Sonja Nanko hat die Leitung des LVR Industriemuseums Alte Dombach übernommen. Foto: Thomas Merkenich

Aus der Not eine Tugend macht die neue Leiterin des Papiermuseums Alte Dombach, Sonja Nanko. Und bringt mit der Beseitigung der Hochwasserschäden aus dem Sommer 2021 gleich die Dauerausstellung auf Vordermann. Welche weiteren Schwerpunkte die Kulturwissenschaftlerin mit ihrem Team setzt und warum das Museum das Erbe der Stadt bewahrt, erläutert sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Annette Schrick.

„Bis zu 1,50 Meter hat das Wasser im Sommer 2021 in dem Räumen gestanden“, schildert Sonja Nanko. Noch immer würden Schäden zutage treten, die man erst nach und nach entdecke.

Seit Mai 2022 ist sie die neue Leiterin des LVR Industriemuseums Alte Dombach. Ihren Dienst hat sie in keiner einfachen Phase des Papiermuseums angetreten. Quasi inmitten einer Baustelle. Die Spuren des Hochwassers sind immer noch zu sehen, deren Beseitigung mühsam und langwierig.

Sonja Nanko studierte Kulturwissenschaften und volontierte ab 2006 im Museum Schloss Rheydt. 2010 übernahm sie die Leitung des Schulmuseums in Friedrichshafen. 2016 kam Nanko zum Landschaftsverband Rheinland, zunächst als wissenschaftliche Referentin und dann als Leiterin des Industriemuseums Engelskirchen. Seit 1. Mai 2022 ist sie zudem Leiterin des Papiermuseums Alte Dombach und verantwortet beide Standorte.

Sonja Nanko (rechts) arbeitet eng mit Annette Schrick zusammen, die bereits seit 1991 vor Ort ist. Zum Team gerhört außerdem die Museumspädagogin Beatrix Commandeur Foto: Thomas Merkenich

Schutzkonzepte

„2013 gab es ebenfalls ein Hochwasser, aber im Vorjahr stand das Wasser der Strunde höher und länger im Museum“, sagt Nanko. Entsprechend seien die Schäden größer.

Ein Drittel der Dauerausstellung sei von den Fluten betroffen gewesen und derzeit nicht zugänglich. Der Schaden betrage rund 150.000 Euro und würde durch eine Ausstellungsversicherung gedeckt. Die Schäden an den Museumsbauten würden weit darüber liegen, die Mittel zur Renovierung kämen vom Landschaftsverband.

Wann die betroffenen Ausstellungsräume wieder eröffnet werden können, vermag sie nicht zu sagen. Der ursprüngliche Termin im Herbst 2022 sei wohl nicht zu halten. „Wir wollen Konzepte zum Grund- und Hochwasserschutz integrieren“, über passende Maßnahmen werde derzeit entschieden. Davon hänge das Timing zur Wiedereröffnung ab.

Foto: Thomas Merkenich

Aktualisierte Dauerausstellung

„Wir machen aus der Not eine Tugend und schaffen etwas Neues“, blickt die Kulturwissenschaftlerin nach vorne. Die Dauerausstellung in dem nach eigenen Angaben größten Papiermuseum Deutschlands stamme noch aus dem Jahre 1999. Sie werde jetzt auf Stand gebracht.

„Mittlerweile haben sich die Sehgewohnheiten der Museumsbesucher:innen verändert“, erklärt Nanko. Und auch die Papierfabrik Zanders gebe es nicht mehr. Das wolle man in die Ausstellung einarbeiten. Zudem digitale und interaktive Elemente mit in die Dauerausstellung integrieren. Auch in diesem Punkt ist noch offen, wann man wieder an die Öffentlichkeit gehen könne. Konzeption und Realisation nehmen Zeit in Anspruch.

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Die ganze Geschichte des Papiers an einem Ort

Von 1800 bis heute stieg der jährliche Papierverbrauch pro Kopf von 0,5 auf über 250 Kilogramm. Deutschlands größtes Papiermuseum zeigt in seiner ständigen Ausstellung in der Alten Dombach die Wandlung vom Luxusgut zum Alltagsprodukt, die Entwicklung von der handwerklichen zur industriellen Fertigung und die Folgen des Papierverbrauchs für die Umwelt. Eine Fotoreportage.

Thematisch wolle man zum Beispiel die Zukunft des Papiers unter die Lupe nehmen. „Der Absatz von Schreib- und Druckpapier geht zurück, Papier für Verpackungen legt zu“, macht Annette Schrick klar. Sie ist bereits seit 1991 an der Alten Dombach aktiv, verantwortet die Bereiche Sammlung und Ausstellung. Und hat sich viel mit Papier und den sich wandelnden Nutzungen beschäftigt.

Grenzen des Konsums

Da gehört natürlich die Konurrenz durch Tablet und Co dazu. „Welche Auswirkung hat die Digitalisierung auf Papier und Schrift, was sind die Grenzen des Konsums, wo steuert der Massenkonsum hin, der letztlich seine Wurzeln in der Industriekultur hat, die auch an Stätten wie der Alten Dombach ihren Anfang nahm“, fasst Nanko zusammen.

Futur 21 – die Ausstellungsreihe über die Zukunft des Konsums, die auch in der Alten Dombach Halt gemacht hatte, habe wesentliche Akzente für die Arbeit im Papiermuseum gesetzt.

Daran anknüpfend, spannt Sonja Hanko ein weites Feld an Themen auf. Die zunehmend an Relevanz gewinnen. Denkt man Nachhaltigkeit, die Klimakrise oder die Zero Waste-Bewegung zur Müllvermeidung.

Foto: Thomas Merkenich

Moderne Kulturvermittlung

Konkret gibt es da ein Projekt im kommenden Jahr zu nennen: „Must have“ heißt eine Sonderausstellung, die 2023 in der Alten Dombach zu sehen sein wird. Kuratiert von den Industriemuseum des Landschaftsverbandes Rheinland, kommen Aspekte der Massenkonsumgesellschaft sowie der Umgang mit Ressourcen zur Sprache.

Bei Workshops zur Kulturvermittlung wolle das Papiermuseum zudem intensiv auf Digitaltechnik setzen. Lightpainting – das Zeichnen mit Licht gehöre dazu, ebenso wie Virtual Reality-Projekte. „Wichtig ist uns dabei ein sinnvoller Medieneinsatz“, betont Sonja Nanko. „Es geht nicht um Medienkonsum um des Konsums willen.“ Der Kontext der Projekte solle sich aus dem Papiermuseums heraus ergeben.

An der Papiermaschine im Kleinformat kann man die Entstehung des Papiers verfolgen. Foto: Thomas Merkenich

Kooperation mit Zanders ist Geschichte

Hochwasserschäden, Hochwasserschutz, Erneuerung der Dauerausstellung, neue Angebote in der Museumspädagogik: Sonja Nanko hat sich mit ihrem Leitungsteam, zu dem neben Annette Schrick noch Beatrix Commandeur aus der Museumspädagogik gehört, einiges vorgenommen.

Dabei wird klar, welchen Stellenwert das Papiermuseum für das Selbstverständnis der Stadt hat. „Zu Zeiten von Zanders sandte das Unternehmen seine Besucher regelmäßig zu uns. Hier konnte man noch sehen, wie Papier entsteht. Umgekehrt organisierten wir Führungen in deren Papierproduktion – da wurde die Industrialisierung der Fabrikation lebendig“, erzählt Annette Schrick.

All dies ist vorbei: Selbst den Zellstoff für Vorführungen zum Papierschöpfen muss sich das Papiermuseum nun im weiter gelegenen Düren besorgen. Zanders ist Geschichte, und damit geht auch dem Selbstverständnis von Bergisch Gladbach als Papiermacherstadt die Luft aus.

Das Erbe der Stadt bewahren

Sonja Nanko zieht Parallelen: „Das Aus eines dominierenden Wirtschaftszweiges kennt man auch aus anderen Städten.“ Sie habe dies als Leiterin des Industriemuseums in Engelskirchen beobachten können. Die dortigen Anlagen wurden bereits in den 1970ern geschlossen. In der Folge entstand ein ähnliches Vakuum im Selbstverständnis wie nun in der – ehemaligen – Papiermacherstadt Bergisch Gladbach.

Die Umnutzung zum Museum habe die Erinnerung an den ehemaligen Industriestandort in Engelskirchen mittlerweile überlagert. „Anders in Bergisch Gladbach, hier ist das Geschehen noch präsent: Zanders hat erst vor einem Jahr die Tore geschlossen, die Erinnerungen sind noch frisch, es gibt noch viele Zanderianer, die dort gearbeitet haben.“

Das Selbstverständnis als Papierstadt halle entsprechend nach. Platz für Neues ist kaum vorhanden, dies entwickle sich im Laufe der Zeit mit der Konversion des Zanders-Areals. Das Papiermachen findet sich nur noch im musealen Kontext. „Wir bewahren mit dem Papiermuseum gewissermaßen das Erbe der Stadt“, bringt Schrick es auf den Punkt.

Wäre dies auch auf dem Zandersgelände denkbar? Mit einer Außenstelle des Papiermuseums auf dem weitläufigen Areal, wo früher tonnenweise Papier auf die Rolle gezogen wurde? „Nein, dort ist kein zusätzlicher Ausstellungsbereich geplant“, macht Nanko unmissverständlich klar. Die Industriebrache werde für das Papiermuseum keine Rolle spielen.

ist Reporter und Kulturkorrespondent des Bürgerportals.

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