Der aktuelle Krieg zwischen Israel und der Hamas ist schrecklich. Aber auch im Schrecklichen gibt es positive Impulse. Ich habe zu Beginn der Auseinandersetzungen den Kontakt in Bergisch Gladbachs israelische Partnerstadt Ganey Tikva über Facebook gesucht und bin seitdem in stetigem Kontakt. Dazu musste mich erst ein Krieg bringen.
Nun erhalte ich sehr viele unterschiedliche Eindrücke von der Facebook-Seite der Stadt Ganey Tikva, aber auch über private Kanäle. Es sind Ausschnitte aus dem Leben in Ganey Tikvaa, an denen ich Sie teilhaben lassen möchte. Schließlich kennen wir unsere Partnerstadt in Israel noch recht wenig. Diese erste aktuelle Information beschäftigt sich auch mit dem Krieg und seinen Auswirkungen auf die Menschen in unserer Partnerstadt. Das ist nun einmal so im Juli 2014.
Natürlich ist mir bewusst, dass es den Menschen in Gaza deutlich schlechter geht, wie auch den Menschen in anderen Kriegen rund um den Globus. Trotzdem: In Ganey Tikva leben Menschen mit Gefühlen und Emotionen, wie Angst oder auch Hass, mit dem Glauben and die eigene Stärke und mit dem Wunsch nach einer guten, vor allem sicheren Zukunft. Wenn Sie möchten, leihen Sie ihnen ein wenig Ihre Aufmerksamkeit.
Lesen Sie mehr Alle Beiträge über Ganey Tikva (Israel) Alle Beiträge über Beit Jala (Palästina) Marhaba, sadiiq – Hallo Freunde, Bericht von Heinz D. Haun aus Beit Jala Besorgter Blick auf zwei Städte, KSTA „Es gibt keinen sicheren Ort mehr“, Bericht aus Gaza, FAZ „Wer tot ist schicke eine SMS“, Tel-Aviv-Tagebuch, Süddeutsche „Der Krieg der Hamas“, Die Zeit Hintergrundberichte zu Nahost: Süddeutsche Zeitung - FAZ - Die Zeit
Day Camps bieten Schülern Sport, Kreativität – und sichere Bunker
Eigentlich sind in Israel jetzt Sommerferien, aber in Ganey Tikva gehen dennoch Kinder in die Schule: Es gibt dort traditionell Camps für Kinder und Jugendliche, deren Eltern noch arbeiten müssen. Die “Day Camps” für die jüngsten Schülerinnen und Schüler, also diejenigen, die in die erste Klasse eingeschult werden bzw. in die zweite Klasse kommen, finden in der Grundschule statt. Ziel ist es, dass die Kinder kreativ und sportlich tätig sind, einen schönen Tag erleben und zufrieden nach Hause gehen. Die Betreuerteams sind mit viel Herzblut und persönlichem Engagement dabei und begrüßen die Kinder jeden Morgen mit fröhlichen Liedern und aufmunterndem Lächeln.
In Kriegszeiten haben diese Camps eine besondere Bedeutung, da die Eltern ihrer alltäglichen Routine nachgehen müssen, ihre Kinder aber in guter Obhut wissen möchten. In den Schutzräumen der Schule sind die Kinder vor Raketen und Schrapnells sicher. Bei jedem Alarm gehen sie folgsam in die Bunkerräume – „shelter“ -, wo sie mit Liedern und Spielen beschäftigt werden, damit möglichst wenig Angst oder Panik entsteht.
Diese Maßnahmen werden von der Stadt Ganey Tikva organisiert und koordiniert. Zugang zu diesen Angeboten haben auch israelisch-palästinensische Kinder.
Im Sportcenter “Leader” findet in diesem Jahr das traditionelle Sommer-Sportcamp mit rund 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Ganey Tikva und Umgebung statt. An Sportarten wird geboten: Basketball, Fußball, Gymnastik, Akrobatik, Kampfkunst/Selbstverteidigung, Schwimmen und Tennis. Benutzt werden alle Einrichtungen des Sportcenters. Es gibt außerdem Informationen z.B. über Diäten, Psychologie, die Arbeit von Schiedsrichtern und Filmprogramme.
In der aktuellen Krise nimmt auch der psychologische Dienst einen breiten Raum ein. Begleitdienste und psychologische Unterstützung werden den z. T. verängstigten oder gar traumatisierten Menschen angeboten.
Der Mitarbeiterstab ist durchgehend in Kontakt mit den Lehrern und Erziehern während der Sommercamps, um sie über aktuelle Entwicklungen zu informieren und in Sicherheitsmaßnahmen einzuweisen. Ziel gezielter Schulungen ist es, mit der Notfallsituation angemessen umzugehen, die feinfühlige Ansprache der Kinder zu lernen, Angstzustände und Furcht aufzufangen.
Einige Sportlerinnen hatten sogar eine Auszeit von der Angst: Das akrobatische Team des Leader-Sportcenter war auf einem Ausflug in Italien (ich habe es so verstanden, dass es eine Art Wettkampf gab). Die Mädchen kamen Samstagnacht zurück mit vielen neuen turnerischen und persönlichen Erfahrungen.
Alltag im Krieg
Der Krieg bestimmt derzeit den Alltag der Menschen in Ganey Tikva. Viele Familien haben Soldatinnen und Soldaten in Gaza. Auch eine Tochter der Bürgermeisterin Lizy Delaricha ist in Gaza als Sanitäterin. Sie beschreibt einen sehr anstrengenden und körperlich wie emotional aufreibenden Tagesablauf: Es gibt viele Verwundete und auch Tote, ständig „roten Alarm“ (was wohl die höchste Gefährdungsstufe für Israels bedeutet und im Süden zur Tagesordnung gehört). Sie ist stolz, für die israelische Nation einstehen zu dürfen und in einer Armee zu dienen, zu der viele Freiwillige aus allen Ländern kommen.
Alle Organisationen in Ganey Tikva helfen an der sogenannten “Heimatfront” – alle z.B. auch die Pfadfinder und Jugendgruppen sammeln Spenden für die Soldaten. Lizy Tochter beschreibt die große Dankbarkeit der Soldaten, dass für alles gesorgt wird, von Decken über Taschenlampen bis hin zur Zahnpasta.
Bislang wurden mehrere hundert Pakete in Ganey Tikva gesammelt und auf LKW geladen, um sie zu den Streitkräften in den Süden zu bringen. Auch die Bürgermeisterin und ihr Team – hier ihr Büroleiter – helfen, die Ladung auf LKW zu packen. Das gemeinsame Krisenmanagement schweißt die Menschen zusammen.
Solidarität mit Städten im Süden Israels
Aus Ganey Tikva kommen aber auch Solidaritätsbekundungen mit den Menschen in den südlichen Städten Israels, die seit vielen Jahren dem Beschuss der Hamas ausgesetzt sind. Seit auch Raketen bis in das Zentrum und den Norden Israels fliegen, erleben alle Israelis, was der Raketenbeschuss bedeutet. Große Furcht besteht vor den Überfällen der Terroristen aus den Tunnels. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann gab es eine Benefizveranstaltung im Leader-Zentrum mit Sport usw. um die Kommunen im Süden zu unterstützen. Das Mitleiden mit dem Süden ist übergroß geworden.
Auch wenn der Krieg das Leben in Israel verändert, wird immer wieder berichtet, man gehe den alltäglichen Dingen nach und nehme alle Einschränkungen hin. So wird in Ganey Tikva weiterhin fleißig gebaut: Die lange geplante neue Schule wird nun errichtet. Das Foto zeigt Bürgermeisterin Lizy Delarchia an der Baustelle. Der „educational campus“ wird in mehreren Phasen gebaut. Zunächst soll die “primary school Eilot” gebaut werden, später die „Middle school“, um hunderte zugereister Schüler aus den neuen Wohngebieten aufzunehmen. Die neuen Hochhäuser, die unsere Reisegruppe im Oktober sehen konnte, sind wohl weitgehend bezogen.
Hart und unbeugsam
So bizarr es auch wirken mag: Israelis sind stolz darauf, dass sie hart und unbeugsam sind. Sie feiern sogar Feste, teilweise direkt in Schutzräumen. Das traditionelle Wine-Jazz -Art-Festival (Wein, Jazz , Kunst) für Bürger und Gäste fand wie immer im Theater von Ganey Tikva statt. Dort, wo der Wein ausgeschenkt wurde, war die Stimmung definitiv am besten.