Foto: Klaus Hansen

Foto: Klaus Hansen

Die Ausstellung „Alltagsästhetik – Jenseits des Konsums“ in der VHS im Frühjahr 2013 mit kritischen Stadt-Bildern von Klaus Hansen hatte in Bergisch Gladbach Wellen geschlagen, die sich nicht so schnell beruhigen. Im Gegenteil: Bei einer Nachfolgeveranstaltung wurde das alte Konzept der Städteplaners Ralf Ebert und Friedrich Gnad eines  „Kulturnetzwerk Stadtmitte“ als attraktives Kultur-, Freizeit- und Bildungsviertels in Bergisch Gladbach aus der Schubladen gezogen.

Genau dieses Kulturnetzwerk in der Stadtmitte wollen Kultur-interessierte Bürger jetzt neu anschieben – als erster Schritt zu einem neuen Verständnis für Kultur, mit Auswirkungen in der ganzen Stadt.

Dazu haben Kristina Brode, Mahnaz Gürtler, Klaus Hansen, Ingrid Schaeffer-Rahtgens, Lothar Sütterlin, Hajo Tiefenstädter und Thomas Werner  einen Offenen Brief verfasst. Sie konstatieren, dass Bergisch Gladbach mit seinen Bürgern über ein sehr großes Kulturpotenzial verfügt – und kritisiert ein „eklatantes Missverhältnis“ bei der Ausgabenpolitik der Stadt:  eine Million Euro für ein Parkdeck auf der einen Seite, 10.000 Euro für die Förderung der freien Kunst.

Das sei nicht nur bedauerlich, sondern ein großer Nachteil für Bergisch Gladbachs wirtschaftliche Entwicklung, argumentieren die Unterzeichner:

Kultur schafft Identität, macht eine Stadt attraktiv, ist spannend für Investoren, für Manager, für Arbeitsplätze. Kultur schafft etwas, was kein Einkaufszentrum, kein neues Filialgeschäft, keine Parkpalette leisten kann. Von Kultur profitieren alle.“

Die Erstunterzeichner fordern, das Konzept für  den Ausbau des Kultur-Netzwerks in der östlichen Stadtmitte aus den Schubladen zu holen, verlangen Initiativen von Politik und Wirtschaft – und suchen unter den vielen kreativen Bürgern der Stadt „Unterstützer, Verbündete, Sponsoren“.

Wir dokumentieren diesen Aufruf im Wortlaut, außerdem das alte Konzept der Städteplaner.

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KULTURNETZWERK BERGISCH GLADBACH

Jedes Gemeinwesen definiert sich über Kultur

Das Theas-Theater bangt um seine Existenz. Wieder einmal. Ein Armutszeugnis für diese Stadt. Das Theater leistet eine wichtige und sinnvolle Jugendarbeit: Kreativität, Integration, Inklusion. Das Theas steht exemplarisch für den Umgang mit Kultur in Bergisch Gladbach.

Wir wissen um die desaströse Haushaltslage. Vieles ist nicht machbar. Kultur spielt in Sonntagsreden eine große Rolle, Sonntagsreden schaffen aber nicht den notwendigen Mentalitätswandel. Und schon gar nicht eine neue Politik.

In Bergisch Gladbach fehlt es an Visionen für die Entwicklung und Zukunft der Stadt. Dabei ist in der Bevölkerung das kreative Potenzial zur Veränderung dieser Stadt vorhanden. Wir müssen es nutzen und die politisch Handelnden für ein neues Denken gewinnen.

Kultur ist der Kitt unserer Gesellschaft

Brauchtum und Hochkultur, Spiel und Sport, Musik und Tanz, Literatur und Dichtung, Bildung und bildende Kunst bringen die Menschen zusammen: Jung und Alt, Alteingesessene und Neubürger, Behinderte und Nichtbehinderte, Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen. Kultur wirkt gegen Intoleranz und Egoismen. Vielfalt ist Stärke.

Kultur ist attraktiv, schafft Identität

Kultur schafft Identität, macht eine Stadt attraktiv, ist spannend für Investoren, für Manager, für Arbeitsplätze. Kultur schafft etwas, was kein Einkaufszentrum, kein neues Filialgeschäft, keine Parkpalette leisten kann. Von Kultur profitieren alle.

Kultur ist ein Wirtschaftsfaktor

Die Bergisch Gladbacher Kultur- und Kreativwirtschaft mit ihren Ateliers, Buchhandlungen, Galerien, Grafikdesign-Studios, der Musikschule, den Kommunikations- und Werbeagenturen, Fotostudios, Zeitungs-, Internet- und Rundfunkredaktionen, Filmproduktionen, Theatern (Schauspiel, Tanz, Musik), dem Künstlerbedarf, der Kreativitätsschule, der Volkshochschule, der Hochschule, den Bibliotheken, Verlagen, Museen und natürlich vielen bildenden Künstlern, Musikern, Schriftstellern etc. ist wichtig für Bergisch Gladbach.

Kultur- und Kreativwirtschaft*

  • belebt Innenstadt und Stadtteilzentren
  • erneuert verlorengegangene Einzelhandelsfunktionen
  • macht Wohnen im Zentrum attraktiv
  • erzielt überregionale Aufmerksamkeit und fördert den Tourismus
  • prägt über Jahre das Ansehen unserer Stadt
  • trägt zur notwendigen Imageverbesserung bei
  • schafft neue Kommunikationsorte
  • fördert die Verständigung zwischen unterschiedlichen Lebensstilen und Kulturen
  • unterstützt die Identifikation mit Bergisch Gladbach
  • trägt zur Wertsteigerung von Immobilien und Branchen bei
  • ist attraktiver Zwischen- und Ankernutzer
  • bringt zusätzliches Nachfragevolumen für Umwegfinanzierung

(* nach STADTart, Zukunft gestalten in Stadt und Region, 2010)

Kultur- und Kreativwirtschaft ist entwicklungsrelevant.

1.000.000 Euro für 84 Parkplätze im Buchmühlen-Park, 180.000 Euro für den einzigartigen Driescher Kreisel und 10.000 Euro für die freie Kulturszene in Bergisch Gladbach: Ein eklatantes Missverhältnis. Die Konzentration der Regionale 2010 auf eine überdimensionierte Innenstadtrenovierung und das autofixierte Denken verhindern notwendige Kulturarbeit in Bergisch Gladbach. So fehlen die Mittel, die zum Beispiel der Theas-Theaterschule helfen würden.

Es gibt den Ort, es gibt die Ideen, es fehlt an der Umsetzung

Seit August 2010 ruht der richtungweisende Bericht zum Ausbau des Kultur-Netzwerks in der östlichen Stadtmitte in der Schublade. Von der Odenthaler Straße und der Alten Feuerwache, dem Kulturhaus Zanders über die Buchmühle, die Stadtbücherei und den Forum-Park bis zum Museum Villa Zanders. Es ist an der Zeit, ihn herauszuholen. Öffnen wir die Schubladen und die Köpfe. Um die kulturelle Mitte unserer Stadt zu gestalten.

Wo bleiben die Initiativen, Aktivitäten der Politik und Verwaltung?

Das große kreative Potenzial

Wir, Angehörige der Kultur- und Kreativwirtschaft, wenden uns an die vielen in Bergisch Gladbach wohnenden Menschen, die professionell hier und andernorts in der Kultur- und Kreativwirtschaft tätig sind. Sie sind ein großes kreatives Potential. Wir möchten Sie für ein Engagement zugunsten der Kultur gewinnen. Damit Bergisch Gladbach keine Schlafstadt wird. Machen Sie mit.

Wir suchen Unterstützer, Verbündete, Sponsoren

Wir rufen auf zum gemeinsamen, Grenzen überwindenden Handeln aller Kreativen in dieser an Aktivitäten, Initiativen, Angeboten reichen – aber an Verknüpfung armen – Stadt. Wir wollen Kultur stärker in das Bewusstsein der politisch Handelnden rücken und den Kultur-Park vorantreiben.

Neues Denken für unsere Stadt
Kultur-Netzwerk Bergisch Gladbach, 31. März 2014

Erstunterzeichner: Dr. Kristina Brode, Dr. Mahnaz Gürtler, Klaus Hansen, Ingrid Schaeffer-Rahtgens, Dr. Lothar Sütterlin, Hajo Tiefenstädter, Pfarrer Thomas Werner

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Weitere Informationen:

Zwischen 2008 fanden einige Workshops zum „Stadtkulturgarten statt, Dokumentation

Dokumentation des Berichtes von Ralf Ebert und Friedrich Gnad, August 2010

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des Bürgerportals. Kontakt: info@in-gl.de

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3 Kommentare

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  1. Gruß in die Runde,

    pralle Zustimmung in Analyse, Absicht, Ausblick!

    Ja, die Kultur, treibende Urheimat, trächtiger Humus oder auch nur trügerisches Reservat der Freiheit, sie könnte, sollte, müsste ´mal wieder des Bürgers neue Kleider sichtbar werden lassen, die ihm von allzu beflissenen Verwaltern des Alternativlosen als allerletzter und wesentlich stiller Schrei angepriesen werden.

    Hier nur drei Punkte:
    Zitat – „In Bergisch Gladbach fehlt es an Visionen für die Entwicklung und Zukunft der Stadt. Dabei ist in der Bevölkerung das kreative Potenzial zur Veränderung dieser Stadt vorhanden. Wir müssen es nutzen und die politisch Handelnden für ein neues Denken gewinnen.“

    M.E. müssen Sie bzw. wir auch selber politisch denken, handeln, Position beziehen und ausdrücken. Politik lässt sich nicht outsourcen. Gerade wenn Kultur den gemeinsam belebten und gestalteten Raum bezeichnet, gehören Politik, politische Kultur wesentlich dazu.

    Zitat – „Die Erstunterzeichner fordern, das Konzept für den Ausbau des Kultur-Netzwerks in der östlichen Stadtmitte.“

    Was ist mit der westlichen Stadtmitte? Der mittleren Stadtmitte in ihrer Schwebelage zwischen Ost und West? Oder erst den südwestlichen oder nordnordöstlichen Stadträndern? Will sagen: Versöhnen statt spalten, die Stadt als Ganzes vernetzen.

    Zitat – „Wir möchten Sie für ein Engagement zugunsten der Kultur gewinnen … Machen Sie mit.“

    Jo. Aber wo? In welchen realen und/oder virtuellen Katakomben treffen sich die zur Tat bereiten Kulturevolutionäre (angesichts des martialischen Begriffs bitte nicht erschrecken, abtauchen, das ist selbstverständlich nur symbolisch gemeint)

    HGU

  2. Kristina Brode, Mahnaz Gürtler, Klaus Hansen, Ingrid Schaeffer-Rahtgens, Lothar Sütterlin, Hajo Tiefenstädter und Thomas Werner: vielen Dank für diese Initiative.
    Auch ich sehe ein großes kulturelles Potenzial in unserer Stadt, – und durchaus eine stattliche Liste konkreter Angebote.

    Ein klassisches Problem: wegen der „beengten“ finanziellen Verhältnisse werden Themen gegeneinander gestellt, die miteinander betrachtet und behandelt werden müss[t]en. Es ist keine Alternative „Kultur oder Infrastruktur“. Wir brauchen beides. „Brot und Spiele“.

    Ich teile ebenfalls die Auffassung, dass gerade auch die Wirtschaft sehr gut beraten ist, der Lebensqualität unserer Stadt, den vielzitierten „weichen Standortfaktoren“, viel Gewicht einzuräumen. (Und manch ein Unternehmen tut dies auch erkennbar.)

    Es braucht in meinen Augen nicht unbedingt viele weitere Auftakte und Startschüsse. Es braucht Menschen (aus allen Bereichen unserer Stadt), die „Kultur leben“, sie selbstverständlich machen.

    Aber in der Tat: die Pläne zum Kultur-Netzwerk sollte man schon einmal aus den Schubladen holen…!