Freylechs in Trio-Besetzung, Fotos: Freylechs

Die Band Freylechs („Die Fröhlichen“) widmet sich der jüdischen Volksmusik in all ihren Facetten. Gestartet als Schüler-Lehrer-Projekt am Albert-Magnus-Gymnasium, ist die Gruppe mittlerweile zu einem erwachsenen Live-Act geworden. Wie alles begann, und wie wichtig das Konzert vor Holocaust-Opfern zusammen mit Giora Feidmann für die Formation war, berichtet Schulleiter und Klarinettist Rolf Faymonville.

Die Fragen stellte Holger Crump.

Rolf Faymonville, Klarinettist bei Freylechs und Schulleiter des Albert-Magnus Gymnasiums

Wofür steht der Name „Freylechs“?
Rolf Faymonville: „Freylechs“ bedeutet „die Fröhlichen“. Ein Freilach ist aber auch ein bestimmter freudiger Tanz-Rhythmus in der jiddischen Musik. Es war schließlich auch der Titel des ersten Musikstücks, das wir zusammen gespielt haben.

Insofern haben sich damals die Jugendlichen aus der Klezmer-AG am Albertus-Magnus-Gymnasium entschieden: „So soll die Band heißen.“

Schauen wir auf den Anfang: Wie kamen Sie auf die Idee, eine Schüler-AG mit Klezmer zu starten? Gängig ist doch eher Pop, Rock, oder vielleicht Klassik?
Wir hatten zu dieser Zeit eine Gruppe von sehr talentierten Schülerinnen und Schülern am Albertus-Magnus-Gymnasium, die aber so recht nicht in die Bigband und in das Schulorchester passten.

Ein ehemaliger Kollege, Norbert Brochhagen, der damals die Bigband leitete, drückte mir ein Notenheft mit Klezmer-Arrangements in die Hand und meinte, ob das vielleicht interessant wäre. „Ich habe wegen Giora Feidman angefangen, Klarinette zu lernen“, sagte daraufhin eine Schülerin.

Freylechs tritt in unterschiedlichen Besetzungen auf. Dazu gehören:
Rolf Faymonville: Klarinette, Akkordeon, Perkussion
David Dudziak: E-Bass, Chapman-Stick
Niklas Dahlheimer: Gitarre, Mandoline
Tom Gerke: Drums und Perkussion

So organisierten wir das erste Benefizkonzert für unser afrikanisches Partnerprojekt in Kariobangi. Ein voller Erfolg! Dass wir weitermachen mussten, ergab sich da fast von selbst.

Wie würden Sie Klezmer beschreiben? Als Folk-orientierte Musik, als Jazz, als Crossover?
Wir haben zunächst traditionelle Klezmermusik gespielt, wie sie im osteuropäischen Judentum bei Festen üblich war: Tanzmusik, die mit ihren Rhythmen und Melodien direkt die Gefühle anspricht und von „himmelhoch jauchzend“ bis „zu Tode betrübt“ alles umfassen kann.

Es können sowohl Elemente des Tango, des Jazz und auch der klassischen Musik einfließen.

Freylechs spielt am 28. Oktober im JazzGLub des Bürgerportals. Die Karten sind zunächst unserem Freundeskreis vorbehalten, aber 2 x 2 Karten verlosen wir darüber hinaus. Wenn Sie dabei sein wollen, melden Sie sich bis zum 21.10. bei der redaktion@in-gl.de

Wir fanden auch die komplexeren osteuropäischen und orientalischen Rhythmen spannend. So haben wir die Musik immer weiter ausgebaut und tatsächlich nach und nach ein Crossover-Repertoire erarbeitet.

Das Niveau der ersten CD ist hoch: Viel Fleiß oder das Ergebnis von Talenten, die Sie an der Schule hatten?
Das trifft wohl beides zu. Ohne Fleiß geht es nicht, aber auch Talent gehört dazu. Zwei Schüler hatten ein kleines Keller-Tonstudio. Wir waren wie besessen von der Idee, eine eigene CD zu produzieren.

Freylechs für zuhause: Die Band hat bereits zwei CDs produziert. Während die erste noch als Schüler-AG entstand, produzierten die (mittlerweile erwachsenen) Band-Mitglieder während Corona die CD „The Green Angel“ – mit traditionellen Titeln und Eigenkompositionen. Interessenten können die CD per Mail bei Rolf Faymonville bestellen.

Später hatten wir so viele Mittel zusammen, dass wir Workshops mit dem brillianten Klezmer-Klarinettisten und Komponisten Helmut Eisel durchführen konnten, der uns dann so richtig „infiziert“ hat und uns auch ermutigte, noch mehr Improvisation in unseren Performances zu wagen.

Über Helmut Eisel kamen Sie auch zu einem besonderen Gastspiel gemeinsam mit einem großen Klarinettisten des Klezmer, Giora Feidmann?
Ja, Eisel nahm uns 2011 auch als seine „Begleitband“ mit zu einem internationalen Klezmer-Festival in Tsfat am See Genezareth in Israel. Dort lernten wir Giora Feidman persönlich kennen und spielten mit ihm und zahlreichen international renommierten Künstlern u.a. in Yad Vashem ein Konzert vor Holocaust-Überlebenden.

Das war für uns ein Schüsselerlebnis. Seine Offenheit und Begeisterung für Menschen aus allen Kulturen und für vielfältige Musikstile hat uns bewegt. Klassik, Tango, Klezmer, osteuropäische Volksmusik, moderne Kompositionen und Jazz – alles kam in den Workshopkonzerten vor und fand seinen Platz. Das Wichtigste, was er uns lehrte: „Musizieren heißt, die Seele miteinander teilen.“

Niklas Dahlheimer

Während im Gaza-Streifen Raketen auf Israel abgefeuert wurden, spielten wir gemeinsam mit jüdischen, christlichen und muslimischen Musikern ein Konzert – wo man gemeinsam musiziert, die Seele miteinander teilt, gibt es keine Feindschaft!

Feidman hat auch immer das Anliegen vertreten, Deutsche und Juden miteinander in Beziehung zu bringen, sie zu versöhnen. Nach unserem Konzert in Yad Vashem sagte er zu mir:

„What can you expect more from God than this: german an jewish people playing together at this place.“ Das hat uns tief bewegt.

Kommen wir zu den CDs: Beides sind Studioproduktionen. War das eine Herausforderung, solch lebendige Musik in einzelnen Spuren aufs Band zu spielen?
Unsere Musik soll immer live klingen, da sie von der Lebendigkeit und der Beziehung der Musiker untereinander lebt. Wir haben einfach Spaß miteinander und musizieren zusammen. Dann feilen wir an den Arrangements und schließlich wird ein professioneller Mix daraus.

Freylechs, der musikale Spin-off des Albert-Magnus-Gymnasiums
Nach dem Abitur der Bandmitglieder spielte Freylechs, nun als ehemalige Schüler-AG, in kleiner Besetzung weiter. Ehemalige Bandmitglieder sind mittlerweile als Profi-Musiker an der Deutschen Oper in Berlin oder als Musicaldarsteller in Wien aktiv. Klezmer entwickelt eine Tradition an der Schule: Für nachwachsende Schülerinnen und Schüler, die auch Klezmer spielen wollen, wurde am Gymnasium eine neue AG gegründet.

Aber immer muss es die Stimmung eines Festes oder eines Konzertes behalten – wir stellen uns das Publikum als Bestandteil der Band mit vor. Das hatten wir uns auch für die neue CD gut zehn Jahre nach der ersten vorgenommen.

Welche Titel sind auf der neuen CD „The Green Angel“ zu hören? Verfolgt die CD ein zentrales Thema?
Das Stück „The Green Angel“ ist eine Auftragskomposition, die inspiriert ist von einem Gemälde meiner Ehefrau, Stefanie Faymonville. Sie hat einen wunderbaren Engel von einem Grabmal auf dem Melaten-Friedhof Köln in Grüntönen gemalt.

Das hat die Komponistin Beatrix Becker, die wir in Israel kennengelernt hatten, so angesprochen, dass sie dazu dieses Stück komponiert hat. Es wurde das Titelstück der neuen CD.

Aber es sind auch moderne Klezmerkompositionen von Helmut Eisel, Florian Dohrmann, dem litauischen Komponisten Shmuel Sajevitch und traditionelle Lieder zu hören – alles in unserem eigenen Stil und mit Improvisations-Teilen.

David Dudziak

Welche Konzerte spielt die Band in der heutigen Besetzung?
Wir spielen immer wieder zu Veranstaltungen, Vernissagen oder Finissagen, die sich mit Themen des jüdisch-christlichen Dialogs, jüdischer Geschichte oder Kultur beschäftigen, aber auch bei Geburtstagfeiern oder Autorenlesungen und natürlich auf eigenen Konzerten.

Demnächst sind wir mit „Klezmerpoesie“ in Mönchengladbach in der Kulturkirche Kloster Neuwerk zu hören. Neben unserer Musik werden Erzählungen und Gedichte von Martin Buber, Else Lasker-Schüler, Hugo von Hoffmannsthal, Itzig Manger, Mascha Kaléko u.a. rezitiert.

Welche Resonanz erhalten Sie auf Klezmer-Musik, wenn Sie live spielen?
Die Menschen sind immer begeistert. Manche entdecken die Musik neu für sich und sind überrascht, andere sind schon Fans und kommen deshalb in unsere Konzerte. Die Emotionalität steckt einfach an.

Unsere Moderationen und Texte erschließen zudem den kulturellen Hintergrund oder geben Hörhilfen, so dass die Besonderheiten der Musik besser aufgenommen werden können. Nicht wenige gehen ganz beseelt mit einer Melodie als Ohrwurm summend nach Hause.

Wo geht die Reise von „Freylechs“ hin? Was sind die Pläne?
Wir sind da ganz offen und planen keine großen Dinge. Es fügt sich …

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ist Reporter und Kulturkorrespondent des Bürgerportals.

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1 Kommentar

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  1. Das Konzert in Engelskirchen war sehr schön und nochmals Dankeschön, das ich die Noten zum Tumbalalaika fotografieren durfte. Es hat uns geholfen dieses fröhliche Stück besser zu verstehen. Wenn ihr wieder im OBK spielt und ich kann, würde ich euch gerne wieder hören…Danke