Nach dem Aus der Papierfabrik Zanders musste sich die Stadt zunächst um die Sicherung des Geländes vor schweren Umweltschäden kümmern. Aber sie hat auch die Arbeiten an einer mittel- und langfristigen Strategie zur Nutzung des 37 Hektar großen Areals voran getrieben. Heute legt Bürgermeister Frank Stein dem Stadtrat einen Zwischenstand vor – und schlägt eine Reihe von Weichenstellungen vor. Bis hin zur Schaffung eines neuen Ratsausschusses.
„Wir mussten erst einmal sicherstellen, dass nach der Stilllegung der Papierfabrik auf dem Gelände nichts Schlimmes passiert“, sagte Bürgermeister Frank Stein am Mittwoch im Gespräch mit Medienvertretern. Gleichzeitig sei jedoch die langfristige Konversionsplanung angeschoben worden, für das gesamte Gelände.
Bis Ende 2022, bestätigte Stein, werde der Insolvenzverwalter benötigen, um das Gelände zu räumen. Diese Zeit soll ein niederländisches Planungsbüro nutzen, um ein erstes Grundgerüst für das komplette Areal zu entwickeln. Welche Gebäude bleiben, welche weichen, wo kann was angesiedelt werden? Ein solcher Struktur- oder Clusterplan soll bis zum Frühjahr 2022 erarbeitet werden, als Rückgrat für alle künftigen Entwicklungen und Investitionen.
Gleichzeitig sollen jedoch in bereits geräumten Gebäuden und Hallen Pionier-Nutzungen und Initialprojekte ermöglicht werden. Dafür eignen sich, sagt Stein, zum Beispiel das „Museum“ oder die alten, denkmalgeschützten Hallen. Dabei soll die Stadtgesellschaft intensiv eingebunden werden, Vorschläge für Projekte seien willkommen.
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Insgesamt eine gewaltige Aufgabe, für deren Bewältigung nun die Voraussetzungen geschaffen werden müssen – personell und institutionell. Dazu liegt dem Stadtrat für die Sitzung am heutigen Donnerstag eine 13-seitige Beschlussvorlage vor. Wir fassen die wichtigsten Punkte zusammen und dokumentieren den Wortlaut (ganz unten).
Gestattungs- und Kooperationsvertrag
Mit der von Insolvenzverwalter Marc d’Avoine geführten Zanders-Abwicklungs GmbH, der Eigentümerin des Maschinenparks, soll ein Gestattungs- und Kooperationsvertrag geschlossen werden. Darin wird festgelegt, in welchen Schritten das Gelände geräumt und Gebäude zurückgebaut werden. Über den Vertrag soll der Rat in nicht-öffentlicher Sitzung entscheiden.
D’Avoine hat bereits das Auktionshaus Dechow GmbH mit Listung, Bewertung und Verkauf der Anlagen beauftragt, diese Arbeit ist angelaufen.
Zudem hat d’Avoine ein Team Zanders Abwicklung zusammengestellt, das auch einige ehemalige Zanders-Mitabeiter beschäftigt, die sich im Werk auskennen. Dieses Team hat eine ganze Reihe akuter Aufgaben, von der Entsorgung von Chemikalien bis zur kontrollierten Stilllegung von Kraftwerk und Kläranlage.

Grundwasser und Kläranlage
Noch größer ist das Wasserproblem, um das sich die Stadt kümmert. Zanders hatte für die Papierproduktion immer große Mengen an Grundwasser abgepumpt. Werden die Pumpen abgestellt, steigt der Grundwasserspiegel und lässt in der Innenstadt Keller und Tiefgaragen volllaufen. Zudem könnten in bisher nicht von Grundwasser durchströmte Bodenschichten Schadstoffe ausgewaschen werden.
Daher muss weiter gepumpt werden, was rechtlich aber nur mit einem triftigen Grund erlaubt ist – der nach Einstellung der Papierproduktion nicht mehr vorliegt. Kurzfristig bemüht sich die Stadt um eine Ausnahmegenehmigung, für eine langfristige Lösung werden nun Gutachten erstellt.
Bei der großen Zanders-eigenen Kläranlage muss die Stadt entscheiden, ob sie zurückgebaut oder anderweitig genutzt werden soll, etwa als Löschwasserreservoir. Die Bürogebäude im Eingangsbereich zum Zanders-Gelände müssen dringend an das städtische Abwassernetz angeschlossen werden.

Chefsache: Task-Force Zanders
Die Stadtverwaltung hat eine Task-Force Zanders (TFZ) unter Leitung des Bürgermeisters eingerichtet. Dabei handelt es sich um eine hochrangig besetze Arbeitsgruppe über die Fachbereiche hinweg, die wöchentlich berät.
Zudem gibt es bereits seit Anfang 2018 eine städtische Projektgruppe Zanders Innenstadt unter Leitung von Udo Krause, die sich mit der künftigen Nutzung des Areals befasst. Sie hatte zunächst eine Teilkonversion der von Zanders nicht mehr genutzten Grundstücke im Auge, die Möglichkeit einer Vollkonversion des gesamten Geländes aber immer im Hinterkopf. Die Projektgruppe hatte auch die erste Bürgerbeteiligung im Herbst 2020 durchgeführt.
Seit dem Aus von Zanders geht es seit Mai nun aber um die Vollkonversion. Dafür veranschlagt die Stadt viel Zeit – auf mindestens zehn bis 20 Jahre sei die Entwicklung des gesamten Gelände angelegt, heißt es in der Vorlage für den Stadtrat.
Die Regionale 2025 als mittelfristiger Motor
Weil die Stadt das auch finanziell nicht alleine stemmen kann bemüht sie sich um Fördermittel. Dafür wiederum ist die Regionale 2025 wichtig – dort hat das Projekt „Zanders-Areal / Südliche Innenstadt“ immerhin den ersten Status, den C-Stempel, erreicht, noch im Juli soll der B-Stempel beantragt werden.
Da die Regionale schon 2025 weitgehend abgeschlossen sein soll besteht hier ein hoher Zeitdruck, die Verwaltung will sich daher bei der Regionale exemplarisch auf einzelne Neubauten, Umnutzungen (z.B. von Denkmälern) und Freiräume beschränken.
Städtebauliches Labor und Pioniere
Möglichst schnell sollen einige Zwischennutzungen auf den Weg gebracht werden. „Pionierinnen und Pioniere“ sollen die Möglichkeit bekommen, „sich die leerstehenden Ge- bäude und Freiflächen anzueignen, Dinge auszuprobieren und somit ihre Stadt aktiv zu ge- stalten“, verspricht die Ratsvorlage.
In einem solchen „städtebaulichen Reallabor“ gehe um temporäre Zwischennutzungen. Wenn sich diese Experimente bewähren könnten sie aber auch in die langfristigen Planungen integriert werden.
Initialprojekte mit Strahlwirkung
Stärker auf Dauer angelegt werden sollen sogenannte Initialprojekte. Hier hoffen die Planer, dass sie Anreize für weitere Projekte und Nutzergruppen wecken, sich auf dem Areal anzusiedeln – und irgendwann in das Gesamtkonzept einzugliedern.
Um Konflikte zwischen den spontanen und punktuellen Projekten auf der einen Seite und dem Gesamtkonzept auf der anderen Seite gering zu halten sollen die Initialprojekte zunächst vor allem in den Baudenkmälern angesiedelt werden, die ja auf jeden Fall erhalten bleiben müssen.
Keine Optionen verbauen
Hier ist ein breites Spektrum denkbar, viele Ideen seien schon eingereicht worden, berichtet Stein. Aber, das betont Bürgermeister Stein ebenso wie die Ratsvorlage: diese Zwischennutzungen dürfen keine Vorfestlegungen für künftige Nutzungen festschreiben, keine Optionen für später verbauen.
Denn die Planer haben natürlich auch großflächigere industrielle oder gewerbliche Nutzungen im Blick. Neben dem Bau von Wohnungen wird zum Beispiel auch darüber nachgedacht, eine neue Schule auf dem Gelände anzusiedeln.
Der Masterplan – und Hilfe aus den Niederlanden
Wie das gesamte, 37 Hektar große Gelände insgesamt entwickelt werden soll ist Gegenstand der sogenannten Strukturplanung, die Schritt für Schritt erarbeitet und breit mit der Stadtgesellschaft diskutiert werden soll. Um eine möglichst breite Akzeptanz bei Politik und Bevölkerung zu erreichen.
Um eine zu enge und starre Festlegung zu vermeiden sollen „Gerüststangen“ eingezogen werden, an denen sich später die detaillierteren Planungen orientieren können. Neben den „Gerüststangen“ soll der Strukturplan aber auch auch „Möglichkeitsräume“ und „Leerstellen“ beinhalten.
Für den Strukturplan holt sich die Stadtverwaltung externe Hilfe – und hat sich nach einem aufwendigen Auswahlverfahren für das niederländische Büro Karres en Brands aus Hilversum entschiede. Das hat bereits Anfang Juni seine Arbeit aufgenommen und bastelt gerade an einem dreidimensionalen Modell des Areals mit allen Gebäuden.
Auch die Stadt stellt sich neu auf
Aber auch das eigene Personal der Stadtverwaltung für die Verwaltung und Neuplanung des Zanders-Geländes soll neu organisiert und kräftig aufgestockt werden. Dazu kündigt die Verwaltung bereits einen eigenen Nachtragsstellenplan an.
Wegen der besonderen Dringlichkeit soll die Schaffung einer neuen Ingenieurstelle „Wasserthemen“ bereits am heutigen Donnerstag beschlossen werden.
Zudem soll die Projektgruppe Zanders mit der eigens für die Verwaltung der Liegenschaft eingerichteten Abteilung des FB 8 zusammengelegt werden.
Und nicht zuletzt muss sich auch die Politik anders aufstellen, um die Zanders-Konversion angemessen begleiten zu können. Darüber hat der Ältestenrat bereits beraten – und ist zum Schluss gekommen, dass ein eigener Projektausschuss („Ausschuss Zanders“) mit Entscheidungskompetenz und 21 Mitgliedern gebildet werden sollte.
Ich finde man sollte mal über eine Eventhalle für Konzerte und größere Veranstaltungen, wie Partys oder Karneval Veranstaltungen, nachdenken, ausser dem Bergischen Löwen haben wir doch nichts hier und dieser eignet sich für größere Konzerte (Pop und Rock) meiner Meinung nach nicht.
Zitat:
„Und nicht zuletzt muss sich auch die Politik anders aufstellen, um die Zanders-Konversion angemessen begleiten zu können. Darüber hat der Ältestenrat bereits beraten – und ist zum Schluss gekommen, dass ein eigener Projektausschuss („Ausschuss Zanders“) mit Entscheidungskompetenz und 21 Mitgliedern gebildet werden sollte.“
– Angesichts der Dimensionen und Perspektiven, Dynamiken und Probleme dieses potentiellen (auch wirkungshalber weit über GL´s Grenzen reichenden) Modellprojekts für eine Stadtentwicklung der Gegenwart und Zukunft ein kluger Gedanke. Klug im Sinne von praktischer Effizienz und notwendig politischer Gewichtung.
Auch BM Frank Stein als derjenige, in dessen auch hier federführende Amtszeit zumindest die Startphase des Projekts fällt, sprach / spricht sich dafür aus.
Aber: Das in GL seit September 2020 neu dominierende Parteientriumvirat der Ampel ist nun dagegen
– Gibt es dafür auch und sozusagen „spiegelgewichtig“ kluge (!) Gründe …?
Ich plädiere dafür, zeitnah, besser sofort, einen Radweg durch das Gelände zu realisieren.
Vom Eingangstor An Der Gohrsmühle bis zur Zederwaldstraße.
Die bisher vorhandene Verkehrsführung ist für Radfahrer von und nach Refrath/Frankenforst eine echte Zumutung.
Ein großer, grüner Park auf dem Zanders-Gelände wäre doch herrlich. Erholungsmöglichkeiten für Bergisch Gladbacher Bürger, die ansonsten in einem von Beton geprägten Umfeld leben. Ein GL „Central Park“ in einer schönen Größe würde Bergisch Gladbach auch überregional positiv bekannt machen. Die Investoren mit den Dollars in den Augen finden auch noch andere Gebiete zum Austoben.
Herr Fischer Ihre Gedanken sind richtig. Durch Zander hat die Stadt Größe und Ansehen gewonnen. In diesem Sinne sollte man weiterleben und nun Betriebe unserer bergischen Heimat bei der Neugestaltung des Geländes bevorzugt beschäftigen.
Hallo zusammen,
irgendwie erschließt sich mir nicht, warum bei solchen und ähnlichen Projekten regelmäßig ausländische Unternehmen beauftragt werden? (Keine Diskussion zum Thema Ausländerfeindlichkeit!) Ich bin mir sicher, das es reichlich inländische, vielleicht sogar in der Nähe angesiedelte Unternehmen gibt, die dieser Aufgabe ebenso übernehmen könnten und denen die Aufträge vielleicht sogar das Überleben sichern könnten. Viele haben ja schon genug Probleme, alleine durch Corona. Hier würden die Gelder dann auch mal im Land bleiben und ganz nebenher fallen sicher haufenweise Reisekosten weg.
Wirtschaftlich kann das ja so schon kaum sein….
Beste Grüße
M.F.
Guten Morgen liebe Redaktion,
vielen Dank für Ihren ausführlichen Bericht! Es ist erstaunlich was man so alles erfährt. Das Thema Zanders Areal ist und bleibt sehr spannend.
Ich finde die Seite in-gl.de fantastisch. Machen Sie weiter so. Frohes Schaffen.