Mit einem hochklassigen Außer-Haus-Verkauf will Joachim Wissler das Drei-Sterne-Restaurant Vendôme in Bensberg durch die Krise bringen. Wie man einen Lieferservice in der Spitzengastronomie realisiert und ob ein Sternekoch ständig trainieren muss, erläutert er im Interview.
Text: Holger Crump. Fotos: Thomas Merkenich
Sonntagnachmittag im Schloss Bensberg. Sternekoch Joachim Wissler sitzt an einem Tisch im Vendôme. Draußen ziehen Besucher des Schlosses vorbei, drinnen herrscht seit dem 1. November Leere. Seither sind wegen des Lockdowns Restaurants in Deutschland geschlossen. Auch das Vendôme ist erneut betroffen.

Wissler kommt rasch zur Sache: „Es ist eine unwirkliche Zeit. Ich habe gedacht, dass wir über den Winter kommen. Dass wir in der Gastronomie mit unseren Abstands- und Hygieneregeln einen wichtigen Beitrag leisten, um die Pandemie in Schach zu halten.“

Vollbremsung für Gastronomie
Nach der Wiedereröffnung des Restaurants im September sei das Geschäft „sensationell“ gut gelaufen, blickt er kurz zurück. Die Menschen seien dankbar für die Öffnung gewesen. Dann kam die Volbremsung: Vom Start des Lockdown habe man dreieinhalb Tage vorher erfahren und musste den regulären Betrieb ein- und umstellen.

„Wir wollten einerseits unsere Mitarbeiter nicht komplett in Kurzarbeit schicken, andererseits unseren Kunden trotz der Schließung treu bleiben“, macht Wissler deutlich, der auch während des Gesprächs mit Abstand stets eine Maske trägt und sie nur für ein Porträt abnimmt.
Rasch war die Idee geboren: Mit dem Lieferservice „Gourmet Privée“ will er das Vendôme durch die Krise bringen. „Wir bleiben sichtbar, und die Kosten laufen uns nicht davon“, erklärt Wissler die Strategie.
Er ist in diesem Augenblick mehr Manager als kreativer Kopf eines weltbekannten Restaurants. Zwar gehe das Konzept wirtschaftlich nicht Null-auf-Null auf, aber bei einer kleinen Besetzung müsse er wenigstens nicht alle Mitarbeiter:innen in Kurzarbeit schicken. Man wechsele sich ab, statt zwölf seien derzeit nur fünf bis sechs Mitglieder aus seinem Team in der Küche.
Zuvor galt es, die Logistik zu planen und Bestellmechanismen zu finden. Ein weiterer Aspekt: „Gerichte sind vergänglich, denken Sie an die Temperatur: Statt aus der Küche zum Tisch nehmen die Teller beim Lieferservice einen ungleich längeren Weg. Das mussten wir bei der Planung berücksichtigen und floss entsprechend in die Karte von Gourmet Privée ein“, sagt Wissler.
Gruß aus der Küche
Vorspeisen und Desserts würden gleichwohl auf Tellern geliefert, dies sei unkritisch. Für andere Gerichte habe er eigens Glasschalen für den Transport erworben – Aluschalen seien alleine aus Gründen der Nachhaltigkeit tabu.
Und während dann das Essen ausgeliefert wird, erfolgt ein Gruß aus der Küche der etwas anderen Art: „Der Fahrer ist unterwegs, und ich rufe die Kunden an: Erläutere die Zusammenstellung der Speisen, erkläre was zu tun ist, welche Soße zu welchem Gericht gehören, gebe Tipps zum Warmhalten“, schildert Joachim Wissler die Abläufe.

So finden die sorgfältig verpackten Zutaten, die sonst auf dem Teller komponiert werden, auch beim Kunden zuhause korrekt zusammen. All dies zudem angenehm temperiert.
Der Lieferservice steht nur am Wochenende bereit. Gestartet wurde am 6. November. Wie ist die Resonanz? „Gestern hatten wir ein sensationell gutes Geschäft“, freut sich Wissler. Über 40 Bestellungen seien eingegangen. Und der Kundenkreis beschränke sich nicht nur auf die Stadt. „Wir liefern um Bensberg herum bis hinter Köln aus“, zeigt er sich mit der Reichweite zufrieden.
Gourmet Privée: Kulinarik für Zuhause
Freitag: 18.00 bis 20.00 Uhr
Samstag: 12.00 bis 13.30 und 18.00 bis 20.00 Uhr
Sonntag: 12.30 bis 16.00 Uhr
Weitere Informationen zur Bestellung. Das Menü steht online hier bereit.
Wer sonst noch in GL außer Haus liefert haben wir im #Speiseplan zusammengestellt.
Stamm- und Neukunden
Wer gehört zu den Kunden? „Wir erhalten viele Bestellungen von Stammkunden. Es sind aber auch Menschen dabei, die unser Angebot einfach mal testen wollen.“ Der Lieferservice senkt offenbar die Hemmschwelle, die Interessenten ansonsten beim Besuch eines Drei-Sterne-Restaurants haben könnten.









Klar: Das Essen, das man im Restaurant anbiete, sei zuhause nicht realisierbar. Auch das Ambiente fehle, Feinheiten wie die Temperatur der Speisen, die Inszenierung des Tellers. „Aber mit Gourmet Privée haben wir eine gute Balance zwischen dem Speisen im Restaurant und dem Genuss unserer Kreationen zuhause gefunden“, ist sich Wissler sicher.
Eine direkte Rückmeldung seiner Kunden wie im Restaurant sei schwierig. Aber man habe immerhin zweimal Kontakt zu den Genießern: Beim Ausliefern und später beim Abholen der Behältnisse. Und spätestens dann erhalte er Feedback. „Es kam bereits ein Brief, in dem sich die Kunden für die Geste unseres Restaurants bedankt haben“, freut er sich.
Hybride Alternative für Weihnachtsfeiern: Mit „Diner Privée“ bietet das Schlosshotel Bensberg eine Alternative für ausgefallene Firmen-Weihnachtsfeiern. Dabei werden auf Bestellung Koch-Boxen an Mitarbeiter versandt, die zuhause unter Anleitung des Küchenchefs Marcus Graun Gerichte aus dem Grandhotel nachkommen können. Die Anleitung erfolgt per Videokonferenz. Infos und Bestellung
Training ist auch für den Spitzenkoch wichtig
Muss ein Sternekoch eigentlich im Training bleiben? Bringt der Lockdown neben wirtschaftlichen Problemen auch Nachteile im Alltag mit sich? „Wir sind kreativ, künstlerisch und handwerklich aktiv. Und die Praxis ist da eine wichtige Facette. Der Zeitaufwand eines Spitzenkochs ist um einiges höher als in anderen Jobs“, schildert Wissler.
Man sei während der Arbeit fokussiert, konzentriert, treffe viele Entscheidungen parallel. Nach dem Lockdown, das habe die erste Welle im Frühjahr gezeigt, sei der Re-Start für ihn entstprechend anstrengend und schmerzhaft. Also: Ja, die Praxis, das Training, das gehe im Lockdown verloren.

Vorbild Gastro-Sektor
Gourmet Privée werde es so lange geben, wie die Nachfrage anhält. Spätestens bis das Restaurant wieder öffne. „Doch dann ist damit Schluss“, stellt Wissler klar. Er hoffe, dass das Restaurant noch in 2020 den Betrieb wieder aufnehmen könne.
Er könne nachvollziehen, dass man die Gastronomie zur Senkung der Kontaktzahlen habe schließen müssen. Wenngleich er das Infektionsrisiko eher bei der Anreise als im Restaurant selbst sieht.
„Der Gastro-Sektor hat meines Erachtens eine hohe Sorgfalt bei der Umsetzung der Abstands- und Hygieneregeln gezeigt. Irgendwann kann man es dieser Berufsgruppe auch nicht mehr erklären, warum sie die Last schultern muss“, findet Wissler deutliche Worte Richtung Politik.
„Jetzt ist Bescherung.“ Joachim Wissler springt auf und begrüßt Gäste, die zur Abholung ihres Gourmet Privée-Pakets kurz ins Vendôme schauen. Er ist ein Sternekoch zum anfassen.
Und wenn er die Speisen erklärt, Tipps für die Zubereitung und Erwärmung zuhause gibt, da wird deutlich: Wissler brennt für seinen Beruf und seine Kreationen. Diese Leidenschaft könnte – neben den exzellenten Gerichten von Gourmet Privée – eine weitere, wenn nicht sogar die wichtigste Zutat sein, um das Vendôme durch den Lockdown zu bringen.


Na dann gratuliere ich mal zu der tollen kostenlosen Fotostrecke :-)
Sehr geehrter Herr Knechtmann, wem gratulieren Sie? Der Redaktion und dem Fotografen? Danke.
Allerdings war die Fotostrecke für uns nicht „kostenlos“ – sondern mit erheblichem Aufwand und damit auch Kosten verbunden.
Für diejenigen, über die wir berichten, sind Fotostrecken (ebenso wie Texte oder Videos) immer kostenlos. Das ist im Journalismus so üblich.
Große Zustimmung, Gläbbischer Jung, und Herr Knechtmann, sind Sie Gastronom? Trotzdem ist Ihr Beitrag daneben, wie Sie an der Antwort auch von der Redaktion erkennen müssten. Keine Frage, die Gastronomie ist z.Zt. gebeutelt wie nur noch die Kulturschaffenden, kann aber, anders wie die Künstler, außer Haus liefern oder abholen lassen. Und natürlich werden auch etliche Lokale auf der Strecke bleiben, wenn das Virus nicht schneller wirksam bekämpft werden kann. Das alles muss aber niemanden dazu verführen, dem Bürgerportal kostenlose Werbung vorzuwerfen.
Herr Knechtmann: Den „kleinen Gastronomen“ wird doch hier durch die Veröffentlichung ihres Speiseplanes etc. ebenfalls eine kostenlose Werbeplattform geboten.
Ich gehöre zwar keineswegs zum Kundenkreis des Herrn Wissler, aber es ist doch toll, dass unsere Heimatstadt ein solches Vorzeigerestaurant hat. Er bietet, im Gegensatz zu den „kleinen Gastronomen“ eben keine Schnitzelvarianten mit Pommes und Salat (was sehr lecker sein kann), sondern für einen besonderen Personenkreis (der es sich leisten kann oder leisten möchte) ganz besondere Speisen an.
Also: Bitte nicht immer nur meckern sondern, wie säht mer heh em Bergische, „mer muss uch ens jönne künne!“.
Ein unfassbarer Werbeartikel, der noch nichtmal als bezahlter Beitrag gekennzeichnet worden ist. Ein Schlag ins Gesicht der kleinen Gastronomen, die nicht die Möglichkeit haben, derart Werbung für sich zu machen
Sehr geehrter Herr Knechtmann, hier handelt es sich nicht um einen Werbeartikel, sondern um ein redaktionelles Interview.
Auf die „kleinen“ und größeren Gastronomen der Stadt machen wir an anderer Stelle aufmerksam, auch als redaktionelle Beiträge und ohne irgendwelche Kosten für die Gastronomen:
https://in-gl.de/2020/11/05/speiseplan-diese-restaurants-in-bergisch-gladbach-bieten-essen-ausser-haus/
https://in-gl.de/2020/11/04/gastronomie-in-der-corona-krise-investition-statt-resignation/
https://in-gl.de/2020/10/09/lecker-und-gesund-das-bietet-das-neue-cafe-in-der-buchmuehle/
https://in-gl.de/2020/09/04/espresso-perfetto-neues-cafe-in-der-stadtmitte-schafft-gemuetliche-atmosphaere/
https://in-gl.de/2020/05/11/gllebt-eine-terrasse-mit-ausblick/
https://in-gl.de/2020/05/04/gllebt-cocktails-per-boten/
https://in-gl.de/2020/04/01/die-flaschenpost-war-ein-schnellschuss-der-funktioniert/
Daher halten wir Ihre Kritik für überzogen.