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Die Bürger hinter dem „Kulturnetzwerk Stadtmitte“ treibt der Wunsch an, Bergisch Gladbachs positive Seiten zu stärken – und zu verhindern, dass noch mehr kaputt gemacht wird. „Wir haben hier doch alles, was man für eine lebens- und liebenswerte Stadt benötigt“, argumentiert der Kernphysiker und Künstler Lothar Sütterlin.

„Wir sitzen auf einem Schatz”, ergänzt der Fotograf und Designer Klaus Hansen. Die beiden gehören zum harten Kern des Kulturnetzwerkes, das sich eine Wiederbelebung der Stadtmitte durch einen „Kulturpark“ zur Aufgabe gemacht hat.

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Von den Kurstädten lernen. Wohlhaben fördern

Kein Sternerestaurant, sondern ein Kunstmuseum - die Villa Zanders. Foto: Tina Heuer

Kunstmuseum Villa Zanders. Foto: Tina Heuer

Kultur im weitesten Sinne mitten in der Stadt helfe auch den Geschäften. Erfolgreiche Kurstädte machten es vor: neben den Einkaufszeilen gibt es einen Kurpark, beides zusammen mache das „Wohlhaben“ einer Stadt aus, sagt Sütterlin:

Und genau das haben wir ja alles schon in der Innenstadt: alte Bäume im Forumpark, die Kirche, das Kunstmuseum in der Villa Zanders, der Marktplatz, die Cafés und Restaurants drumherum bildeten einen Schatz, den es nur zu pflegen und zu fördern gilt. Dies ist die historische Mitte unserer Stadt, die im größeren Zusammenhang gesehen und gedacht werden müsste.“

Statt dessen bestünde die Gefahr, dass „durch Einzelentscheidungen ohne den Blick auf das ganze Areal als ein Gebiet vom Kunstmuseum Villa Zanders bis zur Odenthaler Straße, weiter verkommt oder gar zerplant wird“.

Daher haben Hansen, Sütterlin und einige Mitstreiter das Projekt „Kulturnetzwerk Stadtmitte“, das schon 2010 die Städteplaner Ralf Ebert und Friedrich Gnad entworfen hatten, neu angeschoben. Zu den Erstunterzeichner eines entsprechenden Aufrufs gehören Kristina Brode, Mahnaz Gürtler, Ingrid Schaeffer-Rahtgens, Hajo Tiefenstädter und Thomas Werner.

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Schon mit „ein paar kleinen Maßnahmen“, so sagen Hansen und Sütterlin, könne man die Innenstadt als Einheit erlebbar und damit attraktiver machen. Ganz so bescheiden sind ihre Forderungen dann aber doch nicht.  Zum Beispiel

  • ein kleiner Skulpturenpark,
  • eine Minibühne,
  • öffentliche Toiletten,
  • professionell gepflegte Parkanlagen,
  • ein Lift zum Löwen-Parkhaus,
  • ein „menschenwürdigen“ Fußgängerübergang zum Parkplatz an der Schnabelsmühle,
  • ein Festplatz in einem Gewerbegebiet, auf einer Industriebrache oder am Stadtrand, damit der Wochenmarkt nicht ständig von Veranstaltungen wie der Kirmes oder den Bautagen verdrängt werde.
Zum vergrößern bitte anklicken.

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Gezielte Provokation: Weg mit den Parkplätzen

Da steckt schon einiger Konfliktstoff drin, aber die beiden gehen noch einen Schritt weiter. Auf Forderungen der Händler im Laurentiusviertel, wieder mehr Parkplätze zur Verfügung zu stellen, antworten sie mit einem Gegenvorschlag: Warum solle man nicht den Fronhof, den kleinen Parkplatz zwischen dem Restaurant Il Mirto und der Fußgängerzone, zu einem autofreien Platz machen?

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Und der Parkplatz zwischen Paas und der Rückseite des Bergischen Löwen, den könne man dem Forumpark zuschlagen und begrünen. Die Idee, mitten im Forumpark eine Parkpalette aufzustellen, sei der falsche Weg. „Parks verschönern eine Stadt, Parkplätze kaum,“ sagt Hansen.

So sieht der Fronhof jetzt aus.

So sieht der Fronhof jetzt aus. Eine Idylle? Foto: Klaus Hansen

Der Traum von einem autofreien Fronhof

Dabei haben Sütterlin und Hansen zwei Argumentationsstränge. Erstens gewinne eine Stadt gewaltig, wenn sie die Autos aus den Zentren hinausdränge und statt dessen schöne Plätze und Grünanlagen schaffen. Beispiele wie Tauberbischofsheim oder Bologna zeigten, dass von einer autofreien City die Geschäftswelt profitiere.

Ein Fronhof ohne Autos, mit Restaurants, Biergärten, Boutiquen, kleinen Läden und Cafés unter Bäumen, das wäre ein Traum“,

schwärmt Hansen – und verweist auf Brügge oder Maastricht.

Zweitens rechnen sie vor, dass die Klagen über fehlende Parkplätze völlig überzogen seien. Mehr als 800 Parkplätze stehen in einem Umkreis von nur 250 Metern rund um die obere Hauptstraße zur Verfügung, demonstriert Hansen auf einem Schaubild. Und die würden längst nicht alle genutzt. Zum Beispiel stehe das Oberdeck auf der RheinBerg-Passage am S-Bahnhof immer leer.

Das Parkdeck auf der RheinBerg Passage. Links der Bahnhof (Panoramafoto)

Das Parkdeck auf der RheinBerg Passage. Links der Bahnhof (Panoramafoto)

1500 Parkplätze – die intelligent bewirtschaftet werden müssen

Insgesamt wirbt die Stadtverwaltung selbst mit über  2500 verfügbaren Parkplätzen, davon allein 1500 um den Bahnhof herum. Statt die Innenstadt weiter zu veröden müssten die Stellplätze an der Peripherie intelligenter bewirtschaftet werden. Das neue Parkleitsystem sei ein Schritt in diese Richtung.

Dass angesichts der Haushaltslage der Stadt für weitere große Projekte kein Geld vorhanden ist, ist den Netzwerkern klar. Umso mehr müssten die Stadtplaner wissen, wo sie eigentlich hin wollten. Sütterlin und Hansen wünschen sich Weitsicht, wie sie Konrad Adenauer um 1920 mit dem Grüngürtel in Köln bewiesen habe. Daher fordern die Netzwerker einen Bebauungsplan für das Zentrum – und eine klare Absichtserklärung der Entscheidungsträger.

Heiterer Herbst. Die Regenschirminstallation an der Gnadenkirche. Foto: Klaus Hansen

Heiterer Herbst. Die Regenschirminstallation an der Gnadenkirche. Foto: Klaus Hansen

Allianz aller Kräfte statt Spaltung

Um eine Allianz für ihre Vision zu schmieden reden Sütterlin, Hansen und ihre Mitstreiter jetzt mit allen Beteiligten. In der SPD-Fraktion trugen sie ihre Pläne bereits vor, andere Parteien folgen. Und auch die Unternehmer, Stadtplaner, Institutionen und nicht zuletzt Künstler wollen sie einbeziehen.

„Wir müssen es schaffen, dass sich die Bürger positiv mit Bergisch Gladbach identifizieren”, sagt Sütterlin. Der Stadt fehle ein echter Mittelpunkt als Merkmal, bei dem sich auch die Bensberger oder Refrather wiederfinden.

Am Ende, so Hansen, soll ein breites Gefühl „Wir sind Bergisch Gladbacher“ stehen. Getragen von der Vision einer belebten, grünen Stadtmitte. Mit einem „Kulturpark Stadtmitte“ können diese Vision eine konkrete Gestalt bekommen.

Kontakt: Klaus Hansen, An der Flora 7, 51469 Bergisch Gladbach, Mail: klaus.hansen@koeln.de

Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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4 Kommentare

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  1. Jeder Einzelhändler kann ein Lied davon singen, dass Parkplätze in unmittelbarer Nähe zu seinem Geschäft ein wichtiger Schlüssel zu seinem Erfolg sind. Der Kunde von heute hat keine Lust, seine Ware über einen langen Weg zu seinem Auto zu schleppen – das hat er in Zeiten von Amazon und Co. auch gar nicht mehr nötig! Hat es der Einzelhandel in Bergisch Gladbach nicht schon schwer genug – und kommen bei all den bevorstehenden Baumaßnahmen nicht ohnehin harte Zeiten auf ihn zu? – Unsere Innenstädte sind mehr als nur Naherholungszentren, und unsere Einzelhändler liefern einen wichtigen Beitrag, um unsere Heimatstadt lebendig zu erhalten. Machen wir es ihnen also nicht noch schwerer!

  2. Lieber Klaus, lieber Lothar,
    die Stadt ist schon auf einem guten Weg!
    Wort & Kunst e.V.ist es gelungen, die Lyrik in die Stadt zu bringen, mit der Hilfe von städtischen Angestellten, die unsere Idee begeistert aufnahmen und aktiv begleiten.
    Schaut euch um, in der Nähe der bunten Regenschirme an der Gnadenkirche
    hängen gleich 4 Fahnen mit Gedichten, an der VHS und vor dem Rathaus je vier, in der Bensberger Schloßstraße noch einmal drei, insgesamt 15 von ebensovielen Autorinnen und Autoren unseres Vereins.
    Die sehr klaren weißen Fahnen an den Laternenmasten zum 20jährigen Jubiläum von Wort & Kunst e.V. könnten ein Signal für den Ostteil der Stadt als Künstlerviertel bedeuten.
    Zu unserer Geburtstagsfeier mit unterhaltsamem Programm am 22.11. um 19°° laden wir alle an Kunst und Literatur Interessierten ins Rathaus Bensberg ein.
    Dank auch an dieses Bürgerportal für die intensive Berichterstattung zu unserer Aktion:
    Jeden Tag ein Gedicht !

    Gisela Becker-Berens, stellv. Vorsitzende Wort & Kunst e.V.

  3. Es ist hohe Zeit, diesen parkplatzlosen Gesellen um Klaus Hansen
    endlich den haltlos geparkten Bürgerwillen entgegenzustellen!

    Des Bürjers liebster Einkaufskorb ist der Kofferraum seines Autos!

    Aber wieviele Bürjer werden in unserer Stadt dazu gezwungen,
    während des Einkaufens sogar den Blickkontakt mit ihrem Auto aufzugeben?!

    Damit muss Schluss sein! Politiker haben umzusetzen, was der Bürjer will,
    und der Bürjer will nur eines: Parkplätze!

    Deshalb unsere Losung: Parkplätze statt Stadt!

    Denn letztlich ist es die so genannte und völlig überschätzte „Stadt“,
    die unseren viel dringender benötigten Parkplätzen den Raum nimmt
    und noch dazu all die Hansens und Konsorten auf dumme Gedanken bringt!

    Erst wenn die City GL ein einziger großer und ebener Parkplatz ist,
    kann von bürjernah ruhender Verkehrspolitik die Rede sein!

    Und die störende „Stadt“?! Unter der Erde ist Platz genug!

    Heinz-Josef Asfalter
    Sprecher der Initiative Parkplätze JETZT!

  4. Eine weitere Maßnahme zur Belebung der Innenstadt ist die Umsetzung des von unserem Verein geplanten Mehrgenerationenwohnhauses in der Buchmühle. Dann gäbe es statt Schotterparkplätzen aktive Menschen, die ihr Geld in den Geschäften der Hauptstraße ausgäben und auch in den Abendstunden Leben in die Stadt brächten. Ein von den Bewohnern organisiertes Café würde sich den Besuchern öffnen, kulturelle Angebote im Park realisiert und der in Kürze fertig gestellte Kinderspielplatz umfassend genutzt.
    Entsprechende Pläne für diese Vision liegen bereit……