„Must have“ heißt die neue Wechselausstellung im Papiermuseum Alte Dombach. Über 400 Exponate und Infostelen geben einen fundierten Überblick über Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Konsums. Von der Existenzsicherung hin zur Identitätsstiftung – zu verschiedenen Zeiten galten unterschiedliche Dinge als „unbedingt erforderlich“. Spannend auch die Fragen: Wodurch wird der Konsumwandel ausgelöst, und wohin geht die Reise?

Text: Holger Crump. Fotos: Thomas Merkenich

Eine Zeitreise durch 250 Jahre Konsum unternimmt die neue Wechselausstellung im Papiermuseum Alte Dombach. Bis Ende 2024 können Besucher:innen anhand über 400 ausgewählter Exponate aus dem Fundus der Industrie- und Freilichtmuseen des LVR erleben, wie sich der Konsum im Laufe der Jahrhunderte gewandelt hat. Die Ausstellung war zuvor bereits in den LVR-Museen in Engelskirchen, Solingen und Euskirchen zu sehen.

Die Schau spannt einen weiten Bogen: Vom Konsum der vorindustriellen Zeit, der mit Waren des täglichen Gebrauchs eher der Existenzsicherung diente. Die man zudem immer wieder repariert hat. Bis zu (Wegwerf-) Waren in der Jetztzeit, die nicht zuletzt der Identitätsstiftung dienen.

Klar wird schnell: Die must haves (engl. für haben wollen, unbedingt besitzen müssen) haben sich im Laufe der Zeit ziemlich gewandelt. Und die Industriealisierung hatte und hat einen entscheidenden Anteil am Boom des Konsums. Günstige Produkte, Marken und Werbung wurden durch sie erst möglich.

Foto: Thomas Merkenich

Kleine Fluchten

In ausgewählten Kapiteln, welche die Schau chronologisch gliedern, erzählen die Ausstellungsmacher von der Geschichte des Konsums. Entlang eines gut sichtbaren, roten Fadens an Decke, welcher den Besucher:innen grob den Weg weist.

Scheinbar profane Dinge wie ein Kupferkessel oder ein Mehlsack weisen zu Beginn der Ausstellung auf Dinge des täglichen Bedarfs hin, die – einmal angeschafft – existentiell für den Alltag waren. Spuren der Reparaturen wie die eingenähten Flecken auf dem Sack lassen erahnen, dass ein Neukauf undenkbar war.

Mit der aufkommenden Industriealisierung gönnen sich die Menschen „kleine Fluchten„, wie die Ausstellungsmacher es nennen: Eine Pfeife für den Tabak, ein Halstuch oder industriell hergestellte Borden, die erstmals eine Individualisierung der Bekleidung möglich machen. Die „bürgerliche Behaglichkeit“ kommt auf, ein bescheidener Wohlstand zieht ein, erstmals auch unabhängig von Geburt und Stand.

Must have: Sonderausstellung zur Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Konsums
LVR- Industriemuseum Papiermühle Alte Dombach
Kuratoren u.a.: Detlef Stender, Sabine Schachtner
Team Papiermuseum Alte Dombach: Sonja Nanko, Beatrix Commandeur, Annette Schrick
18. Juni 2023 bis 22. Dezember 2024
Dienstags bis freitags 10 bis 17 Uhr, samstags und sonntags 11 bis 18 Uhr
Eintritt: 3,50/3,- Euro; Kombiticket mit Dauerausstellung 5,- Euro, Kinder und Jugendliche frei
Mehr Infos: Themenseite zur Ausstellung, Webseite Papiermuseum
Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen (9,- Euro)

Das „Journal des Luxus und der Moden“ gibt einer kleinen Oberschicht nach Art eines Kataloges Tipps, was gerade so en vogue ist. Mit Texten und handkolorierten Kupferstichen. Man zeigt was man hat. Kaffee, Kako, Zucker – das Marketing in eigener Sache nimmt hier zaghaft seinen Anfang.

Geburt von Marken und Werbung

Maggi, Knorr, Kölln-Flocken, Odol, Nivea, Liebigs Fleischextrakt – Ende des 19. Jahrhunderts tauchen die Marken auf. Hatte man bislang Kartoffeln, Bohnen oder Salz in einfachen Papiertüten gekauft, so wurden veredelte Produkte nun in immer ausgefeiltere Verpackungen gesteckt. Typografie, Farbgebung, Blechdosen die eine Papierverpackung suggerieren – die Verlockungen der Industrie haben hier ihren Ursprung.

Kochen wird damit schneller, ebenso wie das Ankleiden mit Druckknöpfen. So kann der Mensch des Industriezeitalters seine Arbeitskraft „schneller“ zur Verfügung stellen.

Und die farbenfrohen Produkte bekommen eine neue Bühne: Das anonyme Kaufhaus löst den alten Krämerladen ab, wo jeder jeden kennt. Warenhäuser laden zum Verweilen und Stöbern ein. Einkaufen wird immer mehr zum Event: Zum Beispiel mit „Erfrischungsräumen“ – einem Treffpunkt in den Konsumläden, der nur den Frauen vorbehalten ist.

Erste Konsumproteste und Notkleid

Interessant: Der Konsum ruft schon jetzt Protestbewegungen hervor. So gründet sich 1899 der Bund für Vogelschutz, um unter anderem ein Verbot der Vogelfeder-Hutmode durchzusetzen. Später soll daraus der Naturschutzbund NABU entstehen.

Die Ausstellung streift die beiden Weltkriege mit der Rationalisierung von Lebensmitteln und Waren des Konsums. Sparen und Verzicht wird vor allem im Zweiten Weltkrieg in Deutschland überhöht. Man legt sich krumm für hehre, völkische Ziele.

Rahmenprogramm zur Ausstellung
Führungen: 9. Juli / 13. August / 10. September / 8. Oktober / 12. November und 10. Dezember 2023, jeweils 14 Uhr
Kulturrucksack NRW: „Graffiti“ am 13. und 14. Mai; „Kunst aus Müll“ vom 18. bis 21. Juli, mehr Infos hier
Fair- und PapierMarkt: Sonntag 3. September 2023, 11 bis 18 Uhr
Geplant für den Herbst: Workshops für Schulen zum Thema Konsum

Ein Notkleid aus den 1940er Jahren gehört zu den außergewöhnlichen Exponaten der Ausstellung: Das Gewand suggeriert aus der Ferne ein Kleid plus Mantel – ist aber doch nur ein einziges Kleidungsstück, zusammengesetzt aus zweierlei Stoff.

Kein Wunder, dass sich die junge Bundesrepublik angesichts der Beschränkungen in eine Fress- und Konsumwelle stürzt.

Auf nach Italien

Man kann und will sich alles leisten: Der Kühlschrank macht die Bevorratung einfacher, Kochbücher inspirieren die Lust auf die Kalorien, der Bauch wird zum Statussymbol. Ebenso wie die Musiktruhe oder das Tonband sowie der Fernseher. Luxus paart sich mit Zerstreuung und der Repräsentation des eigenen Wohlstandes. Das Wohnen wird stylish, das offene String-Regal dient nur noch in zweiter Linie der Aufbewahrung.

Dazu kommt die Sehnsucht nach fernen Ländern: Im VW-Käfer geht es zum Zelten nach Italien, wie es ein großformatiges Foto in der Schau so treffend illustriert. Camping-Accessoires werden zum letzten Schrei. Die Mobilität ist für alle zu haben, nicht umsonst heißt es wohl „Volkswagen“, wenn auch die Geburt dieser Marke in ein dunkelbraunes Kapitel Deutschlands fällt.

Foto: Thomas Merkenich

Adidas oder Puma?

Wer erinnert sich nicht an die Ikonen des Konsums, die in den 1960ern auftauchen. Levis oder Wrangler, Adidas oder Puma (nein, noch nicht Nike!). Der Konsum führt nicht zuletzt zu einer Differenzierung in der Gesellschaft.

Und er macht weithin sichtbar: Wer kann sich was leisten? Trends entstehen, und damit auch die Wegwerfgesellschaft. Wenn die Ikea-Möbel zu langweilig geworden sind, tauscht man sie aus. Der Hamburger wird zum Verzehr im Schnellrestaurant ungeniert in eine Plastikverpackung gesteckt.

Kein Wunder, dass dies erneut zu Gegenbewegungen führt. „Jute statt Plastik“ ist allen ein Begriff. Und der Club of Rome warnt eindringlich aber lange ohne Konsequenzen vor den Folgen ungehemmten Wachstums.

Konsum unter Druck!

Damit landet die Ausstellung must have in der Jetztzeit. Der identitätsstiftende Konsum scheint im Niedergang begriffen: Bücher, CDs oder Filme landen auf Speichern, werden entgegenständlicht. Die Dinglichkeit der Ware verpufft im Nichts. Und jetzt?

Hinzu kommen weitere Umstände, die den Konsum möglicherweise nachhaltig beeinflussen: Die Klimakatastrophe macht die Konsequenzen des Wachstums deutlich. Die Pandemie oder eine Schiffshavarie im Suez-Kanal legt schonungslos die Anfälligkeit der Produktionsketten offen. Der Krieg heizt die Inflation an.

Eine Graffiti-Wand bringt diese Aspekte in zeitgenössischer Ästhetik auf den Punkt, vielleicht auch als Reminszenz an die Protestbewegungen, die mit Last Generation und Fridays for Future in der Jugend zu finden sind. Der Konsum gerät unter Druck.

Foto: Thomas Merkenich

Wie nachhaltig ist Nachhaltigkeit?

Aber ändern die Umstände etwas daran? Nachhaltigkeit ist das Stichwort. Die Ausstellung zeigt ein Kaffeegeschirr aus Kaffeesatz, Fahrräder aus Bambus, Schuhe aus Ananas-Leder. Und gibt Beispiele für Recycling und Upcycling.

Damit wird der Konsum hinterfragt, Alternativen werden ausgelotet. Aber wie nachhaltig ist der Trend zur Nachhaltigkeit wirklich? In die Zukunft schauen vermag die Ausstellung nicht.

Vielleicht hilft der vorgestellte Blick in die Vergangenheit, um ein klein wenig schlauer zu werden. Und so haben die Ausstellungsmacher:innen ans Ende der Schau eine Mitmachstation in Form einer Abfrage gestellt: Was ist wichtig? Gerechtigkeit, Umwelt, Handy, Kleidung, Reisen oder anderes?

Das Ergebnis wird zumindest im Kleinen zeigen, ob die aktuellen Krisen schon ausreichen, um den Konsum – mal wieder – in eine neue Richtung zu lenken.

Weitere Beiträge zum Thema

Lade…

Something went wrong. Please refresh the page and/or try again.

ist Reporter und Kulturkorrespondent des Bürgerportals.

Reden Sie mit, geben Sie einen Kommentar ab

17 Kommentare

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

  1. Nachdem jetzt der Titel der Ausstellung intensiv abgehandelt worden ist, wäre es an der Zeit sich auch einmal den dort präsentierten Inhalten und Thesen zuzuwenden. Denn dort liegt der eigentliche Zündstoff.

    Ich nenne mal nur ein Beispiel aus Bergisch Gladbach: Unsere prächtige Kirmes. Immer größer, immer toller. – Mehr Stromverbrauch, die Innenstadt mit Beton zugepflastert als Untergrund für immer größere Fahrgeschäfte, chinesische Billigware als Hauptgewinn. „must have“?

    1. Pünktlich zu Ferienbeginn lohnt auch ein Blick auf den Nachtflugplan ab Köln/Bonn.
      Um 4:55 Uhr nach Mallorca reisen? Must-have! Schalldichte Fenster ebenfalls Must-have.

  2. Hallo, Herr oder Frau Drucker. Indem Sie Konfuzius zitieren, widersprechen Sie Ihren eigenen Anschauungen. Dieser chinesische Philosoph hat nämlich anders als Sie durchaus von Akteuren (Feinde) gesprochen. Sie versuchen, die abstrakten Begriffe Nützlichkeit und Ökonomie an die Stelle von Akteuren zu setzen. Damit wollen Sie die Frage der Macht einfach ausklammern.

    Ähnlich geht das Gerede vom Markt vor, der alles richtet. Dabei werden unterschiedliche Machtverhältnisse auch einfach vom Tisch gewischt, eine Art Augenwischerei. Auch das dient letztlich dazu, Reflexion und Bewusstmachung zu verhindern.

    In dem Zitat von Konfuzius ist natürlich auch so etwas wie ein Aufruf zu Gelassenheit enthalten. Dem kann ich mich anschließen. Aber nicht durch Ausschalten des eigenen Denkens.

    1. Nun erscheint aber „Schande über die Leute, die dieser Mode nachlaufen oder sie sogar fördern (siehe unten)“ sehr wohl auf Akteure bezogen. Man könnte es fast so verstehen, dass die Ausstellungsverantwortlichen damit gemeint sind.

    2. „…widersprechen Sie Ihren eigenen Anschauungen … Sie versuchen … Damit wollen Sie …“

      Ergebensten Dank, dass Sie sich darum bemühen, für mich zu denken. Dabei hätten Sie mir allerdings die Güte angedeihen lassen dürfen, mir den Gebrauch bildhafter Formulierungen zuzutrauen (wie übrigens auch dem guten Herrn Konfuzius). Ich will Sie aber keinesfalls dazu zwingen, wenn das Ihrer Argumentation gerade nicht dienlich ist.

      Aber zur Sache: Ich will natürlich nicht die Frage der Macht ausklammern, aber diese Macht hat und hatte die Sprachgemeinschaft, denn das, was sie nicht mag, das verwendet sie nicht – oder nur über eine kurze Zeit. Das ist auch nicht auf meinem gedanklichen Hinterhof gewachsen, sondern schlicht und ergreifend sprachwissenschaftlicher Konsens. Den können Sie natürlich leugnen oder ablehnen, aber dann stehen Sie ein wenig einsam in der linguistischen Landschaft herum.

      Ach ja, bei der Gelegenheit: „Herr Drucker“ wäre recht.

  3. Lieber Herr Hansen, herzlichen Dank für ihre therapeutisch-pädagogische Hilfestellung. Ich hatte allerdings gedacht, dass Sie mich besser kennen und hatte gehofft, Sie hätten meinen ersten Kommentar vom 17.6. gelesen. Auf die Argumente in diesem Kommentar gehen Sie seltsamerweise gar nicht ein. Übrigens gehe ich zu keinem Stammtisch, bin allerdings Mitglied in dem Autorenverein „Wort und Kunst“, der sich intensiv mit unserer Sprache beschäftigt, auch mit der Frage, ob Sprachwandel so etwas wie ein naturgegebener Vorgang ist bzw. welche Rolle darin bestimmte Akteure spielen.

  4. Lieber Engelbert Müller,

    Sprache lebt. Schon immer. Aus der CDU wurde vor Jahren gefordert, Deutsch im Grundgesetz zu verankern: Nur Hochdeutsch oder auch Sprachen wie Niederdeutsch, Alemannisch? Und was ist mit Dialekten? Würden Baden-Württemberger, die nach eigener Aussage alles können, nur kein Hochdeutsch, gegen das Grundgesetz verstoßen?

    Unser Sprachschatz wird auf 350.000 bis 550.00 Wörter geschätzt (Bibliografisches Institut). Ohne technische Fachbegriffe, ohne mundartliche Ausdrücke. Deutsch gilt als eine der wortreichsten Sprachen. Aber selbst Goethe soll nur etwa 40.000 bis 90.000 Wörter genutzt haben. Leser von Boulevardblättern kommen mit 800 aus.

    Ab wann gilt ein Wort, das aus einer anderen Sprache kommt, als „deutsch“? Von den hunderttausenden „deutschen“ Wörtern stammen zehntausende aus dem Arabische, Griechischen, Lateinischen, Jiddische, Französischem, Englischen, dem Rotwelsch und anderen schönen Sprachen. Und jetzt stören schätzungsweise 4.000 Anglizismen, vom denen einige wahrscheinlich nur eine begrenzte Lebensdauer haben werden? Werbesprüche in Englisch haben sich häufig nicht durchgesetzt, weil die Zielgruppe den Text missverstand: ‚Come in and find out‘ – Komm rein und finde wieder raus‘.

    Und was ist mit den in andere Sprachen ausgewanderten circa 6.000 deutschen Wörtern von ‚Autobahn‘ über ‚Blitzkrieg‘ bis ‚Zeitgeist‘? Müssen die jetzt zurück? Und was passiert mit Parteien? Zum Beispiel CDU – Christlich (aus dem Griechischen) Demokratische (ebenfalls aus dem Griechischen) Union (aus dem Lateinische). Müsste sie sich umbenennen?

    Mein Tipp: Mehr Wissen, mehr Gelassenheit und weniger Stammtisch.

  5. Hallo, Herr Christian-Andreas, was die unnötigen Anglizismen angeht, bin ich vollkommen Ihrer Meinung. Leider kann ich den ersten Link in Ihrem Kommentar nicht öffnen, zumindest nicht, ohne mir ungewollte Cookies einzufangen. Sie können mir das aber gerne in einer Mail an masi@mamue.net erklären, wenn Sie wollen.

  6. Hallo, Herr oder Frau Donner, wie schon gesagt, ist der Wandel, auch der Sprachwandel, nicht naturbedingt, sondern hat immer auch Akteure. Diese sind manchmal Kolonisatoren, manchmal wirtschaftliche Interessenvertreter, manchmal ideologische oder politische Akteure. Letzteres spielt z.B. in der Genderdebatte eine große Rolle. Und immer kann man sich einfach anpassen oder auch Widerstand leisten. Im Zusammenhang mit dem Begriff „Must-Have“ ist auch interessant, wo dieser Begriff (2018) erstmalig zu finden ist. Höre und staune: In der Bildzeitung. Und zwar im Zusammenhang mit Modeartikeln. Man darf dabei nicht vergessen, wie sehr Mode von der entsprechenden Wirtschaft gemacht und progagiert wird. Auch Widerstand wird und wurde aus den unterschiedlichsten Gründen propagiert und geleistet. Ich halte es aber schon für gesellschaftlich angemessen, sich diese Vorgänge bewusst zu machen, um einer demokratischen Selbstbestimmung und Mitbestimmung willen.

    Ihren Begriff „neumodischer Kram“ habe ich übrigens nicht benutzt. Aber Sie haben Recht: Die Übernahme von Begriffen aus anderen Sprachen erfolgte zu unterschiedlichen Zeiten, aus unterschiedlichen Gründen.

    1. „[…] wo dieser Begriff (2018) erstmalig zu finden ist […]“
      Lässt sich mit diesem Artikel von 2011 falsifizieren:
      https://www.welt.de/lifestyle/article12731714/Warum-der-spiessige-Blazer-nun-zu-allem-getragen-wird.html

      Im Prinzip sollte man mit seiner Muttersprache aber trotzdem sorgsam umgehen. Für eine Verwendung von Anglizismen, die keine Bereicherung darstellen, gibt es bessere Beispiele. Etwa ein Artikel zum neuen Kirschblütenfest, der auch entsprechend kommentiert wurde:
      https://in-gl.de/2023/05/02/refrath-feiert-sein-kirschbluetenfest/

    2. Anpassung oder Widerstand sind in den allermeisten Fällen unnötig. Die Sprachentwicklung folgt regelmäßig Nützlichkeitserwägungen und der Sprachökonomie: Ein Begriff oder eine Form wird (von wem und mit welcher Absicht auch immer) eingebracht, und dann folgt der Praxistest in der Sprachgemeinschaft. Neuheiten, die weder nützlich sind noch den Sprachgebrauch erleichtern, fliegen nach einiger Zeit wieder raus.

      Bis dahin mögen sie manchmal schwer erträglich sein, aber grundsätzlich kann man da dem Ratschlag des Konfuzius folgen: „Erzürne nicht, setze dich ans Ufer des ruhigen Flusses und warte, bis die Leichen deiner Feinde vorbeitreiben.“

  7. Tatsächlich wusste ich nicht, dass dieses Wort im Duden steht. Das ändert aber wenig an meiner Einstellung zur Benutzung dieses Wortes. Auch nicht an meiner Einstellung zur Übernahme dieses gesellschaftlichen Wandels. Gesellschaftlicher Wandel ist nicht naturbedingt, sondern immer auch ein Ergebnis von Anpassung oder Widerstand. Gerade in unserer Zeit hat man so langsam wieder gelernt, den Konsumzwängen zu widersprechen oder sogar zu widerstehen. Die Anpassung geschieht häufig schon mit der kritiklosen Übernahme von Vokabeln. Trotzdem vielen Dank für Ihre Hinweise, Herr Christian-Andreas!

  8. Warum muss die interessante Ausstellung einen englischen Namen haben? Sie könnte doch auch „Muss ich haben“ heißen? Auch wenn ich weit davon entfernt bin, AfD zu wählen, finde ich diese Mode fürchterlich. Sie hält uns davon ab, unsere eigene Sprache zu benutzen. Gerade im sprachschöpferischen Bereich. Sie tötet unsere sprachliche Phantasie. Schande über die Leute, die dieser Mode nachlaufen oder sie sogar fördern!

    1. Die Ausstellung ist wirklich sehr interessant. Ich hattee mir die wohl etwas andere Variante in Engelskirchen angeschaut. Übrigens ist Must-Have ein Nomen, welches im Duden steht. Wir haben es also nicht mit einer Wortneuschöpfung des LVR zu tun. Das Wort Must-Have für eine Ausstellung zu Konsumgütern macht gerade für Deutschland sehr viel Sinn, da der gesellschaftliche Wandel zu einer ausgeprägten Konsumgesellschaft mit der Anwesenheit amerikanischer Besatzer einherging.

    2. Gesprochene Sprache lebt, ändert und entwickelt sich. Die Kritik bezieht sich häufig nur auf Anglizismen. Was ist mit den Begriffen, die wir z.B. dem Griechischen, dem Lateinischen, dem Arabischen, aus dem Französischen, dem Italienischen uaw.übernommen haben. Auch alles neumodischer Kram?