Unter den neuen Eigentümern soll auch der Park von Schloss Lerbach aufblühen und geöffnet werden. In einer Serie beschäftigt sich unsere Autorin Annette Voigt mit diesem Park, der in der Erinnerung vieler Bergisch Gladbacher:innen so wichtig ist. Diese Erinnerungen spielen in der Serie eine Rolle, die Geschichte des Parks und sein Potential. Wir starten mit einer Entdeckungstour durch den geschlossenen Park, so wie er sich heute präsentiert. Mit Spuren der Verwilderung und dennoch ein brillantes Kunstwerk mit vielen stimmungsvollen Gartenräumen.

Text: Annette Voigt
Fotos: Thomas Merkenich

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Über den Park von Schloss Lerbach habe ich viel gelesen, viel erzählt bekommen, viele Fotos studiert. Aber erst heute betrete ich den Park selbst zum ersten Mal, darf ihn mit Genehmigung der Eigentümer erkunden. Werde ich etwas von den Stimmungen spüren, die ein englischer Landschaftsgarten generell bei seinen Besuchern hervorruft, von der charmanten Ausstrahlung und den stimmungsvollen Naturszenen, von denen ich soviel gehört hatte?  

Ich fahre den Lerbacher Weg bis zum kleinen Parkplatz am Parkwächterhaus. Selbst bei trübem Wetter ist die Allee alter Bäume beeindruckend. Hohe Bäume weisen mir als stumme Zeugen der Vergangenheit den Weg zu Haus Lerbach. Heute steht das alte Tor ausnahmsweise offen, denn der Fotograf und ich werden erwartet.

Hintergrund

Schloss Lerbach wird 2026 ein Dorint-Hotel

Nach Sanierung und Ausbau soll Schloss Lerbach 2026 als Vier-Sterne-Superior Dorint Hotel wieder seine Türen öffnen. Die Kölner Hotel-Kette hat für den Betrieb bereits sehr konkret Pläne, vom 140-Plätze-Restaurant und einem Bankett-Bereich bis hin zum Weinkeller.

Während ich auf Einlass warte höre ich den Lerbach rauschen und Enten in der Ferne schnattern. Ich blicke über den braunen Holzzaun und sehe eine kleine Brücke, die über den Lerbach führt, der in der noch zögernden Sonne blitzt und sich gluckernd seinen Weg bahnt. Durch das Dickicht der Bäume schimmert das Herrenhaus hervor.

Ein breiter Weg führt mich rechts am Teich vorbei an weiträumigen Rasenflächen entlang zum Herrenhaus, das auf einer Anhöhe thront. Die Auffahrt zum Schloss, das eigentlich eher einem geräumigen englischen Landsitz ähnelt, säumen alte heimelige Laternen.

Trotz eines wolkenverhangenem Himmels wirkt der Park freundlich. Überall begegne ich einer unglaublichen Vielfalt an alten Bäumen in gemischten Grün- und Brauntönen inmitten weiter Wiesen.

Lauschige Gartenräume, bestimmte Teile des Gartens, immer wieder von meist niedrigen Mauern gegliedert und gefasst, laden mich trotz Bauzaun und Umbauarbeiten zum Verweilen ein. 

Besonders der kleine Teepavillon links von der Straße hat es mir angetan. Hier stilecht auf einem gusseisernen fragilen Gartenstuhl sitzen, in einem guten Buch lesen, am englischen Tee nippen und englisches Gebäck kosten, das würde mir gefallen.

Durch seine drei Säulen an der geöffneten Fassade blicke ich in die nahe Landschaft und entdecke eine marode mit Moos bewachsene, doch wildromantische Holzbrücke über den Bach. Rechts, Mitte und links, die Säulen wirken wie der Rahmen eines Fotos und bieten mir jedes Mal eine andere Perspektive. 

Hier im Park gibt es unendlich viel zu entdecken wie z. B. rechts vom Herrenhaus aus in der Ecke eingezwängt zu den Stallungen ein Brunnen, den ich eher durch Zufall im Vorbeigehen bemerke. Dieser Brunnen gehört hier eigentlich nicht hin und stand ursprünglich auf der rückwärtigen Terrasse am Schloss.

Das Wasserbecken ähnelt einer überdimensional großen Muschel und wird von Pferden mit Fischschwänzen getragen. Ganz oben auf dem Bassin steht aufrecht ein Mann. Es könnte Neptun sein.

Ein herrlicher Ginko-Baum verdeckt mit seiner immensen Höhe den halben Turm des Herrensitzes (Foto ganz oben, rechts). An den früheren Stallungen und am Flurbetrieb vorbei die Treppen hoch bis hin zum Nutzgarten wächst an den alten Garagen wilder Wein, der sich jetzt im Herbst rot färbt.

Obwohl die Bäume alle recht hoch sind haben die Sichtachsen ihre Funktion nicht verloren. Da blitzt halb verborgen die alte Gärtnerei auf oder ein zweiter Pavillon hinter Gestrüpp mit grünen Lamellentüren.

Der Blick von der Terrasse zum Teich über die weitläufige Landschaft ist beeindruckend. Die Steinmauer horizontal in der Breite der Terrasse verleiht der Mulde und dem Teich eine gewisse Raumtiefe.

Die Rasenfläche wird ab und an von kleinen Baumgruppen und Solitärbäumen unterbrochen. Was ist das? Da steht eine Säule auf einem altertümlich aussehenden Sockel mitten auf der Wiese. Wenn Bäume sprechen könnten?

Immer wieder Treppen, viele Treppen, die die unterschiedlichen Höhen im Park ausgleichen. Seitlich von der Terrasse führt ein verwilderter Pfad auf Steinstufen hinab zum Teich. Nein, eigentlich lenkt mich dieser Pfad am Teich vorbei. Es ist eine Allee von dicken runden Eiben, die wiederum an einer Treppe endet, die zum Hauptausgang führt. 

Foto: Thomas Merkenich

Überall zwitschert zirpt und knistert es, über dem Teich kreist ein Reiher und die Gänse streiten sich zeternd am Ufer. Die Bäume und Sträucher am Ufer stehen schief und dies, so weiß ich, ist ein Trick der Landschaftsgärtner, damit sich die Bäume besser im Wasser spiegeln. Eine leichte Windbrise kräuselt die Wasseroberfläche. Hier könnte ich stundenlang am Wasser sitzen und zuschauen wie sich das Herrenhaus im Teich spiegelt.

Erkunden Sie mit unserer Panoramatour Schloss Lerbach von innen und außen. Ein Doppelklick öffnet und schließt die volle Ansicht, mit der besten Wirkung auf einem größeren Bildschirm, auf dem Handy im Querformat. Sie können über die blauen Punkte und die Navigation oben verschiedene Perspektiven ansteuern. Sie können die Ansicht drehen, Details heranzoomen. Hinter den roten Symbolen finden Sie Texte, historische und aktuelle Fotos. Manche Infos sind ein wenig versteckt. Die Aufnahmen wurden im Frühjahr 2023 gemacht.


Schön wäre es, wenn die alten Rosensträucher noch stehen würden und das Panoramabild somit bunter wäre. Kleine rote Punkte, die mir von der Terrasse aus entgegenleuchten, würden meine Blicke beleben. Ein Eichhörnchen flitzt quer über die Wiese. 

Dieser Park strahlt eine besondere Atmosphäre aus, er wirkt ruhig und lässt mich Straßenlärm und Bauzäune schnell vergessen. Der Park weist wenig Parkarchitektur auf und setzt dagegen auf akzentuiert gesetzte Bäume und Strächer.

Der englische Landschaftsgarten ist für mich noch überall erkennbar und animiert mich, noch tiefer in seine Parkgeschichte einzutauchen. Trotz der maroden Spuren der letzten Jahre ist das Anwesen immer noch ein brillantes Gartenkunstwerk, in dem ich die stimmungsvollen Gartenbilder wie erwartet vorfand.

Mir gefällt der Park sehr und ich komme gerne wieder, sobald er wieder geöffnet ist. Ich sehe mich schon vor dem Bistro einen Kaffee trinken oder ein leckeres Essen im Restaurant hinter dem Herrenhaus genießen, während mein Blick zu den Wipfeln der Bäume schweift und ich den Lerbach plätschern höre. 

Hinweis der Redaktion: Mit diesem Beitrag starten wir eine sechsteilige Serie, in der wir Zeitzeugen zu Wort kommen lassen, den Schöpfern dieses englischen Landschaftsgarten nachgehen und uns ganz besonders mit der Gestalterin Anna Zanders beschäftigen und historische Fotos zeigen werden.


Die Autorin Annette Voigt ist eine Kennerin des Gartenstil des englischen Landschaftsgartens, Autorin des Buches „Gartennatur im Stil eines englischen Landschaftsgartens“, Freizeitgärtnerin, ehrenamtliche Helferin in den historischen Parks zu Wörlitz und zu Branitz und Veranstalterin von Bildvorträgen. Sie recherchiert seit längerem zur Geschichte des Parks Haus Lerbach. Die Ergebnisse stellt sie nun in dieser Serie vor.


Ein Blick zurück: Fotos von 2013

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4 Kommentare

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  1. Liebe Annette,
    vielen Dank für diesen interessanten Bericht!
    Herzlich grüßt dich das Gartenteam aus Schildgen

    1. Liebe Uta,

      schön mal wieder etwas von Euch zu hören. Ich hoffe Euer Garten wächst und gedeiht und macht Euch weiterhin viel Freude.
      Liebe Grüße
      Annette

  2. Ein sehr toller Artikel und mit sehr schönen Bildern. Da habt ihr euch Mühe gegeben. Hut Ab. Vor allem habt ihr verstanden was das Schloss und den Park so wertvoll macht. Es lädt ein zum verweilen und träumen.
    Ich wohne nicht weit weg vom Schloss und muss sagen das sind auch meine Eindrücke von früher immer gewesen. Es ist eine wunderschöne Oase im Englischen Stil.
    Besonders mutig und passend gewählt finde ich das Ihr schreibt das ihr gerne wieder kommt sobald der Park wieder offen steht. :)
    Da gab es ja hier riesen Wirbel teilweise Zoff drum. Der wird sich hoffentlich bald legen.

    Auch vom Eigentümern und Pächtern ist es ein erstes richtiges Signal an die Öffentlichkeit: Schaut an wir haben eine Vision. Und wir wollen der Stadt was gutes Tun. Wir wissen das Schloss zu schätzen und es geht uns nicht nur ums Geld verdienen.

    PS: obwohl ich schon zugeben muss das gerade das rustikale für mich immer schön ist. Unten die Blätter die das Schloss früher umrankten. Und dann noch die antiqurische marode Holzbrücke die den frischen lieblichen Lerbach übertrohnt <3
    Das hat ein wenig was von Nostalgie mitten in einer Großstadt

    1. Sehr geehrter Herr Flosbach,
      vielen Dank für Ihren wohlwollenden Kommentar, der eine wertvolle Ergänzung meiner Impressionen ist. Es ist das Tolle an diesem Englischen Gartenstil, dass er den Besuchern sehr positive Stimmungen entlockt. Das Rustikale, das Sie erwähnen, empfinde auch ich als schön. Es scheint alles natürlich und ist doch Gartenkunst vom Feinsten. Faszinierend. Viele Grüße Annette Voigt