Bei der künftigen Nutzung des Zanders-Areals soll ein Ziel von 2900 Arbeitsplätzen und Wohnraum für 2900 Menschen angestrebt werden. Das beschloss der Zander-Ausschuss auf der Grundlage eines Kompromissvorschlags von fünf Fraktionen einstimmig. Damit ist die Basis für die weitere Planung gelegt. (Fast) alle Fraktionen, die Verwaltung und auch der Bürgermeister begrüßten das Votum.
Wenn es um Zanders geht, dann besteht in einem Punkt Konsens bei allen Beteiligten in Politik und Verwaltung: Die wichtigen Entscheidungen müssen mit einer großen Mehrheit getroffen werden – damit sie nicht Gefahr laufen, nach der nächsten Wahl über den Haufen geworfen zu werden. Daran gemessen waren die Vorarbeiten der Verwaltung und die Verhandlungen der Politik erfolgreich: der Grundsatzbeschluss, wie die Zanders-Flächen perspektivisch genutzt werden sollen, fiel am Dienstag im Zanders-Ausschuss einstimmig.
Basis dafür waren Berechnungen des Zandersprojekt-Teams der Verwaltung, das insgesamt sieben Varianten mit unterschiedlichen Verhältnissen von Wohnungen und Arbeitsplätzen durchgerechnet hatte. Die Verwaltung hatte eine mittlere „Vorzugsvariante“ vorgeschlagen, die dann in den politischen Verhandlungen aber noch einmal deutlich modifiziert wurden.
Am Dienstagabend lag ein gemeinsamer Antrag von CDU, Grünen, SPD, FDP und Bergischer Mitte zur Abstimmung auf dem Tisch, der ein Gleichgewicht von Wohnen (1450 Wohnungen für 2900 Personen) und Arbeiten (2900 Arbeitsplätze) vorsieht – und damit noch einmal deutlich mehr Arbeitsplätze als von der Verwaltung vorgeschlagen.
Hinweis der Redaktion: Die Details zu den einzelnen Varianten und zum jetzt getroffenen Beschluss finden Sie in diesem Beitrag.
Damit könne aber auch die Verwaltung sehr gut leben, betonten in der Ausschusssitzung sowie Projektleiter Udo Krause wie Bürgermeister Frank Stein – der von einem „Meilenstein“ sprach.
Die CDU freute sich, dass damit das Defizit an Gewerbe in Bergisch Gladbach ein Stück weit ausgeglichen werden könne. Die FDP schloss sich an, ebenso die Bergische Mitte und die AfD.
Grüne und SPD bekannten, eigentlich mehr Wohnraum gewollt zu haben, das aber zugunsten des Konsens hinten angestellt zu haben. (Die Stimmen dazu finden Sie unten.)
Alle Stimmen gegen die FWG, für den Kompromiss
Gegen das Votum stellte sich allein die FWG, die in einem eigenen Antrag für mehr Wohnraum und für eine Beschleunigung des Verfahrens warb. Im Zanders-Ausschuss kann die FWG zwar mitreden und Anträge stellen, hat aber kein eigene Stimmrecht. Ihr Antrag wurde daher einstimmig angelehnt.
Ebenfalls einstimmig wurde der gemeinsame Antrag von CDU, Grünen, SPD, FDP und Bergischer Mitte angenommen.
Der Antrag (s.a. Dokumentation unten) greift in großen Teilen auf den Vorschlag der Verwaltung zurück und sieht folgende Punkte vor:
- Für die Entwicklung des Areals wird das Leitbild eines „urbanen Gebiets“ gemäß der Baunutzungsverordnung festgelegt – als gemischt genutztes Stadtquartier.
- Die Verwaltung legt bei der Entwicklung des Stadtteils in den kommenden 20 bis 25 Jahren einen Nutzungsmix zugrunde, der Wohnen und Gewerbe gleich stark berücksichtigt. Perspektivisch sollen 2900 Menschen auf dem Areal wohnen und 2900 Arbeitsplätze entstehen, jeweils plus/minus zehn Prozent.
- Der Wohnraum soll durch zwei Hochhäuser (Solitäre) um 115 Wohnungen erhöht werden.
- Zunächst gilt ein Stellplatzschlüssel von 0,75 je Wohnung. Die drei Mobilitätshubs sollen so gestaltet werden, dass der Schlüssel bei einer Veränderung des Mobilitätsverhaltens auf 0,5 gesenkt und die dadurch frei werdenden Flächen nachträglich für Wohn- oder Gewerbezwecke genutzt werden können.
- Die Verwaltung erstellt auf Grundlage des Nutzungsmix eine blockbezogene Verräumlichung von Nutzungen. Zur Sitzung des Ausschusses am 16. Mai wird eine erste städtebauliche Konzeption erstellt.
Planspiele und Realität
Die Verwaltung und mehrere Vertreter:innen der Fraktionen stellten klar, dass es sich bei den genannten Zahlen um Näherungswerte und um „Planspiele“ handele – die in der Realität später kann anders aussehen könnten.
Der Ausschuss könne nur die Geschossflächen bestimmen – aber welche Wohnverhältnisse oder welche Arbeitsplätze dort später einziehen, darauf habe er keine Einfluss, brachte CDU-Fraktionschef Michael Metten es auf den Punkt: „Wir können mit konkreten Zahlen jonglieren, aber die sind gleich Makulatur. Das einzige, was wir heute beschließen ist eine verbindliche Arbeitshypothese für die Verwaltung.“
Allerdings eine wichtige Hypothese – denn nur mit ihr könnten die nächsten Entscheidungen über die Infrastruktur, die Ver- und Entsorgung des Areals geplant werden.
In einem nächsten Schritt erarbeitet das Zanders-Projektteam jetzt die Ausschreibung für eine externe Projektsteuerung und auch für eine professionelle Vermarktung der Teilflächen. Dazu soll bei der Sitzung des Ausschusses im Mai eine umfangreiche Vorlage zur Abstimmung gestellt werden, kündigte Bürgermeister Stein an.
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Stimmen zum Kompromiss
Bürgermeister Frank Stein: „Ich freue mich sehr über diesen erreichten Konsens. Es handelt sich bei der Definition von Nutzungsmix und Nutzungsdichte nicht um eine Fragestellung, bei der es der Natur der Sache nach nur eine richtige Antwort geben kann. Vielmehr geht es darum, welche politischen Ziele der Ausschuss der Verwaltung zur Relation der Nutzungen zueinander, ihrer Dichte und Dimension sowie ihrer Verortung auf dem Gelände vorgegeben werden.“
Udo Krause, Leiter des Zanders-Projektteams: „Als Planungsteam sind wir zufrieden mit den Entscheidungen. Diese politischen Stellschrauben geben uns das Rüstzeug an die Hand, um die Transformation weiter voranzutreiben. Hier geht es im nächsten Schritt vor allem darum, die planungsrechtlichen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen zu schaffen, die der beschlossenen Vision eine Basis geben. Die Festlegung eines perspektivischen Nutzungsverteilung auf dem Zanders-Areal gibt uns dafür die notwendigen Orientierungswerte.“
Michael Metten, Fraktionsvorsitzender der CDU: „Der gemeinsame Beschluss über das Entwicklungskonzept ist ein wichtiges Signal in die Bevölkerung, an Investoren und an die Fördermittelgeber – wir setzen auf Kontinuität. Handlungsleitend war für die CDU, dass es in der Stadt ein Defizit an Arbeitsplätzen und damit auch an Gewerbesteuereinnahmen gibt. Dem können wir mit diesem Beschluss ein Stück weit entgegen wirken.“
Theresia Meinhardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen: Für uns entscheidend ist, dass im Herzen unserer Stadt ein sehr kompaktes gemischtes Stadtquartier entsteht, dass in seiner nun angestrebten Dichte noch vor einem Jahr unvorstellbar erschien. Ein leeres Quartier am Abend wäre fatal. Daher werden wir die kommenden Planungen immer wieder darauf überprüfen, ob das Verhältnis Wohnen – Arbeiten diesem gemeinsamen Ziel dient. Zugleich verhindert diese kompakte städtische Innenentwicklung die Inanspruchnahme weiterer Flächen im Außenbereich. Ganz besonders freut uns, dass auf Zanders erstmals ein autoarmes Quartier entsteht und die energetische Versorgung von Anfang an klimaneutral gedacht wird.“
Klaus Waldschmidt, Fraktionsvorsitzender der SPD: „Mit dem Kompromiss haben die Fraktionen politische Handlungsfähigkeit bewiesen. Bei einem Realisierungshorizont von 20 bis 25 Jahren bedarf es breiter verantwortungsvoller politischer Übereinstimmung, damit der Entwicklungsprozess auch bei wechselnden Gestaltungsmehrheiten nicht beeinträchtigt wird. Mit diesem Nutzungsmix werden nicht nur viele neue Arbeitslätze, sondern auch neue Wohnungen für mehr als 3.000 Einwohner angestrebt. Der auf dem Zanders-Gelände geplante Campus für berufliche Bildung bietet zudem die Chance, auf den freigezogenen Flächen der Berufskollegs in Heidkamp weitere Wohnbebauung zu realisieren. “
Stephan Winkelmann, FDP: Der Beschluss geht in Richtung Gewerbe und ist daher für uns ein sehr guter Beschluss. Wir sollten aber nicht von Hochhäusern reden, sondern von stadtbildprägender Architektur. Zudem sollte geprüft werden, ob die Parkhäuser – trotz des Grundwasserproblems und der Altlasten – nicht doch unter die Erde gelegt werden könnten.
Wilfried Förster: „Wir können den weiteren Verlust an Wohnungen nicht mitgehen, wir hätten für den Verwaltungsvorschlag gestimmt. Zudem brauchen wir eine zeitliche Perspektive, die deutlich unter 25 Jahren liegt.“
Ich schlage vor, auch Immobilienentwicklern nur langfristige Pachtverträge zu gewähren. In vielen Beiträgen wird beklagt, daß bei uns keine städtischen Grundstücke z.B. für KiTa/Schulbau vorhanden sind. Wenn wir jetzt wieder städtische Grundstücke verkaufen, haben wir zwar kurzfristig Geld in der Stadtkasse, es fehlt aber zukünftig der Gestaltungsrahmen für uns alle. In Schildgen wurde das Bürgerzentrum nach großen Diskussionen und Widerstand verpachtet. Es geht also. Es ist so viel Geld auf dem Markt, das gewinnbringend angelegt werden möchte, aber Grund ist nicht vermehrbar und muß später oft für viel Geld zurückgemietet werfen.
Deswegen streben wir an die Grundstücke nur in Erbpacht zu vergeben.
Deutlich mehr Gewerbefläche, wesentlich weniger Wohnraum auf Zanders. So die Entscheidung in diesem Ausschuss.
Dies bedeutet durchaus einen Richtungswechsel gegenüber den bisherigen Diskussionen und Gesprächsergebnissen.
Dass SPD und Grüne der CDU/FDP bei diesem Richtungswechsel so bereitwillig gefolgt sind, hat mich als Zuhörer der Sitzung erstaunt. Schließlich haben beide Parteien in anderen Fachausschüssen der vergangenen Wochen immer wieder betont, wie wichtig und von zentraler Bedeutung für sie die Schaffung von (bezahlbarem) Wohnraum in Bergisch Gladbach ist.
Zur großen, wachsenden Wohnungsnot in Deutschland, besonders im Großraum Köln und speziell in Bergisch Gladbach will diese Richtungsentscheidung ebenfalls nicht so recht passen.
Ein gutes Arbeitsmodell, das erfreulicherweise von einer ganz breiten politischen Mehrheit getragen wird. Jetzt gilt es, dieses Modell mit potentiellen Immobilieninvestoren und Infrastrukturentwickeln zu diskutieren. Die FdP freut sich, dass ihr Antrag für eine externe Projektsteuerung und eine professionelle Vermarktung aufgenommen wurde.