städtebauliche Konzeption des Masterplans geht dann wiederum in das Integrierte Handlungskonzept ein, dass dann endlich erste konkrete, mit Kostenvoranschlägen versehene Projekte enthält.
  • Daraus wird anschließend der Grundförderantrag, der bis zum 30.0. 2022 an die Bezirksregierung abgeschickt werden soll. Und dann, in drei Jahren, könnte es schon fast losgehen.
  • Allerdings muss die Stadt, auch das sieht die aktuelle Planskizze vor, einen neuen Bebauungsplan für das Zanders-Areal aufstellen – da der alte Plan einseitig auf die Produktion von Papier ausgerichtet sei. Aber darüber werde „zu gegebener Zeit” entschieden werden.

Erklärtes Ziel der Stadt ist es, „bis zum Jahr 2025 sichtbare Ergebnisse zu erzielen”. Also in sechs Jahren. Angesichts der Aufgabe ein ehrgeiziges Vorhaben.

Dokumentation

Die gesamte Beschlussvorlage und die „Zanders Innenstadt Projektskizze 1.0″ lassen sich im Ratsinformationssystem herunter laden. 

Weitere Beiträge zum Thema:

Regionale 2025: Mehr als die Summe aller Projekte

Stadt will das gesamte Zanders-Gelände kaufen

„Möglichkeitsraum” Zanders macht FNP hinfällig

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Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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2 Kommentare

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  1. Das erste was geplant werden sollte ist die Verlängerung Refrather Weg/ Cederwald Str. bis zum Anschluss an den Turbokreisel, um die untere Hautstraße und Umgebung zu entlasten. Dss würde die Attraktivität des Stadtteils merklich helfen

  2. Eine Mammutaufgabe, die Anleihen an die Matrix des InHK Bensberg nehmen könnte, um Gottes Willen aber nicht an die Vorgehensweise durch die jetzige Stadtverwaltung und den momentanen Rat. Darum scheint es glückliche Fügung zu sein, am 13.09.2010 einen neuen Stadtrat wählen zu können, der hoffentlich die Verwaltung an die Kandare nehmen und einer besseren Ausnutzung der dortigen Ressourcen zuführen wird.

    Für sinnvoll erachte ich das zweigleisige Vorgehen, einerseits die Chance für eine ZANDERS – Zukunft nicht zu verbauen, andererseits die Augen vor einer solchen ohne ZANDERS nicht zu verschließen. Weltweit kämpfen Papierwerke um Existenzen. Ob 300 – 500 Mitarbeiter eines ehemals viel größeren, seit Jahrzehnten wenig profitabel agierenden und deshalb bereits etliche Male verkauften Unternehmens da mitspielen können, darf bezweifelt werden.